(19)
(11) EP 0 032 686 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
29.07.1981  Patentblatt  1981/30

(21) Anmeldenummer: 81100115.5

(22) Anmeldetag:  09.01.1981
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3G21F 9/34
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE DE FR GB

(30) Priorität: 17.01.1980 DE 3001629

(71) Anmelder: ALKEM GMBH
D-6450 Hanau 11 (DE)

(72) Erfinder:
  • Ledebrink, Friedrich-Wilhelm, Dr.
    D-6457 Maintal 2 (DE)

(74) Vertreter: Mehl, Ernst, Dipl.-Ing. et al
Postfach 22 13 17
D-80503 München
D-80503 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Endkonditionieren fester radioaktiver, insbesondere Kernbrennstoff enthaltender, organischer Abfälle


    (57) Organische Rohabfälle werden fein zerkleinert, in ein Zement/Wasser-Gemisch homogen eingemischt, in ein Lagerfass abgefüllt und evtl. grösseren nicht zerkleinerbarer Abfälle anorganischer Art darin eingebettet. Nach der Aushärtung Transport zur Endlagerstätte.


    Beschreibung


    [0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Endkonditionierung fester radioaktiver, evtl. kernbrennstoffhaltiger Abfälle zur sicheren Handhabung, Transportierung und Endlagerung. Solche Abfälle entstehen beispielsweise bei der Herstellung von Brennelementen, bei denen als spaltbares Material Urandioxid oder auch Plutoniumdioxid bzw. Mischoxide Verwendung finden. Im Gegensatz zu den meisten festen radioaktiven Abfällen, die üblicherweise beim Umgang mit radioaktiven Stoffen auf dem Gebiet der Kernforschung und Medizin anfallen, enthält der bei der Herstellung von Brennelementen entstehende Abfall unter anderem langlebige radiotoxische Nuklide, wie z.B. Plutonium 239 mit einer Halbwertszeit von 24390 Jahren. Bei der Unterbringung dieser Abfälle in einem Endlager muß sichergestellt sein, daß während der langen Abklingzeit ein Austritt der Radionuklide in die Biosphäre auszuschließen ist.

    [0002] Nach langjährigen Untersuchungen und Erprobungen zur sicheren Beseitigung und Endlagerung hat sich für sch wach radioaktive Abfälle, zu denen auch die α-Strahler enthaltenden Abfälle aus kernbrennstoffverarbeitenden Betrieben zählen, die Einbettung in Zement und anschließende Lagerung in geeigneten Steinsalzformationen des tieferen geologischen Untergrundes als besonders geeignet herausgestellt. Für diese Art der Endlagerung müssen seitens des Abfalles und des einzulagernden Zementblockes, dem Endgebinde, eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein.

    [0003] Es dürfen nur formbeständige,nicht faul- oder gärfähige Abfälle mit fest haftender Aktivität, die allseits mit Bindemitteln umhüllt homogen und hohlraumfrei im Abfallbehälter, z.B. einem 200 1-Faß, vergossen werden können, verwendet werden. Diese Abfälle können ursprünglich wasserhaltige Abfälle, Aschen, Pulver und Granulate (Ionenaustauscher) sein, die durch homogene Vermischung mit einem Zementbrei nach der Aushärtung ein festes Endprodukt ergeben.

    [0004] Um eine Freisetzung von Radionukliden auch bei unwahrscheinlichen Ereignissen im Endlager ausschließen zu können, werden Mindestforderungen an die Druckfestigkeit und Auslaugbeständigkeit der Endgebinde gestellt. Diese Forderungen können durch Einhaltung einer begrenzten Abfalleinbringung in einen Zementblock, porenfreie Verdichtung und Verwendung geeigneter Zementqualitäten erfüllt werden. Für die Auslaugbeständigkeit kernbrennstoffhaltiger Abfälle mit z.B. U02, Pu02 oder Th02 als Radionuklide kommt begünstigend hinzu, daß diese oxidischen Spaltstoffe von Natur aus eine sehr hohe Unlöslichkeit mitbringen, die eine zusätzliche Sicherheitsbarriere darstellt.

    [0005] Die Beseitigung von festen, voluminösen, organischen, kernbrennstoffhaltigen aus Brennelement-Fabriken stammenden Abfällen durch Zementierung ist bisher unterblieben, weil die Einmischung der Rohabfälle in Zement ein ungelöstes Problem bedeutete. Die Rohabfälle stellen eine Mischung aus voluminösen weitgehend organischen formbeständigen Natur- und Kunststoffen dar, wie z.B. Gummihandschuhe, Kunststoffolien, -flaschen, -schläuche, Wischtücher aus Zellstoff bzw. Synthetiks, Bauteile aus Holz, Naturfasern u.a.. Stofflich setzen sie sich aus 70 Gew. % Polyvinylchlorid, 15 Gew. % Neopren, 10 Gew. % Zellstoff, der Rest aus verschiedenen anderen Kunststoffen zusammen. Diese Materialien sind normalerweise vermischt mit anorganischen Abfällen, z.B. Metall, Glas und Keramik.

