(19)
(11) EP 0 009 473 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.04.1980  Patentblatt  1980/07

(21) Anmeldenummer: 79890032.0

(22) Anmeldetag:  14.09.1979
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3D21H 1/02, D21H 5/00, B32B 29/00, B44C 5/04, C08L 61/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH FR GB IT SE

(30) Priorität: 15.09.1978 AT 6670/78

(71) Anmelder: ISOVOLTA Österreichische Isolierstoffwerke Aktiengesellschaft
2355 Wiener Neudorf (AT)

(72) Erfinder:
  • Pflug, Günther, Dr.
    A-1040 Wien (AT)
  • Petershofer, Georg, Dr.
    A-2351 Wiener Neudorf (AT)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Heiss nachformbare, dekorative Kunstharz-Schichtpressplatte


    (57) Heiß verformbare Kunstharz-Schichtpreßstoffplatten der «Postforming-Qualität», die insbesondere zur Oberflächenbehandlung gekrümmter Möbeloberflächen dienen, bestehen aus mehreren miteinander heiß verpreßten, mit duropastischen Bindemitteln imprägnierten Papieren. Als Bindemittel werden dabei insbesondere solche Melamin- bzw. Phenolharze eingesetzt, die nach der Plattenherstellung noch eine für die spätere Heißverformung erforderliche Thermoplastizität aufweisen. Bei einer solchen Verformung konnten aber bisher Biegeradien, die kleiner sind als etwa das 8 - 10 fache der Plattenstärken nicht erzielt und somit auch bei dünnen Platten sehr kleine Biegeradien in der Größenordnung von 3 - 4 mm nicht realisiert werden.
    Die erfindungsgemäßen Schichtpreßstoffplatten, die nun mit solchen kleinen Biegeradien bzw. mit höheren Verformungsgeschwindigkeiten als bisher verformt werden können, enthalten Kernlagenpapiere hoher Saugfähigkeit, die Reißlängen von weniger als 4000 m aufweisen und die bei ihrer Imprägnierung einen für die Erzielung der gewünschten Verformbarkeit ausreichend hohen Harzauftrag von 35 bis 150 Gew. % Festharz bezogen auf das eingesetzte Rohpapiergewicht enthalten haben.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft eine verformbare dekorative Kunstharz-Schichtpreßstoffplatte der sogenannten "Postforming Qualität", die aus mehreren miteinander heiß verpreßten, mit duroplastischen Bindemitteln imprägnierten Trägerbahnen, insbesondere imprägnierten Papieren, aufgebaut ist, von denen eine oder mehrere Kernlagen bilden, die mit Phenolharz imprägnierte Papiere sind.

    [0002] Bei verformbaren Schichtpreßstoffplatten dieser Art werden als duroplastische Bindemittel gewöhnlich Formaldehyd-Kondensationsharze, insbesondere Melamin- bzw. Phenolharze einer Qualität eingesetzt, die nach der Herstellung der Platten im Heißpreßvorgang bei einer bestimmten meist über der Heißpreßtemperatur liegenden Verformungstemperatur noch eine gewisse Thermoplastizität aufweisen. Solche Schichtpreßstoffplatten der "Postforming-Qualität" werden in zunehmendem Maße in der Möbelindustrie zur Beschichtung von Strukturen, deren zu beschichtende Oberflächen kreiszylindrische Bereiche bzw. gerundete Kanten aufweisen, eingesetzt; sie werden dazu durch Erhitzen auf Verformungstemperatur und Biegen über z.B. eine Schablone in ihre endgültige Form gebracht und mit der zu beschichtenden Oberfläche verleimt.

    [0003] Bei den bekannten Schichtpreßstoffplatten der "Postforming Qualität" sind die erzielbaren Biegeradien nicht kleiner als etwa das 8 - 10 fache der Plattenstärke, sodaß auch bei sehr dünnen Platten Biegeradien von etwa 3 - 4 mm nicht mehr zu realisieren sind.

    [0004] Hier will die Erfindung Abhilfe schaffen. Die Erfindung, wie sie in den Ansprüchen gekennzeichnet ist, löst die Aufgabe, eine Kunstharz-Schichtpreßstoffplatte der "Postforming Qualität" anzugeben, bei der eine Verformung um kleinere Biegeradien, nämlich von etwa 3 - 4 mm, als bei den bekannten Platten dieser Art erreicht wird.

