(19)
(11) EP 0 054 867 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
30.06.1982  Patentblatt  1982/26

(21) Anmeldenummer: 81110372.0

(22) Anmeldetag:  11.12.1981
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3B22D 11/124
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE FR GB IT SE

(30) Priorität: 23.12.1980 DE 3048711

(71) Anmelder: Neue Hamburger Stahlwerke GmbH
D-2103 Hamburg 95 (DE)

(72) Erfinder:
  • Rudolph, Günter, Dipl.-Ing.
    D-2155 Jork (DE)
  • Stercken, Karl, Dr.
    D-2107 Rosengarten 2 (DE)
  • Förster, Eckehard, Prof. Dr. Ing.
    D-2105 Seevetal 6 (DE)

(74) Vertreter: Blumbach Weser Bergen Kramer Zwirner Hoffmann Patentanwälte 
Radeckestrasse 43
81245 München
81245 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Kühlen von Strängen beim Stranggiessen von Stahl


    (57) Verfahren zum Kühlen von Strängen beim Stranggiessen von Stahl mit einem Kohlenstoffgehalt von 0,05 bis 1,1 Gew.-%, bei dem zum Erzeugen von Knüppeln mit verringerten Seigerungen in einer ersten Stufe (3) sehr intensiv und in einer zweiten Stufe (4) weniger intensiv gekühlt wird.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Kühlen von Strängen beim Stranggießen von Stahl gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.

    [0002] Bei einer Reihe von Stahlprodukten, z.B. hochkohlenstoffhaltigen Stahldrähten, werden die technologischen Eigenschaften durch Seigerungen fühlbar verschlechtert. Diese Seigerungen können auch bei der heute allgemei.n angewandten Patentierung derartiger Drähte aus der-Walzhitze zur Bildung spröder Phasen an den Seigerungsstellen führen - häufig als "Martensit" bezeichnet - die die Ziehfähigkeit des Drahtes sehr stark herabsetzen.

    [0003] Während sich beim Blockguß die Seigerungen im oberen Drittel des Blockes befinden und durch entsprechendes Schopfen entfernt werden können, verteilen sie sich beim Strangguß über die gesamte Stranglänge und können durch Abschneiden nicht entfernt werden. Ihre negativen Auswirkungen sind beim sogenannten kleinformatigen Strangguß - Abmessungen von 100 bis 140 mm Kantenlänge - größer als beim großformatigen Strangguß - d..h. Vorblockformaten von 200 - 300 mm Kantenlänge -, da die Verformung bis zum fertigen Walzprodukt bei den kleinen Gußformaten geringer ist. Es sind seitens der Fachwelt bereits erhebliche Anstrengungen unternommen worden, die Seigerungen im Strangguß oder ihre negativen Auswirkungen auf das Walzprodukt zu vermindern. Hierbei hat sich allgemein die Auffassung herausgebildet, daß ein sogenanntes globulitisches Gefüge mit geringen Seigerungen, ein dendritisches Gefüge jedoch mit starken Seigerungen verbunden ist. Unter einem globulitischen Gefüge wird hierbei ein Gefüge verstanden, bei dem die Kristalle keine bevorzugte Wachstumsrichtung haben, sondern regellos über den Querschnitt verteilt sind. Fig.1 stellt das Gefüge eines Stranggußknüppels mit einem großen Anteil eines derartigen globulitischen Gefüges dar. Unter einem dendritischen Gefüge wird hingegen ein Gefüge verstanden, bei dem die überwiegende Wachstumsrichtung der Kristalle senkrecht zur Strangoberfläche in das Metall hinein verläuft. Fig. 2 zeigt das Schliffbild eines Stranggußknüppels mit einem großen Anteil dendritischen Gefüges.

    [0004] Wegen der Auffassung, dendritisches Gefüge würde die Seigerungen begünstigen und globulitisches Gefüge vermindern, haben sich die Bemühungen der Fachwelt darauf konzentriert, den Anteil des globulitischen Gefüges zu erhöhen. Zu diesem Zweck sind verschiedene Wege beschritten worden.

