(19)
(11) EP 0 005 506 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
28.11.1979  Patentblatt  1979/24

(21) Anmeldenummer: 79101414.5

(22) Anmeldetag:  09.05.1979
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)2C21C 5/00, C21C 7/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE DE FR GB IT

(30) Priorität: 11.05.1978 DE 2820555

(71) Anmelder: BASF Aktiengesellschaft
67063 Ludwigshafen (DE)

(72) Erfinder:
  • Boehm, Georg, Dr.
    D-6805 Heddesheim (DE)
  • Hillenbrand, Engelbert, Dr.
    D-6148 Heppenheim (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Behandlung von Roheisen- und Stahlschmelzen bzw. Legierungen


    (57) Gegenstand der Anmeldung ist ein Verfahren zur Behandlung von Roheisen- und Stahlschmelzen bzw. Legierungen in einem Konverter, Tiegel oder sonstigen Gefäß bei dem der gesamte Frisch- und Behandlungsprozess mit Kohlensäure in einem Gefäß kontinuierlich und bis zur Fertigstellung des Stahls durchgeführt wird. Die Behandlung wird bei einem Druck von 4,0 bis 20,0 mit flüssiger Kohlensäure durchgeführt. Man benötigt für das Frischen der Roheisenschmelze etwa 50 bis 300 kg CO2/t Stahl.




    Beschreibung


    [0001] Die bekannten Verfahren zum Frischen von Roheisenschmelzen beruhen entweder auf dem Aufblasen von reinem Sauerstoff auf die Schmelze, wie z.B. beim LD-Verfahren mit einer Lanze, oder Einblasen von Sauerstoff in die Schmelze durch eine Anzahl von Düsen, die im Konverterboden angeordnet sind, wie z.B. beim CBM-Verfahren. In den meisten Fällen müssen die so hergestellten Stähle einer Nachbehandlung unterzogen werden, um den Reinheitsgrad zu verbessern, oder die Gasgehalte zu vermindern. Als nachteilig wird bei diesem Sauerstoffblasverfahren die starke Überhitzung der Schmelze angesehen, wodurch besonders die Konverterauskleidung in Mitleidenschaft gezogen wird. Vor allem führen die von der Auskleidung herstammenden Partikelchen Zu einer Verunreinigung der Stahlschmelze.

    [0002] Es wurde überraschenderweise gefunden, daß man diese Nachteile der Sauerstoifbehandlung vermeiden und sowohl das Frischen als auch die Nachbehandlung der Stahlschmelze in einem Arbeitsgang kontinuierlich durchführen kann, wenn man anstelle von Sauerstoff Kohlendioxid verwendet.

    [0003] Beim Thomas- und Bessemerverfahren war es bereits bekannt, zum Frischen der Roheisenschmelze Gasgemische zu verwenden.

    [0004] So werden z.B. im DRP 951 007, belgischen Patent 471 142, französischen Patent 960 034 und in der britischen Patentschrift 869 953 verschiedene Verfahren zur Erzeugung von stickstoffarmen Stählen durch Einblasen von Gasgemischen in die Roheisenschmelze beschrieben. Bei allen diesen Verfahren handelt es sich jedoch um begrenzte metallurgische Schritte, z.B. das Feinen, aber nicht um ein kontinuierliches Verfahren zur Herstellung von Stählen mit definierten Eigenschaften in einem Arbeitsgang.

    [0005] Eine bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, daß man in der ersten Blasperiode dem sog. Frischen etwa 50 bis 300 kg C02/t Roheisen auf die Schmelze auf- oder einbläst und nach dem der Kohlenstoffgehalt auf einen Wert von = 0,3 Gew.% herabgesetzt ist, als Nachbehandlung eine Spülung mit 0,25 bis 50,0 kg C02/t Stahlschmelze durchführt. Der Spülvorgang wird zweckmäßigerweise so lange fortgesetzt bis die Analysenwerte gemäß der entsprechenden DIN-Norm eingestellt sind. Gleichzeitig werden durch das Spülen nicht nur die unerwünschten Gasgehalte herabgesetzt, sondern auch der Reinheitsgrad der Schmelze deutlich verbessert. Damit werden Stähle mit reproduzierbaren Eigenschaften und hohen Gütequalitäten erzeugt.

    [0006] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren spielen sich bei der Behandlung mit Kohlensäure in der Roheisenschmelze folgende Reaktionen ab:

    Aus der Summengleichung ist zu entnehmen, daß es sich um eine endotherme Reaktion handelt und die einwirkende Kohlensäure zu keiner Überhitzung der Roheisenschmelze führen kann.

    [0007] Die Schmelze wird durch das kalt eingeblasene CO2-Gas sogar etwas abgekühlt. Demnach gelangen nicht nur weniger Verunreinigungen von der Konverterauskleidung her in die Schmel- ze, auch die Haltbarkeit der Gefäße wird gegenüber dem konventionellen Sauerstoff-Frischverfahren wesentlich erhöht.