    [0005] Als zusätzlicher Vorteil der Erfindung ergibt sich überraschenderweise, daß bei sonst gleichen Bedingungen, nämlich insbesondere der gleichen Plattenstärke und dem gleichen Biegeradius,bei der erfindungsgemäßen Schichtpreßstoffplatte höhere Verformungsgeschwindigkeiten erreicht werden können als bei den bekannten "Postforming" Kunstharz-Schichtpreßstoffplatten.

    [0006] Die Erfindung wird nachstehend im Hinblick auf den Stand der Technik sowie anhand von Beispielen, die unterschiedliche Ausführungswege darstellen, näher erläutert:

    [0007] Für die Realisierung der erfindungsgemäßen Kunstharz-Schichtpreßstoffplatte sind zweierlei Maßnahmen erforderlich:

    1. die Auswahl der geeigneten Papiersorte und

    2. das Aufbringen eines für den gewünschten Zweck genügend hohen Harzauftrages.



    [0008] Eine übliche bekannte dünne Schichtpreßstoffplatte der "Postforming Qualität" besteht jeweils aus einem Dekoraufbau und dem Kernaufbau.

    [0009] Der Dekoraufbau ist je nach Art des Dekors verschieden und besteht z.B. :

    a) bei einem gedruckten Dekor aus einem Overlaypapier aus α - Zellulose mit einem Flächengewicht von 35 g/m2 und einem Harzauftrag von 80 g/m2, sowie - unter diesem angeordnet - einem bedruckten Dekorpapier (80 g/m2) mit 80 g/m2 Melaminharzauftrag, oder

    b) bei einem unifarbenen Dekor aus einem durchgefärbten Dekorpapier von 120 g/m2 Flächengewicht und 120 g/m2 Melaminharzauftrag.



    [0010] Der Kernaufbau besteht dabei z.B. aus zwei Stk. Natronkraftpapier (180 g/m2) mit einem Phenolharzauftrag von 70 g/m2.

    [0011] Die zur Imprägnierung dieser Papiere eingesetzten Harze sind jeweils sogenannte "Postforming Harze", die bei der Verformungstemperatur von etwa 150 bis 200° C plastisch werden.

    [0012] Bei solchen bekannten Schichtpreßstoffplatten sind die eingesetzten Kernlagen-Papiere Natronkraftpapiere, die z.B. bei einer bestimmten Qualität und einem Flächengewicht von 180 g/m2 eine nicht sehr hohe Saugfähigkeit aufweisen, was mit einer geringen Luftdurchlässigkeit (14 - 19 s nach Gurley) und ihrer relativ hohen Dichte von 0,6 g/cm zusammenhängt.

    [0013] Im Zuge der erfinderischen Tätigkeit wurde festgestellt, daß man durch den Einsatz von Papieren einer bestimmten Qualität und höherer Saugfähigkeit als Kernlagenpapiere anstatt der Natronkraftpapiere verformbare dekorative Schichtpreßstoffplatten geringer Dicke (etwa zwischen 0,5 und 0,85 mm) herstellen kann, die nach Erwärmung auf eine Temperatur von etwa 150 bis 200 C um einen Dorn von 6 mm (3 mm Biegeradius) gebogen werden können, ohne daß in der Dekoroberfläche Risse auftreten. Alle diese Papiere haben im Vergleich zu Natronkraftpapier geringere Reißlängen, deren Werte weniger als 4000 m betragen. Eine niedrige Rohpapierdichte von weniger als 0,5 g/cm2 kann ebenfalls als Anzeichen einer höheren Flauschigkeit und damit einer höheren Saugfähigkeit gelten.

    [0014] Obwohl der Mechanismus der Wirkung der einer geringen Reißlänge entsprechenden geringen Trockenreißfestigkeit der Kernpapierlagen zur Erzielung einer guten Verformbarkeit der Schichtpreßstoffplatten nicht völlig geklärt ist, kann doch angenommen werden, daß durch diese geringe Trockenreißfestigkeit beim Verformen das Auftreten höherer mechanischer Spannungsspitzen in Mikrobenbereichen der Biegezone vermieden und dadurch die Neigung zur Rißbildung verringert wird.

