[0001] Die Erfindung betrifft einen neuen Riech- und/oder Geschmackstoff. Es handelt sich
dabei um die Verbindung der Formel
also um das 2-Methyl-2-buten-1-yltiglat.
[0002] Die Erfindung betrifft ferner ein Verfahren zur Herstellung der Verbindung der Formel
[0003] Dieses Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass man 2-Methyl-2-buten-1-o1 mit Tiglinsäure
bzw. einem reaktiven Derivat davon verestert, dass man einen Tiglinsäureniederalkylester
mit 2-Methyl-2-buten-1-ol umestert, oder dass man ein 2-Methyl-2-buten-1-yl-halogenid
mit einem Alkalimetallsalz der Tiglinsäure umsetzt.
[0004] Die Veresterung der Tiglinsäure bzw. deren Derivat kann nach an sich bekannten Methoden
durchgeführt werden, also z.B. gemäss Tabelle I (siehe dazu auch "Organikum", Org.
chem. Grundpraktikum, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1969, 9. Auflage,
S. 440 ff).
[0005] Bei der Umesterung wird als Tiglinsäure-niederalkylester insbesondere der Methyl-
oder der Aethylester eingesetzt, da sich so die bei der Reaktion bildenden niedrig
siedenden Alkohole Methanol bzw. Aethanol leicht abdestillieren lassen.
[0006] Die Verbindung I weist besondere organoleptische Eigenschaften auf, auf Grund derer
sie sich vorzüglich als Riech- und/oder Geschmackstoff eignet.
[0007] Die Erfindung betrifft demgemäss auch die Verwendung der Verbindung I als Riech-
und/oder Geschmackstoff.
[0008] Die erfindungsgemäss als Riech- und/oder Geschmackstoff verwendete Verbindung I zeichnet
sich durch einen originellen und für einen Ester dieser Kohlenstoffzahl sehr überraschenden
Geruch aus. Dieser kann wie folgt beschrieben werden: an feuchten Waldboden erinnernd,
pilzartig (Champignon), leicht anisartig, blumig, weich, mit Aspekten des Geruches
von jungen Blätterknospen. Auffallend ist das völlige Fehlen der fruchtigen Note und
das Auftreten von als blumig zu klassierenden Nuancierungen und das Hervortreten des
natürlichen Waldbodencharakters.
[0009] Tiglate als Riechstoffe erfreuen sich in letzter Zeit zunehmender Beliebtheit. Unter
ihnen finden sich aber keine Vertreter, die mit der erfindungsgemässen Verbindung
organoleptisch vergleichbar wären.
[0010] S. Arctander beschreibt in "Perfume and Flavor Chemicals" (1969, Montclair NJ, USA)
z.B. die folgenden strukturähnlichen Tiglate:
No. 1630:cis-3-Hexenyltiglat frisch, kräftig, tiefgrüne Blätter mit leicht fruchtigem
Unterton
No. 1631 :trans-2-Hexenyltiglat warm-krautiger, grüner Geruch mit leicht fruchtigem
Unterton
No. 1682:n-Hexyltiglat angenehmer süss-grüner, öliger, krautiger und leicht weinartiger
Geruch, der an unreife Beeren oder Pflaumen erinnert
No. 225:iso-Amyltiglat angenehmer krautiger und weinartiger Geruch, an Medizinalkräuter
erinnernd No. 540:n-Butyltiglat warm-krautig, diffusiv, ätherisch und süss.
[0011] Aber auch der olfaktische Vergleich mit dem 2-Methyl-2-buten-1-yl-2-methylbutyrat
2, dem 2-Methyl-butyltiglat 3 und dem als Insektenbekämpfungsmittel bekannten Prenylsenecioat
4 (CH-PS 2 64 520,
16.1.1950 und US―PS 2,554,947,29. Mai 1
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1) zeigt
ausserdem, dass auch keine dieser Verbindungen die typischen olfaktischen Eigenheiten
des 2-Methyl-2-buten-1-yltiglates I besitzt und nur gerade I die an feuchten Waldboden
erinnernde, zugleich aber auch weich-blumige und knospenartige Geruchskombination
ohne jeden fruchtigen Aspekt in ihrem Molekül vereint.
