[0001] Die Erfindung bezieht sich auf eine Anordnung zur Kühlung einer Magnetspulenwicklung,
die mittels einer forcierten Strömung eines an mindestens einer Kühlmittelanschlußstelle
in die Wicklung eingespeisten und an mindestens einer weiteren Kühlmittelanschlußstelle
aus der Wicklung wieder abgeleiteten Kühlmittels gekühlte Leiter aus supraleitendem
Material enthält, die in Leiterbereiche unterteilt sind, deren durch die Stromdichte
I, Feldstärke H und Temperatur T festgelegten Arbeitspunkte von dem in einem I-H-T-Raum
jeweils nächstliegenden, durch die kritische Stromdichte I
c, kritische Feldstärke H und kritische Temperatur T festgelegten Sprungpunkt des supraleitenden
Materials vom supraleitenden in den normalleitenden Zustand verschieden weit entfernt
sind.
[0002] Zur Erzeugung starker Magnetfelder mit großer räumlicher Ausdehnung können vorteilhaft
Magnetwicklungen mit Supraleitern ververwendet werden. Als Leitermaterialien kommen
hierfür z.B. Niob-Zirkon- oder Niob-Titan-Legierungen sowie Niob-ZinnVerbindungen
in Frage. Leiter aus diesen Supraleitermaterialien sind im allgemeinen mit normalleitendem
Material stabilisiert, beispielsweise in eine Matrix aus diesem Material eingebettet.
Mit dieser Maßnahme soll eine Zerstörung der Supraleiter im Falle eines unkontrollierten
Übergangs seiner aus dem Supraleitermaterial bestehenden Teile vom supraleitenden
in den normalleitenden Zustand verhindert werden.
[0003] Zur Kühlung von supraleitenden Großmagneten wird vielfach eine sogenannte "forcierte"
Kühlung vorgesehen (vgl. CERN-Report 68-17, Nuclear Physics Division, Genf, 13. Mai
1968). Bei dieser Kühltechnik wird ständig ein Kühlmittel, beispielsweise flüssiges
Helium, durch diskrete Kühlkanäle hindurchgepumpt, die in der Wicklung ausgebildet
sind. Als Kühlkanäle können insbesondere entsprechende Hohlräume in den supraleitenden
Leitern selbst vorgesehen sein. Solche Leiter werden deshalb allgemein als Hohlleiter
bezeichnet. Bei dieser Kühltechnik kann ein zur Kühlung der Wicklung der Magnetspule
erforderlicher Heliumbad-Kryostat entfallen und durch eine einfache, die Wicklung
umschließende Vakuumkammer ersetzt werden, die lediglich zur thermischen Isolation
der Wicklung nach außen dient. Ferner kann bei einer Magnetwicklung mit Hohlleitern
oder entsprechenden, zwischen benachbarten Leitern geführten Kühlkanälen die zur Kühlung
der Wicklung erforderliche Menge an flüssigem Kühlmittel gegenüber einem etwa gleich
großen Magneten mit Kühlmittelbadkühlung erheblich verringert werden. Dies ist insbesondere
im Falle eines Übergangs der Wicklung vom supraleitenden in den normalleitenden Zustand
von Vorteil, weil dann nur verhältnismäßig wenig flüssiges Kühlmittel verdampfen kann.
Außerdem können Magnetwicklungen mit Hohlleitern im Gegensatz zu den meisten Wicklungen
mit Badkühlung beliebig im Raum orientiert werden. Auch Lageänderungen während des
Betriebs sind dann möglich.
[0004] Die Betriebswerte für die Leiter einer solchen Magnetspulenwicklung sind während
eines ungestörten Betriebs innerhalb der Wicklung verschieden. Dies bedeutet, daß
die Wicklung Leiterbereiche hat, deren Betriebswerte in Bezug auf die supraleitenden
Eigenschaften des Leitermaterials kritischer sind als die Werte benachbarter Leiterbereiche.
Der durch die Betriebswerte festgelegte Arbeitspunkt eines solchen kritischen Leiterbereichs
liegt somit näher bei dem nächstgelegenen, durch die kritischen Werte des supraleitenden
Materials der Leiter festgelegten Sprungpunkt vom supraleitenden in den normalleitenden
Zustand als vergleichsweise die Arbeitspunkte anderer Leiterbereiche. Dieser Sprungpunkt
ist hauptsächlich durch die kritische Stromdichte I
c, die kritische Feldstärke H bzw. die kritische magnetische Induktion B und die kritische
Temperatur T des Leitermaterials festgelegt und liegt auf einer dreidimensionalen
Fläche im I-H-T-Raum, welche die Kombinationen von I-H-T, bei denen der supraleitende
Zustand vorhanden ist, von denjenigen trennt, bei denen nur Normalleitung herrscht
(Proc. IEE, IEE Reviews, Vol. 119, No. 8R, Aug. 1972, Seite 1007). Befindet sich also
beispielsweise ein Leiterbereich in einer Zone besonders hoher magnetischer Feldstärke,
die größer als die Feldstärke in benachbarten Leiterbereichen ist, so liegen die Betriebswerte
dieses Leiterbereichs näher bei dem zuzuordnenden Sprungpunkt als in den benachbarten
Leiterbereichen, falls die Temperatur- und Stromdichteverhältnisse in den miteinander
verglichenen Leiterbereichen zumindest annähernd gleich sind.
[0005] Ein unbeabsichtigter Übergang einer supraleitenden Magnetwicklung in den normalleitenden
Zustand, der auch als "Quench" bezeichnet wird, geht vielfach von einem solchen kritischen
Leiterbereich der Wicklung aus, der besonders extremen Bedingungen ausgesetzt ist,
zum Beispiel besonders hoher magnetischer Feldstärke oder besonders großer Wärmeeinwirkung.
Um zu verhindern, daß durch Wärmeleitung sich die normalleitende Zone im Falle eines
solchen Quenches verhältnismäßig sch-nell«Uber die ganze Spule ausbreiten kann und
somit entsprechend viel Energie aus dem Magneten ausgekoppelt werden muß, ist man
im allgemeinen bestrebt, eine besonders gute Kühlung dieser kritischen Bereiche zu
erhalten. Dies wurde bisher dadurch zu gewährleisten versucht, daß man zumindest in
der Nähe dieser kritischen Bereiche das Kühlmittel in den Magneten einleitete, da
es dann noch am kältesten ist und somit die meiste Wärme abführen kann. Wird jedoch
die Wicklung an diesem kritischen Leiterbereich normalleitend, z.B. wegen der dort
herrschenden besonders hohen Feldstärke, so wird die durch den fließenden elektrischen
Strom entstehende erhöhte Temperatur nicht nur aufgrund von Wärmeleitung längs und
quer zum Leiter an benachbarte Leiterbereiche weitergegeben, sondern auch durch das
aufgeheizte Kühlmittel in diese Leiterbereiche transportiert.
[0006] Die Erfindung beruht somit auf der Erkenntnis, daß die bekannten Anordnungen zur
forcierten Kühlung von supraleitenden Magnetwicklungen eine Ausbreitung der normalleitenden
Zone durch das Kühlmittel noch unterstützen. Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist
es deshalb, eine Anordnung zur Kühlung einer supraleitenden Magnetwicklung zu schaffen,
bei der diese Gefahr nicht besteht.
[0007] Diese Aufgabe wird für eine Kühlanordnung der eingangs genannten Art erfindungsgemäß
dadurch gelöst, daß an der Kühlmittelanschlußstelle mit der vergleichsweise geringsten
Entfernung zu dem Leiterbereich der Wicklung, dessen Arbeitspunkt einem Sprungpunkt
des supraleitenden Materials im I-H-T-Raum vergleichsweise am nächsten liegt, eine
Ausleitung des Kühlmittels aus der Wicklung vorgesehen ist.
[0008] Unter einer Ausleitung des Kühlmittels aus der Wicklung ist dabei zu verstehen, daß
das Kühlmittel in der Nähe dieser kritischsten Stelle der Wicklung entnommen wird
und zu keiner weiteren Kühlung von Leitern der Wicklung dient. Beispielsweise kann
das Kühlmittel dann direkt einer Kühlmittelversorgungseinheit zugeleitet werden. Die
Lage und Anzahl der Kühlmittelanschlußstellen der Wicklung sind dabei im allgemeinen
aus konstruktionsbedingten Gründen vorgegeben.
[0009] Bei dieser Kühlanordnung ist gewährleistet, daß das Kühlmittel zu der Stelle hinströmen
muß, die erfahrungsgemäß zuerst vom supraleitenden in den normalleitenden Zustand
übergeht, und von dieser Stelle aus höchstens nur noch einen verhältnismäßig kleinen
Weg durch die Wicklung nimmt, bevor es aus dieser ausgeleitet wird. Auf diese Weise
wird eine Weiterleitung der an dieser kritischen Stelle auf das Kühlmittel übertragene
Wärme an benachbarte Wicklungsteile weitgehend vermieden. Diese Vorteile dieser Maßnahmen
liegen somit darin, daß sich ein Quench infolgedessen wesentlich langsamer oder überhaupt
nicht weiter in der Wicklung ausbreitet.
[0010] Bei einer scheibenförmigen Magnetspulenwicklung mit beispielsweise D-förmiger Gestalt,
deren Leiter im ungestörten Betriebszustand in allen Leiterbereichen zumindest annähernd
gleiche Stromdichte I und etwa gleiche Temperatur T haben, wird vorteilhaft eine Ausleitung
des Kühlmittels an einer an der Innenseite der Wicklung vorgesehenen Kühlmittelanschlußstelle
vorgenommen, da im allgemeinen dort die Leiterbereiche mit der höchsten Magnetfeldstärke
H bzw. magnetischen Induktion B liegen.
[0011] Weitere Ausbildungen der Erfindung sind in den übrigen Unteransprüchen gekennzeichnet.
[0012] Zur weiteren Erläuterung der Erfindung wird auf die Zeichnung Bezug genommen, in
deren Figur eine Magnetspulenwicklung mit einer Anordnung zur Kühlung gemäß der Erfindung
schematisch veranschaulicht ist.
[0013] Die in der Figur nur angedeutete, im Querschnitt scheibenförmige Spulenwicklung 2
hat eine etwa D-förmige Gestalt. Eine Vielzahl solcher Spulen können zu einem toroidalen
Magnetsystem vereinigt werden, wie es beispielsweise für Tokamak-Fusionsreaktoren
vorgesehen ist (vgl. zum Beispiel "Rev. Mod.Phys.",Vol. 47, Nr. 1, Januar 1975, Seiten
15 bis 21). Die Spule ist aus einem supraleitenden Hohlleiter 3 gewickelt, dessen
supraleitendes Material, beispielsweise Niob-Titan oder Nb
3Sn, mit normalleitendem Material stabilisiert ist. Entsprechende Leiter sind zum Beispiel
aus den deutschen Offenlegungsschriften 26 26 914 und 26 02 735 bekannt. In der Figur
ist der Übersichtlichkeit wegen auf eine Darstellung der erforderlichen elektrischen
und thermischen Isolationseinrichtungen der Spule verzichtet und sind nur drei Windungen
5 bis 7 einer einzigen Wicklungslage aus dem supraleitenden Hohlleiter 3 übertrieben
groß veranschaulicht. Die Spule kann auch aus mehreren solcher Wicklungslagen aufgebaut
sein. Sie ist ferner gegen eine irreversible Schädigung im Falle eines Normalleitend-Werdens
geschützt. Eine entsprechende, in der Figur nicht ausgeführte
'Maßnahme besteht darin, die Feldenergie in einen außerhalb der Wicklung liegenden
ohmschen Widerstand auszukoppeln, in dem dann die Energie verbraucht wird (vgl."Cryogenics",Juni
1964, Seiten 153 bis 165).
[0014] Zur Kühlung der Spulenwicklung 2 ist eine forcierte Strömung eines Kühlmittels A,
beispielsweise flüssigen Heliums, vorgesehen, das hierzu durch mindestens einen Hohlraum
9 im Inneren des supraleitenden Hohlleiters 3 gepumpt wird.
[0015] Im Betriebszustand sind bei solchen Spulenwicklungen im allgemeinen die an der Innenseite
11 verlaufenden Leiter größeren Magnetfeldstärken ausgesetzt als die Leiter auf der
Außenseite 12 der Wicklung. Unter der Annahme, daß die Wärmeeinleitung von außen auf
die Spulenwicklung 2 und die Stromdichte an jeder Stelle der Spule in dem Hohlleiter
3 annähernd gleich sind, haben die an der Innenseiten der Wicklung 2 angeordneten
Leiter 5 Betriebswerte ihres supraleitenden Materials, die dem aus den drei genannten
kritischen Größen festgelegten Sprungpunkt des supraleitenden Materials am nächsten
kommen. In der Figur ist ein entsprechender Leiterbereich durch eine gestrichelte
Linie begrenzt und mit 14 bezeichnet, wobei zusätzlich berücksichtigt ist, daß dieser
Leiterbereich insbesondere auch die Stellen 16 und 17 der Magnetwicklung umfaßt, die
bei der D-förmigen Gestalt der Wicklung einen besonders kleinen Krümmungsradius haben.
