(19)
(11) EP 0 009 266 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.04.1980  Patentblatt  1980/07

(21) Anmeldenummer: 79200332.9

(22) Anmeldetag:  25.06.1979
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C22F 1/00, C22C 9/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE FR GB IT

(30) Priorität: 10.08.1978 CH 8508/78

(71) Anmelder: BBC Aktiengesellschaft Brown, Boveri & Cie.
CH-5401 Baden (CH)

(72) Erfinder:
  • Melton, Keith, Dr.
    CH-5453 Busslingen (CH)
  • Mercier, Olivier, Dr.
    CH-5401 Baden (CH)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Lötbare Formgedächtnislegierung und Verfahren zum Hartlöten dieser Formgedächtnislegierung


    (57) Mit Hartlot lötbare Formgedächtnislegierung des β-Sondermessingtyps bestehend aus Kupfer, Zink und Aluminium mit einem Nickelzusatz zur Kornverfeinerung. Verfahren zum Hartlöten eines aus der Gedächtnislegierung bestehenden Bauteils mit einem anderen metallischen Bauteil. indem das derart gebildete Werkstück nach dem Hartlöten gesamthaft auf die Lösungstemperatur für die β-Phase der Gedächtnislegierung gebracht und anschliessend in Wasser abgeschreckt wird.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft eine lötbare Formgedächtnislegierung nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 und ein Verfahren zum Hartlöten nach Anspruch 4.

    [0002] Formgedächtnislegierungen des Typs der Sondermessinge (System Cu/Zn/Al) sind bekannt (z.B. DE-OS 2 711 576; DE-OS 2 055 755; AT-PS 333 522). Im allgemeinen werden Legierungen dieser Art je nach Zusammensetzung zwischen 600°C und 950°C geglüht, um einen möglichst hohen Anteil an β-Phase zu erhalten. Daraufhin werden sie auf eine kritische Temperatur MS abgeschreckt, um eine metastabile martensitische Phase zu erhalten. Je nach Zusammensetzung kann MS ober-oder unterhalb der Raumtemperatur liegen. Beim Wiedererwärmen im Zuge von nachfolgenden Fertigungsprozessen (z.B. Löten) geht die metastabile Phase weitgehend in die stabile über und der Gedächtniseffekt geht verloren.

    [0003] Aus vorgenannten Gründen geht hervor, dass im allgemeinen Gedächtnislegierungen des Cu/Zn/Al-Typs nicht lötbar sind, ohne dass dabei ihre hauptsächlichste physikalische Eigenschaft, der Gedächtniseffekt in unzulässiger Weise beeinträchtigt wird. Die Schmelzpunkte der meisten technischen Weichlote reichen bereits in die Temperatur-Grössenordnung der Ausscheidung der stabilen Phase hinein und scheiden demzufolge als Verbindungsmethoden von Bauteilen zum vornherein aus. Andererseits weisen Hartlote Schmelzpunkte auf, welche in der Grössenordnung der Glühtemperaturen der Gedächtnislegierungen liegen, wodurch sich Schwierigkeiten wegen Ueberschneidung der Temperaturen ergeben. Ausserdem neigen f1-Sondermessinge bei den hohen Löttemperaturen zu übermässigem Kornwachstum und anschliessender Rissanfälligkeit, so dass die derart hergestellten Verbindungen meist unbrauchbar ausfallen.

    [0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine lötbare Formgedächtnislegierung sowie ein zugehöriges Lötverfahren anzugeben, wobei unter Vermeidung aufwendiger Verfahrensschritte und Vorrichtungen der Gedächtniseffekt am fertigen zusammengesetzten Bauteil voll ausgenutzt werden kann. Durch die Erfindung soll insbesondere das bei irgend welcher Erwärmung auftretende Kornwachstum der Gedächtnislegierung vermieden und deren Rissanfälligkeit wirksam herabgesetzt werden.

    [0005] Erfindungsgemäss wird diese Aufgabe durch die im kennzeichnenden Teil der Ansprüche 1 und 4 angegebenen Merkmale gelöst.