    [0015] Versuche mit den betrachteten geeigneten Papiersorten haben ergeben, daß der zur Erreichung eines bestimmten hohen Grades an Verformbarkeit der erzeugten Schichtpreßstoffplatten erforderliche Mindestharzauftrag bei verschiedenen Papiersorten unterschiedlich sein kann. Dies sei nun anhand von Beispielen eingehend erläutert.

    [0016] In diesen neun Beispielen betreffen die Nr.1 bis 3 den Stand der Technik, Nr.5 einen Grenzfall, bei dem das angestrebte Ziel nicht erreicht wurde, und Nr.4 bzw. 6 bis 9 erfindungsgemäße Kunstharz-Schichtpreßstoffplatten, deren Kenn- bzw.Prüfdaten in der angeschlossenen Tabelle zum Vergleich einander gegenübergestellt sind.

    [0017] Bei den Schichtpreßstoffplatten gemäß diesen Beispielen wird als Dekoraufbau, wie eingangs unter Punkt b beschrieben, ein durchgefärbtes Dekorpapier mit 120 g/m2 Flächengewicht und 120 g/m2 Melaminharzauftrag eingesetzt.

    [0018] Als Kernlagen-Papiere werden für die Beispiele 1 bis 3 Natronkraftpapiere, wie sie bei der Herstellung von Standard-Qualitäten von Kunstharz-Schichtpreßstoffplatten üblich sind (in der Tabelle mit NKP angedeutet), für Beispiel 4 Natronkraftpapiere aus gebleichtem Sulfatzellstoff (GNKP), für die Beispiele 5 und 6 satinierte Zellulosesulfitpapiere (ZSP) und für die Beispiele 7 bis 9 Baumwollinterspapiere mit 50% Lintersgehalt (BWMP) mit in der Tabelle jeweils angegebenen Kenndaten zum Einsatz vorgesehen.

    [0019] Diese Kernlagen-Papiere werden mit einem Phenol-Formaldehyd-Resol mit dem Molverhältnis von 1 : 1,3 in einem Imprägnierwerk getränkt und getrocknet, wobei jeweils der in der Tabelle angeführte Harzauftrag, angegeben in Gew.% aufgenommenes Festharz bezogen auf das Rohpapiergewicht erzielt wird. Die Trocknung wird dabei so geführt, daß der volatile Gehalt (Gewichtsverlust des Prüflings bei einer Trocknung während 6 min bei einer Temperatur von 165° C) ca. 7 % beträgt.

    [0020] Zur Herstellung der Schichtpreßstoffplatten werden nun die entsprechenden imprägnierten Kernpapierlagen mit dem Dekorpapier in einer beheizten Presse bei einer Preßplattentemperatur von 135°C und einem Preßdruck von 600 - 900 N/cm2 während 10 min verpreßt. Nach Rückkühlen der Preßplatten bei aufrecht erhaltenem Preßdruck werden die fertigen Schichtpreßstoffplatten der Presse entnommen.

    [0021] Die Prüfung des Grades der Verformbarkeit dieser Platten erfolgt an einem Biegedorngerät mit einem auf 1800C aufheizbaren Dorn von 6 mm Durchmesser, in welches Gerät der Plattenprüfling - an seiner Rückseite den heißen Dorn tangential berührend - eingespannt wird. Für die Prüfung wird dann der abzubiegende Teil des Prüflings durch ein konstantes Drehmoment, welches durch verschieden schwere Biegegewichte auf unterschiedliche Werte einstellbar ist, um den Dorn gebogen und die Biegezeit gemessen, in welcher eine Biegung um einen Biegewinkel von 900 erzielt wird.

    [0022] Für die vergleichweise Beurteilung der Verformbarkeit (Nachformbarkeit) von Schichtpreßstoffplatten kann regelmäßig bei sonst jeweils gleichen Bedingungen eine bessere Verformbarkeit bei einer Biegung in kürzerer Zeit bei gleichem Biegegewicht oder einer Biegung in gleicher Zeit bei geringerem Biegegewicht angenommen werden. Die Schichtpreßstoffplatten gemäß den gegebenen Beispielen weisen alle für Platten dks Typ P nach DIN 16 926.-vorge-e schriebenen sonstigen Prüfdaten auf.

