(19)
(11) EP 0 013 331 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
23.07.1980  Patentblatt  1980/15

(21) Anmeldenummer: 79104823.4

(22) Anmeldetag:  01.12.1979
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C21D 8/02, C21D 6/02, C21D 9/46, C21D 9/52
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE FR GB IT LU SE

(30) Priorität: 02.01.1979 DE 2900022

(71) Anmelder: Hoesch Aktiengesellschaft
D-44145 Dortmund (DE)

(72) Erfinder:
  • Gross, Heinz
    D-4600 Dortmund 30 (DE)
  • Retzlaff, Friedhelm
    D-4618 Kamen-Methler (DE)
  • Reith, Friedrich
    D-4700 Hamm 1 (DE)
  • Schlusnus, Karl Heinz
    D-4700 Hamm 1 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Herstellen von Profilen und die Verwendung eines Feinkornstahles für Profile


    (57) Verfahren zum Herstellen von Profilen mit einer Streckgrenze von ≥ 500 N/mm', einer Zugfestigkeit von ≥ 600 N/mm2 und hoher Zähigkeit aus warmgewalztem Stahlband oder -blech mit folgenden Verfahrensschritten;

    a) das aus einem ausscheidungshärtbaren Feinkornstahl bestehende Stahlband oder -blech wird aus der Walzhitze nach dem letzten Walzstich von einer Endwalztemperatur oberhalb der A, -Temperatur auf eine Temperatur von etwa 400°C überalternd warmausgelagert und anschließend auf Raumtemperatur abgekühlt;

    b) das Stahlband oder-blech wird zu einem offenen Profil kaltverarbeitet;

    c) das Profil wird einer Lösungsglühung zur Auflösung der groben Ausscheidungen unterworfen und anschließend zur Bildung feinverteilter Ausscheidungen (Karbide, Nitride, Karbonitride) abgekühlt.


    Das Verfahren ermöglicht in einfacher und kostengünstiger Weise ohne aufwendige Vergütung die Herstellung hochfester Profile, insbesondere Rohrprofile, die maschinell schweißar sind.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1.

    [0002] Angestrebt wird der Einsatz von Profilen mit hohen Festigkeitskennwerten im Lieferzustand zur Verwendung als Konstruktionsteile dann, wenn hohe Bauteilfestigkeiten bei kleinen Gewichten erzielt werden sollen, z.B. für Fahrzeugteile, Hydraulikzylinder, Stahlhochbauteile oder, wenn bei der konstruktiven Begrenzung der Abmessungen hohe Belastungen zwangsläufig sind, wie z.B. bei Ölfeldrohren für die Bohrtechnik.

    [0003] In bekannter Weise werden bei der Warmherstellung von z.B. nahtlosen Rohren naturharte Stähle mit höheren Kohlenstoffgehalten bis zu o,5o% C und/oder anderen festigkeitssteigernden Legierungszusätzen eingesetzt. Bei der Herstellung von aus Bändern oder Blechen geformten und ggfs. zum Rohrprofil verschweißten Profilen stößt der Einsatz derartiger Stähle bei der Kaltverarbeitung, Zerteilen, Besäumen, Einformen zum Profil wegen des hohen Formänderungswiderstandes und bei der maschinellen Schweißung, insbesondere wegen mangelnder Hochfrequenz-Schweißbarkeit auf bisher nicht zu überwindende Schwierigkeiten.