    [0006] Der der Erfindung zugrunde gelegte massgebende Leitgedanke besteht darin, ein Hartlot zu verwenden, dessen Fliesstemperatur genügend hoch über der Glühtemperatur der Gedächtnislegierung liegt, um die in jedem Falle geforderten minimalen Bedingungen an Formbeständigkeit und Festigkeit der Lötverbindung bei der besagten Glühtemperatur zu gewährleisten, und gleichzeitig durch Wahl der geeigneten Zusammensetzung der Gedächtnislegierung deren Kornwachstum bei hohen Temperaturen zu unterdrücken.

    [0007] Weitere Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus den durch eine Figur näher erläuterten Ausführungsbeispielen.

    [0008] Dabei zeigt die Figur:

    ein Diagramm der Korngrösse in Funktion des Nickelgehalts für eine Cu/Zn/Al/Ni-Legierung.


    Ausführungsbeispiel I:



    [0009] In einem Induktionsofen wurde unter Argonatmosphäre in einem Graphittiegel eine dem β-Sondermessing angehörende Gedächtnislegierung folgender Zusammensetzung erschmolzen:



    [0010] Der auf diese Weise hergestellte Gussbarren wurde anschliessend bei einer Temperatur von 850°C zu einem Grobblech von 5 mm Dicke ausgewalzt. Aus diesem Blech wurde eine Scheibe von 27 mm Durchmesser herausgeschnitten. Die Legierung obiger Zusammensetzung hat eine martensitische Umwandlungstemperatur MS von +60oC. Von einer Kupferstange von 15 mm Durchmesser wurde ein zylindrischer Körper von 15 mm axialer Länge abgetrennt. Die koaxial zu verlötenden Teile, die Scheibe aus Gedächtnislegierung und der Kupferzylinder wurden auf je einer ihrer Stirnseiten mit dem Flussmittel "Tenacity 5" (Handelsname der britischen Firma Johnson Matthey) überzogen. Hierauf wurde der Kupferzylinder auf die Scheibe gelegt und beide Teile mittels einer Propanflamme auf eine ca. Hellkirschrotglut entsprechende Temperatur von 8500C gebracht und mit einem Hartlot L-Ag5' nach Spezifikation DIN 8513 (Zusammensetzung 5% Ag, 55 % Cu, 40 % Zn) verlötet. Anschliessend wurde das rohe Werkstück auf Raumtemperatur abgekühlt und von übersch Flussmittel- und Lotresten und anhaftendem Schmutz befreit und gereinigt. Zwecks Ueberführung der Gedächtnislegierung in die β-Phase und Homogenisierung wurde das gereinigte Werkstück während 5 min bei einer Temperatur von 700°C einer Lösungsglühung unterworfen und daraufhin in Wasser abgeschreckt. Zwecks Untersuchung der Verbindung wurde das fertige Werkstück entlang seiner Längsachse aufgetrennt. Die Lötung erwies sich als einwandfrei, es konnten keinerlei Risse an der Lötstelle oder in deren Umgebung festgestellt werden.

    Ausführungsbeispiel II:



    [0011] In einem Induktionsofen wurde nach der unter Beispiel I angegebenen Methode eine Gedächtnislegierung folgender Zusammensetzung erschmolzen und anschliessend zu einem Blech ausgewalzt:



    [0012] Diese Legierung weist eine Temperatur MS der martensitischen Umwandlung von -50oC auf. Entsprechend Beispiel i wurden aus Kupfer und Gedächtnislegierung je ein Teil hergestellt und mit den erwähnten Mitteln stirnseitig zusammengelötet. Statt von der Löttemperatur von 850°C auf Raumtemperatur abzukühlen, wurde die Propanflamme derart eingestellt, dass das Werkstück lediglich auf dunkle Rbtglut (700°C) abgekühlt wurde, worauf es einige Minuten auf dieser Temperatur gehalten und dann in Wasser abgeschreckt wurde. Die Prüfung am längs zerteilten Werkstück ergab eine einwandfreie Lötverbindung.