    [0005] Eine Entwicklungsrichtung geht dahin, durch Rühren des flüssigen Stahles im erstarrenden Strang die Ausbildung einer dendritischen Struktur zu verhindern und damit Seigerungen zu vermindern (siehe beispielsweise DE-C-17 83 060). Die Rührwirkung wird im allgemeinen durch elektromagnetische Rührvorrichtungen erreicht. In jedem Fall sind aufwendige Vorrichtungen erforderlich.

    [0006] Eine andere Entwicklungsrichtung, globulitisches Gefüge zu erreichen, geht dahin, die Gießtemperatur sehr niedrig zu halten. Hierbei ergeben sich in der Praxis Schwierigkeiten dadurch, daß die Gießdüsen zum Verstopfen neigen.

    [0007] Umfangreiche Untersuchungen mit der Zielsetzung, Seigerungen durch Gießen bei niedrigen Temperaturen oder durch elektromagnetisches Rühren bei Stählen mit 0,3 bis 1,0 % Kohlenstoff zu vermindern, hatten zum Ergebnis, daß zwar eine leichte Verringerung der Seigerungen erreichbar ist, daß diese Verringerung aber nicht ausreicht, um bei der Produktion von Walzdraht aus solchen Stählen eine merkliche Verbesserung der technologischen Eigenschaften zu erzielen. Bei Anwendung des elektromagnetischen Rührens wurde sogar ein häufigeres Auftreten von "Martensit" beobachtet.

    [0008] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, bei einem Stahlstranggießverfahren für Stähle mit einem Kohlenstoffgehalt von 0,05 bis 1,1 Gewichts%, insbesondere mit einem Kohlenstoffgehalt von 0,3 bis 1,0 Gewichts%, Knüppel mit verringerten Seigerungen zu erzeugen, aus denen vorzugsweise Walzdraht mit verbesserten mechanischen und technologischen Eigenschaften hergestellt werden kann. Insbesondere sollen die Verhältnisse beim kleinformatigen Strangguß, d.h. bei Abmessungen bis 140 mm Kantenlänge, verbessert werden. Es soll auch verhindert werden, daß beim Vergüten des aus einem Knüppel gewalzten Walzdrahtes an Seigerungsstellen "Martensit" entsteht.

    [0009] Die Aufgabe wird durch die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1 gelöst. Weitere Merkmale der Erfindung sind den Unteransprüchen zu entnehmen.

    [0010] Es hat sich herausgestellt, daß sich entgegen der herrschenden Meinung insbesondere bei einem Stahl mit einem Kohlenstoffgehalt von 0,3 bis 1 % die Seigerungen erheblich vermindern lassen, wenn innerhalb der angegebenen Grenzen sehr intensiv gekühlt wird. Dieser Effekt ist auch bei hohen Gießtemperaturen und Gießgeschwindigkeiten zu beobachten. Das Ausmaß der Verminderung der Seigerungen reicht aus, um die technologischen Eigenschaften von Walzdraht, der aus einem so erhaltenen Stranggußknüppel hergestellt wird, wesentlich zu verbessern. Auch das Auftreten von "Martensit" an Seigerungsstellen nach dem Vergüten des Walzdrahtes aus der Walzhitze wird entscheidend vermindert.

    [0011] Bei einer sehr intensiven Kühlung besteht die Gefahr, daß an der Oberfläche oder im Innern des Knüppels Risse auftreten. Dieses Problem ist nicht nur von Bedeutung bei Stählen mit einem Kohlenstoffgehalt von 0,3 bis 1Gewichts% sondern auch bei Stählen mit geringerem Kohlenstoffgehalt, wenn zur Erhöhung der Produktivität die Gießgeschwindigkeit und die Intensität der Abkühlung erhöht werden. Das Problem wird durch die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 4 gelöst.