    [0008] Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren können auch die für den Stahl so schädlichen Elemente wie z.B. Phosphor und Schwefel wirkungsvoll herabgesetzt, bzw. ganz eliminiert werden. Bei der Behandlung mit C02-Gas reagieren diese nach folgenden Gleichungen:



    Die gebildeten Oxide werden von dem aufsteigenden Spülgas aus der Schmelze entfernt und laufend zur Schlackendecke geführt.

    [0009] Das Frischen mit gasförmiger Kohlensäure kann auf herkömmliche Weise durch Auf- oder Einblasen in die Roheisenschmelze erfolgen. In manchen Fällen ist aber das Auf- oder Einblasen von flüssiger oder fester Kohlensäure in die Roheisenschmelze vorteilhafter. Erfindungsgemäß kann man flüssige Kohlensäure mit Hilfe einer oder mehreren im Konverter angeordneten Düsen unter Druck in die Schmelze einführen. Die flüssige Kohlensäure kann auch in Form kleiner Tropfen mit dem CO2-Gas eingeblasen werden. Der Druck des C02-Gases oder eines c02-Gasgemisches liegt vor der Düse, je nach der Größe des Gefäßes, zwischen 0,2 und 2C bar. In manchen Fällen hat es sich als nützlich erwiesen, der reinen Kohlensäure auch ein anderes Gas zuzumischen, z.B. oxidierende, reduzierende oder inerte Gase. Durch die Verwendung verschieden zusammengesetzter Gasmischungen läßt sich die Temperaturführung der Reaktion steuern ur.d der Reaktionsablauf optimieren, insbesondere aber In einfacher Weise eine Überhitzung der Schmelze vermeiden. So kann bei einigen Roheisenschmelzen, die einen erhöhten Silizium- oder Mangangehalt aufweisen, auch Sauerstoff dem C02-Gas zugegeben werden, um die Verbrennung der genannten Elemente zu beschleunigen.

    [0010] Das beschriebene Verfahren ist nicht auf unlegierte Stähle begrenzt. Auch legierte Stähle können auf gleiche Weise.mit CO2 behandelt werden. Als besonders vorteilhaft hat sich der Einsatz von C02-Gas beim Feinentkohlen von hochchromhaltigen Stählen nach dem sog. AOD-Verfahren erwiesen. Hier konnte sowohl in der ersten als auch in der zweiten Behandlungsstufe mit CO2-Gas eine wirkungsvollere und schnellere Entkohlung als mit Sauerstoff erzielt werden.

    [0011] Das Einblasen von Kohlensäure in eine Roheisenschmelze kann man erfindungsgemäß durch eine oder mehrere Düsen vornehmen. So kann man durch eine einfache Düse entweder die gasförmige oder nur die flüssige Kohlensäure unter Druck in die Schmelze einblasen. Als vorteilhaft hat sich aber in der Praxis das gleichzeitige Einblasen von flüssiger und gasförmiger Kohlensäure durch eine Düse erwiesen. Beim Einsatz von mehreren Gasen zum Frischen von Roheisenschmelzen werden Mehrfachdüsen bevorzugt. In Fig. 1 wird der Schnitt durch eine solche Düse gezeigt. Auch hier hat sich als zweckmäßig erwiesen, die Kohlensäure durch die mittlere Düse 1 einzublasen. Die äußeren Düsen 2 dienen zum Einblasen von gasförmigem Sauerstoff oder anderen Mischgasen. Fig. 2 bis 4 zeigen mögliche Anordnungen für die Düsen. Darin kann jeweils im Konverter 3 die Düse in vertikaler Richtung entweder fahrbar oder fest angeordnet sein. So zeigt Fig. 2 eine fahrbare Anordnung für die Düse 4. Sie wird vor dem Frischen eingefahren und nach Beendigung des Prozesses herausgezogen. In Fig. 3 ist die Düse 4 seitlich und in Fig. 4 in Konverterboden angeordnet. Während die in Fig. 2 und 4 gezeigten Düsenanordnungen zum Frischen und Spülen von Roheisenschmelze 5 dienen, um vorwiegend unlegierte Stähle herzustellen, wird nach der in Fig. 3 dargestellten seitlichen Anordnung der Düse eine starke Umwälzung erzielt, wordurch nicht nur die Feinentkohlung sondern auch der Spülvorgang bei hochlegierten Stählen beschleunigt wird.

    [0012] Um die Erfindung weiter zu verdeutlichen, werden im folgenden drei Ausführungsbeispiele für das erfindungsgemäße Verfahren beschrieben.

    Beispiel 1



    [0013] In einem 5 kg fassenden Tiegel wird mit Kohlensäure eine Stahlschmelze mit folgender chemischer Zusammensetzung gefrischt.

