[0001] Die Erfindung betrifft eine lötbare Formgedächtnislegierung nach dem Oberbegriff
des Anspruchs 1 und ein Verfahren zum Hartlöten nach Anspruch 4.
[0002] Formgedächtnislegierungen des Typs der Sondermessinge (System Cu/Zn/Al) sind bekannt
(z.B. DE-OS 2 711 576; DE-OS 2 055 755; AT-PS 333 522). Im allgemeinen werden Legierungen
dieser Art je nach Zusammensetzung zwischen 600°C und 950°C geglüht, um einen möglichst
hohen Anteil an β-Phase zu erhalten. Daraufhin werden sie auf eine kritische Temperatur
M
S abgeschreckt, um eine metastabile martensitische Phase zu erhalten. Je nach Zusammensetzung
kann M
S ober-oder unterhalb der Raumtemperatur liegen. Beim Wiedererwärmen im Zuge von nachfolgenden
Fertigungsprozessen (z.B. Löten) geht die metastabile Phase weitgehend in die stabile
über und der Gedächtniseffekt geht verloren.
[0003] Aus vorgenannten Gründen geht hervor, dass im allgemeinen Gedächtnislegierungen des
Cu/Zn/Al-Typs nicht lötbar sind, ohne dass dabei ihre hauptsächlichste physikalische
Eigenschaft, der Gedächtniseffekt in unzulässiger Weise beeinträchtigt wird. Die Schmelzpunkte
der meisten technischen Weichlote reichen bereits in die Temperatur-Grössenordnung
der Ausscheidung der stabilen Phase hinein und scheiden demzufolge als Verbindungsmethoden
von Bauteilen zum vornherein aus. Andererseits weisen Hartlote Schmelzpunkte auf,
welche in der Grössenordnung der Glühtemperaturen der Gedächtnislegierungen liegen,
wodurch sich Schwierigkeiten wegen Ueberschneidung der Temperaturen ergeben. Ausserdem
neigen f1-Sondermessinge bei den hohen Löttemperaturen zu übermässigem Kornwachstum
und anschliessender Rissanfälligkeit, so dass die derart hergestellten Verbindungen
meist unbrauchbar ausfallen.
[0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine lötbare Formgedächtnislegierung sowie
ein zugehöriges Lötverfahren anzugeben, wobei unter Vermeidung aufwendiger Verfahrensschritte
und Vorrichtungen der Gedächtniseffekt am fertigen zusammengesetzten Bauteil voll
ausgenutzt werden kann. Durch die Erfindung soll insbesondere das bei irgend welcher
Erwärmung auftretende Kornwachstum der Gedächtnislegierung vermieden und deren Rissanfälligkeit
wirksam herabgesetzt werden.
[0005] Erfindungsgemäss wird diese Aufgabe durch die im kennzeichnenden Teil der Ansprüche
1 und 4 angegebenen Merkmale gelöst.
[0006] Der der Erfindung zugrunde gelegte massgebende Leitgedanke besteht darin, ein Hartlot
zu verwenden, dessen Fliesstemperatur genügend hoch über der Glühtemperatur der Gedächtnislegierung
liegt, um die in jedem Falle geforderten minimalen Bedingungen an Formbeständigkeit
und Festigkeit der Lötverbindung bei der besagten Glühtemperatur zu gewährleisten,
und gleichzeitig durch Wahl der geeigneten Zusammensetzung der Gedächtnislegierung
deren Kornwachstum bei hohen Temperaturen zu unterdrücken.
[0007] Weitere Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus den durch eine Figur näher erläuterten
Ausführungsbeispielen.
[0008] Dabei zeigt die Figur:
ein Diagramm der Korngrösse in Funktion des Nickelgehalts für eine Cu/Zn/Al/Ni-Legierung.
Ausführungsbeispiel I:
[0009] In einem Induktionsofen wurde unter Argonatmosphäre in einem Graphittiegel eine dem
β-Sondermessing angehörende Gedächtnislegierung folgender Zusammensetzung erschmolzen:
[0010] Der auf diese Weise hergestellte Gussbarren wurde anschliessend bei einer Temperatur
von 850°C zu einem Grobblech von 5 mm Dicke ausgewalzt. Aus diesem Blech wurde eine
Scheibe von 27 mm Durchmesser herausgeschnitten. Die Legierung obiger Zusammensetzung
hat eine martensitische Umwandlungstemperatur M
S von +60
oC. Von einer Kupferstange von 15 mm Durchmesser wurde ein zylindrischer Körper von
15 mm axialer Länge abgetrennt. Die koaxial zu verlötenden Teile, die Scheibe aus
Gedächtnislegierung und der Kupferzylinder wurden auf je einer ihrer Stirnseiten mit
dem Flussmittel "Tenacity 5" (Handelsname der britischen Firma Johnson Matthey) überzogen.
Hierauf wurde der Kupferzylinder auf die Scheibe gelegt und beide Teile mittels einer
Propanflamme auf eine ca. Hellkirschrotglut entsprechende Temperatur von 850
0C gebracht und mit einem Hartlot L-Ag5' nach Spezifikation DIN 8513 (Zusammensetzung
5% Ag, 55 % Cu, 40 % Zn) verlötet. Anschliessend wurde das rohe Werkstück auf Raumtemperatur
abgekühlt und von übersch Flussmittel- und Lotresten und anhaftendem Schmutz befreit
und gereinigt. Zwecks Ueberführung der Gedächtnislegierung in die β-Phase und Homogenisierung
wurde das gereinigte Werkstück während 5 min bei einer Temperatur von 700°C einer
Lösungsglühung unterworfen und daraufhin in Wasser abgeschreckt. Zwecks Untersuchung
der Verbindung wurde das fertige Werkstück entlang seiner Längsachse aufgetrennt.