    [0012] Bei einer zweistufigen Kühlung innerhalb der in den Ansprüchen 4 bis 6 angegebenen Grenzen treten keinerlei Risse an der Oberfläche des Knüppels oder im Inneren des Knüppels auf. An der Knüppeloberfläche wird eine sehr feinkörnige Schicht gebildet, die die Anfälligkeit des Knüppels gegen die Bildung von Rissen bei der Walzung herabsetzt. Die in Fig. 3 dargestellte Makroätzung einer geviertelten Knüppelscheibe zeigt diese feinkörnige Schicht, die bei starker Kühlung im Mittel etwa 4 bis 10 mm an den Seitenflächen des Knüppels und bis zu 25 mm an den Knüppelkanten beträgt.

    [0013] Die Erfindung wird anhand von vier Fig. näher erläutert. Es zeigen

    Fig. 1 einen Schwefelabdruck vcm Längsschnitt durch die Mittelachse eines Knüppels mit einem großen Anteil an globulitischem Gefüge;

    Fig. 2 einen Schwefelabdruck vom Längsschnitt durch die Mittelachse eines Knüppels mit einem großen Anteil an dendritischem Gefüge;

    Fig. 3 eine Makroätzung einer geviertelten Knüppelscheibe aus verstärkt gekühltem Material mit feinkörniger globulitischer Randzone;

    Fig. 4 in schematischer Darstellung eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens.



    [0014] Fig. 4 stellt schematisch eine Stahlstranggießvorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens dar. Aus einer Verteilerrinne 1 wird flüssiger Stahl in eine oszillierende gekühlte Stranggießkokille 2 gegossen, in der die Außenhaut während der langsamen Abwärtsbewegung des Metallstrangs erstarrt. Hinter der Kokille sind zwei Kühlstufen 3 und 4 angeordnet, in denen der Strang an seinem gesamten Umfang gleichmäßig mit Wasser angespritzt wird. Der flüssige Sumpf des Metallstrangs ist mit 5, die erstarrte Strangschale mit 6 bezeichnet. Das gesamte ablaufende Spritzwasser wird in einer Sammelleitung 7 gesammelt und einem Wasserbehälter 8 zugeführt. Die Kühlstufen 3 und 4 werden mittels Pumpen 9 und 10 über Leitungen 11 und 12 mit Spritzwasser aus dem Sammelbehälter 8 versorgt. Der Spritzwasser-Sammelleitung 7 ist ein Gerät 13 zum Erfassen der Temperatur TA und des Wasservolumenstromes VA des Abwassers und den Stufen 1 und 2 sind Geräte 14 bzw. 15 zum Erfassen der Wassertemperatur, des Wasservolumenstromes und des Wasserdrucks T1, V1, P1 bzw. T2, V2, P2 am Eingang der betreffenden Stufen zugeordnet. Es sind außerdem nicht dargestellte Steuer- und Regelorgane vorhanden, um die genannten Größen verändern zu können. Die Aufteilung auf die beiden Stufen wird dadurch ermittelt, daß einmal Wasservolumenstrom VA und Temperatur TA des Abwassers bei Betrieb der beiden Stufen 1 und 2 und einmal nur bei Betrieb der Stufe 1 gemessen werden.

    [0015] Bei der üblichen Herstellungsweise von Strangguß im Kohlenstoffbereich von 0,3 - 1,0%,beispielsweise bei einem quadratischen Format von 120 mm Kantenlänge und einer Gießgeschwindigkeit von 2,4 m/min wird der Strang unterhalb der Kokille mit Wasser besprüht bei einem Wasservordruck von üblicherweise 3 bar, maximal jedoch 8 bar, bei einer Wassermenge von etwa 20 - 30 m3/h und Strang.

    [0016] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird durch Erhöhung des Wärmeübergangskoeffizienten durch Intensivierung der Wasserkühlung an der Oberfläche der Knüppel die Kühlung verstärkt. Hierdurch wird eine Verringerung der Seigerungen erreicht.