    [0006] Abfälle dieser Form lassen sich nicht so in Zement einmischen, daß die Forderungen an den Zementblock erfüllt werden. Einerseits wickelt sich Folienmaterial und andere voluminöse Abfälle beim Einmischen in Zement um den Rührer, andererseits findet aufgrund der Dichteunterschiede zwischen den Kunststoffabfällen und dem Beton eine Entmischung vor dem Aushärten statt, es entsteht also ein recht heterogenes Endgebinde. Die Festigkeit wird zusätzlich durch große Folienflächen im Beton, die nur ein segmentweises Abbinden erlauben, herabgesetzt.

    [0007] Weltweit werden Verfahren entwickelt, diese Abfälle durch Verbrennen in ihrem Volumen zu verringern und die zurückbleibenden Aschen zu zementieren. Diese Verfahren können jedoch nur dann erfolgreich eingesetzt werden, wenn der Abfall einen geringeren bzw. keinen Polyvinylchlorid (PVC)-Anteil enthält. Die Verbrennung von PVC erzeugt Salzsäure, die nach ihrer Neutralisation, z.B. in Kochsalz überführt, als schwachaktiver Abfall, in Zement eingebettet, endzulagern ist. Da jedoch der Salzgehalt im Zement zur Wahrung der Auslaugbeständigkeit nicht hoch sein darf, ist die gewünschte Reduzierung des Endabfallvolumens für Abfälle, auf die sich diese Erfindung bezieht, nicht zu erreichen. Die Verbrennung der Abfälle zum Zwecke der Endbeseitigung ist daher nicht empfehlenswert.

    [0008] Bei diesem Stand der Technik, der nur unbefriedigende Ergebnisse liefert, stellte sich die Aufgabe, auch derartig schwierige Abfälle einfach und sicher in Zementblöcke einzubringen.

    [0009] Erfindungsgemäß lassen sich die Schwierigkeiten der Zementierung dieser Abfälle umgehen, wenn man die Rohabfälle durch Sortieren vom anorganischen Abfall befreit und den verbleibenden organischen Abfall in einer Zerkleinerungsanlage zermahlt, z.B. auf Korngrößen < 5 mm. Die Korngröße ist so zu wählen, daß die Adhasionskräfte zwischen dem Abfallkorn und dem flüssigen Beton die Auftriebskräfte überwiegen, so daß eine Entmischung trotz geringerer Dichte des Abfalles nicht eintritt. Der zermahlene, sehr gut mit dem Zementbrei vermischbare Abfall wird homogen eingerührt und anschließend in ein Abfallfaß eingefüllt. Danach wird durch Rütteln bei Vakuumunterstützung das Porenvolumen im Zementblock reduziert und damit gleichzeitig die Druckfestigkeit erhöht.

    [0010] Nach dem Aushärten ist dieser Abfall form- und auslaugbeständig und zur Endlagerung geeignet. In den folgenden Ausführungsbeispielen wird das vorgeschlagene Verfahren und die Einrichtungen zum Zementieren näher erläuterte

    [0011] Es ist dabei zweckmäßig, vor dieser Verarbeitung die Rohabfälle durch Sortieren vom anorganischen Abfall zu befreien und diesen nach der Einmischung der organischen Rohabfälle in den Zementbrei nachträglich dort einzubringen.

    [0012] Nach dem Aushärten ist dieser Abfall form- und auslaugbeständig und zur Endlagerung geeignet.

    [0013] Zwei Ausführungsbeispiele dienen nachstehend zur weiteren Erläuterung dieses erfindungsgemäßen Verfahrens:

    Ausführungsbeispiel 1:



    [0014] Der aus den Handschuhkästen einer Fertigungsanlage für Puhaltige Brennelemente stammende Rohabfall mit einem mittleren Pu-Gehalt von etwa 0,1 g/dm3 wird zur Vorbereitung einer sich anschließenden Zerkleinerung zunächst durch Sortierung von nicht zerkleinerbaren anorganischen Beimengungen (Schrotte, Glas u.a.) getrennt. In einem 2-stufigen Mahlverfahren, bestehend aus einer Schneid-und Pralltellermühle wird der Rohabfall auf eine mittlere Korngröße von etwa 0,2 mm zerkleinert. Dadurch verdichtet sich der Rohabfall von ca. 0,2 kg/dm3 auf 0,45 kg/dm3, sein Pu-Anteil steigt um den Faktor 2,5 auf 0,25 g/dm3. Die mittlere absolute Dichte der Kunststoffe im Rohabfall beträgt, bedingt durch den hohen PVC-Gehalt, etwa 1,28 kg/dm3.

    [0015] 60 dm3 dieses rieselfähigen zermahlenen Rohabfalles (27 kg) werden mit 65 dm3 Zement der Dichte 3,2 kg/dm3 und 70 dm3 schwach-kontaminierten Abfallösungen innig mit einem Rührer vermengt und anschließend in ein 200 1-Rollreifenfaß eingefüllt.