Die Lötung erwies sich als einwandfrei, es konnten keinerlei Risse an der Lötstelle
oder in deren Umgebung festgestellt werden.
Ausführungsbeispiel II:
[0011] In einem Induktionsofen wurde nach der unter Beispiel I angegebenen Methode eine
Gedächtnislegierung folgender Zusammensetzung erschmolzen und anschliessend zu einem
Blech ausgewalzt:
[0012] Diese Legierung weist eine Temperatur M
S der martensitischen Umwandlung von -50
oC auf. Entsprechend Beispiel i wurden aus Kupfer und Gedächtnislegierung je ein Teil
hergestellt und mit den erwähnten Mitteln stirnseitig zusammengelötet. Statt von der
Löttemperatur von 850°C auf Raumtemperatur abzukühlen, wurde die Propanflamme derart
eingestellt, dass das Werkstück lediglich auf dunkle Rbtglut (700°C) abgekühlt wurde,
worauf es einige Minuten auf dieser Temperatur gehalten und dann in Wasser abgeschreckt
wurde. Die Prüfung am längs zerteilten Werkstück ergab eine einwandfreie Lötverbindung.
[0013] In der Figur ist die Korngrösse d in mm in Funktion des Nickelgehaltes für eine Serie
von Gedächtnislegierungen des Typs Cu/Zn/Al/Ni angegeben. Die untersuchten Legierungen
wurden während 5 min einer Lösungsglühung bei 950 C ausgesetzt, um ihre Struktur vollständig
in die β-Phase überzuführen, und anschliessend in Wasser abgeschreckt. Ihre Zusammensetzung
variierte in den Grenzen:
[0014] Die Summe des Kupfer- plus Nickelgehaltes betrug demnach stets 70 %. Aus dem Diagramm
ist die kornverfeinernde Wirkung des Nickelzusatzes klar ersichtlich. Während bei
der nickelfreien Cu/Zn/Al-Legierung der mittlere Durchmesser der Kristallite noch
ca. 1,9 mm betrug, brachte bereits ein Nickelzusatz von nur 1 % eine Reduktion auf
beinahe einen Drittel dieses Wertes. Bei einem Nickelgehalt von 4 % war die Korngrösse
mit wenig mehr als 0,2 mm fast auf einen Zehntel der ursprünglichen von herkömmlichen
Gedächtnislegierungen dieses Typs abgesunken. Nickelzusätze von mehr als 4 % erwiesen
sich dagegen nicht mehr sinnvoll.
[0015] Die Erfindung ist keineswegs auf die in den Beispielen angegebenen Legierungen und
Verfahrensschritte begrenzt. Es können prinzipiell alle, vorwiegend die β-Phase aufweisenden
Cu/Zn/Al/Ni-Legierungen mit 0,5 bis 4 % Nickel Verwendung finden. Diese Forderung
erfüllen zum Beispiel Legierungen folgender Zusammensetzung:
[0016] Bevorzugt werden Legierungen folgender Zusammensetzung verwendet:
[0017] Bei der Durchführung des Verfahrens ist zu beachten, dass die Fliesstemperatur des
Hartlotes genügend hoch über der Lösungsglühtemperatur der Gedächtnislegierung liegt,
die mindestens eingehalten werden muss, um einen möglichst hohen Anteil (im Idealfall
100 %) ihrer Struktur in die β-Phase überzuführen. Das beim Löten verwendete Flussmittel
soll möglichst verhindern, dass das Aluminium oxydiert wird und sich eine tonerdereiche
Schlackenschicht bildet.
[0018] Durch die erfindungsgemässe neue Gedächtnislegierung wurde die Möglichkeit geschaffen,
rissfreie und dichte Lötverbindungen auf der Basis eines Hartlotes zwischen Bauteilen
aus Gedächtnislegierung und einem anderen metallischen Stoff herzustellen, ohne dass
durch den Lötprozess irgend welche Gedächtniseigenschaften des fertigen Werkstücks
beeinträchtigt werden.
l. Lötbare Formgedächtnislegierung des j9-Sondermessing- typs auf der Basis einer
Mischung von Kupfer, Zink und Aluminium, dadurch gekennzeichnet, dass sie zusätzlich
zu den vorgenannten Elementen noch 0,5 bis 4 Gew.-% Nickel enthält.
2. Formgedächtnislegierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass sie aus 0,5
bis 4 Gew.-% Nickel, 6 bis 15 Gew.% Aluminium, 1 bis 25 Gew.-% Zink und 65 bis 85
Gew.-% Kupfer besteht, wobei die Summe von Aluminium und Zink grösser als 15 und kleiner
als 31 Gew.-% ist.
3. Formgedächtnislegierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass sie aus 0,5
bis 4 Gew.-% Nickel, 7 bis 9 Gew.-% Aluminium, 12 bis 18 Gew.-% Zink, Rest Kupfer
bis zu einem Höchstgehalt von 85 % besteht.
4. Verfahren zum Hartlöten einer Formgedächtnislegierung nach Anspruch 1, dadurch
gekennzeichnet, dass die Legierung Nickel enthält, dass sie bei einer Temperatur oberhalb
der vom Phasendiagramm her bedingten niedrigsten Lösungsglühtemperatur mit einem Hochtemperaturlot
unter Verwendung eines eine aluminiumreiche Oxydschicht verhindernden Flussmittels
gelötet und danach einer Lösungsglühung bei einer unterhalb des Fliesspunktes des
Lotes liegenden Temperatur unterzogen wird, und dass schliesslich das gelötete Werkstück
von der Lösungstemperatur in Wasser abgeschreckt wird.