    [0017] Eine sehr intensive Kühlung führt bekanntlich zur Gefahr von Rissen an der Strangoberfläche. Diese Risse werden dadurch vermieden, daß die sehr intensive Kühlung bei dem genannten Knüppelformat und der genannten Gießgeschwindigkeit von 2,4 m/min auf eine Länge von etwa 2 m unter der Kokille, d.h. auf eine Verweilzeit des Stranges von etwa 40 bis 60 sec begrenzt wird. Es stellt sich dann eine Oberflächentemperatur des Stranges von etwa 650°C bis 950°C ein. In diesem - im folgenden als Stufe 1 bezeichneten - Bereich werden dem Strang etwa 50 Wh/kg - 90 Wh/kg, entsprechend einer Abkühlgeschwindigkeit von etwa 65 Wh/(kg·min) - 100 Wh/(kg.min) entzogen. Im Anschluß an diese sehr intensive Kühlung wird über eine Verweilzeitdes Stranges von etwa 30 bis 50 sec (beim angegebenen Format) mit verringerter Intensität gekühlt. Die entzogene Wärmemenge in diesem - im folgenden als Stufe 2 bezeichneten - Bereich liegt für eine Stranggießanlage mit gebogener Strangführung unter den angegebenen Bedingungen bei 20 Wh/kg - 40 Wh/kg, entsprechend einer Abkühlgeschwindigkeit von 30 Wh/(kg·min) - 60 Wh/(kg.min). Bei einer Stranggießanlage mit gerader Strangführung liegen die Werte für die entzogene Wärmemenge bei 20 Wh/kg - 80 Wh/kg, das heißt etwas höher.

    [0018] Die entzogene Wärmemenge (Wh) ist feststellbar aus der aufgesprühten Wassermenge und ihrer Temperaturerhöhung vom Zu- zum Ablauf, d.h. V1·Cw·(T1-TA) für Stufe 1 und V2·Cw·(T2-TA) für Stufe 2, wobei Cw die spezifische Wärme des Wassers [1,163 Wh/(°C·kg Wasser)] bedeutet. Dieser Wärmemenge ist eine Wärmemenge hinzuzufügen, die durch die Verdampfung von Kühlwasser entzogen wird. Der Rechnung wird zugrunde gelegt, daß 3,5 % des aufgesprühten Wassers verdampfen, wobei zum Aufheizen des verdampften Wassers von 20°C auf 100°C 93 Wh/kg Wasser erforderlich sind und die Verdampfungswärme 627 Wh/kg Wasser beträgt. Neben der durch die Sprühkühlung hervorgerufenen Wärmeabfuhr durch erzwungene Konvektion werden dem Strang weitere Wärmemengen durch Strahlung, freie Konvektion und Wärmeleitung, z.B. an Führungsrollen, entzogen. Die letzten beiden Anteile sind bei einer Knüppelstranggießanlage vernachlässigbar.

    [0019] Der Strahlungsanteil richtet sich nach der Strangoberflächentemperatur und vermindert sich daher mit zunehmender Intensität der Sprühkühlung relativ und absolut. Er beträgt bei der erfindungsgemäß starken Kühlung in der ersten Stufe ca. 6% und in der zweiten Stufe ca. 10% der Gesamtwärmeabfuhr, während er bei üblicher Kühlung bei 15 bis 35% der Gesamtwärmeabfuhr liegt.

    [0020] Vorzugsweise wird die Sprühkühlung in einer geschlossenen Kammer durchgeführt. In diesem Fall wird auch der Strahlungsanteil an der Wärmeabfuhr letztlich über das Kühlwasser abgeführt und ist somit in den aus Wassermenge und Wassertemperaturerhöhung ermittelten Werten enthalten. In diesem Fall ist also zu den über das abgeführte Kühlwasser ermittelten Werten lediglich noch die durch Verdampfung des Kühlwassers entzogene Wärmemenge zu berücksichtigen, die in der Regel zwischen 3,0 und 4,0 % der aufgesprühten Wassermenge liegt.

