[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein neues Verfahren zur Herstellung von Vickeldrähten
mit zwei Isolierschichten aus unterschiedlichen Materialien, sogenannten Zweischichtlackdrähten.
[0002] Lackisolierte Wickeldrähte sind in der Deutschen Norm DIN 46435 von April 1977 genau
charakterisiert. Sie kommen in großem Umfang im Elektromaschinenbau, Transformatorenbau
und in der Elektronik zum Einsatz.
[0003] Das Leitermetall, vorzugsweise Kupfer oder Aluminium, ist mit einer dünnen, jedoch
mechanisch und thermisch äußerst widerstandsfähigen Kunstharzlackschicht isoliert.
[0004] Die Herstellung derartiger Lackdrähte erfolgt auf Drahtlackiermaschinen durch mehrfaches
kontinuierliches Auftragen eines Drahtlackes auf den Metalldraht. Außer den lösungsmittelhaltigen
Drahtlacken werden zur Drahtlackierung auch Drahtlackharz-Schmelzen oder -Dispersionen
sowie wässrige Lösungen von Drahtlackharzen eingesetzt.
[0005] Alle diese bekannten Verfahren sind durch die damit erreichbaren verhältnismässig
niedrigen Abzugsgeschwindigkeiten jedoch recht arbeits- und zeitaufwendig.
[0006] Aus der Kabelindustrie ist seit langem die Extrusion von Thermoplasten zur dickwandigen
Ummantelung elektrischer Leiterbündel sowie zur Herstellung von Leitungsdrähten bekannt.
[0007] In der Deutschen Auslegeschrift 2 638 763 wird bereits ein Verfahren zur Herstellung
von lackisolierten Wickeldrähten durch Extrusion von teilkristallinen thermoplastischen
Polykondensaten mit Kristallitschmelzpunkten oberhalb 170°C, vorzugsweise oberhalb
250°C, beschrieben.
[0008] Diese unter Mitwirkung der Anmelderin getätigte ältere Anmeldung leistet einen entscheidenden
Beitrag zur Überwindung des Vorurteils, die Erzielung derart dünner Isolierschichten,
wie sie laut DIN 46435 gefordert werden, sei im Extrusionsverfahren nicht möglich.
[0009] Das Verfahren gemäß der älteren Anmeldung und aller Folgeanmeldungen hat den großen
Vorteil, daß keine Nachbehandlung - etwa ein Nachstrecken oder eine Härtungsreaktion
- erforderlich ist, was eine beträchtliche Zeit-und Energieeinsparung zur Folge hat.
[0010] Für spezielle Anwendungen in der Elektrotechnik, z.B. im Elektromaschinenbau und
in der Unterhaltungselektronik, besteht nun ein Bedürfnis, auf die vorhandene Isolation
eine weitere Schicht eines andersartigen Polymeren aufzubringen, um den erhöhten Anforderungen
hinsichtlich der Verarbeitungssicherheit solcher Wickeldrähte zu genügen oder spezielle
Effekte zu erzielen. Dazu gehören die Erhöhung der Oberflächenhärte und der Abriebfestigkeit
sowie die Eigenschaft der isolierten Drähte, nach dem Wickeln durch Wärme oder Lösungsmittelbehandlung
miteinander zu verkleben.
[0011] Im allgemeinen geschieht das in der Weise, daß als Grundisolierung ein Lack aus einem
härtbaren wärmebeständigen Harz - wie z.B. Terephthalsäurepolyester-oder Polyesterimid-Harz
- verwendet wird, der in üblichen Lackieranlagen mehrmals auf den Draht aufgetragen
und dann eingebrannt wird.
[0012] Anschließend oder auch in einem Arbeitsgang wird dann als zweite Schicht ein Lack
aus einem weiteren, vorzugsweise linearen Polymeren - wie z.B. Polyamid, Polyvinylacetal,
Polyester, Polyamidimid - nach dem gleichen V
er-fahren auf den Leiter aufgetragen.
[0013] Nachteilig bei diesem Verfahren ist die oft geringe Löslichkeit der vorzugsweise
verwendeten linearen Polykondensate, so daß diese Lacke nur sehr geringe Festkörpergehalte
aufweisen und aggressive Lösungsmittel erfordern, die beim Lackieren die Grundisolierung
des Leiters nachteilig beeinflussen können.