    [0023] Was die Verformbarkeit bzw. die erreichbare Verformungsgeschwindigkeit anlangt, sind die Schichtpreßstoffplatten gemäß den Beispielen 2 und 3, 5 und 6 sowie 7 und 8 jeweils paarweise direkt miteinander vergleichbar, da als Kernlagen-Papiere jeweils solche derselben Quailität und demselben Flächengewicht eingesetzt werden und im Biegedorngerät dasselbe Biegegewicht zur Anwendung kommt.

    [0024] Bei Einsatz von Natronkraftpapier (NKP) als Kernlagen-Papier kann bei einem Biegegewicht von 300 g gemäß Beispiel 3 bei einem Harzauftrag von 100 % eine wesentlich geringere Biegezeit (12 s) erreicht werden als bei 40% Harzauftrag nach Beispiel 2 (65 s). Allerdings treten in diesen beiden, dem üblichen Stand der Technik entsprechenden Schichtpreßstoffplatten nach Beispiel 2 und 3 bei der Biegung in den Dekoroberflächen Risse auf.

    [0025] Aus dem Vergleich der Beispiele 5 und 6, bei welchen Zellulose-Sulfitpapier (ZSP) als Kernlagen-Papier eingesetzt ist, sieht man, daß unter Verwendung eines Biegegewichtes von 200 g bei einem relativ geringen Harzauftrag von 40 % die Platte nicht biegbar ist, während bei einem Harzauftrag von 100 % eine bereits nicht mehr sehr hohe Biegezeit von 39 s erreicht wird.

    [0026] Bei der erfindungsgemäßen Verwendung eines Baumwollinters-Mischpapieres (BWMP) in den Kernlagen fällt auf, daß, jeweils bei demselben Biegegewicht von 200 g, schon bei einem niedrigen Harzauftrag von 40 %(Beispiel 7) die sehr kurze Biegezeit von 17 s erreicht wird, welche sich bei einem Harzauftrag von 100 % (Beispiel 8) noch weiter auf 12 s erniedrigt.

    [0027] Ferner sieht man an den Beispielen einen deutlichen Unterschied in den Reißlängen der Kernlagenpapiere gemäß dem Stand der Technik ( Beispiele 1 - 3 ) gegenüber denen in den erfindungsgemäßen Schichtpreßstoffplatten (Beispiele 4 und 6 bis 9 ); bei ersteren beträgt sie etwa 6300 m, bei letzteren sind ihre Werte um mehr als die Hälfte niedriger, sie liegen nämlich in jedem Fall unter 3100 m.




    Ansprüche

    1. Verformbare dekorative Kunstharz-Schichtpreßstoffplatte, die aus mehreren miteinander verpreßten, mit duroplastischen Bindemitteln imprägnierten Papieren aufgebaut ist, von denen eines oder mehrere Kernlagen bilden, die mit Phenolharz imprägnierte Papiere sind, dadurch gekennzeichnet, daß die Kernlagen-Papiere zumindest zum Teil glatte Papiere hoher Saugfähigkeit mit einer Reißlänge von weniger als 4000 m sind und die bei ihrer Imprägnierung einen für die Erzielung der gewünschten Verformbarkeit ausreichend hohen Harzauftrag im Bereich von 35 bis 150 Gew.% Festharz bezogen auf das eingesetzte Rohpapiergewicht erhalten haben.
     
    2. Verformbare Kunstharz-Schichtpreßstoffplatte nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Kernlagen- Papiere hohe Saugfähigkeit unsatinierte Papiere sind, deren Rohpapierdichten weniger als 0,5 g/cm3 betragen.
     
    3. Verformbare Kunstharz-Schichtpreßstoffplatte nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Kernlagenpapiere Sulfitzellstoffpapiere sind.
     
    4. Verformbare Kunstharz-Schichtpreßstoffplatte nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß diese Kernlagenpapiere nach dem Sulfatverfahren hergestellten und nachträglich gebleichten Zellstoff enthalten.
     
    5. Verformbare Kunstharz-Schichtpreßstoffplatte nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß diese Kernlagenpapiere Baumwollinters enthalten.
     





    Recherchenbericht