    [0021] Geht man auf andere Gießgeschwindigkeiten oder auf andere Stranggußformate über, so muß die Kühlung so angepaßt werden, daß die Abkühlgeschwindigkeit in Wh/(kg-min) und die in den beiden Kühlstufen abgeführten Wärmemengen etwa konstant bleiben.

    [0022] Findet ein Richten des Stranges nicht statt, so kann die Stufe 2 verlängert und damit die in dieser Stufe entzogene Wärmemenge erhöht werden.

    [0023] Die hohen, in der ersten Stufe der Sekundärkühlzone entzogenen Wärmemengen werden erreicht, indem gegenüber der üblichen Arbeitsweise der Druck und/oder die Menge des Kühlwassers heraufgesetzt wird. Wirtschaftlich vorteilhaft erscheint ein Vordruck P1 des Kühlwassers von 15 - 30 bar.

    [0024] Das Gefüge des in dieser Art erzeugten Stranggußmaterials hat einen hohen Anteil dendritischer Struktur, etwa entsprechend Fig. 2.

    [0025] Die Randzone der auf diese Art hergestellten Knüppel hat - wie Fig. 3 zeigt - ein außerordentlich feinkörniges "globulitisches" Gefüge. Die Dicke der Randzone beträgt mindestens 4 mm gegenüber üblicherweise 1 mm. Hierdurch wird erreicht, daß die Knüppel wesentlich widerstandsfähiger gegen die Bildung von Rissen bei hohen Beanspruchungen bei der Walzung sind, da das dendritische Gefüge, das empfindlich gegen Aufreissungen an der Korngrenze ist, nicht so weit an die Oberfläche reicht.

    [0026] Walzt man die auf diese Weise hergestellten Stranggußknüppel mit einem Kohlenstoffgehalt von 0,3 - 1 % beispielsweise zu Walzdraht aus, so stellt man fest, daß die Seigerungen wesentlich verringert wurden gegenüber der anfangs beschriebenen bekannten Arbeitsweise. Bei Drähten mit den genannten Kohlenstoffgehalten werden die Seigerungen im Walzdraht üblicherweise nach einer Richtzahl der Firma Bekaert beurteilt. Der durchschnittliche Wert der Richtzahl bei 5,5 mm Draht im genannten Kohlenstoffbereich kann durch die beschriebene Arbeitsweise von etwa 1,1 auf 0,6 herabgesetzt werden. Bei der Vergütung aus der Walzhitze entsteht bei üblichem Mangangehalt des Stahles bis zu 0,9 % und üblicher Abkühlgeschwindigkeit bis zu 15°C/sec auch an den verbliebenen Seigerungsstellen des auf diese Art hergestellten Drahtes kein "Martensit" mehr.

    [0027] Der technische Fortschritt liegt darin, daß auf diese Art aus kleinformatigem Strangguß ein Walzdraht erzeugt werden kann mit geringen Seigerungen, der mit hohen Ziehgeschwindigkeiten verformt werden kann und der nach dem Ziehen bei der sogenannten Biegeprüfung und bei der sogenannten Torsionsprüfung hohe Werte aufweist, d.h. ein gutes plastisches und elastisches Verhalten hat. Dieser Walzdraht kann mit hohen Abkühlgeschwindigkeiten aus der Walzhitze vergütet werden, ohne daß sich die "Martensit" genannte spröde Phase an den Seigerungsstellen bildet.

    [0028] Das Material neigt ferner bei hohen Beanspruchungen bei der Walzung weniger zur Bildung von Rissen an der Oberfläche als normales Stranggußmaterial, wegen der verstärkten globulitischen Randzone.