[0014] Es wurde nun ein neues vorteilhaftes Verfahren zur Herstellung von Zweischichtlackdrähten
gefunden. Das Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, daß auf einen mittels bekannter
Drahtlacke oder Drahtlackharze bzw. auf einen durch Extrusionsbeschichtung mit teilkristallinen
oder amorphen thermoplastischen Polykondensaten isolierten elektrischen Leiter eine
zweite Schicht eines thermoplastisch Kunststoffes derart aufgebracht wird, daß die
Gesamtschichtstärke beider Isolierschichten den Anforderungen der Deutschen Norm DIN
46435 genügt.
[0015] Für die Grundisolierung des elektrischen Leiters sind alle üblichen und bekannten
Drahtlacke bzw. Drahtlackharze geeignet, die zur Herstellung von wärmestabilen Wickeldrähten
der Typen M, W 155 und W 180 gemäß der Deutschen Norm DIN 46416, Teil 1, 4 und 5 verwendet
werden. Dies sind insbesondere Drahtlacke bzw. Drahtlackharze auf der Basis von Terephthalsäurepolyester,
[0016] Polyesterimid, Polyamidimid und Polyimid. Die Drahtlackharze können in organischen
Lösungsmitteln oder in Wasser gelöst oder dispergiert sein, oder aber aus der Schmelze
aufgetragen werden.
[0017] Für die durch Extrusionsbeschichtung hergestellte Grundisolierung des elektrischen
Leiters sind die teilkristallinen thermoplastischen Polykondensate der DE-AS 2 638
763 - wie z.B. lineare Polyester und Polyamide - und die amorphen Polyäthersulfone
bzw. teilkristallinen Polyätherketone der Folgeanmeldungen geeignet. Diese Polykondensate
können ggf. in Mischung mit Farbstoffen, Pigmenten, Füllstoffen und sonstigen Hilfsmitteln
eingesetzt werden.
[0018] In diesem Fall ist eine besonders bevorzugte Ausführungsform des Verfahrens darin
zu sehen, daß für die zweite Schicht thermoplastische Kunststoffe eingesetzt werden,
deren Erweichungspunkte niedriger liegen als die der Polykondensate der ersten Schicht.
[0019] Für die erfindungsgemäß durch Extrusion aufzutragende zweite Isolationsschicht sind
im Prinzip zwar alle extrudierbaren thermoplastischen Kunststoffe geeignet - wobei
gegebenenfalls zur Verbesserung der Haftung zwischen den beiden Isolationsschichten
die Applizierung eines Haftvermittlers auf die Grundschicht oder auch eine zwischenzeitliche
Erwärmung des isolierten Drahtes angebracht sein kann - in der Praxis beschränkt man
sich jedoch auf solche Polymere, die entweder durch Erwärmung oder durch leicht flüchtige
Lösungsmittel verbackbar sind oder die den bereits isolierten wärmebeständigen Lackdraht
in seinen mechanischen Eigenschaften - wie Oberflächenhärte, Abrieb oder Elastizität
- verbessern. Besonders bevorzugt sind teilkristalline oder amorphe Polyamide.
[0020] Als teilkristalline Polyamide kommen z.B. durch Polykondensation aus aliphatischen
Dicarbonsäuren und aliphatischen Diaminen hergestellte 6,6-Polyamide, 6,lo-Polyamide
u.a. in Frage, weiterhin die aus den Lactamen oder ω -Aminocarbonsäuren gebildeten
6-Polyamide, 11-Polyamide, 12-Polyamide u.a.
[0021] Als amorphe Polyamide sind z.B. geeignet:
Ein aus Terephthalsäure bzw. Dimethylterephthalat und Trimethylhexamethylendiamin
(Gemisch aus 2,2,4 und 2,4,4-Isomeren) hergestelltes transparentes Polyamid, weiterhin
ein Mischpolyamid aus 3 Komponenten auf der Grundlage von Caprolactam, Hexamethylendiamin/
Adipinsäure und p,p'-Diaminodicyclohexylmethan/ Adipinsäure sowie weitere glasklare
Mischpolyamide auf der Grundlage mehrerer Komponenten mit Glastemperaturen zwischen
100 und 200°C.
[0022] Vor allem gewisse Polyamide als zweite Schicht haben - wie aus einigen Beispielen