    [0004] Die Beeinträchtigung der maschinellen Hochfrequenz-Schweißbarkeit könnte zwar sowohl durch den Einsatz der nach dem Warmwalzen flüssigkeitsvergüteten Stähle (z.B. STE 70, Merkblatt 365, "Feinkornbaustähle für geschweißte Konstruktionen" Teil C, Beratungsstelle für Stahlverwendung, Düsseldorf, 1. Auflage 1972) als auch durch den Einsatz von gegenüber den normalgeglühten Feinkornbaustählen (Merkblatt 365, Teil B) mit erhöhten Streckgrenzen hergestellten Feinkornstählen vermieden werden. Es besteht jedoch auch hier das Problem, daß der Werkstoff zwar die für den Lieferzustand geforderte hohe Festigkeit hat, aber aufgrund des hohen Formänderungswiderstandes für die Kaltverarbeitung zu Profilen nicht geeignet ist. In der Praxis haben diese Gegebenheiten bei der Herstellung von z.B. geschweißten Rohren zu einer Begrenzung der Streckgrenze der Profile auf etwa 5oo N/mm2 und der Zugfestigkeit auf etwa 65o N/mm2 geführt. Die Rohre müssen demgemäß aus Bändern oder Blechen weicher Güten mit einer Streckgrenze bis 5oo N/mm2 geformt, geschweißt und bei höheren Anforderungen an die Streckgrenze flüssigkeitsgehärtet und angelassen, d.h. vergütet werden.

    [0005] Die Erhöhung von Zugfestigkeit und Streckgrenze durch eine Flüssigkeitshärtung und ein Anlassen (Vergüten) ist jedoch kostenaufwendig und nachteilig, weil die zuvor erzeugten höheren Festigkeitswerte wieder verloren gehen, wenn nachfolgend eine austenitisierende Wärmebehandlung, beispielsweise ein Normalisieren, Warmumformen etc. vorgenommen werden muß.

    [0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs genannten Art anzugeben, mittels dessen die Nachteile der bekannten Verfahren vermieden und auf verhältnismäßig einfache und daher auch kostengünstige Weise unter Vermeidung einer aufwendigen Vergütung eine Herstellung hochfester Profile, insbesondere geschlossener Rohrprofile mit einer Streckgrenze von mehr als 50o N/mm2, einer Zugfestigkeit von mehr als 600 N/mm und hoher Zähigkeit einschließlich des erforderlichen maschinellen Schweißens ermöglicht wird.

    [0007] Diese Aufgabe wird nach der Erfindung durch die Kombination der folgenden Verfahrensschritte gelöst:

    a) das aus einem ausscheidungshärtbaren Feinkornstahl bestehende Stahlband oder -blech wird aus der Walzhitze nach dem letzten Walzstich von einer Endwalztemperatur oberhalb der A1-Temperatur auf eine Temperatur von etwa 400° C überalternd warmausgelagert und anschließend auf Raumtemperatur abgekühlt;

    b) das Stahlband oder -blech wird zu einem offenen Profil kaltverarbeitet;

    c) das Profil wird einer Lösungsglühung zur Auflösung der groben Ausscheidungen unterworfen und anschließend zur Bildung feinverteilter Ausscheidungen (Karbide, Nitride, Karbonitride) abgekühlt.



    [0008] Unter einem ausscheidungshärtbaren Feinkornstahl wird dabei bevorzugter Weise ein Stahl verstanden, der eine Zusammensetzung von

    Rest Eisen und übliche Verunreinigungen hat und-der im fertigen Zustand eine ASTM-Korngröße von feiner 6 aufweist. Mit Vorteil wird bei dem erfindungsgemäßen Verfahren die überalternde Warmauslagerung des ausscheidungshärtbaren Feinkornstahles, bei der keine Kornverfeinerung erfolgt, während des Abkühlens des oberhalb der A1-Temperatur, vorzugsweise bei 85o bis 750° C zu einem Bund gehaspelten Stahlbandes durchgeführt.

    [0009] Durch diese verhältnismäßig hohen Haspeltemperaturen mit nachfolgender Abkühlung allein durch die natürliche Wärmeabstrahlung des Bundes wird eine verlangsamte Abkühlungsgeschwindigkeit erreicht, durch die feinverteilte Ausscheidungen vermieden und koagulierte Ausscheidungen erreicht werden. Eine entsprechende Gefügeausbildung wird nach der Erfindung bei Blechen durch eine Ofenabkühlung, durch die Abstrahlung und Konvektion verhindert werden, aus der Walzhitze erreicht. Sowohl beim gehappelten Stahlband als auch beim Stahlblech ist es wesentlich, daß die verlangsamte Abkühlung bis zu einer Temperatur von 400°C geführt wird, während die nachfolgende Abkühlung auf Raumtemperatur in beliebiger Weise durchgeführt wird.