    [0029] Ausführungsbeispiel:

    [0030] Ein Stahl mit 0,65% C, 0,27% Si, 0,68% Mn, 0,12% P, 0,013% S, 0,05% Cu, 0,02% Cr und 0,01% Mo wurde im Strangguß vergossen. Die Gießtemperatur im Verteiler 1 der Stranggießanlage betrug 1530°C und lag damit 50°C über dem Liquiduspunkt. Der Stahl wurde in einer Stranggießanlage mit gebogener Strangführung zu quadratischen Strängen mit einer Kantenlänge von 120 mm vergossen. Ein Strang dieser Anlage wurde in einer Sekundärkühlzone mit zwei Stufen 3 und 4 gekühlt. Die Gießgeschwindigkeit betrugt 2,5 m/min. Die erste Stufe 3 verstärkter Kühlung erstreckte sich von der Kokille 2 in Gießrichtung des Stranges über eine Länge von 1,9 m, entsprechend einer Verweilzeit des Stranges von 46 sec. Hier wurde der Strang bei einem Vordruck P1 von 22 bar vor den Sprühdüsen mit einer Wassermenge von 31 m3/h gekühlt. Dabei stellt sich an der Strangoberfläche ein Wärmeübergangskoeffizient (durch Konvektion und Strahlung) von 1500 W/(m2·K) bis 1700 W/(mK) ein. Dies entspricht einer Abkühlgeschwinddigkeit von 91 Wh/(kg.min) und einer entzogenen Wärmemenge von 70 Wh/kg. Der Anteil der durch Strahlung entzogenen Wärmemenge beträgt hierbei, gerechnet mit einem Emissionsgrad von ε = 0,8 3,9 Wh/kg, das heißt 5,6%. Darauf folgte eine zweite Stufe 4 mit reduzierter Wasserkühlung einer Länge von 1,6 m entsprechend einer Verweilzeit von 38 sec. Hier lag der Vordruck P2 vor der Düse bei 7 bar und die Wassermenge bei 12 m3/h. Der Wärmeübergangskoeffizient betrug hier 800 w/(m2·K) bis 900 W/(m2·K), die Abkühlgeschwindigkeit 47 Wh/(kg.min) und die entzogene Wärmemenge 30 Wh/kg, mit einem Strahlungsanteil von 2,8 Wh/kg, das heißt 9,4%.

    [0031] In den parallel laufenden Strängen wurden zum Vergleich in einer ersten Stufe in üblicher Weise gekühlt mit einem Wasserdruck von 3 bar und einer Wassermenge von 14 m3/min pro Strang. Diese Wassermenge wurde in einer Sekundärkühlzone bei einer Verweilzeit von ebenfalls 46 sec aufgebracht. Dies entspricht einer Abkühlgeschwindigkeit von 50 Wh/ (kg min) bzw. einer abgeführten Wärmemenge von 38 Wh/kq, mit einem Strahlungsanteil von 9,7 Wh/kg, das heißt 25,5%. Der Wärmeübergangskoeffizient betrug ca. 500 W /(m2·K) bis 700 W /(m2·K).

    [0032] Das Material wurde in einer zweiadrigen Drahtstraße zu 5,5 mm Walzdraht ausgewalzt. Eine Untersuchung des Walzdrahtes im Schliffbild und Bewertung des Schliffes nach der Richtreihe der Firma Bekaert ergab für das gemäß der Erfindung verstärkt gekühlte Material einen Wert von 0,6 und für das in üblicher Weise gekühlte Material einen Wert von 1,4 im Durchschnitt. Während der Draht aus verstärkt gekühlten Knüppeln frei von "Martensit" war, wurden an 12% der Drähte aus normal gekühlten Knüppeln "Martensit" gefunden. Das erfindungsgemäß hergestellte Material hatte eine Zugfestigkeit von 1050 N/mm2 und wurde in einer Drahtzieherei mittels einer 6-stufigen Zugmaschine auf einen Durchmesser von 2,3 mm gezogen. Es hatte danach eine Zugfestigkeit von 1743 N/mm2 und konnte über einen Radius von 7,5 mm 23 mal gebogen werden, während das Vergleichsmaterial nur auf 17 Biegungen kam. Anschließend wurde das Material auf eine Dicke von 1,7 mm in einem Druck kaltgewalzt ohne Zwischenglühung. Bei dem verstärkt gekühlten Material ergaben sich keine Ausfälle, während das normal gekühlte Material nach der Kaltwalzung auf 1,7 mm keine ausreichenden technologischen Eigenschaften mehr aufwies. Der Qualitätsunterschied drückt sich auch darin aus, daß die Gleichmaßdehnung des Bandes aus erfindungsgemäß hergestelltem Material 2,9% betrugt, während sie bei dem Vergleichsmaterial nur 1,8% betrug.