ersichtlich - die vorteilhafte Eigenschaft, bereits bei mäßig erhöhten Temperaturen
zu verfließen und die beispielsweise im Elektromaschinenbau und in der Unterhaltungselektronik
eingesetzten Wicklungen bzw. Spulen fest zu verbacken, das den Einsatz der sonst üblichen
Tränklacke bzw. Tränkharze überflüssig macht.
[0023] Weiterhin einsetzbar sind z.B. Polyvinylacetale für die zweite Schicht. Innerhalb
dieser Stoffklasse besonders bevorzugt sind Polyvinylbutyrale wegen ihrer Quellbarkeit
in leicht flüchtigen Lösungsmitteln, z.B. Alkoholen, die als Alternative zum vorgenannten
thermischen Verbacken eine Verfestigung der Spulen durch Lösungsmitteleinwirkung zuläßt.
[0024] Besonders geeignet für dieses Anwendungsgebiet sind Polyvinylbutyrale mit Butyralisierungsgraden
von 70 - 80 % und durchschnittlichen Molekulargewichten von 30 000 - 200 000.
[0025] Ein entscheidender Vorteil des Verfahrens besteht darin, daß auch Polymere eingesetzt
werden können, die nur schwer oder gar nicht in üblichen Lösungsmitteln löslich sind.
[0026] Eine bevorzugte Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens ist in der Schweizer
Patentanmeldung CH 8446/76 "Extrusionsanlagen zur Fertigung von Wickeldrähten" beschrieben.
[0027] Im Fall der Herstellung der Grund- und der Deckschicht im Extrusionsverfahren wird
entweder auf ein und demselben Extruder ein bereits mit einer Grundisolation der beschriebenen
Art versehener Draht anschließend mit der zweiten Schicht versehen oder aber es werden
im Tandemverfahren unter Verwendung von zwei hintereinandergeschalteten Extrudern
beide Schichten in einem Arbeitsgang aufgetragen.
[0028] In den folgenden Beispielen werden die Verarbeitungsbedingungen für die einzelnen
Polymersysteme sowie einige Eigenschaften der gefertigten Wickeldrähte bei Benutzung
der in der Schweizer Patentanmeldung CH 8446/76 beschriebenen Fertigungseinrichtung
angegeben.
[0029] In den Beispielen 1 bis 4 kam weichgeglühter Kupferrunddraht von 0,6 mm Durchmesser
zum Einsatz, der über eine Abspulvorrichtung zunächst eine Vorheizstrecke und nach
Passieren der Beschichtungszone im Extruderkopf eine Abstreiferdüse, die die Schichtstärke
reguliert, durchlief. Nach Passieren einer Kühlstrecke wurde der beschichtete Draht
aufgespult. Anschließend wurde die zweite Schicht aufgetragen.
[0030] Die angegebenen Extrudertemperaturen beziehen sich jeweils auf die Strecke vom Einlauf
bis zur Düse. Die drei letzten Temperaturangaben gelten für das Düsensystem.
Beispiel 1:
[0031] Beschichtungsmaterial:
1. Schicht: Polyäthylenterephthalat pigmentiert mit 8 % Titandioxid
2. Schicht: 12-Polyamid (Polymeres aus Laurinlactam, Schmelzpunkt ca. 180°C)
[0032] Verarbeitungsbedingungen:
Extrusionstemperatur:
1. Schicht: 240/250/260/270/270/280°C
2. Schicht: 165/180/180/190/200/220°C
Abzugsgeschwindigkeit:
1. Schicht 200 m/min
2. Schicht 200 m/min
Schichtstärke (Durchmesserzunahme)
1. Schicht 34 µm
2. Schicht 30 µm
[0033] Eigenschaften der Wickeldrähte:
Härte B Erweichungstemperatur: 245°C Die hohe Elastizität und gute Haftung der Beschichtung
wird dadurch dokumentiert, daß nach Dehnen des Drahtes bis zum Bruch (23%) eine Wickellocke
um den einfachen Drahtdurchmesser (0,6 mm) noch rissfrei war.
Verzinnbarkeit: bei 375°C in Lötzinn 60/40: 3,5 s bei 420°C " 60/40: 2,0 s
Durchschlagsspannung (nach DIN 46453), Teil 1, Abs. 13.2.2.): 5,0 kV
Verbackungstemperatur (nach DIN 46453, Teil 1, Abs. 18.2.1.) 200°C
Wiedererweichungstemperatur (nach DIN 46453, Teil 1, Abs. 18.2.2.) 130°C
Beispiel 2:
[0034] Beschichtungsmaterial:
1. Schicht: Polyäthersulfon der Formel