    [0010] Aufgrund des durch die Warmauslagerung erzielten niedrigen Formänderungswiderstandes des Stahlbandes bzw. -bleches kann dieses ohne Schwierigkeiten zu einem zunächst offenen Profil kaltverarbeitet, d.h. zerteilt, besäumt, eingeformt, kalibriert und gerichtet werden. Ein auf diese Weise kalt hergestelltes offenes Profil wird nach der Erfindung bevorzugter Weise vor der weiteren Behandlung zu einem geschlossenen Rohrprofil verschweißt.

    [0011] Die nach der Erfindung hergestellten offenen bzw. geschlossenen Profile werden nachfolgend, um eine Ausscheidungshärtung, die auch als Teilchenhärtung und Feinkornhärtung bezeichnet wird, herbeizuführen, zur Auflösung der groben Ausscheidungen einer Lösungsglühung oberhalb der AC3- Temperatur mit nachfolgender Abkühlung unterworfen. In jedem Fall soll durch die Art der Abkühlung die Bildung feinverteilter Karbide, Nitride und Karbonitride bei gleichzeitiger Feinkornbildung erreicht werden. Wird die Erfindung im Rahmen der Herstellung streckreduzierter Rohre angewendet, sowwird in vorteilhafter Weise die Temperatur der Lösungsglühung gleich der Temperatur gewählt, mit der das Streckreduzieren des Ausgangsrohres begonnen wird, d.h. der Anstichtemperatur. Eine gesonderte Lösungsglühung ist dann bei diesen streckreduzierten Rohren nicht mehr erforderlich, da die dem Lösungsglühen folgende Abkühlung während des Streckreduzierens bzw. im unmittelbaren Anschluß daran erfolgt.

    [0012] Eine gegebenenfalls erforderliche Nachausscheidung von Nitriden, Karbiden bzw. Karbonitriden und dementsprechend eine Verbesserung der angestrebten Eigenschaften der Fertigprodukte wird durch ein Anlassen bei einer Temperatur von 5oo bis 600° C erzielt. Mit Vorteil kann dieses Anlassen auch in der Weise durchgeführt werden, daß die dem Lösungsglühen folgende Abkühlung unterbrochen und im Bereich von 5oo bis 600° C mit verminderter Abkühlungsgeschwindigkeit fortgeführt wird.

    [0013] Die Vorteile des Verfahrens nach der Erfindung sind im wesentlichen zunächst darin zu sehen, daß auf kostengünstige Weise und zwar unter Vermeidung einer aufwendigen Flüssigkeitsvergütung hochfeste Profile, insbesondere geschlossene Rohrprofile, einschließlich des erforderlichen maschinellen Schweißens herstellbar sind. Insbesondere wird durch dieses Verfahren und den zum Einsatz gelangenden ausscheidungshärtbaren Feinkornstahl die mangelnde maschinelle Schweißbarkeit bisher eingesetzter Stähle beseitigt und gleichzeitig eine ausreichende Kaltverarbeitungsfähigkeit während des Herstellungsverfahrens erreicht.

    [0014] Im folgenden ist das Verfahren nach der Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispieles näher erläutert.

    [0015] Ein Stahl mit einer chemischen Zusammensetzung von





    [0016] Rest Eisen und unvermeidliche Verunreinigungen wird nach dem Warmwalzen zum Band, vorzugsweise Warmbreitband ohne Zwischenkühlung nach dem letzten Walzstich bei einer Temperatur von etwa 750° C zu einem Bund (Coil) gehaspelt und an ruhender Luft bis 400°C abgekühlt.

