(19)
(11) EP 0 029 083 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
27.05.1981  Patentblatt  1981/21

(21) Anmeldenummer: 80103997.5

(22) Anmeldetag:  11.07.1980
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C25B 1/16, C25B 15/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FR GB IT NL

(30) Priorität: 20.07.1979 DE 2929357

(71) Anmelder: HOECHST AKTIENGESELLSCHAFT
65926 Frankfurt am Main (DE)

(72) Erfinder:
  • Kau, Heinz, Dr.
    D-6239 Kriftel (DE)
  • Semmler, Hans-Joachim, Dr.
    D-6203 Hochheim am Main (DE)
  • Vilcsek, Herbert, Dr.
    D-6200 Wiesbaden (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur gleichzeitigen Herstellung von Stickstoffmonoxid und Alkalihydroxid aus wässrigen Lösungen von Alkalinitrit durch Elektrolyse


    (57) Wenn man eine wäßrige Alkalinitrit enthaltende Lösung im Anodenraum einer Kationenaustauscher-Membranzelle elektrolysiert, entsteht Stickstoffmonoxid. Gleichzeitig bildet sich im Kathodenraum Alkalihydroxid, im Anodenraum Nitrat.


    Beschreibung


    [0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Alkalihydroxid und Stickstoffmonoxid aus Alkalinitriten durch Elektrolyse wässriger Lösungen.

    [0002] Zur Herstellung von Stickstoffmonoxid in analytischen oder präparativen Mengen sind eine Reihe von Verfahren bekannt geworden (vgl. Brauer, Präparative Methoden in der anorganischen Chemie, Stuttgart 1960). Allen diesen Verfahren ist gemeinsam, daß ein Nitrit oder ein Nitrat reduziert wird. Beispielsweise kann man aus Nitrit und Kaliumjodid oder Hexacyanoferrat-(II) oder aus Kupfer und Salpetersäure ziemlich reines Stickstoffmonoxid darstellen. Dieses muß jedoch noch mit Alkali und Schwefelsäure gewaschen werden. Der Nachteil dieser an sich brauchbaren Methoden liegt darin, daß die verwendeten Reduktionsmittel sehr teuer sind. Darüberhinaus macht die Verwertung der anfallenden nicht gewünschten Reaktionsprodukte Schwierigkeiten, wenn größere Mengen Stickstoffmonoxid hergestellt werden sollen.

    [0003] Hochprozentiges Stickstoffmonoxid läßt sich durch Verbrennen von Ammoniak mit Sauerstoff an Platinkatalysatoren in Gegenwart von Wasserdampf als Schutzgas herstellen, wobei das gleichzeitig mit entstehende N02 nachträglich abgetrennt wird (DE-AS 10 85 142). Technisch wird NO zur Herstellung von Hydroxylamin und seinen Derivaten benutzt.

    [0004] Da die Bedeutung der Entfernung von Stickoxiden aus Abgasen mit Hilfe von alkalischen Absorptionsverfahren immer mehr zunimmt, fallen ständig steigende Mengen an Lösungen an, die Nitrit und Nitrat enthalten. Diese Lösungen, die im allgemeinen noch stark alkalisch sind, müssen verwertet werden.

    [0005] Es stellte sich daher die Aufgabe aus alkalischen Nitritlösungen auf einfache Weise ein möglichst reines Stickstoffmonoxid herzustellen, ohne daß schwer verwertbare Abfallstoffe entstehen.

    [0006] Es wurde nun ein Verfahren zur gleichzeitigen Herstellung von Alkalihydroxid und Stickstoffmonoxid aus Alkalinitrit gefunden, das dadurch gekennzeichnet ist, daß man eine wässrige Alkalinitrit enthaltenden Lösungen im Anodenraum einer Kationenaustauscher-Membranzelle elektrolysiert.

    [0007] Das erfindungsgemäße Verfahren läßt sich - bei Einsatz von Natriumnitrit - durch folgende Gleichung beschreiben.

    Als Membranzelle ist in diesem Zusammenhang eine durch eine Ionenaustauscher-Membran in einen Anoden- und einen Kathodenraum geteilte Zelle zu verstehen. Beide Halbräume besitzen separate Elektroden und können mit verschiedenen Lösungen gefüllt werden. Als Material für die Kationenaustauschermembran lassen sich Polymere, die möglichst weitgehend inert sind und die saure Gruppen tragen, verwenden, insbesondere perfluorierte Polymere, die Sulfonsäure-oder Carbonsäuregruppen tragen. Solche Kationenaustauscher-Membranen sind kommerziell, z.B. unter dem Warenzeichen Nafion, erhältlich. Dabei sind verschiedene Typen, z.B. einfache Folien oder Verbundsysteme mit eingelagertem Stützgewe be verfügbar. Diese Entwicklungen sind dem Fachmann von der Technologie der Chloralkali-Elektrolyse her geläufig. Das gleiche gilt auch für Elektrodenmaterial und Elektrodenformen.

    [0008] Für die Kathoden wird im allgemeinen Stahl verwendet, jedoch können auch andere Metalle und Legierungen oder leitfähige Verbindungen verwendet werden, die in alkalischer Lösung beständig sind und die sich insbesondere durch eine niedrige Wasserstoffüberspannung auszeichnen, wie z.B. Nickel, Kobalt oder Edelmetalle wie Platin und Ruthenium.

    [0009] Als Anoden können Graphit aber auch andere Stoffe wie Edelmetalle (z.B. Platin und Iridium) verwendet werden. Bevorzugt werden jedoch Anoden aus Titan, die mit Edelmetallen oder Edelmetalloxiden aktiviert wurden. Die gewählten Elektrodenmetalle sind jedoch für das erfindungsgemäße Verfahren nicht kritisch.

    [0010] Als Alkalinitrit werden bevorzugt Natrium- und Kaliumnitrit eingesetzt. Besonders günstig ist aus preislichen Gründen die Verwendung von Natriumnitrit-Lösung. Die Nitritlösung braucht nicht rein zu sein; sie kann z.B. aus der Absorption von Nitrose oder nitrosehaltigen Abgasen in Lauge stammen. Solche Lösungen enthalten dann Alkalinitrit, Alkalinitrat und ggf. in geringen Mengen andere anorganische Salze. Dabei sollen jedoch Halogenide abwesend sein, weil es sonst zur anodischen Bildung von freiem Halogen kommen kann.

    [0011] Die Konzentration von Nitrit ist nicht kritisch. Jedoch sollte die Konzentration in der Ausgangslösung so gewählt sein, daß eine genügend hohe Leitfähigkeit auftritt, da sonst ein hoher Widerstand der Lösung unter Erwärmung und Energieverlust überwunden werden muß.

    [0012] Die Konzentration an Nitrit und Nitrat kann auch kurzzeitig die Sättigungsgrenze überschreiten; diese Verfahrensweise ist jedoch nicht bevorzugt, da das Einführen oder Umpumpen durch die ausfallenden Salzkristalle stark erschwert wird. Es ist daher bevorzugt, in der Praxis mit Konzentrationen knapp unterhalb der jeweiligen Sättigungsgrenze zu arbeiten.

    [0013] Bei Einsatz von Natriumnitrit liegt die Ano.lytkonzentration bei Temperaturen über 50°C, vorzugsweise zwischen 8 und 40 Gew.-% NaNO2. Bei Raumtemperatur liegt der bevorzugte Konzentrationsbereich bei 8 bis 35 Gew.-% NaNO2.

