(19)
(11)EP 0 171 665 B1

(12)EUROPÄISCHE PATENTSCHRIFT

(45)Hinweis auf die Patenterteilung:
08.03.1989  Patentblatt  1989/10

(21)Anmeldenummer: 85109226.2

(22)Anmeldetag:  23.07.1985
(51)Internationale Patentklassifikation (IPC)4B28B 5/02, C04B 11/00

(54)

Verfahren und Einrichtung zur kontinuierlichen Herstellung von anorganisch gebundenen Werkstoffen, insbesondere von Werkstoffplatten

Method and device for the continuous production of inorganically bonded processing materials, in particular of processing boards

Procédé et dispositif pour la fabrication continue de matériaux de prise anorganiques, en particulier de panneaux de ces matériaux


(84)Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB LI SE

(30)Priorität: 13.08.1984 DE 3429790
15.11.1984 DE 3441839

(43)Veröffentlichungstag der Anmeldung:
19.02.1986  Patentblatt  1986/08

(73)Patentinhaber: FRAUNHOFER-GESELLSCHAFT ZUR FÖRDERUNG DER ANGEWANDTEN FORSCHUNG E.V.
80636 München (DE)

(72)Erfinder:
  • Sattler, Heinz, Dr.-Ing.
    D-3300 Braunschweig (DE)


(56)Entgegenhaltungen: : 
AT-B- 123 984
US-A- 1 931 570
  
  • LUEGER, "Lexikon der Technik", Band 3, 1961, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart, Seite 569
  • Modern Particleboard & dry-process fiberboard manufacturing, T.M. MALONEY, Miller Freeman Publications (1977)
  
Anmerkung: Innerhalb von neun Monaten nach der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents kann jedermann beim Europäischen Patentamt gegen das erteilte europäischen Patent Einspruch einlegen. Der Einspruch ist schriftlich einzureichen und zu begründen. Er gilt erst als eingelegt, wenn die Einspruchsgebühr entrichtet worden ist. (Art. 99(1) Europäisches Patentübereinkommen).


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur kontinuierlichen Herstellung voh anorganisch gebundenen Werkstoffen, insbesondere von Werkstoffplatten, aus Stoffgemischen von durch Hydratbildung erhärtenden Bindemitteln, Bewehrungs- und gegebenenfalls Hilfsstoffen schütt- bzw. streufähiger Konsistenz, deren spezielle Werkstoffeigenschaften und Gebrauchsfähigkeit durch eine dauerhafte und irreversible Gefügeverdichtung erzielt werden, wobei man aus dem Stoffgemisch einen Plattenstrang bildet, der dann verdichtet und kalibriert wird. Außerdem betrifft die Erfindung eine Einrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens.

[0002] Mit der Erfindung wird allgemein ein technoligsch vereinfachtes Prinzip zur kontinuierlichen Herstellung von anorganisch gebundenen Werkstoffen, z. B. Platten, aus Gemischen von durch Hydratbildung erhärtenden Bindemitteln, Bewehrungsstoffen und gegebenenfalls aktiven und inaktiven Hilfsstoffen, denen durch einen meist während des gesamten Erhärtungsverlaufes wirkenden Druck eine die Gebrauchseigenschaften bestimmende, dauerhafte und irreversible Gefügeverdichtung aufgezwungen wird, zur Verfügung gestellt.

[0003] Es ist bekannt, Werkstoffe aus Mischungen von bindefähigen und bewehrenden Stoffen herzustellen. Bindemittel, Bewehrungsmaterial und gegebenenfalls andere aktive und inaktive Stoffe werden nach vorgegebenen Verhältniszahlen in einer dafür geeigneten Einrichtung gemischt, zu einem Vlies geschüttet oder gestreut und in einer Preßeinrichtung verdichtet. Der dazu erforderliche Druck ist von den den Verformungsmodul der Mischung bewirkenden Eigenschaften der Ausgangsstoffe, dem Verhältnis der Plattenvliesdichten vor und nach dem Verdichtungsvorgang dem sich in Abhängigkeit von der Zeit ändernden Verformungsmodul des Vlieses und der Verdichtungsgeschwindigkeit abhängig.

[0004] Platten mit organischen Bindemitteln, deren die Erhärtung bewirkende Polykondensation oder -addition meist durch Wärmezufuhr erfolgt, werden in beheizbaren Etagenpressen oder Durchlaufpressen, wie z. B. durch die DE-AS-1 007 497 und DE-AS-1 938 280 bekannt, hergestellt. Aufgrund der Verwendung von Stoffgemischen hoher Bewehrungsstoff- und geringer Bindemittelkonzentration sind die Verformungsmoduln und die erforderlichen Verdichtungsdrücke relativ hoch, was die Entwicklung und den Einsatz von Verdichtungsanlagen schwerer und aufwendiger Bauart voraussetzt. Druck- und Wärmeeinwirkung können jedoch meist so aufeinander abgestimmt werden, daß während einer relativ kurzen Verweilzeit in der Presse die Aushärtung erfolgt. Die erforderliche Länge der bekannten kontinuierlichen Verdichtungsanlagen kann dadurch in wirtschaftlich vertretbaren Grenzen gehalten werden. Der auf diesem Gebiet erreichte Stand der Technik wird durch die Hydro-Dyn-Presse der Firma Bison und die kontinuierliche Presse der Firma Contipress, Bundesrepublik Deutschland, bestimmt.

[0005] Mischungen mit anorganischen Bindemitteln, wie Zement und Gips, sind wesentlich bindemittelreicher und bewehrungsstoffärmer. Sie erhärten aufgrund von Hydratbildung, d. h., wasserärmere Phasen des Bindemittels setzen sich durch Reaktion mit Wasser in wasserreichere Verbindungen um. Dieser Vorgang wird als Hydratation bezeichnet, sie verläuft exotherm und ist von der Reaktionsfähigkeit des Bindemittels gegenüber dem Wasser abhängig. Werden diesem Zweistoffsystem Bindemittel-Wasser chemisch nicht neutrale Bewehrungsstoffe, z. B. Holz, zugemischt, so werden die zwischen den verschiedenen Phasen des Bindemittels und dem Wasser ablaufenden Reaktionen oft empfindlich gestört. Die meisten Holzinhaltsstoffe wirken als Hydratations- und Kristallisationsinhibitoren, d. h., sie verzögern den Erhärtungsvorgang. Demgegenüber sind beschleunigende Einflüsse von Holzinhaltsstoffen nur sehr selten anzutreffen. Um diesen unerwünschten Einflüssen des Holzes entgegenzuwirken, werden hydratationsbeschleunigende oder -verzögernde Zusätze (Stellmittel) verwendet. Wegen ihrer ungünstigen Nebenwirkungen (Verschlechterung der physikalischen Eigenschaften der Platten, Ausblüherscheinungen) sind sie meist nicht in dem technologisch wünschenswerten Maße anwendbar. Bei der Herstellung zementgebundener Platten wird deshalb häufig von der weniger problematischen hydrothermalen Beschleunigungswirkung Gebrauch gemacht. Die Erhärtungsvorgänge gipsgebundener Platten sind auf diese Weise nicht zu aktivieren.

[0006] Trotz dieser verschiedenen Möglichkeiten der gezielten Einflußnahme auf den Reaktionsablauf solcher Stoffsysteme, ist ein technologisches Optimum in den meisten Fällen nicht zu erreichen. Das bedeutet, daß die Fertigungsanlagen bestimmte diesbezügliche Schwankungen auffangen müssen. Bei diskontinuierlicher Herstellung erfolgt das durch eine verlängerte Verweilzeit in der Presse, was auf Kosten der Kapazität geht, oder durch eine Zwischenlagerung der Platten in aufwendigen Einspanngerüsten, die den durch den Preßvorgang eingetragenen Druck mindestens bis zum Hydratationsende auf die Stapelpakete übertragen. Mit zunehmender Hydratationszeit und Kapazitätsanforderung nimmt die notwendige Anzahl von Einspanngerüsten zu und erhöht den Investitionsaufwand. Wirtschaftlichkeit und Effizienz solcher Anlagen sind dadurch entsprechend gering.

[0007] Kontinuierliche Fertigungsanlagen müssen beachtliche Längen aufweisen, um die Gefügeverdichtung unumkehrbar zu machen und in Abhängigkeit.von der Kapazität größere Hydratationszeitschwankungen aufzufangen. Anwendungsreife Lösungen für Industrieanlagen sind dadurch bislang nicht bekannt geworden.