Geruch
[0012] estrig, fruchtig, beerenartig, Aspekte von schwarzem Holunder
krautrig, süss mit grünem und leicht fruchtigem Unterton
warm-krautig, grün, kerbelartig
[0013] Die Verbindung I kann demgemäss beispielsweise zur Parfümierung bzw. Aromatisierung
von Produkten, wie Kosmetika (Seifen, Salben, Pudern, Zahnpasten, Mundwässern, Desodorantien,
Shampoos, Lotionen, etc.), Detergentien, bzw. Nahrungsmitteln, Genussmitteln und Getränken
dienen, wobei die Verbindung I vorzugsweise nicht allein, sondern in Form von Kompositionen
mit andern Riech- bzw. Geschmackstoffen eingesetzt werden. Solche Riech- bzw. Geschmackstoffkompositionen
mit einem Gehalt an I und deren auf an sich bekannte Art erfolgende Herstellung (Zugabe
von I zu bekannten Riech- bzw. Geschmackstoffkompositionen oder Vermischung von I
mit als Bestandteil von Riech- bzw. Geschmackstoffkompositionen geeigneten natürlichen
oder synthetischen Verbindungen oder Gemischen) bildet ebenfalls Gegenstand der Erfindung.
[0014] Als Riechstoff eignet sich die Verbindung I auf Grund ihrer oben beschriebenen, originellen
Noten, insbesondere in Kombination mit einer Reihe von natürlichen und synthetischen
Riechstoffen wie z.B.
-Patchouliöl, Fichtennadel Absolue, Baummoos Absolue, Weihrauchbalsam, Sandelholzöl,
Basilikumöl, Beifussöl, Kamillenöl, Salbeiöl, Tagetesöl, Ylang-Ylang-Oel, Bergamotteöl,
Zitronenöl Petitgrainöl, Neroliöl, usw.
-Aldehyden wie Hydroxycitronellal, a-Hexylzimtaldehyd, Laurinaldehyd, Methylnonylacetaldehyd,
2,4-Dimethyl-3-cyclohexenyl-1-carboxaldehyd'(Cyclam®). Citral Cyclamenaldehyd; Anisaldehyd,
usw.
-Ketonen wie α-Jonon, β-Jonon, Methyljonon, uww.
-Acetalen und Ketalen wie Phenylacetaldehyd-glycerinacetal (Acetal CD® (Givaudan)),
2-Methyl-13-dioxolan-2-äthylacetat (Fructon ®), usw.
-Aethern, wie Eukalyptol, Methyl-p-cresol, Anethol, Methyl-1-methylcyclododecyläther,
usw.
-phenolischen Körpern wie Eugenol, Isoeugenol, usw.
-Alkoholen wie Linalool, Citronellol, Geraniol, Zimtalkohol, Benzylalkohol, Phenyläthylalkohol,
a-Terpineol, usw.
-Estern wie Linalylacetat, Bornylacetat, Vetiverylacetat, Geranylacetat, Benzylacetat,
Benzylsalicylat, Amylsalicylat, Styrallylacetat, Phenyläthylphenylacetat, Methyldihydrojasmonat,
usw.
-Lactonen wie y-Nonalacton, y-Decalacton, y-Undecalacton, δ-Decalacton, usw.
-Säuren wie Phenylessigsäure, a-Methylbuttersäure, usw.
-moschus- und ambraartig riechenden Körpern wie Aethylenbrassylat, Keton-Moschus,
8α,12-Oxido-13,14,15,16-tetranorlabdan, usw.
-schwefelhaltigen Verbindungen wie p-Menthan-8-thiol-3-on, usw.
-stickstoffhaltigen Verbindungen wie Methylanthranilat, Linalylanthranilat, usw.
[0015] Wie aus den unten stehenden Beispielen 2-8 ersichtlich, lassen sich mit I sehr interessante
Effekte erzielen. Neben wertvollen und originellen Effekten in Riechstoffkompositionen
vom Typ Chypre, Cologne, Holz, Jasmin, Rose bzw. allgemein blumiger Richtung ist est
aber auch möglich, mit dem 2-Methyl-2-buten-1-yltiglat neuartige Parfümerie-Komplexe
herzustellen. So werden z.B. blumigfruchtige Komplexe aus Linalool und einem Lacton,
wie z.B. 8-Decalacton durch Zusatz von 1-5% I harmonisiert und durch einen zusätzlichen
exotischen Aspekt bereichert. kann auch bei der Rekonstitution von ätherischen Oelen
oder Absolues verwendet werden.
[0016] Bei der Herstellung solcher Kompositionen können die oben aufgeführten bekannten
Riechstoffe nach (dem Parfumeur bekannter) Art und Weise verwendet werden, wie z.B.
aus W. A. Poucher, Perfumes, Cosmetics and Soaps 2, 7. Auflage, Chapman und Hall,
London, 1974 hervorgehend.