Erfindungsgemäß neigen die Leiter 5 der Spule 2 in diesem Bereich 14 am ehesten zum
Quenchen. Gemäß der Erfindung ist deshalb vorgesehen, daß in diesem Bereich 14 das
durch den Leiter 5 fließende Kühlmittel aus der Spulenwicklung herausgeführt wird,
d.h.,daß eine weitere Kühlung von Leitern der Wicklung mit diesem Kühlmittel dann
nicht mehr vorgesehen ist. Um eine entsprechende Kühlmittelströmung zu gewährleisten,
ist zur Herstellung der Spulenwicklung gemäß dem Ausführungsbeispiel der Leiter 3
um einen zentralen, D-förmigen Wickelkern 19 von innen nach außen gewickelt worden
und " wird zum Betrieb der fertig erstellten Spule das Kühlmittel A, wie durch einen
Pfeil 21 dargestellt ist, an dem außenliegenden Ende 22 der Wicklung in diese eingespeist.
Nachdem das Kühlmittel den Hohlleiter von außen nach innen durchströmt hat, wird es,
wie durch einen Pfeil 23 ebenfalls angedeutet ist, an einer Austrittsstelle 24 am
geraden Teil der Innenseite der Spule 2 wieder ausgeleitet. Es läßt sich auf diese
Weise verhindern, daß ein sich im Bereich 14 der Wicklung ausbildender Quench durch
das sich dabei erwärmende Kühlmittel in benachbarte Bereiche der Wicklung übertragen
wird.
[0016] Im Ausführungsbeispiel nach der Figur wurde angenommen, daß die forcierte Kühlung
der Leiter durch Strömungen eines Kühlmittels durch Hohlräume in diesen Leitern erfolgt.
Es kann jedoch ebensogut eine entsprechende Strömung auf der Außenseite der Leiter,
beispielsweise durch entsprechende Längskanäle an den Leitern oder in Isolationsteilen
zwischen benachbarten Leitern, vorgesehen werden.
1. Anordnung zur Kühlung einer Magnetspulenwicklung. welche mittels einer forcierten
Strömung eines an mindestens einer Kühlmitts nschlußstelle in die Wicklung eingespeisten
und an mindestens einer weiteren Kühlmittelanschlußstelle aus der-Wicklung wieder
abgeleiteten Kühlmittels gekühlte Leiter aus supraleitendem Material enthält, die
in Leiterbereiche unterteilt sind, deren durch die Stromdichte I, Feldstärke H und
Temperatur T festgelegten Arbeitspunkte von dem in einem I-H-T-Raum jeweils nächstliegenden,
durch die kritische Stromdichte Ic, kritische Feldstärke Hc und kritische Temperatur T festgelegten Sprungpunkt des supraleitenden Materials
vom supraleitenden in den normalleitenden Zustand verschieden weit entfernt sind,
dadurch gekennzeichnet , daß an der Kühlmittelanschlußstelle (24) mit der vergleichsweise
geringsten Entfernung zu dem Leiterbereich (14) der Wicklung (2), dessen Arbeitspunkt
einem Sprungpunkt des supraleitenden Materials im I-H-T-Raum vergleichsweise am nächsten
liegt, eine Ausleitung des Kühlmittels (A) aus der Wicklung (2) vorgesehen ist.
2. Anordnung zur Kühlung nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch eine Einleitung des
Kühlmittels (A) an einer Kühlmittelanschlußstelle, die einem Leiterbereich am nächsten
liegt, dessen Arbeitspunkt von dem Sprungpunkt des supraleitenden Materials weiter
entfernt ist als der Arbeitspunkt jedes der übrigen Leiterbereiche der Wicklung (2).
3. Anordnung zur Kühlung einer scheibenförmigen Magnetspulenwicklung nach Anspruch
1 oder 2, deren Leiter im ungestörten Betriebszustand in allen Leiterbereichen eine
zumindest annähernd gleiche Stromdichte I und gleiche Temperatur T haben, gekennzeichnet
durch eine Ausleitung des Kühlmittels (A) an einer an der Innenseite (11) der Wicklung
(2) vorgesehenen Kühlmittelanschlußstelle (24).
4. Anordnung zur Kühlung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, gekennzeichnet durch supraleitende
Hohlleiter (3).