[0008] Der Zusammenhang zwischen der Länge der Preß- und Kalibriereinrichtung Iv, der Kapazität K und der Hydratationszeit tH läßt sich durch die Beziehung

wiedergeben. Setzt man die Plattenstrangbreite bp = konst. (zweckmäßigerweise 1 m), so läßt sich diese Beziehung linearisieren und als Nomogramm darstellen, wie b Fig. 1 gezeigt. Es veranschaulicht daß progressive Kapazitätserwartungen eine größere Länge der Preß- und Kalibriervorrichtung sowie einen entsprechend höheren Investitionsaufwand voraussetzen. Zur Verringerung der Anlagekosten werden bei den bekannten Anlagen zur Herstellung von Werkstoffen auf organischer Bindemittelbasis Mehrbereichspressen bevorzugt, d. h., der Druck wird in den einzelnen Zonen der Presse etwa entsprechend dem zeitabhängigen Verformungsmodul des Plattenstranges differenziert. Darüber hinaus ist es durch die DE-PS-2 126 935 bekannt, daß bei der Herstellung kunstharzgebundener Spanplatten in beheizbaren Anlagen verbesserte Oberflächengüten und höhere Festigkeiten erzielt werden können, wenn die Spanplattenvliese am Beginn der Pressung auf eine geringere Dicke als die gewünschte Enddicke verdichtet und anschließend bei der gewünschten Enddicke fertiggepreßt werden.

[0009] Im übrigen seien folgende Literaturstellen zum Stand der Technik angegeben: Kossatz, G. und K. Lempfer: Zur Herstellung gipsgebundener Spanplatten in einem Halbtrocken-Verfahren. Holz als Roh- und Werkstoff 40 (1982), S. 333 - 337; Technische Information: Die kontinuierliche Hydro-Dyn-Presse - ein weiterer Schritt vorwärts. Holz-Zentralblatt 56/57, Stuttgart 11. Mai 1983; Kossatz, G., Lempfer, K. und H. Sattler: Anorganisch gebundene Holzwerkstoffplatten. FESYP-Geschäftsbericht 1982/83, S. 98 - 198; Bücking, G.: Die Herstellung gipsgebundener Spanplatten im Endlosverfahren. Holz als Roh-und Werkstoff 41 (1983), S. 427 - 430; Ahrweiler, K.: Die Störung der Dicke und Dichte von Spanplatten in einer kontinuierlichen Presse. Tagungsberichtsband vom 6. Holztechnischen. Kolloquium 1980 in Braunschweig; und Hübner, J. E.: Halbtrockenverfahren zur Herstellung gipsgebundener Spanplatten. Tagungsberichtsband vom 7. Holztechnischen kolloquium 1983 in Braunschweig.

[0010] Der besondere physikalische Effekt der Spannungsrelaxation und deren Nutzungsmöglichkeit für die Herstellung wesentlich vereinfachter und kostengünstigerer Fertigungsanlagen wurde bisher nicht erkannt, was u. a. darauf zurückzuführen sein dürfte, daß bei der Herstellung kunstharzgebundener Spanplatten grundsätzlich trockene Stoffgemische mit wesentlich höheren Verformungsmoduln verwendet werden. Allen bekannten Verdichtungsanlagen ist dementsprechend der Nachteil gemeinsam, daß die zur Verdichtung des Plattenvlieses erforderlichen Einrichtungen während der gesamten Erhärtungszeit relativ hohe Drücke erzeugen und übertragen müssen und einer dementsprechend komplizierten und schweren Ausführung bedürfen. Zur Umgehung solcher kostenaufwendigen Lösungen werden z. B. bei der Herstellung von zementgebundenen Spanplatten diskontinuierliche und damit weniger effektive Fertigungstechniken angewendet (BISON-Zementplattenanlage).

[0011] Aus der AT-B-123 984 (Seite 2, Zeilen 7 bis 9, Fig. 4 und 5) ist es bekannt, den Plattenstrang so stark zusammenzupressen, daß der Strang an der Pressungsstelle erheblich kleinere Höhe erhält als in der Abbindekammer. Hinter einem Preßwalzenpaar beginnt das Fasermaterial sich im Pressenstrang wieder zu entspannen. Die Pressung ist hierbei so gewählt, daß die Höhe des entspannten Stranges nur um weniges größer als der Abstand für den Strang in der Abbindekammer ist. Diese Maßnahme reicht jedoch nur für die Herstellung der altbekannten zementgebundenen Holzwollbauplatten aus und nicht für solche Bewehrungsstoffe, die schütt-oder streufähige Konsistenz haben.

[0012] Es ist deshalb Aufgabe der Erfindung, für die Werkstoffherstellung auf der Basis anorganischer Bindemittel ein kontinuierliches Verfahren und eine kontinuierlich arbeitende Einrichtung verfügbar zu machen, welche wirtschaftlicher und somit weniger investitionsaufwendig und leistungsfähiger ist und mit der im übrigen die sonstigen vorstehend dargelegten Nachteile überwunden werden.

[0013] Diese Aufgabe wird durch die Merkmalskombinationen der Ansprüche 1 und 2 gelöst.