[0017] Die Konzentration der Verbindung 1 kann je nach dem Verwendungszweck innerhalb weiter
Grenzen variieren, beispielsweise zwischen etwa 0,01 (Detergentien) und etwa 15 Gew.%
(alkoholische Lösungen). In Parfumbasen bzw. Konzentraten können die Konzentrationen
selbstverständlich auch höher liegen. Die Parfumbasen können in üblicher Weise zur
Parfümierung von Eaux de Cologne, Eux de toilette, Extraits, Lotionen, Cremes, Shampoos,
Seifen und Detergentien, etc. verwendet werden. Bevorzugt ist die Verwendung von I
in Colognes und in Extraits.
[0018] Als Geschmackstoff kann die Verbindung I beispielsweise zur Erzeugung bzw. Verbesserung,
Verstärkung, Steigerung oder Modifizierung von verschiedenen Aromatypen verwendet
werden, wie diese z.B. zur Aromatisierung von Nahrungsmitteln (Joghurt, Süsswaren
etc.), Genussmitteln (Tee etc.) und Getränken (Limonaden etc.) eingesetzt werden.
Insbesondere lassen sich interessante Effekte bei der Modifizierung von Erdbeer- oder
Kräuterteearomen durch einen Zusatz von I erzielen; siehe Tabelle II.
[0019] Die ausgeprägten geschmacklichen Qualitäten des Esters I ermöglichen die Verwendung
in geringen Konzentrationen. Eine geeignete Dosierung umfasst beispielsweise den Bereich
von 0.1 ppm-100 ppm, vorzugsweise von 1 ppm-20 ppm im Fertigprodukt, d.h. dem aromatisierten
Nahrungsmittel, Genussmittel oder Getränk.
[0020] In der folgenden Tabelle sind Effekte zusammengestellt, wie sie sich mit dem Ester
I erzielen lassen.
[0021] Die Verbindung kann auf übliche Weise mit den für Geschmackstoffkompositionen verwendeten
Bestandteilen vermischt bzw. solchen Aromen zugesetzt werden. Unter den erfindungsgemäss
verwendeten Aromen werden Geschmackstoffkompositionen verstanden, die sich auf an
sich bekannte Art verdünnen bzw. in essbaren Materialien verteilen lassen. Sie können
nach an sich bekannten Methoden in die üblichen Gebrauchsformen, wie Lösungen, Pasten
oder Pulver übergeführt werden. Die Produkte können sprühgetrocknet, vakuumgetrocknet
oder lyophilisiert werden.
[0022] Die bei der Herstellung solcher Aromen zweckmässigerweise verwendeten bekannten Aromastoffe
sind entweder in der obigen Zusammenstellung bereits enthalten oder können leicht
der Literatur entnommen werden, wie z.B. J. Merory, Food Flavorings, Composition,
Manufacture and Use, Second Edition, The Avi Publishing Company, Inc., Westport, Conn.
1968, oder G. Fenaroli, Fenaroli's Handbook of Flavor Ingredients, Second Edition,
Volume 2, CRC-Press, Inc. Cleveland, Ohio, 1975.
[0023] Für die Herstellung solcher üblicher Gebrauchsformen kommen beispielsweise folgende
Trägermaterialien, Verdickungsmittel, Geschmackstoffverbesserer, Gewürze und Hilfsingredientien,
etc. in Frage:
Gummi arabicum, Tragant, Salze oder Brauereihefe, Alginate, Carrageen oder ähnliche
Absorbentien; Indole, Maltol, Gewürzoleoresine, Raucharomen; Gewürznelken, Natriumcitrat;
Mononatriumglutamat, Dinatrium-inosin-5'-monophosphat (IMP), Dinatriumguanosin-5-phosphat
(GMP); oder spezielle Aromastoffe, Wasser, Aethanol, Propylenglykol, Glycerin.