    Die Schmelze wird mit 0,2 kg CO2/hg Roheisen etwa 15 Minuten behandelt. Man erhält einen Stahl vom Typ St 55 (W.-Nr. 1.0507) mit folgender Zusammensetzung:

    Im gleichen Gefäß wird die Schmelze mit 0,02 kg C02/kg Stahl noch weitere 5 Minuten nachgespült, wodurch sich folgender Reinheitsgrad einstellt:



    [0014] Danach kann der Reinheitsgrad bei diesem Stahl um mehr als ' 60 % verbessert werden. Durch die beschriebene Behandlung mit C02-Gas kann der Gasgehalt in der Schmelze auf folgende Werte herabgesetzt werden:

    Der so hergestellte Stahl hat einwandfreie Eigenschaften und kann anstandslos zu Rohren weiterverarbeitet werden.

    Beispiel 2



    [0015] Die im Beispiel 1 genannte Stahlschmelze wird nach dem Frischvorgang mit 0,2 kg C02/kg Stahl 25 Minuten weiterbehandelt. Hierdurch kann sowohl der Kohlenstoffgehalt als auch der Phosphor- und Schwefelgehalt noch weiter herabgesetzt werden, wie die folgende Tabelle zeigt:

    Dieser Stahl hat eine hohe Duktilität und besonders gute Zähigkeitseigenschatten.

    Beispiel 3



    [0016] Eine hochchrom- und nickelhaltige Roheisenschmelze wird auf die beschriebene Weise mit C02 gefrischt, bis der Kohlenstoffgehalt auf einen Wert von etwa 1,3 % herabgesetzt ist. Danach wird die Schmelze mit einem Gasgemisch bestehend aus 6 Vol.-Teilen CO2 und 1 Vol.-Teil Ar etwa 30 Minuten behan- delt und der Kohlenstoffgehalt auf 0,6 % gesenkt. In der weiteren Behandlungsperiode wird der CO2-Volumenanteil/Vo- lumenanteil Ar auf 4 % herabgesetzt. Nach einer Blasdauer von 35 Minuten vermindert sich der Kohlenstoffgehalt auf 0,13 %. Hiernach wird die Schmelze mit Sauerstoff und Argon in einem Vol.-Verhältnis von 1 : 1 etwa 10 Minuten weiterbehandelt. Man erhält einen rostbeständigen Stahl mit folgender Zusammensetzung.



    [0017] Der auf die beschriebene Weise erzeugte Stahl entspricht dem Werkstoff Nr. 1.4301 und hat bei der nachfolgenden Untersuchung einen hervorragenden Reinheitsgrad ergeben. Auch kann der Stahlblock einwandfrei weiterverarbeitet werden. Beim Endprodukt konnte neben einer auffallend guten Korrosionsbeständigkeit auch eine gute Oberflächenbeschaffenheit festgestellt werden.

    [0018] überraschenderweise werden bei der erfindungsgemäßen Behandlung von Roheisenschmelzen auch keine roten Rauchwolken festgestellt. Dies ist dadurch zu erklären, daß das aus der Schmelze austretende Kohlenmonoxid sofort zu Kohlendioxid oxidiert und die Verbrennung der feinen Eisenpartikelchen unterbindet. Hierdurch können die hierfür vorgeschriebenen und recht kostspieligen Filteranlagen eingespart werden.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Behandlung von Roheisen- und Stahlschmelzen bzw. Legierungen in einem Konverter, Tiegel oder sonstigem Gefäß, dadurch gekennzeichnet, daß der gesamte Frisch- und Behandlungsprozeß mit Kohlensäure in einem Gefäß kontinuierlich und bis zur Fertigstellung des Stahles durchgeführt wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Roheisenschmelze mit etwa 50 bis 300, vorzugsweise mit 100 bis 250 kg C02/t Stahl gefrischt und bis zur Fertigstellung des Stahles mit etwa 0,25 bis 50,0 kg, vorzugsweise mit 0,5 bis 1,0 kg C02/t Stahl nachbehandelt wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß flüssige Kohlensäure unter einem Druck von 4,0 bis 20,0 bar, vorzugsweise unter einem Druck von 4 bis 15 bar in die Roheisenschmelze eingeblasen wird.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß gasförmige und flüssige Kohlensäure durch getrennte Düsen unter einem Druck von 0,2 bis 20,0 bar, vorzugsweise unter einem Druck von 2 bis 15 bar in die Roheisenschmelze eingeblasen wird.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 1 und 4, dadurch gekennzeichnet, daß während des Frischens oder während der Nachbehandlung der Schmelze oder bei beiden Vorgängen mit Kohlensäure zusätzlich ein weiteres oxidierendes Gas in unterschiedlicher Konzentration und Zeitdauer eingeblasen wird.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß man als weiteres oxidierendes Gas Sauerstoff verwendet.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß während des Frischens oder während der Nachbehandlung der Schmelze oder bei beiden Vorgängen mit Kohlensäure ein Zusatzgas inerter oder reduzierender Art in unterschiedlicher Menge und Zeitdauer eingeblasen wird.
     
    8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß man. als Zusatzgas inerter oder reduzierender Art Argon, Stickstoff und/oder Kohlenmonoxid verwendet.
     




    Zeichnung













    Recherchenbericht