[0014] Mit den Merkmalen wird insbesondere erreicht, daß sich die Installation kostspieliger, vorzugsweise hydraulischer Druckerzeugungs-und Obertragungseinrichtungen, wie sie zur Durchführung der Verdichtungsphase bzw. in der Verdichtungsvorrichtung benötigt werden, auf einen relativ kleinen Bereich beschränkt, weil die Verdichtungszone relativ kurz wird, während der längste Teil (meist das 10- bis 25fache der Verdichtungszone) als technisch einfache Kalibriervorrichtung ohne aktive Druckeinwirkung ausgebildet werden kann. Die Kalibriervorrichtung hat bei der Erfindung nur die Aufgabe, die in der beschriebenen Weise verringerten Rückstellkräfte des in der Presse der Verdichtungsvorrichtung bzw. in der Verdichtungsphase verdichteten Plattenstranges aufzunehmen und diesen bis zum Abschluß ...

der Hydratation auf Solldicke zu halten. Eine solche kontinuierliche Kalibriervorrichtung ist auf relativ einfache Weise z. B. durch die Anordnung hintereinandergeschalteter Kalibrierwalzen verwirklichbar. Die Umwandlung des Liniendrukkes zwischen den Kalibrierwalzen und dem Plattenstrang in einen Flächendruck ist durch eine geeignete Aussteifung des Formungsbandes oder durch das Einfügen von geeigneten Transportblechen erreichbar. Zur Einstellung der erfindungsgemäßen Einrichtung auf verschiedene Plattenstrangdicken kann eine entsprechende Verstellbarkeit des Spaltes von Preß- und Kalibriervorrichtung vorgesehen sein. Diese Verfahrensweise und dieser Aufbau der Einrichtung beruht darauf, daß sich der Verdichtungsvorgang und der zur Verminderung der Rückstellkräfte erforderliche Entspannungsvorgang vor oder spätestens während der Anfangsphase der Hydratation vollziehen. Eine Störung des Struktur- und Festigkeitsbildungsprozesses wird dadurch ausgeschlossen.



[0015] Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.

[0016] Die Erfindung sei nachstehend anhand von Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme auf die Figuren 1 und 2 der Zeichnung näher erläutert; es zeigen:

Figur 1 ein NOMOGRAMM zur Ermittlung der Gesamtlänge von Verdichtungs- und Kalibrierzone Iv in Abhängigkeit von der Hydratationszeit von Gips tH und der Anlagenkapazität K bei 1 m Plattenstrangbreite, worin Klammerwerte der K-Leiter der Kapazität bei 2,5 m Plattenstrangbreite und Klammerwerte der t-Leiter der etwa zu erwartenden Verarbeitungszeit des Gipses tv entsprechen;

Figur 2 eine Darstellung der funktionalen Zuordnung des Druckverlaufes bei der Verdichtung eines Plattenstranges zur Herstellung von Gipsspanplatten zum Hydratations- bzw. Erhärtungsverlauf des Stoffgemisches, wobei im Gegensatz zur Erfindung ein Verdichten mit niedrigem Druck entsprechend der zu erreichenden Solldicke des Plattenstrangs und ein Kalibrieren mit aktiver Druckeinwirkung erfolgt; und

Figur 3 eine Darstellung der funktionalen Zuordnung des Druckverlaufs bei der Verdichtung eines Plattenstrangs zur Herstellung von Gipsspanplatten zum Hydratations- bzw. Erhärtungsverlauf des Stoffgemisches, wobei gemäß der Erfindung ein Verdichten mit höherem Druck, das eine entsprechende Unterschreitung der Solldicke des Plattenstrangs bewirkt, und ein Kalibrieren ohne aktive Druckeinwirkung erfolgen.



[0017] Zur Durchführung eines Verfahrens zur kontinuierlichen Herstellung von Werkstoffen aus Stoffgemischen von durch Hydratbildung erhärtenden Bindemitteln, Bewehrungs- und gegebenenfalls Hilfsstoffen schütt- bzw. streufähiger Konsistenz unter dauerhafter und irreversibler Gefügeverdichtung, derart daß man aus dem Stoffgemisch einen Plattenstrang bildet, der dann verdichtet und kalibriert wird, wobei der Plattenstrang zeitlich vor dem Kalibrieren in einer Verdichtungsphase mit einem so hohen Druck verdichtet wird, daß seine Dicke nach dem Verdichten den Sollwert des fertigen Plattenstrangs unterschreitet, die Dichte diesen jedoch überschreitet und beide so groß sind,daß der verdichtete Plattenstrang unmittelbar anschließend ohne aktive Druckanwendung in einer Kalibrierphase kalibrierbar ist, wird das gefundene spezifische Verformungs- bzw. Kompressibilitätsverhalten der zur Werkstoffherstellung verwendeten Stoffgemische ausgenutzt. Auf welche Weise das geschieht, wird anhand eines Vergleichs zwischen den Figuren 2 und 3 erläutert:

der Maximaldruck Pmax bei dem Druckverlauf nach Figur 2 zur Erzeugung der Solldicke und Sollrohdichte des Werkstoffs ist nur am Anfang der Verdichtungsphase während einer relativ kurzen Zeit erforderlich. Danach baut sich der Druck p durch das Absinken des Verformungsmoduls rasch bis auf einen Wert von Pk = 0,4 Pmax ab. Wird dagegen, wie in Figur 3 veranschaulicht, entsprechend der erfindungsgemäßen Lösung der Maximaldruck auf einen Wert P'max = 1,5 Pmax erhöht, so wird die Plattensolldicke um einen kleinen Betrag (etwa 10 %) unterschritten und p'k wird infolge von Relaxation um etwa 40 % kleiner als pk; d. h., der in einer zeitlich sehr kurzen Verdichtungsphase aufgewendete höhere Druck P'max führt in außerordentlich günstiger Weise zu einer erheblichen Verringerung des erforderlichen Kalibrierdruckes p'k während der sehr langen Kalibrierphase, nämlich zu einem so niedrigen Kalibrierdruck, daß ein Kalibrieren ohne aktive Druckeinwirkung erfolgen kann.



[0018] Das spezifische Kompressibilitätsverhalten der verwendeten Stoffgemische kann also zur Herstellung einer technisch wesentlich einfacheren und kostengünstigeren kontinuierlichen Fertigungsanlage genutzt werden, die zur Verdichtung und Kalibrierung des Plattenstranges aus zwei entsprechenden Zonen besteht:

(a) Verdichtungszone, Druckerhöhung von p = o auf p = p'max ≈ 1,5 Pmax Länge Iv vorzugsweise maximal 5 m (unabhängig von der Anlagenkapazität)

(b) Kalibrierzone ohne aktive Druckeinwirkung (nur zur Aufnahme des relativ kleinen inhärenten Rückstelldruckes von p'k 6 0,15 P'max ≈ 0,60 pk ≤ 0,22 pmax
notwendige Länge: lK =

. tH



[0019] Die Installation kostspieliger, vorzugsweise hydraulischer Druckerzeugungs- und -übertragungseinrichtungen beschränkt sich somit auf den relativ kleinen Bereich der Verdichtungszone, während die relativ sehr lange Kalibriervorrichtung keine aktive Druckeinwirkung erfordert, also unter nur verhältnismäßig geringen Anlagekosten erstellt werden kann.

[0020] Der Vorteil der erfindungsgemäßen Lösung soll an folgendem Beispiel noch näher erläutert werden:

[0021] Für die Herstellung gipsgebundener holzspanbewehrter Bauplatten werden Stoffgemische verwendet, deren Hydratationszeit tH minimal 6 Minuten (siehe Fluchtlinie 1 in Figur 1) und maximal 12 Minuten (Figurl, Fluchtlinie 2) beträgt (6 < tH < 12). Die Plattenstrangbreite soll 2,5 m, die Fertigungskapazität K soll 500 m2/h betragen.

[0022] Für das Stoffgemisch mit der kurzen Hydratationszeit ist ein Versteifungsbeginn nach 4 Minuten und dementsprechend ein Hydratationsende nach 10 Minuten, für das mit der längeren Hydratationszeit ein Versteifungsbeginn nach 8 Minuten und ein Hydratationsende nach 20 Minuten zu erwarten. Die für die Bestimmung der notwendigen Länge der Verdichtungsanlage als Rechenwert zugrundezulegende Hydratationszeit ergibt sich aus der Differenz des spätesten Hydratationsendes (20 Minuten) und des kürzesten Versteifungsbeginns (4 Minuten) zu 16 Minuten.