    [0016] Vor dem Aushärten wird das Faß auf einen Rütteltisch gestellt und das Zement-Abfall-Gemisch weitgehend porenfrei verdichtet.

    [0017] Nach 24 Stunden ist der Beton ausgehärtet. Die charakteristischen Daten dieses Endabfallgebindes sind:

    [0018] Massenverhältnis Wasser/Zement: 0,3; Abfall/Zement: 0,13 Gesamtvolumen: 170 dm3, Gesamtgewicht: 307 kg Pu-Inventar: 15 g, α-Aktivität: ~ 5 Ci, Dichte des Endabfalles: 1,8 kg/dm3.

    [0019] Dieses 200 1-Faß muß aufgrund der in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Richtlinien zur Endlagerung zusätzlich in eine Betonabschirmung, die das Faß allseitig umhüllt, eingesetzt werden.

    AusfUhrungsbeispiel 2:



    [0020] In einer Schneidmühle wird der organische, vorsortierte Rohabfall bis auf ca. 2 mm Korngröße zerkleinert. 40 kg des Abfalles (89 dm3) mit 10 g Pu, entsprechend 3,4 Ci α-Aktivität, werden mit 90 kg Wasser und 200 kg Zement in einem Intensivmischer innerhalb einer alphadichten Betonierzelle vermischt. Im Zellenboden befindet sich zum Ausschleusen eine rohrförmige Öffnung mit ca. 50 cm Durchmesser, die von außen von einem sehr langen "endlosen" Schlauch, dessen unteres Ende verschweißt ist, alphadicht umschlossen ist. Zur Ausbringung der Abfall/ Zement-Mischung wird ein 200 1-Faß unter die rohrförmige Austrittsöffnung der Zelle gestellt und der endlose Schlauch, der einem Sack gleicht, in das Faß nach der Art einer Faßinnenauskleidung eingeschoben. Zur Beseitigung alphakontaminierter anorganischer Abfälle werden ca. 30 kg metallische bzw. keramische Schrotteile in das ausgekleidete Faß gelegt, bevor die fertige Zement- mischung eingefüllt wird. Zum Abschluß der alphadichten Ausschleusung wird der Kunststoffschlauch abgeschweißt und das gefüllte Faß zur Verdichtung des Betons auf einen Rütteltisch gestellt. Danach wird das Faß verschlossen in ein 400 1-Faß eingesetzt und der Zwischenraum mit Beton vergossen. Nach Aushärtung des Betons ist das Endgebinde endlagerfähig. Die charakteristischen Daten des Endgebindes sind:

    [0021] Massenverhältnis: Wasser/Zement = 0,45; Organischer Abfall/Zement = 0,2; Gesamtvolumen: 190 dm3; Gesamtgewicht: 360 kg; Pu-Inventar: 10 g; α-Aktivität: 3,4 Ci, Anorganischer Abfallanteil: 30 kg.

    [0022] Diese Beispiele zeigen, daß es nunmehr auf relativ einfache Weise möglich ist, auch die hier bei der Kernbrennstabfertigung entstehenden Abfälle, insbesondere solche auch aus Handschuhboxen, wie sie bei der Hantierung mit Plutoniumoxiden Verwendung finden, auf relativ einfache Weise ohne die bisher gefürchteten Auftriebserscheinungen in Zement einzubetten. Es wird dabei, falls auch noch die vorher aussortierten anorganischen Abfallbestandteile mit eingebracht werden sollen, zweckmäßig sein, letztere ebenfalls auf ein solches Maß zu zerkleinern, daß eine vollständige Einbettung und Ummantelung durch den Zementbrei möglich ist.

    [0023] Besonders vorteilhaft ist auch die Verwendung des leicht radioaktiven Wassers für die Zubereitung des Zementbreies, da dieses damit ebenfalls auf diese Weise endlagerfähig gemacht worden ist, ohne daß es noch speziellen Reinigungsvorgängen usw. unterzogen werden müßte.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Endkonditionierung fester radioaktiver, evtl. kernbrennstoffhaltiger Abfälle zur sicheren Handhabung, Transportierung und Endlagerung, dadurch gekennzeichnet , daß die radioaktiven Rohabfälle in fein zerkleinerter Form in ein Zement/ Wasser-Gemisch homogen eingemischt und durch Aushärten der Mischung in einen festen endlagerfähigen Betonblock überführt werden und die Zerkleinerung des Rohabfalles soweit getrieben wird, daß die am einzelnen Partikel angreifenden Adhäsionskräfte im Zementgemisch die Auftriebskräfte aufgrund der Dichteunterschiede zwischen dem Abfall und der Zementmischung überwiegen.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet , daß als Bindewasser neutrale radioaktive Abfallösungen Verwendung finden.
     
    3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß im Zementbrei zusätzlich zum organischen Abfall nicht in diesem Maße zerkleinerbare Abfälle in Metall, Glas und Keramik hohlraumfrei eingebettet werden.