    [0033] Die Seigerungskennzahlen und mechanisch-technologischen Werte der aus diesen Chargen erzeugten Drähte sind sowohl für das stark gekühlte als auch für das Vergleichsmaterial den obenbeschriebenen Werten direkt vergleichbar.

    [0034] Das erfindungsgemäße Verfahren ist insbesondere anwendbar auf einen Stahl der in den Ansprüchen 11 und 12 genannten Zusammensetzung.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Kühlen von Strängen beim Stranggießen von Stahl mit einem Kohlenstoffgehalt von 0,05 bis 1,1 Gewichts% bei dem der aus der Stranggießkokille austretende Strang in einer Sekundärkühlzone mittels einer aufgesprühten Flüssigkeit gekühlt wird, dadurch gekenn- zeichnet, daß einer ersten Stufe (3) in der Sekundärkühlzone eine Wärmemenge von 50 Wh/kg bis 90 Wh/kg entzogen wird, wobei die Kühlung intensiv mit einer Abkühlgeschwindigkeit von 65 Wh/(kg·min) bis 100 Wh/(kg.min) erfolgt.
     
    2. Stranggießverfahren nach Anspruch 1, dadurch ge- kennzeichnet, daß in der ersten Stufe (3) der Sekundärkühlzone eine Wärmemenge von 50 Wh/kg bis 80 Wh/kg entzogen wird.
     
    3. Stranggießverfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet , daß in der ersten Stufe (3) die Abkühlgeschwindigkeit 75 Wh/(kg·min) bis 90 Wh/(kg.min) beträgt.
     
    4. Stranggießverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet , daß in einer sich anschließenden zweiten Stufe (4) eine Wärmemenge von 20 Wh/ kg bis 80 Wh/kg mit einer verringerten Abkühlgeschwindigkeit von 30 Wh/(kg·min) bis 60 Wh/(kg·min) entzogen wird.
     
    5. Stranggießverfahren nach Anspruch 4, dadurch ge- kennzeichnet, daß in der zweiten Stufe (4) der Sekundärkühlzone eine Wärmemenge von 30 Wh/kg bis 60 Wh/kg entzogen wird.
     
    6. Stranggießverfahren nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet , daß in der zweiten Stufe (4) die Abkühlgeschwindigkeit 35 Wh/(kg.min) bis 45 Wh/ (kg·min) beträgt.
     
    7. Stranggießverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet , daß der Wasserdruck vor den Spritzdüsen der ersten Stufe (3) wenigstens 15 bar beträgt.
     
    8. Stranggießverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, gekennzeichnet durch seine Anwendung beim Stahlstranggießen von Knüppeln.
     
    9. Stranggießverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, gekennzeichnet durch seine Anwendung beim Gießen von Stahlsträngen eines runden, ovalen, rechteckigen oder quadratischen Querschnitts von 2500 mm bis 20000 mm2, wobei das Achsenverhältnis bei einem ovalen Querschnitt und das Seitenverhältnis bei einem rechteckigen Querschnitt maximal 2:1 beträgt.
     
    10. Stranggießverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, gekennzeichnet durch seine Anwendung auf einen Stahl mit

    Rest Eisen und übliche Verunreinigungen.
     
    11. Stranggießverfahren nach Anspruch 10, gekenn- zeichnet durch seine Anwendung auf einen Stahl mit

    Rest Eisen und übliche Verunreinigungen.
     
    12. Stranggießverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11 gekennzeichnet durch seine Anwendung auf Stahl eines Kohlenstoffgehalts von 0,4 bis 1 Gewichts%.
     




    Zeichnung
















    Recherchenbericht