[0023] Das heißt, die Verdichtungsanlage muß zur Kompensation derartiger Hydratationszeitschwankungen eine Länge von mindestens 53 m (Figur 1, Fluchtlinie 3) aufweisen, wenn gemäß Figur 2 ein Verdichten mit einem Druck erfolgt, bei dem die Solldicke und -dichte des Plattenstrangs niemals unterbzw. überschritten werden. Da während des vorstehend angegebenen langen Weges des Plattenstrangs auf den Plattenstrang ohne Berücksichtigung der erfindungsgemäßen Lösung ein relativ hoher Druck aufgebracht werden muß, wird diese Verdichtungsanlage sehr material- und kostenaufwendig. Bei Anwendung der erfindungsgemäßen Lösung lassen sich demgegenüber zum Beispiel folgende Längen für die differenziert auszubildende Verdichtungs-und Kalibrierzone festlegen:

(a) Verdichtungszone: 2,5 m

(b) Kalibrierzone: 53 m lang



[0024] Das Beispiel zeigt, daß bei der Erfindung der weitaus längste Teil der Verdichtungsanlage als Kalibriereinrichtung ohne aktive Druckeinwirkung ausgebildet werden kann, wodurch sich die Anlagenfertigungskosten gegenüber vergleichbaren anderen Anlagen erheblich senken lassen. Dabei ist es vorteilhaft, daß für die Presse (Verdichtungszone) bei vereinheitlichter Plattenstrangbreite unabhängig von der Anlagenkapazität nur eine von den konstruktiven Erfordernissen abhängige Baugröße erforderlich ist. Für die Befriedigung unterschiedlicher Kapazitätswünsche genügt es, die der Presse bzw. Verdichtungsvorrichtung nachgeschaltete Kalibriereinrichtung längenvariabel zu konstruieren and anzubieten. Besonders zweckmäßig erscheint hierfür eine Segmentbauweise, die es ermöglicht, Anlagen großer Leistungsfähigkeit aus Baueinheiten kleinerer Leistung zusammenzusetzen. Hierdurch ergeben sich auch für spätere Nachrüstung auf größere Kapazitäten besonders günstige Voraussetzungen.

[0025] Kurz zusammengefaßt betrifft die Erfindung ein technisch vereinfachtes und kostengünstig durchführbares Verfahren sowie eine technisch vereinfachte und kostengünstige Einrichtung zur kontinuierlichen Herstellung von Werkstoffen, insbesondere Platten, aus Stoffgemischen von durch Hydratbildung erhärtenden Bindemitteln, Bewehrungsund gegebenenfalls Hilfsstoffen schütt- bzw. streufähiger Konsistenz, die ihre wesentlichen Werkstoffeigenschaften durch eine meist vor den Erhärtungsreaktionen beginnende und bis zum Hydratationsabschluß andauernde Druckeinwirkung erhalten. Um üblichen Kapazitätsanforderungen zu genügen, müssen kontinuierliche Fertigungsanlagen beachtliche Längen aufweisen, was sich insbesondere bei der langzeitigen Anwendung hoher Drücke negativ auf die Anlagenkosten auswirkt. Erfindungsgemäß wird das spezifische Verformungs- bzw. Kompressibilitätsverhalten der verwendeten Stoffmischungen dazu genutzt, um durch eine höhere Anfangsverdichtung als zur Herstellung der Solldicke und -dichte erforderlich ist, eine solche Verringerung der vom verdichteten Plattenvlies ausgehenden Rückstellkräfte zu bewirken, daß die zeitaufwendigen Erhärtungsvorgänge während einer Kalibrierung ohne aktive Druckeinwirkung erfolgen und die Anlagenkosten erheblich gesenkt werden können.


Ansprüche

1. Verfahren zum kontinuierlichen Herstellen von anorganisch gebundenen Werkstoffen, insbesondere von Werkstoffplatten aus Stoffgemischen von durch Hydratbildung erhärtenden Bindemitteln, Bewehrungsund gegebenenfalls Hilfsstoffen schütt- bzw. streufähiger Konsistenz, deren spezielle Werkstoffeigenschaften und Gebrauchsfähigkeit durch eine dauerhafte und irreversible Gefügeverdichtung erzielt werden, wobei man aus dem Stoffgemisch einen Plattenstrang bildet, der dann verdichtet und kalibriert wird, wobei vor dem Kalibrieren in seiner Verdichtungsphase mit einem so hohen Druck verdichtet wird, daß seine Dicke nach dem Verdichten den Sollwert des fertigen Plattenstranges unterschreitet, dadurch gekennzeichnet, daß die Dichte des fertigen Plattenstranges den Sollwert überschreitet und der verdichtete Plattenstrang unmittelbar anschließend ohne aktive Druckanwendung in einer Kalibrierphase auf seine Solldicke und -dichte kalibrierbar ist, wobei eine Verdichtungsphase angewendet wird, die eine von der Hydratationszeit des Bindemittels unabhängige und wesentlich kürzere Zeitdauer als die Kalibrierphase hat.
 
2. Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß

(a) die der Kalibriervorrichtung in Laufrichtung des Plattenstrangs vorgeschaltete Verdichtungsvorrichtung den Plattenstrang mit höherem Druck verdichtet, als er für das Erreichen der Solldicke und -dichte des fertigen Plattenstrangs erforderlich ist, so daß der Plattenstrang auf eine kleinere als seine Solldicke verdichtet wird, derart, daß nachher keine aktive Druckeinwirkung erforderlich ist;

(b) die auf die Verdichtungsvorrichtung unmittelbar folgende Kalibriervorrichtung eine ohne aktive Druckeinwirkung auf den Plattenstrang arbeitende Kalibriervorrichtung ist, in der, bedingt durch die infolge der Durchfeuchtung des Stoffgemisches im Plattenstrang wesentlich verstärkt stattfindende Spannungsrelaxation, eine solche Verringerung der Rückstellkräfte bewirkt wird, daß aktive Kalibrierdrücke überflüssig sind; und

(c) die Länge der Verdichtungsvorrichtung wesentlich kürzer als diejenige der Kalibriervorrichtung ist, so daß der zum Verdichten erforderliche höhere Druck nur während einer zeitlich kurzen Verdichtungsphase angewendet wird, während in der längeren Kalibriervorrichtung die zeitaufwendigen Erhärtungsvorgänge, die eine entsprechend lange Kalibrierphase bedingen, ohne aktive Druckeinwirkung ablaufen.


 
3. Einrichtung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß in der Verdichtungsvorrichtung eine hinsichtlich ihrer Durchlaufgeschwindigkeit und ihres Preßspaltes regelbare Presse vorgesehen ist, deren Länge unabhängig von der Kapazität der Einrichtung und nur von den konstruktiven Erfordernissen der Verdichtungsvorrichtung bestimmt ist.
 
4. Einrichtung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Länge der Presse höchstens 5 m beträgt.
 
5. Einrichtung nacheinem der Ansprüche 2 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die unmittelbar auf die Verdichtungsvorrichtung folgende Kalibriervorrichtung eine Mindestlänge Ik aufweist, die sich aus der Hydratationszeit tH, der Kapazität K der Einrichtung und der Plattenstrangbreite bp gemäß folgender Beziehung

IK - t - tH ergibt, so daß die hinsichtlich der Durchlaufgeschwindigkeit und des Kalibrierspaltes regelbare Kalibriervorrichtung Hydrationszeitschwankungen des Bindemittels dadurch auffängt.


 
6. Einrichtung nach einem der Ansprüche 2 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Kalibriervorrichtung, falls sie in bezug auf ihre Länge über ein bestimmtes Systemmaß hinausgeht, aus einzelnen gleichartigen Baueinheiten zusammengesetzt und damit unterschiedlichen Kapazitäts- und späteren Erweiterungsanforderungen anpaßbar ist.
 


Claims

1. Process for the continuous production of inorganically bonded materials, particularly material plates formed from substance mixtures of binders hardening through hydrate formation, reinforcing agents and optionally adjuvants having a pourable or strewable consistency, whose specific material characteristics and usability are attained by a permanent and irreversible structural compression, whereby from the substance mixture is formed a plate strand, which is then compressed and calibrated and whereby, prior to the calibration, it is compressed with such a high pressure in its compression phase that its thickness after compression drops below the desired value for the finished plate strand, characterized in that the density of the finished plate strand exceeds the desired value and the compressed plate strand immediately following this and without active pressure application is calibratable to its desired thickness and density in a calibrating phase, in which use is made of a compression phase, which has a time period independent of the hydration time of the binder and which is much shorter than the calibrating phase.
 
2. Apparatus for performing the process according to claim 1, characterized in that

(a) the compression device connected upstream of the calibrating device in the plate strand movement direction compresses the plate strand with a higher pressure than is necessary for achieving the desired thickness and density of the finished plate strand, so that the latter is compressed to a thickness smaller than its desired thickness, so that subsequently no active pressure action is required,

(b) the calibrating device immediately following the compressing device is a calibrating device operating on the plate strand without any active pressure action and in which, as a result of the stress relaxation taking place to a much greater extent due to the thorough moistening of the substance mixture in the plate strand, such a reduction of the resiliency is brought about that active calibrating pressures are superfluous, and

(c) the length of the compressing device is much shorter than that of the calibrating device, so that the higher pressure required for compression is only applied during a shorter compressing phase, whilst in the longer calibrating device the time-consuming hardening processes, which require a correspondingly long calibrating phase, take place without active pressure action.