2. Schicht: 12-Polyamid (wie Beispiel 1)
[0035] Verarbeitungsbedingungen:
Extrusionstemperatur:
1. Schicht: 315/340/350/340/350/370°C
2. Schicht: 165/180/180/190/200/220°C
Abzugsgeschwindigkeit:
1. Schicht: 200 m/min
2. Schicht: 200 m/min
Schichtstärke (Durchmesserzunahme):
1. Schicht: 42 µm
2. Schicht: 38 µm
also Gesamtdurchmesserzunahme 80 µm.
[0036] Eigenschaften der Wickeldrähte:

Beispiel 3:
[0037] Beschichtungsmaterial
1. Schicht: Polyätherketon der summarischen Formel

2. Schicht: 12-Polyamid (s. Beispiel 1)
[0038] Verarbeitungsbedingungen:
Extrusionstemperaturen:
1. Schicht: 390/410/420/420/420/440°C
2. Schicht: 165/180/180/190/200/220°C
[0039] Abzugsgeschwindigkeit:
1. Schicht: 200 m/min
2. Schicht: 200 m/min
[0040] Schichtstärke (Durchmesserzunahme):
1. Schicht: 42 µm
2. Schicht: 36 µm
also Gesamtdurchmesserzunahme 78 µm
[0041] Eigenschaften der Wickeldrähte:

Beispiel 4:
[0042] Beschichtungsmaterial
1. Schicht: Polyäthylenterephthalat pigmentiert mit 8% Titandioxid
2. Schicht: Polyvinylbutyral, mittleres Molekulargewicht ca. 100 000
[0043] Verarbeitungsbedingungen:
Extrusionstemperaturen:
1. Schicht: 240/230/260/270/270/280°C
2. Schicht: 120/160/180/170/170/190°C
Abzugsgeschwindigkeit:
1. Schicht: 200 m/min
2. Schicht: 100 m/min
Schichtstärke (Durchmesserzunahme)
1. Schicht: 44 µm
2. Schicht: 22 µm
also Gesamtdurchmesserzunahme: 66 µm
[0044] Eigenschaften der Wickeldrähte:
Härte H Wickellocke über den einfachen Drahtdurchmesser nach 20% Vordehnung des Drahtes
ohne Risse
[0045] Verbackungstest:
2 Drahtenden werden ohne sich zu berühren 5 Sekunden in Lösungsmittel getaucht und
anschließend aneinandergepresst. Beim Auseinanderziehen wird die Verklebung der Drähte
beurteilt.
Bei Verwendung von Äthanol oder Methanol war die Verklebung ausgezeichnet.
Beispiel 5:
[0046] Zum Einsatz kam ein mit einem Drahtlack auf Polyesterimidbasis nach üblichen Methoden
isolierter gleitmittelfreier Kupferdraht mit einem Nenndurchmesser von 0,95 mm des
Typs W 155/ W 180. Der Gesamtdurchmesser des isolierten Drahtes betrug 1,005 mm. Die
Schichtstärke (Durchmesserzunahme) der ersten Isolationsschicht betrug also 55 µm.
[0047] Die Eigenschaften dieses Drahtes waren folgende:

[0048] Beschichtungsmaterial für die zweite Schicht:

[0049] Verarbeitungsbedingungen:

Beispiel 6:
[0050] Zum Einsatz kam ein mit einem Drahtlack auf Polyesterimidbasis nach üblichen Methoden
isolierter gleitmittelfreier Kupferdraht mit einem Nenndurchmesser von 0,40 mm. Der
Gesamtdurchmesser des isolierten Drahtes betrug 0,430 mm. Die Durchmesserzunahme durch
die Grundisolierung betrug also 30 µm.
[0051] Die Eigenschaften dieses Drahtes waren folgende:

Beschichtungsmaterial für die zweite Schicht: Transparentes amorphes Polyamid aus
Dimethylterephthalat und Trimethylhexamethylendiamin (Isomerengemisch aus 2,2,4- und
2,4,4-Trimethylhexamethylendiamin).
[0052] Verarbeitungsbedingungen:

[0053] Eigenschaften der Wickeldrähte:
