[0001] Die bekannten Verfahren zum Frischen von Roheisenschmelzen beruhen entweder auf dem
Aufblasen von reinem Sauerstoff auf die Schmelze, wie z.B. beim LD-Verfahren mit einer
Lanze, oder Einblasen von Sauerstoff in die Schmelze durch eine Anzahl von Düsen,
die im Konverterboden angeordnet sind, wie z.B. beim CBM-Verfahren. In den meisten
Fällen müssen die so hergestellten Stähle einer Nachbehandlung unterzogen werden,
um den Reinheitsgrad zu verbessern, oder die Gasgehalte zu vermindern. Als nachteilig
wird bei diesem Sauerstoffblasverfahren die starke Überhitzung der Schmelze angesehen,
wodurch besonders die Konverterauskleidung in Mitleidenschaft gezogen wird. Vor allem
führen die von der Auskleidung herstammenden Partikelchen Zu einer Verunreinigung
der Stahlschmelze.
[0002] Es wurde überraschenderweise gefunden, daß man diese Nachteile der Sauerstoifbehandlung
vermeiden und sowohl das Frischen als auch die Nachbehandlung der Stahlschmelze in
einem Arbeitsgang kontinuierlich durchführen kann, wenn man anstelle von Sauerstoff
Kohlendioxid verwendet.
[0003] Beim Thomas- und Bessemerverfahren war es bereits bekannt, zum Frischen der Roheisenschmelze
Gasgemische zu verwenden.
[0004] So werden z.B. im DRP 951 007, belgischen Patent 471 142, französischen Patent 960
034 und in der britischen Patentschrift 869 953 verschiedene Verfahren zur Erzeugung
von stickstoffarmen Stählen durch Einblasen von Gasgemischen in die Roheisenschmelze
beschrieben. Bei allen diesen Verfahren handelt es sich jedoch um begrenzte metallurgische
Schritte, z.B. das Feinen, aber nicht um ein kontinuierliches Verfahren zur Herstellung
von Stählen mit definierten Eigenschaften in einem Arbeitsgang.
[0005] Eine bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, daß
man in der ersten Blasperiode dem sog. Frischen etwa 50 bis 300 kg C0
2/t Roheisen auf die Schmelze auf- oder einbläst und nach dem der Kohlenstoffgehalt
auf einen Wert von = 0,3 Gew.% herabgesetzt ist, als Nachbehandlung eine Spülung mit
0,25 bis 50,0 kg C0
2/t Stahlschmelze durchführt. Der Spülvorgang wird zweckmäßigerweise so lange fortgesetzt
bis die Analysenwerte gemäß der entsprechenden DIN-Norm eingestellt sind. Gleichzeitig
werden durch das Spülen nicht nur die unerwünschten Gasgehalte herabgesetzt, sondern
auch der Reinheitsgrad der Schmelze deutlich verbessert. Damit werden Stähle mit reproduzierbaren
Eigenschaften und hohen Gütequalitäten erzeugt.
[0006] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren spielen sich bei der Behandlung mit Kohlensäure
in der Roheisenschmelze folgende Reaktionen ab:

Aus der Summengleichung ist zu entnehmen, daß es sich um eine endotherme Reaktion
handelt und die einwirkende Kohlensäure zu keiner Überhitzung der Roheisenschmelze
führen kann.
[0007] Die Schmelze wird durch das kalt eingeblasene CO
2-Gas sogar etwas abgekühlt. Demnach gelangen nicht nur weniger Verunreinigungen von
der Konverterauskleidung her in die Schmel-
ze, auch die Haltbarkeit der Gefäße wird gegenüber dem konventionellen Sauerstoff-Frischverfahren
wesentlich erhöht.
[0008] Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren können auch die für den Stahl so schädlichen
Elemente wie z.B. Phosphor und Schwefel wirkungsvoll herabgesetzt, bzw. ganz eliminiert
werden. Bei der Behandlung mit C0
2-Gas reagieren diese nach folgenden Gleichungen:

Die gebildeten Oxide werden von dem aufsteigenden Spülgas aus der Schmelze entfernt
und laufend zur Schlackendecke geführt.
[0009] Das Frischen mit gasförmiger Kohlensäure kann auf herkömmliche Weise durch Auf- oder
Einblasen in die Roheisenschmelze erfolgen. In manchen Fällen ist aber das Auf- oder
Einblasen von flüssiger oder fester Kohlensäure in die Roheisenschmelze vorteilhafter.
Erfindungsgemäß kann man flüssige Kohlensäure mit Hilfe einer oder mehreren im Konverter
angeordneten Düsen unter Druck in die Schmelze einführen. Die flüssige Kohlensäure
kann auch in Form kleiner Tropfen mit dem CO
2-Gas eingeblasen werden. Der Druck des C0
2-Gases oder eines c0
2-Gasgemisches liegt vor der Düse, je nach der Größe des Gefäßes, zwischen 0,2 und
2C bar. In manchen Fällen hat es sich als nützlich erwiesen, der reinen Kohlensäure
auch ein anderes Gas zuzumischen, z.B. oxidierende, reduzierende oder inerte Gase.
Durch die Verwendung verschieden zusammengesetzter Gasmischungen läßt sich die Temperaturführung
der Reaktion steuern ur.d der Reaktionsablauf optimieren, insbesondere aber In einfacher
Weise eine Überhitzung der Schmelze vermeiden. So kann bei einigen Roheisenschmelzen,
die einen erhöhten Silizium- oder Mangangehalt aufweisen, auch Sauerstoff dem C0
2-Gas zugegeben werden, um die Verbrennung der genannten Elemente zu beschleunigen.
[0010] Das beschriebene Verfahren ist nicht auf unlegierte Stähle begrenzt. Auch legierte
Stähle können auf gleiche Weise.mit CO
2 behandelt werden. Als besonders vorteilhaft hat sich der Einsatz von C0
2-Gas beim Feinentkohlen von hochchromhaltigen Stählen nach dem sog. AOD-Verfahren
erwiesen. Hier konnte sowohl in der ersten als auch in der zweiten Behandlungsstufe
mit CO
2-Gas eine wirkungsvollere und schnellere Entkohlung als mit Sauerstoff erzielt werden.
[0011] Das Einblasen von Kohlensäure in eine Roheisenschmelze kann man erfindungsgemäß durch
eine oder mehrere Düsen vornehmen. So kann man durch eine einfache Düse entweder die
gasförmige oder nur die flüssige Kohlensäure unter Druck in die Schmelze einblasen.
Als vorteilhaft hat sich aber in der Praxis das gleichzeitige Einblasen von flüssiger
und gasförmiger Kohlensäure durch eine Düse erwiesen. Beim Einsatz von mehreren Gasen
zum Frischen von Roheisenschmelzen werden Mehrfachdüsen bevorzugt. In Fig. 1 wird
der Schnitt durch eine solche Düse gezeigt. Auch hier hat sich als zweckmäßig erwiesen,
die Kohlensäure durch die mittlere Düse 1 einzublasen. Die äußeren Düsen 2 dienen
zum Einblasen von gasförmigem Sauerstoff oder anderen Mischgasen. Fig. 2 bis 4 zeigen
mögliche Anordnungen für die Düsen. Darin kann jeweils im Konverter 3 die Düse in
vertikaler Richtung entweder fahrbar oder fest angeordnet sein. So zeigt Fig. 2 eine
fahrbare Anordnung für die Düse 4. Sie wird vor dem Frischen eingefahren und nach
Beendigung des Prozesses herausgezogen. In Fig. 3 ist die Düse 4 seitlich und in Fig.
4 in Konverterboden angeordnet. Während die in Fig. 2 und 4 gezeigten Düsenanordnungen
zum Frischen und Spülen von Roheisenschmelze 5 dienen, um vorwiegend unlegierte Stähle
herzustellen, wird nach der in Fig. 3 dargestellten seitlichen Anordnung der Düse
eine starke Umwälzung erzielt, wordurch nicht nur die Feinentkohlung sondern auch
der Spülvorgang bei hochlegierten Stählen beschleunigt wird.
[0012] Um die Erfindung weiter zu verdeutlichen, werden im folgenden drei Ausführungsbeispiele
für das erfindungsgemäße Verfahren beschrieben.
Beispiel 1
[0013] In einem 5 kg fassenden Tiegel wird mit Kohlensäure eine Stahlschmelze mit folgender
chemischer Zusammensetzung gefrischt.

Die Schmelze wird mit 0,2 kg CO
2/hg Roheisen etwa 15 Minuten behandelt. Man erhält einen Stahl vom Typ St 55 (W.-Nr.
1.0507) mit folgender Zusammensetzung:

Im gleichen Gefäß wird die Schmelze mit 0,02 kg C0
2/kg Stahl noch weitere 5 Minuten nachgespült, wodurch sich folgender Reinheitsgrad
einstellt:

[0014] Danach kann der Reinheitsgrad bei diesem Stahl um mehr als ' 60 % verbessert werden.
Durch die beschriebene Behandlung mit C0
2-Gas kann der Gasgehalt in der Schmelze auf folgende Werte herabgesetzt werden:

Der so hergestellte Stahl hat einwandfreie Eigenschaften und kann anstandslos zu Rohren
weiterverarbeitet werden.
Beispiel 2
[0015] Die im Beispiel 1 genannte Stahlschmelze wird nach dem Frischvorgang mit 0,2 kg C0
2/kg Stahl 25 Minuten weiterbehandelt. Hierdurch kann sowohl der Kohlenstoffgehalt
als auch der Phosphor- und Schwefelgehalt noch weiter herabgesetzt werden, wie die
folgende Tabelle zeigt:

Dieser Stahl hat eine hohe Duktilität und besonders gute Zähigkeitseigenschatten.
Beispiel 3
[0016] Eine hochchrom- und nickelhaltige Roheisenschmelze wird auf die beschriebene Weise
mit C0
2 gefrischt, bis der Kohlenstoffgehalt auf einen Wert von etwa 1,3 % herabgesetzt ist.
Danach wird die Schmelze mit einem Gasgemisch bestehend aus 6 Vol.-Teilen CO
2 und 1 Vol.-Teil Ar etwa 30 Minuten behan-
delt und der Kohlenstoffgehalt auf 0,6 % gesenkt. In der weiteren Behandlungsperiode
wird der CO
2-Volumenanteil/Vo- lumenanteil Ar auf 4 % herabgesetzt. Nach einer Blasdauer von 35
Minuten vermindert sich der Kohlenstoffgehalt auf 0,13 %. Hiernach wird die Schmelze
mit Sauerstoff und Argon in einem Vol.-Verhältnis von 1 : 1 etwa 10 Minuten weiterbehandelt.
Man erhält einen rostbeständigen Stahl mit folgender Zusammensetzung.

[0017] Der auf die beschriebene Weise erzeugte Stahl entspricht dem Werkstoff Nr. 1.4301
und hat bei der nachfolgenden Untersuchung einen hervorragenden Reinheitsgrad ergeben.
Auch kann der Stahlblock einwandfrei weiterverarbeitet werden. Beim Endprodukt konnte
neben einer auffallend guten Korrosionsbeständigkeit auch eine gute Oberflächenbeschaffenheit
festgestellt werden.
[0018] überraschenderweise werden bei der erfindungsgemäßen Behandlung von Roheisenschmelzen
auch keine roten Rauchwolken festgestellt. Dies ist dadurch zu erklären, daß das aus
der Schmelze austretende Kohlenmonoxid sofort zu Kohlendioxid oxidiert und die Verbrennung
der feinen Eisenpartikelchen unterbindet. Hierdurch können die hierfür vorgeschriebenen
und recht kostspieligen Filteranlagen eingespart werden.
1. Verfahren zur Behandlung von Roheisen- und Stahlschmelzen bzw. Legierungen in einem
Konverter, Tiegel oder sonstigem Gefäß, dadurch gekennzeichnet, daß der gesamte Frisch-
und Behandlungsprozeß mit Kohlensäure in einem Gefäß kontinuierlich und bis zur Fertigstellung
des Stahles durchgeführt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Roheisenschmelze mit
etwa 50 bis 300, vorzugsweise mit 100 bis 250 kg C02/t Stahl gefrischt und bis zur Fertigstellung des Stahles mit etwa 0,25 bis 50,0 kg,
vorzugsweise mit 0,5 bis 1,0 kg C02/t Stahl nachbehandelt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß flüssige Kohlensäure
unter einem Druck von 4,0 bis 20,0 bar, vorzugsweise unter einem Druck von 4 bis 15
bar in die Roheisenschmelze eingeblasen wird.
4. Verfahren nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß gasförmige und flüssige
Kohlensäure durch getrennte Düsen unter einem Druck von 0,2 bis 20,0 bar, vorzugsweise
unter einem Druck von 2 bis 15 bar in die Roheisenschmelze eingeblasen wird.
5. Verfahren nach Anspruch 1 und 4, dadurch gekennzeichnet, daß während des Frischens
oder während der Nachbehandlung der Schmelze oder bei beiden Vorgängen mit Kohlensäure
zusätzlich ein weiteres oxidierendes Gas in unterschiedlicher Konzentration und Zeitdauer
eingeblasen wird.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß man als weiteres oxidierendes
Gas Sauerstoff verwendet.
7. Verfahren nach Anspruch 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß während des Frischens
oder während der Nachbehandlung der Schmelze oder bei beiden Vorgängen mit Kohlensäure
ein Zusatzgas inerter oder reduzierender Art in unterschiedlicher Menge und Zeitdauer
eingeblasen wird.
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß man. als Zusatzgas inerter
oder reduzierender Art Argon, Stickstoff und/oder Kohlenmonoxid verwendet.