 
3 Apparatus according to claim 2, characterized in that in the compressing device is provided a press regulatable with respect to its passage speed and its press gap and whose length is determined independently of the capacity of the apparatus and solely according to the constructional requirements of the compressing device.
 
4. Apparatus according to claim 3, characterized in that the press length is max 5 m.
 
5, Aparatus according to one of the claims 2 to 4, characterized in that the calibrating device directly following the compressing device has a minimum length IK, which results from the hydration time tH, the apparatus capacity K and the plate strand width bp in accordance with the following relation

so that the calibrating device which is regulatable with regards to the passage speed and the calibrating gap is able to absorb hydration time fluctuations of the binder.
 
6. Apparatus according to one of the claims 2 to 5, characterized in that the calibrating device, if its length extends beyond a given system size, is formed from individual, similar components and is consequently adaptable to different capacity and subsequent extension requirements.
 


Revendications

1. Procédé de fabrication en continu de matériaux anorganiques agglomérés, en particulier de plaques de matériaux se composant de mélanges de liants durcissant par formation d'hydrate, d'agents d'armatures et, le cas échéant, de produits auxiliaires à consistance de vrac ou de produit dispersé, dont les propriétés spéciales et l'aptitude à l'utilisation sont obtenues par un compactage de la texture durable et irréversible, en formant à partir du mélange un tronçon de plaque qui est ensuite compacté et calibré, étant compressé avant calibrage dans sa phase de compactage à une pression telle que son épaisseur après compression et inférieure à la valeur de consigne du tronçon de plaque terminé, caractérisé en ce que la densité du tronçon de plaque terminée est supérieure à la vapeur de consigne et que le tronçon de plaque peut être calibré immédiatement après, sans application active de pression, dans une phase de calibrage à son épaisseur et à sa densité de consigne, une phase de compactage étant appliquée présentant une durée indépendante du temps d'hydratation du liant et notablement plus courte que la phase de calibrage.
 
2. Dispositif pour l'exécution du procédé selon la revendication 1, caractérisé en ce que

(a) le dispositif de calibrage monté en amont en direction longitudinale du tronçon de plaque compacte le tronçon de plaque sous une pression plus élevée que la pression nécessaire, pour atteindre l'épaisseur et la densité de consigne du tronçon de plaque terminé, de sorte que le tronçon de plaque soit compacté à une épaisseur plus faible que son épaisseur de consigne, de sorte qu'aucun effet actif de pression ne soit nécessaire ensuite;

(b) le dispositif de calibrage disposé à la suite immédiate du dispositif de compactage est un dispositif de calibrage travaillant sans effet actif de pression sur le tronçon de plaque, dans lequel est provoquée une limitation des efforts de rappel, du fait de la relaxation de contrainte renforcée à la suite de l'imprégnation d'humidité du mélange de matériau, limitation telle que toute pression active de calibrage est superflue; et

(c) la longueur du dispositif de compactage est notablement plus courte que celle du dispositif de calibrage, de sorte que la pression plus élevée nécessaire pour le compactage n'est appliquée que pendant une phase de compactage chronologiquement plus courte, tandis que dans le dispositif de calibrage plus long, les processus de durcissage coûteux conditionnant une phase de calibrage de longueur correspondante, se déroulent sans effet actif de pression.


 
3. Dispositif selon la revendication 2, caractérisé en ce qu'il est prévu une presse dans le dispositif de compactage, presse à vitesse de défilement et à épaisseur de pressage réglables, dont la longueur est déterminée indépendamment de la capacité du dispositif et uniquement par les exigences constructives du dispositif de compactage.
 
4. Dispositif selon la revendication 3, caractérisé en ce que la longueur de la presse est d'au plus cinq mètres.
 
5. Dispositif selon l'une des revendications 2 à 4, caractérisé en ce que le dispositif de calibrage, suivant immédiatement le dispositif de compactage, présente une longueur minimale (1k), fonction du temps d'hydratation (tH), de la capacité (K) du dispositif et de la largeur de tronçon de plaque (bp), qui résulte de la relation suivante:

Ik = f.. tH de sorte que le dispositif de calibrage dont la vitesse de défilement et l'épaisseur de calibrage sont réglables, prenne en compte les variations de temps d'hydratation du liant.


 
6. Dispositif selon l'une des revendications 2 à 5, caractérisé en ce que le dispositif de calibrage est composé d'unités structurelles individuelles de type identique et est ainsi susceptible d'être adapté aux exigences différentes de capacité et aux exigences ultérieures d'extension au cas où sa longueur dépasse une dimension d'ensemble déterminée.
 




Zeichnung