    [0014] Hohe Anteile an anderen Salzen wie Nitrat und Sulfat können die Löslichkeitsgrenze von Nitrit zu anderen . Werten hin verschieben. Bevorzugt ist die Verwendunq von Anolytlösungen, die nur Nitrit oder Nitrit und Nitrat enthalten. Während der Elektrolyse treten Alkaliionen durch die Membran in den Kathodenraum über und bilden dort Alkalilauge. Es ist bevorzugt, aus Gründen der Leitfähigkeit bereits zu Beginn der Elektrolyse im Kathodenraum eine gewisse Menge Alkalihydroxid von z.B. mindestens 1 bis 5 Gew.-% einzubringen. Die Maximalkonzentration des Katholyts an Alkalihydroxid hängt von der Selektivität der Membran ab. Beispielsweise treten bei höheren Konzentrationen an Natriumhydroxid durch die meisten Membranen zu viel Hydroxidionen, wobei die Ausbeute an Natriumhydroxid sowie die Energieausbeute verschlechtert werden. Aus dem Kathodenraum wird kontinuierlich oder chargenweise Katholyt (Alkalihydroxid-Lösung) abgezogen. In gleichem Maße wird Wasser nachgefüllt, so daß die Konzentration an Alkalihydroxid etwa konstant bleibt. Die obere wirtschaftliche Grenze der Alkalihydroxidkonzentration liegt im Bereich von 5 bis 50 Gew.-%. Optimale Werte der Energieausnützung wird man bei Werten zwischen 8 und 40 Gew.-% Alkalihydroxid erhalten.

    [0015] Im Anodenraum soll die Reaktion 2 NO 2 → NO3- + NO + e ablaufen. Um zu verhindern, daß störende Konkurrenzreaktionen auftreten, soll im Anodenraum ein pH-Bereich von 3 bis 6 eingehalten werden. Im alkalischen Bereich kommt es beispielsweise zunächst zur Entladung der Hydroxidionen, während bei pH-Werten unter 3,5 die Nitritlösungen sich unter Bildung nitroser Gase zersetzen. Ein optimaler pH-Bereich für den Anolyten liegt bei 4-5. Während der Elektrolyse sind keine Maßnahmen zur Einhaltung des pH-Werts erforderlich. Wenn nach Verbrauch des Nitrits die Elektrolyse aber fortgesetzt wird, so kann der pH-Wert jedoch auf unter 3,5 fallen. Der nur noch Nitrat enthaltende Anolyt kann dann vorteilhafterweise auf Düngemittel verarbeitet werden.

    [0016] Der Druck ist für das erfindungsgemäße Verfahren nicht entscheidend. Bevorzugt ist eine Elektrolyse bei Normaldruck und Temperaturen zwischen 20 und 100°C. Höhere bzw. tiefere Temperaturen sind zwar möglich, aber technisch, bzw. energetisch ungünstiger.

    [0017] Durch theoretische Überlegungen kann man für die Elektrolyse von Nitrit aus den reversiblen Elektrodenpotentialen eine Zellenspannung von unter 1. Volt abschätzen. Unter Berücksichtigung der Stromdichte, der Temperatur, der Zusammensetzung des Elektrolysts, des Membranwiderstandes, der Elektrodenüberspannungen und der Geometrie der Zelle werden sich im praktischen Fall Zellenspannungen über 1 Volt, insbesondere über 2 Volt ergeben.

    [0018] Die Erfindung wird durch die folgenden Beispiele erläutert:

    Beispiel 1



    [0019] Eine Membranzelle, deren Anoden- und Kathodenraum jeweils 70 ml betrug, wurde zwecks besserer Durchmischung des Elektrolyten und zur Vergrößerung des Ansatzes an zwei Kreisläufe für Katholyt und Anolyt angeschlossen (jeweils bestehend aus Anodenraum bzw. Kathodenraum, Schlauchverbindungen, Vorratsgefäß für Elektrolyt und Pumpe). Eingefüllt wurden als Anolyt 1,6 1 einer 40 %igen Natriumnitrit-lösung (mit 846 g NaNO2 und 56 g NaN03), als Katholyt 0,6 1 Natronlauge (246 g/1 NaOH). Katholyt und Anolyt wurden jeweils im Kreislauf umgepumpt. Als Membran wird eine ®Nafion 315-Membran eingesetzt, als Kathode ein Stahlblech mit 10 cm2 Oberfläche und als Anode ein Titanblech (10 cm2 Oberfläche), das mit Ti02/Ru02 (70:30 Gew.-% aktiviert war. Der Elektrodenabstand betrug 6 mm. Es wurde bei 80°C mit einer Stromdichte von 5 kA/m2 und einer Zellenspannung von rd. 4,8 Volt elektrolysiert. Zum Katholyt wurde kontinuierlich Wasser zugegeben, so daß die NaOH-Konzentration konstant blieb. Im gleichen Maße wurde die bei der Elektrolyse entstehende Lauge über einen Überlauf aus dem Katholytkreislauf abgeführt und titrimetrisch bestimmt. Das an der Kathode entstehende Gas (Wasserstoff) konnte drucklos aus der Zelle entweichen. Das im Anolyt entstehende Gas wurde über konz. H2SO4 geleitet und volumetrisch bestimmt. Die Gasanalyse ergab NO mit 0,08-0,09 Vol.% N2, 0,02 Vol.% N2O,<0,05 Vol.% 02. NO2 konnte nicht nachgewiesen werden.

    [0020] Es wurde bis zum völligen Verbrauch des vorgegebenen NaNO2 elektrolysiert.. Das Ende der Umsetzung ist zu erkennen am Abfall des pH-Wertes unter 3,5 im Anolytkreislauf, gleichzeitigem Anstieg der Zellenspannung um 200-300 mV und einsetzender O2-Entwicklung an der Anode. Nach 36 h Elektrolysedauer (= 180 Ah = 109,5 % d.Th.) waren entstanden:


    Beispiel 2



    [0021] In einer ähnlichen Elektrolysezelle mit gleicher Membran wie in Beispiel 1, in die als Kathode ein Eisennetz und als Anode ein Platinnetz eingebaut war, wurden im Kathodenraum 750 ml NaOH (10%ig, Dichte 1,11) und im Anodenraum 900 ml NaN02-Lösung (40,5 %ig, Dichte 1,34 g/cm3) eingefüllt.

    [0022] Es wurde 8 Stunden bei einer konstant gehaltenen Stromstärke von 10 A elektrolysiert.

    [0023] Während der Elektrolyse ergaben sich folgende Werte für die NO-Entwicklung an der Anode.



    [0024] Dies entspricht einer durchschnittlichen Anodengasentwicklung von ca. 1200 ml pro 10 min und einer Gesamtgasmenge von ca. 58 1 während der Versuchszeit. Der Versuch wurde nicht bis zum vollständigen Verbrauch des Nitrits durchgeführt. Es gilt folgende Stoffbilanz:





    [0025] Aus dem Analysenergebnis folgt für den Anolyt folgende Stickstoffbilanz:




    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung von Alkalihydroxid und Stickstoffmonoxid aus Alkalinitrit, dadurch gekennzeichnet, daß man eine wässrige Alkalinitrit enthaltende Lösung im Anodenraum einer Kationenaustauscher-Membranzelle elektrolysiert.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß eine Lösung, die Natriumnitrit und Natriumnitrat enthält, elektrolysiert wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Membran aus einem fluorhaltigen Polymeren besteht, das Sulfonsäure-oder Carbonsäuregruppen enthält.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Konzentration an Alkalinitrit im Anolyt knapp unterhalb der Sättigungsgrenze liegt.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Elektrolyse bei Normaldruck und Temperaturen von 20 bis 100°C durchgeführt wird.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man diskontinuierlich arbeitet und den pH-Wert im Anolyt vor Beginn der Elektrolyse auf Werte zwischen 3,5 und 6, insbesondere Werte zwischen 4 und 5 einstellt.
     





    Recherchenbericht