    [0017] Bei dieser Abkühlung des Bundes von der Haspeltemperatur auf 400° C wird die natürliche Wärmespeicherfähigkeit des Bundes für das überalternde Warmauslagern genutzt, bei dem die Ausscheidung und Koagulation der Karbide, Nitride und Karbonitride unter Vermeidung einer Kornverfeinerung weitgehend vollständig ablaufen. Die weitere Abkühlung auf Raumtemperatur erfolgt auf beliebige Weise. Das Warmbreitband weist nach der vollständigen Abkühlung auf Raumtemperatur bzw. dem Uberaltern eine Streckgrenze von 455 N/mm2 und eine Zugfestigkeit von 65o N/mm2 auf .

    [0018] Das Warmbreitband wird darauf in Streifenzerteilt, soweit erforderlich besäumt und nachfolgend kalt umgeformt, im vorliegenden Beispiel im Durchlaufverfahren zu einem Schlitzrohr eingeformt, das mittels einer Hochfrequenz-Schweißeinrichtung zu einem Rohr mit einem Durchmesser von 159 mm verschweißt wird.

    [0019] Dieses Rohr wird auf eine Temperatur von etwa 1030° C erwärmt und mit dieser Temperatur.als Anstichtemperatur in einem Streckreduzierverfahren auf den gewünschten Durchmesser von 60,3 mm gewalzt. Das fertige Rohr wird auf einem Kühlbett an ruhender Luft auf Raumtemperatur abgekühlt.

    [0020] Während des Aufheizens bzw. Haltens des Rohres auf Walztemperatur werden die groben Karbide, Nitride und Karbonitride im Stahl gelöst und während der Abkühlung bzw. nach dem Walzen fein verteilt bei gleichzeitiger Feinkornbildung ausgeschieden.

    [0021] Das fertige Rohr weist nach dieser Behandlung eine Streckgrenze von 648 N/mm2 und eine Zug- festigkeit von 845 N/mm2 auf.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Herstellen von Profilen mit einer Streckgrenze von ≥ 500 N/mm2, einer Zugfestigkeit von ≥ 600 N/mm2 und hoher Zähigkeit aus warmgewalztem Stahlband oder -blech, gekennzeichnet durch die Kombination der folgenden Verfahrensschritte:

    a) das aus einem ausscheidungshärtbaren Feinkornstahl bestehende Stahlband oder -blech wird aus der Walzhitze nach dem letzten Walzstich von einer Endwalztemperatur oberhalb der A1-Temperatur auf eine Temperatur von etwa 400°C überalternd warmausgelagert und anschließend auf Raumtemperatur abgekühlt;

    b) das Stahlband oder blech wird zu einem offenen Profil kaltverarbeitet;

    c) das Profil wird einer Lösungsglühung zur Auflösung der groben Ausscheidungen unterworfen und anschließend zur Bildung feinverteilter Ausscheidungen (Karbide, Nitride, Karbonitride) abgekühlt.


     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das zu einem Bund gehaspelte Stahlband während des Abkühlens überalternd warmausgelagert wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Stahlblech durch eine Ofenabkühlung aus der Walzhitze überalternd warmausgelagert wird.
     
    4. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das offene Profil zu einem geschlossenen Rohrprofil verschweißt wird.
     
    5. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß das Profil oberhalb der AC3-Temperatur lösungsgeglüht wird.
     
    6. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß das geschlossene Rohrprofil mit einer der Lösungsglühtemperatur entsprechenden Anstichtemperatur streckreduziert wird.
     
    7. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Profile bei einer Temperatur von 5oo bis 600° C angelassen werden.
     
    8. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die dem Lösungsglühen folgende Abkühlung unterbrochen und im Bereich von 5oo bis 600°C mit verminderter Abkühlungsgeschwindigkeit fortgeführt wird.
     
    9. Die Verwendung eines ausscheidungshärtbaren Feinkornstahles als Werkstoff zur Herstellung von maschinell geschweißten, insbesondere hochfrequenzgeschweißten hochfesten Profilen, insbesondere Rohren, die ohne Vergütung eine Streckgrenze von ≥ 5oo N/mm2, einer Zugfestigkeit von ≥ 600 N/mm2 und hoher Kerbschlagzähigkeit aufweisen.
     





    Recherchenbericht