Beispiel 1
[0024] Zu einer Lösung von 106,2 g (1,24 Mol) 2-Methyl-2-buten-1-ol und 172,5 g (1,43 Mol)
Dimethylanilin in 350 ml Toluol liess man im Verlaufe von 30 Minuten eine Lösung von
133,6 g (1,13 Mol) Tiglinsäurechlorid in 100 ml Toluol tropfen und rührte anschliessend
das Reaktionsgemisch während 16 Stunden bei 40°, kühlte dann auf Raumtemperatur, verdünnte
mit 200 ml Aether, wusch bis zur vollständigen Entfernung des überschüssigen Dimethylanilins
mit verdünnter Salzsäure, hierauf mit Wasser bis zum Neutralpunkt. Nach dem Trocknen
mit Natriumsulfat und Einengen verblieben 212 g rohes I, aus welchem durch Destillation
über eine 20 cm-Widmerkolonne 131,5 g reines und olfaktisch gutes I vom Siedepunkt
92°/16.10
-3 bar erhalten wurden.
[0025] Spektrale Daten:
IR: 1715, 1265, 1255, 1155, 1138, 1072, 732 cm-1
NMR: 1,6-1,9 (4 CH3 auf Doppelbindung, gegenseitig überlagert) 4,58
ppm
MS: 168 (M+,2), 139(8), 123(8), 101(13), 83(100), 69(32), 55(55), 41(43), 39(23),
27(21)
Beispiel 2
Parfumerie-Base Richtung Chypre
[0026]
Gibt man zu dieser konventionellen Chyprekomposition 20 Teile des neuen Esters, so
erhält erstere eine viel frischere Kopfnote, das Bergamotteöl wird vorteilhaft unterstrichen,
die ganze Base wirkt nun weicher und leichter.
Beispiel 3
Blumige Base für die Parfumerie
[0027]
Gibt man zu dieser blumigen Base, welche Richtung Ylang neigt, 40 Teile des neuen
Esters I, so wirkt erstere viel weicher, allgemein blumig und viel diffusiver. Dieser
Effekt ist auch nach 24 Stunden noch sehr gut feststellbar.
Beispiel 4
Parfumerie-Base Richtung Eau de Cologne
[0028]
Gibt man zu diesem Eau de Cologne 6 Teile der neuen Substanz, so wirkt ersteres viel
frischer, kräftiger, es entsteht eine sehr angenehm würzige Zitrusschalen-Note, welche
in der ursprünglichen Base nicht vorhanden ist. Bei steigender Konzentration (1% und
2%) entsteht ein sehr origineller, herber Effekt, welcher der Komposition mehr Leben
verleiht und sie insbesondere für Herren-Colognes sehr geeignet macht.
Beispiel 5
Parfumerie-Base allgemein-blumiger Richtung
[0029]
Ein Zusatz von 40 Teilen der neuen Verbindung I zu dieser Base mit allgemein-blumigem
Geruch bewirkt überraschenderweise eine deutliche Modifizierung des Geruches in Richtung
Hyazinthe. Die neue, modifizierte Base besitzt mehr Charakter und Strahlungskraft.
Beispiel 6
Frisch-Grüne-Base für Parfümerie
[0030]
Gibt man zu dieser frisch-grünen Base 30 Teile der neuen Substanz, so wirkt erstere
viel kräftiger, natürlicher. Es wird ein sehr angenehmer Waldduft festgestellt. Das
Bornylacetat wird angenehm und deutlich hervorgehoben.
Beispiel 7
Holzige Parfümerie-Base
[0031]
Gibt man zu dieser Base (allgemein holzige Richtung) 0.5% der neuen Substanz, so wirkt
erstere angenehm blumig untermalt; die neue Base eignet sich besonders für weiche,
insbesondere blumige Richtungen mit holziger Unternote. Steigert man die Konzentration
bis zu 2%, so tritt die Holz-Note ebenfalls mehr in den Vordergrund, sie äussert sich
in einer sehr schönen Sandel-Note, die besonders in Fond hervortritt.
Beispiel 8
Kräuterteearoma
[0032]
Der Zusatz von 50 Teilen 2-Methyl-2-butenyltiglat zu obigem konventionellen Kräuterteearoma
bewirkt einen sehr angenehmen Abrundungseffekt, indem eine verstärkte blumige Note
in Erscheinung tritt.
[0033] Geschmacklich ist bei der Applikation von 50 g einer 2%-igen Lösung dieses Aromas
in Glyceryltriacetat pro 100 I Zuckersirup 65° Bx (1 ° Brix = 1 Gew.% Rohrzucker),
verdünnt mit Wasser im Verhältnis 1:5, ebenfalls eine deutliche Verbesserung feststellbar,
indem nun im Gegensatz zur Blindprobe der Tee viel abgerundeter wirkt und zudem dank
einer zusätzlichen blumigen Note an gewisse Schwarztee-Sorten erinnert.