    [0013] In der Figur ist die Korngrösse d in mm in Funktion des Nickelgehaltes für eine Serie von Gedächtnislegierungen des Typs Cu/Zn/Al/Ni angegeben. Die untersuchten Legierungen wurden während 5 min einer Lösungsglühung bei 950 C ausgesetzt, um ihre Struktur vollständig in die β-Phase überzuführen, und anschliessend in Wasser abgeschreckt. Ihre Zusammensetzung variierte in den Grenzen:



    [0014] Die Summe des Kupfer- plus Nickelgehaltes betrug demnach stets 70 %. Aus dem Diagramm ist die kornverfeinernde Wirkung des Nickelzusatzes klar ersichtlich. Während bei der nickelfreien Cu/Zn/Al-Legierung der mittlere Durchmesser der Kristallite noch ca. 1,9 mm betrug, brachte bereits ein Nickelzusatz von nur 1 % eine Reduktion auf beinahe einen Drittel dieses Wertes. Bei einem Nickelgehalt von 4 % war die Korngrösse mit wenig mehr als 0,2 mm fast auf einen Zehntel der ursprünglichen von herkömmlichen Gedächtnislegierungen dieses Typs abgesunken. Nickelzusätze von mehr als 4 % erwiesen sich dagegen nicht mehr sinnvoll.

    [0015] Die Erfindung ist keineswegs auf die in den Beispielen angegebenen Legierungen und Verfahrensschritte begrenzt. Es können prinzipiell alle, vorwiegend die β-Phase aufweisenden Cu/Zn/Al/Ni-Legierungen mit 0,5 bis 4 % Nickel Verwendung finden. Diese Forderung erfüllen zum Beispiel Legierungen folgender Zusammensetzung:



    [0016] Bevorzugt werden Legierungen folgender Zusammensetzung verwendet:



    [0017] Bei der Durchführung des Verfahrens ist zu beachten, dass die Fliesstemperatur des Hartlotes genügend hoch über der Lösungsglühtemperatur der Gedächtnislegierung liegt, die mindestens eingehalten werden muss, um einen möglichst hohen Anteil (im Idealfall 100 %) ihrer Struktur in die β-Phase überzuführen. Das beim Löten verwendete Flussmittel soll möglichst verhindern, dass das Aluminium oxydiert wird und sich eine tonerdereiche Schlackenschicht bildet.

    [0018] Durch die erfindungsgemässe neue Gedächtnislegierung wurde die Möglichkeit geschaffen, rissfreie und dichte Lötverbindungen auf der Basis eines Hartlotes zwischen Bauteilen aus Gedächtnislegierung und einem anderen metallischen Stoff herzustellen, ohne dass durch den Lötprozess irgend welche Gedächtniseigenschaften des fertigen Werkstücks beeinträchtigt werden.


    Ansprüche

    l. Lötbare Formgedächtnislegierung des j9-Sondermessing- typs auf der Basis einer Mischung von Kupfer, Zink und Aluminium, dadurch gekennzeichnet, dass sie zusätzlich zu den vorgenannten Elementen noch 0,5 bis 4 Gew.-% Nickel enthält.
     
    2. Formgedächtnislegierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass sie aus 0,5 bis 4 Gew.-% Nickel, 6 bis 15 Gew.% Aluminium, 1 bis 25 Gew.-% Zink und 65 bis 85 Gew.-% Kupfer besteht, wobei die Summe von Aluminium und Zink grösser als 15 und kleiner als 31 Gew.-% ist.
     
    3. Formgedächtnislegierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass sie aus 0,5 bis 4 Gew.-% Nickel, 7 bis 9 Gew.-% Aluminium, 12 bis 18 Gew.-% Zink, Rest Kupfer bis zu einem Höchstgehalt von 85 % besteht.
     
    4. Verfahren zum Hartlöten einer Formgedächtnislegierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung Nickel enthält, dass sie bei einer Temperatur oberhalb der vom Phasendiagramm her bedingten niedrigsten Lösungsglühtemperatur mit einem Hochtemperaturlot unter Verwendung eines eine aluminiumreiche Oxydschicht verhindernden Flussmittels gelötet und danach einer Lösungsglühung bei einer unterhalb des Fliesspunktes des Lotes liegenden Temperatur unterzogen wird, und dass schliesslich das gelötete Werkstück von der Lösungstemperatur in Wasser abgeschreckt wird.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht