(19)
(11) EP 0 069 788 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
19.01.1983  Patentblatt  1983/03

(21) Anmeldenummer: 81105370.1

(22) Anmeldetag:  10.07.1981
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3D04H 1/48
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI LU NL SE

(71) Anmelder: Firma Carl Freudenberg
D-69469 Weinheim (DE)

(72) Erfinder:
  • Föttinger, Walter, Dr.
    D-6940 Weinheim (DE)
  • Fahrbach, Erich, Dr.
    D-6940 Weinheim (DE)
  • Jörder, Kurt
    D-6940 Weinheim-Heiligkreuz (DE)
  • Morweiser, Karl-Heinz
    D-6943 Birkenau (DE)
  • Tecl, Bohuslav
    D-6940 Weinheim (DE)

(74) Vertreter: Weissenfeld-Richters, Helga, Dr. 
Höhnerweg 2
69469 Weinheim
69469 Weinheim (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung eines Vlieskunstleders


    (57) Verfahren zur Herstellung eines Vlieskunstleders, bei dem ein Vlies durch Zusammenfügen von hydrophoben Fasern mit einem Titer von weniger als 2 dtex gebildet und durch Nadeln und Schrumpfen auf ein Raumgewicht von 0,15 bis 0,45 g/cm3 verdichtet wird, bei dem ein wärmesensibei eingestelltes, elastomeres Bindemittel und zusammen mit diesem pulverförmiges Bariumsulfat und eine weitere Substanz mittels einer wässrigen Flüssigkeit eingebracht und gleichmäßig in dem Vlies verteilt werden, wonach dieses der Einwirkung einer erwärmten und angesäuerten Flüssigkeit ausgesetzt wird, um das Bindemittel zu koagulieren und ein Gas aus der weiteren Substanz abzuspalten, wonach das Vlies verfestigt, gewaschen, getrocknet und zur Erzeugung eines Flors auf wenigstens einer Seite überschliffen und abschließend intensiv gewalkt wird.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Vlieskunstleders, bei dem ein Vlies durch Zusammenfügen von Fasern auf trockenem Wege gebildet und durch eine Nadelung und durch Aktivierung von Schrumpfkräften in seiner Struktur verdichtet wird, bei dem ein Bindemittel mit einer wässrigen Trägerflüssigkeit eingebracht und das Vlies anschließend der Einwirkung einer angesäuerten Flüssigkeit ausgesetzt, getrocknet und fertigbehandelt wird.

    [0002] Ein solches Verfahren wird in DE-OS 19 17 457 beschrieben. Dabei wird das durch Nadeln verdichtete Vlies aus schrumpffähigen Polyvinyl-Alkohol-Fasern durch Eintauchen in erwärmtes Wasser einem Schrumpfungsprozeß unterworfen und nacheinander oder gleichzeitig mit einem wasserlöslichen Kunstharz und mit einer wässrigen Polyvinyl-Alkohol-Lösung behandelt. Der Polyvinyl-Alkchol wird anschließend koaguliert und beim Eintauchen des Vlieses in eine angesäuerte Formalin-Lösung vernetzt, während das wasserlösliche Kunstharz zumindest teilweise aus dem Vlies entfernt wird, was allerdings einen größeren Zeitaufwand erfordert. Eine zügige Durchführung des Verfahrens ist aus diesem Grunde nicht möglich, und es ergeben sich erhebliche Abwasserprobleme. Die erhaltenen Produkte zeichnen sich nur durch eine geringe mechanische Widerstandsfähigkeit aus und eignen sich nicht für höherwertige Anwendungen.

    [0003] In DE-OS 19 05 551 wird ein geschmeidiges, insbesondere als Rohmaterial für die Herstellung von Kunstleder geeignetes Plattenmaterial beschrieben, das aus einem genadelten und geschrumpften Vlies aus PVA-Fasern mit einem Titer von 0,5 bis 2,5 den besteht, deren Zwischenräume einen nicht an den Fasern haftenden, polymeren Füllstoff enthalten, der über die Zwischenräume zwischen den Fasern weitgehend zusammenhängt, sowie gegebenenfalls ein Schleifpulver. Dieses Material hat wegen seiner großen Feuchtigkeits-Absorptionsfähigkeit nur eine geringe Dimensionsbeständigkeit. Griff- und Drapierfähigkeit unterscheiden sich wesentlich von den entsprechenden Eigenschaften des natürlichen Leders, weshalb in einem solchen Material kein echter Ersatz für natürliches Leder gesehen werden kann.

    [0004] Aus DE-OS 28 56 091 sind genadelte und hitzeverschweißte Vliese aus Mehrkamponentenfsern des Matrix-Segment-Typs bekannt, die durch eine erwärmmgsbedingte Einschrunpfung der Matrix-Fasern zu Teilfasern mit einem Titer zwischen 0,1 und 20 dtex aufgespalten sind. Ein solches Flächengebilde weist nur eine geringe mechanische Festigkeit md keine lederähnlichen Eigenschaften auf.

    [0005] In DE-AS 20 34 195 wird ein Verfahren zur Herstellung eines Kunstleders beschrieben, bei dem Verbundfasern mit einer Einbett- und einer Inselkonponente zu einem Vliesstoff vereinigt und durch eine Nadelung in ihrer Raumstruktur verdichtet werden, bei dem der so erhaltene Vliesstoff zunächst mit einer wasserlöslichen, hochpolymeren Substanz imprägniert wird, wonach die Einbettkomponente durch Behandlung mit ihrem Lösungsmittel aus dem imprägnierten Vliesstoff entfernt wird. Die Bündel der verbleibenden Inselkcmponenten werden dadurch aus der Bindung durch die wasserlösliche, hochpolymere Substanz befreit, und der die Bündel der Inselkomponenten enthaltende Vliesstoff wird mit einer elastischen, hochpolymeren Substanz imprägniert und verfestigt. Im Anschluß wird die wasserlösliche, hochpolynere Substanz ausgewaschen, der Vliesstoff wird parallel zur Cberfläche in zwei Stücke geschnitten, und .die so erhaltene Fläche mit Schmirgelpapier gerauht, um einen gleichmäßigen und dichten Flor zu erhalten. Das Verfahren ist kompliziert und aufwendig in der praktischen Anwendung. Die benötigten, erheblichen Mengen an organischen Lösungsmitteln lassen sich außerdem nur schwierig beseitigen, und können eine große Umweltbelastung bedingen.

    [0006] Es ergibt sich damit zusammenfassend, daß den aus dem Stande der Technik bekannten Verfahren zur Herstellung von Vlieskunstledern in der praktischen Anwendung enge Grenzen gesetzt sind. Diese bestehen einerseits vor allem darin, daß trotz der Verwendung von im übrigen in der Vliesstoffproduktion ungebräuchlichen bzw. unbrauchbaren, kostspieligen Anlagen nur sehr kleine Produktionsraten erzielt werden können. Dadurch kann die wirtschaftliche Anwendung entsprechender Verfahren gefährdet werden.

    [0007] Andererseits werden-die Grenzen der Anwendung bestimmter Verfahren durch die eng spezifizierten Eigenschaften der erhaltenen Produkte bestimmt. Diese weisen beispielsweise häufig eine nur sehr schlechte Lichtechtheit auf, einen spröden Griff sowie eine schlechte Drapierfähigkeit neben einer unbefriedigenden Atmungsaktivität und/oder Abriebfestigkeit. Beispielsweise eine Anwendung als Bezugsstoff für einen Autositz oder in bezug auf die Her- stellung von Oberbekleidung ist in diesen Fällen zumindest problematisch.

    [0008] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Erzeugung eines hochwertigen Vlieskunstleders zu entwickeln, das die genannten Schwierigkeiten überwindet. Insbesondere soll das Verfahren bei Verwendung der in der Vliesstoffproduktion gebräuchlichen Produktionsanlagen hohe Produktionsraten ermöglichen sowie zu Produkten führen, die sich bei einem attraktiven, wildlederähnlichen Aussehen durch einen weichen Fall bei guter Lichtechtheit, guter Atmungsaktivität und guter Abriebbeständigkeit auszeichnen. Die Produkte sollen in einer üblichen Haushaltswaschmaschine was chbarsein und die genannten Eigenschaften nach wenigstens 50 Wäschen bei einer Temperatur von 50° C noch im wesentlichen unverändert aufweisen. Darüberminaus sollen sie auch beständig gegenüber allen in der Chemischreinigung verwendeten Lösungmitteln sein, wie Benzin, Perchloräthylen und fluorierten Lösungsmitteln.

    [0009] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß bei einem Verfahren der eingangs genannten Art mit den kennzeichnenden Merkmalen des Patentanspruchs 1 gelöst. Auf vorteilhafte Ausgestaltungen nehmen die Ansprüche 2 bis 23 Bezug.

    [0010] Bei dem erfindungsgemäß vorgeschlagenen Verfahren wird zunächst ein Vlies gebildet und durch intensives Nadeln und Schrumpfen auf ein Raumgewicht von 0,15 bis 0,45 g/cm3 verdichtet. Die Fasern sollen aus einem hydrophoben Werkstoff bestehen und einen Titer von weniger als 2 dtex haben, um eine Faserstruktur von möglichst großer Feinheit zu erhalten. Demgegenüber sind dem Faserdurdmesser nach unten lediglich durch die Verfügbarkeit bzw. durch die Verarbeitbarkeit Grenzen gesetzt. Fasertiter von 0,2 bis 1,7 dtex werden bevorzugt.

    [0011] Die Fasern können nach den gebräuchlichen Methoden zu einem Flächengebilde vereint werden, beispielsweise unter Zuhilfenahme einer Krempelanlage oder eines Rando-Webbers. Die Länge der Fasern soll wenigstens 10 mm betragen, vorteilhaft wenigstens 20 mm. Die Verwendung von endlosen Fasern ist ohne weiteres möglich, setzt aber die Anwendung einer entsprechenden Spinneinrichtung voraus.

    [0012] Die Fasern sollen ohne eine besondere Richtungsbevorzugung zu dem Vlies vereint werden, un Richtungseffekte hinsichtlich der Biegeelastizität zu vermeiden. Sie werden durch die intensive Nadelung zu einem erheblichen Teil in einer Richtung senkrecht zur Oberfläche des Vlieses umgelagert und miteinander verschlungen, wodurch das Vlies eine gute Eigenfestigkeit erhält. Identische Eigenschaften beider Oberflächen lassen sich durch beidseitiges Nadeln erzielen. Auch in bezug auf ein neutrales Biegeverhalten in beiden Richtungen ist ein beidseitiges Nadeln von Vorteil.

    [0013] Der Durchmesser der einzelnen Fasern kann identisch sein oder innerhalb des angegebenen Bereiches variieren. Im letztgenannten Falle werden die Verhältnisse im natürlichen Leder weitgehend imitiert und es resultiert ein Produkt mit besonders lederartig erscheinendem Fall und Griff.

    [0014] Die Fasem sollen aus einem hydrophoben Werkstoff bestehen und erfahren dadurch bei einer Beaufschlagung mit Feuchtigkeit keine nennenswerte Formveränderung. Als besonders geeignet hat sich die Verwendung von Fasern aus Polyamid und Polyester erwiesen.

    [0015] Zur Verbesserung des gegenseitigen Zusammenhaltes der Fasern nach der Nadelung ist es erwünscht, daß zumindest ein Teil der Fasern schrumpffähig ist. Bei Verwendung von Polyamidfasern und/oder Polyesterfasern mit einem Titer von 0,6 bis 0,9 werden die günstigsten Eigenschaften erhalten bei Zumischung von 20 % Polyester-Hochschrumpffasern mit einem Titer vcn 1,7 dtex.

    [0016] Nach der Verdichtung wird das Vlies mit einem Bindemittel imprägniert, dem pulverförmiges Bariumsulfat und eine weitere Substanz zugesetzt ist, aus der sich durch die Einwirkung der angesäuerten Flüssigkeit ein Gas abspaltet, während das Bindemittel koaguliert. Die sich innerhalb des Vlieses bildenden Gasblasen und das koagulierende Bindemittel sind gleichmäßig durchmischt, wodurch eine lose zusammenhängende, offenporige Bindemittelstruktur innerhalb des Vlieses erhalten wird. Diese hat im eigentlichen Sinne keine große Eigenstabilität, führt aber durch die Einlagerung in die enge Porenstruktur des genadelten und geschrumpften Vlieses zu einer wirkungsvollen Steigerung der Festigkeitseigenschaften.

    [0017] Das pulverförmige Bariumsulfat ist in diesen mehr oder weniger losen Verband aus Fasern und schaumförmigem Bindemittel einbe- zogen, und bewirkt durch seine gleichmäßige Verteilung über den gesamten Querschnitt des Vlieses eine Stabilisierung der gesamten Struktur. Die Cberflächenhärte erfährt neben einer Verminderung der Zusammendrückbarkeit des Querschnittes eine deutliche Steigerung, wodurch die Florbildung beim abschließenden Überschleifen begünstigt wird.

    [0018] Als Bindemittel kommen ausschließlich elastisch nachgiebige Substanzen zur Anwendung, vorzugsweise in einer wässrigen Trägerflüssigkeit suspendierte, elastomere Werkstoffe. Diese werden durch Zugabe entsprechender Sensibilisierungsmittel so eingestellt, daß bei Beginn der Einwirkung der angesäuerten Flüssigkeit parallel zu der eintretenden Gasentwicklung eine spontane Koagulation eintritt. Die Koagulation kann gegebenenfalls durch Zugabe von Salzen, die mehrwertige Icnen bilden, zu der angesäuerten Flüssigkeit beschleunigt und/oder intensiviert werden, Wie z.B. Kalziumchlorid oder Aluminiumsulfat. Das Bindemittel wird dadurch an einer weiteren Verlagerung gehindert und ist gleichmäßig über den gesamten Querschnitt verteilt. Es wird nach der Entfernung des diffusen Restwassers durch Trocknung in üblicher Weise vernetzt, vorzugsweise durch eine vorübergehende Erwärmung auf eine Temperatur von 120 bis 170° C. Ein Abquetschen oder Auspressen des diffusen Restwassers muß unter allen Umständen vermieden werden.

    [0019] Das nach der Verfestigung ein- oder beidseitig überschliffene Vlies läßt sich durch eine intensive Walkbeanspruchung in seiner Weichheit weiter verbessern. Geeignet sind diesbezüglich alle bekannten Verfahren, die geeignet sind, den Zusammenhalt der in dem Vlies enthaltenen, schaumförmigen Bindemittelschicht weitgehend zu zerstören. Ein nur teilweises Zerbrechen dieser Schicht in einem gegenseitigen Abstand von beispielsweise mshr als einem Zentimeter führt nur zu einem unbefriedigenden Ergebnis und insbesondere zu einem erneuten Ansteigen der Biegefestigkeit innerhalb weniger Wochen.

    [0020] Die in dem Vlies anschließend noch enthaltenen Säurereste, Koagulations- und Dispergierhilfsmittel können in einem anschließenden Waschvorgang mit klarem Wasser bei einer Temperatur von 50 C entfernt und gegebenenfalls einer erneuten Verwendung zugeführt werden. Nach der abschließenden Trocknung lassen sich das Aussehen und die Eigenschaften des fertigen Vlieskunstleders durch Anwendung an sich bekannter Veredelungsmaßnahmen weiter verbessern. Die Feinheit des Aussehens der velourartigen Oberfläche läßt sich beispielsweise durch leichtes Überschleifen und anschließendes Ausbürsten weiter erhöhen. Die schmutzabweisenden Eigenschaften und der lederartige Griff lassen sich durch Inprägnieren bzw. durch Einsprühen mit einem Silikon oder fluorierten organischen Verbindungen weiter verbessern.

    [0021] Die Einfärbung des Vlieskunstleders kann unter Beachtung der bekannten Regeln in allen gewünschten Verfahrensstufen vorgenomnen werden. In Fällen, in denen verschiedenartige Fasern und gegebenenfalls das Bindemittel unterschiedlich auf bestimmte Farbstoffe reagieren, hat es sich als vorteilhaft bewährt, das noch nicht mit dem Bindemittel imprägnierte Vlies vorzufärben und ein ein entsprechendes Pigment enthaltenes Bindemittel zu verwenden.

    [0022] Die Verarbeitung feinster Fasern kann auf üblichen Krempelanlagen in bestimmten Fällen zu Schwierigkeiten führen. Für diese Fälle wird gemäß der Erfindung vorgeschlagen, die Fasern zur erleichterten Bildung des Vlieses zu Strängen aus mehreren Fasern zusammenzufassen und den Zusammenhalt der Stränge durch das Nadeln und/oder durch Schrumpfen wieder zu zerstören. Besonders vorteilhaft ist es, wenn die Stränge nur zu einem Teil aus schrumpffähigen Fasern bestehen, weil sich in diesem Falle während des Schrumpfens eine selbsttätige Fibrillierung und Auflösung des gesamten Stranges ergibt. Entsprechende Fasern werden beispielsweise in DE-CS 28 56 091 beschrieben.

    [0023] Durch die Schrumpfung der Fasern soll sich keine wesentliche Veränderung der Dicke des Vlieses ergeben. Der Anteil an Schrumpffasern soll deshalb den Bereich von 20 bis 30 % nicht überschreiten.

    [0024] Die Schrumpfung kann im Anschluß an das Nadeln durch eine Erwärmung des Vlieses bewirkt werden, vorzugsweise durch Einbringen des Vlieses in eine auf eine Temperatur vcn 50 bis 99°C erwärmte Flüssigkeit, beispielsweise in Wasser. Dabei kann das Vlies zugleich mit einem Trennmittel imprägniert werden, beispielsweise mit einem Silikon oder Paraffin, um ein Anbacken des später eingebrachten Bindemittels an die Fasern zu verhindern. (Schrunpfen und Aufbringen des Trennmittels können selbstverständlich auch in getrennten Arbeitsgängen vorgenommen werden).

    [0025] Von den zur Verfügung stehenden Bindemitteln auf elastomerer Basis sind zur Verfestigung des Vlieses vor allem die Polyacrylate geeignet sowie auch gegebenenfalls Polyurethane. Diese werden in suspendierter Form eingesetzt und auf eine solche Viskosität eingestellt, daß sich eine Trockenaufnahme des Bindemittels ergibt, die identisch ist mit dem Gewicht der inprägnierten Fasermasse des Vlieses einschließlich einer zulässigen Abweichung von± 25 %. Die Polyacrylatdispersion kann mit einem inneren Trennmittel versehen sein, um ein gegenseitiges Verkleben der Bindemittelpartikel während der Koagulation zu verhindern. Das Bindemittel liegt dadurch im fertigen Vlieskunstleder in Form einer sogenannten Kaviarstruktur vor. Überraschenderweise führt die Verwendung eines solchen inneren Trennmittels, beispielsweise einer Silikondispersion, nicht zu einer nennenswerten Verschlechterung der Festigkeit.

    [0026] Zusammen mit dem Bindemittel wird dem Vlies als weitere Substanz ein wasserunlösliches und/oder ein ganz und/oder ein teilweise wasserlösliches Carbonat zugesetzt. Aus dieser Substanz wird beim anschließenden Behandeln des Vlieses mit einer angesäuerten Flüssigkeit Kohlendioxydgas abgespalten und bewirkt eine weitere Auflockerung der im inneren des Vlieses vorliegenden Bindemittelzusammenlagerung. Neben einer Verbesserung der Weichheit läßt sich hierdurch die Atmungsaktivetät entscheidend verbessern. Feste Substanzen müssen fertiggemahlen werden, um eine feine und gleichmäßige Verteilung zu gewährleisten.

    [0027] Als wasserunlösliche Carbonate konmen vor allem Magnesium-, Calcium- und/oder Bariumcarbonat in fein verteilter Pulverform in Betracht. Als teilweise wasserlösliches Carbonat Natrium-Bicarbonat, als wasserlösliches Natrium- und/oder Kaliumcarbonat. Die unlöslichen Substanzen haben den Vorteil einer gezielten Anlagerung des einzelnen Partikels an die suspendierten Bindemittelpartikel, die wasserlöslichen Substanzen hingegen den Vorteil einer besseren Durchdringung des nur sehr feine Poren aufweisenden, genadelten und geschrumpften Vlieses. Mengenmäßig soll der zugesetzte Carbonatanteil, bezogen auf das Trockengewicht des Bindemittels, von 0,5 bis 10 % betragen.

    [0028] In bezug auf eine dauerhafte und befriedigende Weichheit ist es von wesentlicher Bedeutung, daß das abschließende Walken des fertigen Produktes mit besonderer Intensität vorgenommen wird. Es wurde gefunden, daß hierfür am besten eine Zylinderwalkmaschine geeignet ist, von der das fertige Vlies gegen einen Klappendruck von 0,5 bis 5 kp in die zugehörige Stauchkammer eingepresst wird. Entsprechende Anlagen wurden bisher nicht für die Behandlung flächiger Textilprodukte aus synthetischen Fasern eingesetzt, bewirken jedoch überraschender Weise eine hochgradige Weichheit der behandelten Vlieskunstleder. Im Anschluß kann das Vlies gewaschen und in einem Spannrahmen geglättet werden, um die entstandenen Falten wieder zu beseitigen.

    [0029] Griff, Aussehen und Empfindlichkeit lassen sich durch abschließendes, feines Überschleifen, Bürsten und Behandlung mit den üblichen Textilausrüstungsmitteln im gewünschten Maße verbessern, beispielsweise in Anpassung an bestimmte Verwendungszwecke. In jedem Falle ist das erhaltene Vlieskunstleder ausgezeichnet geeignet für kritische Anwendungsfälle, beispielsweise für die Herstellung von Damenkleidern, Mänteln, Jacken oder die Bezüge von Autopolstern. Für alle diese Anwendungsfälle ist die Vers chmutzungsunempfindli chkeit in Verbindung mit der ausgezeichneten Atmungsaktivetät, Weichheit, Abriebfestigkeit und Lichtechtheit von besonderer Bedeutung. Das erfindungsgemäße Vlieskunstleder vereint insofern in sich zahlreiche Vorteile der höchsten Qualitätsstufe natürlichen Leders mit Vorteilen, die von Naturprodukten nicht erwartet werden können.

    [0030] Anhand der nachfolgenden Beispiele wird die Erfindung näher erläutert:

    Beispiel 1



    [0031] Mit Hilfe von Krempeln und Querlegern wurde ein multidirektionales Vlies aus der folgenden Faserzusammensetzung gelegt:

    20 % Hochschrumpf-polyester 1,7 dtex/51 mm

    80 % Polyester 0,9 dtex/38 mm


    und anschließend durch Nadeln auf eine Dichte von 0,13 g/cm2 und eine Dicke von 1 mm gebracht. Anschließend wird das Vlies in eine auf 95° erwärmte Paraffindispersion gebracht, die einen Paraffingehalt von 5 % aufweist. Das Vlies schrumpft spontan um linear 19 %, die Dicke erhöht sich um 10 % auf 1,1 mm. Dies entspricht einer Zunahme der Dichte des Faservlieses auf 0,21 g/cm2. Das Vlies wird nach dem Schrumpfen auf eine Naßaufnahme von 200 % abgequetscht und getrocknet.

    [0032] Anschließend wird das Material mit einer wässrigen Flüssigkeit folgender Zusammensetzung imprägniert:





    [0033] Die Naßaufnahne nich dem Abquetschen beträgt 350 %.

    [0034] Das imprägnierte und abgequetschte Material wird in ein Fällbad gebracht, das aus einer Lösung von

    2 % Maleinsäure und

    3 % Aluminiumsulfat



    [0035] in Wasser besteht, das eine Temperatur von 90° C aufweist. Unter Aufschäumen tritt spontan die Koagulation ein.

    [0036] Anschließend wird das Material bei einer Tenperatur von 160 C getrocknet und kondensiert.

    [0037] Im nächsten Schritt wird das Material beidseitig so geschliffen, daß eine Dicke von 0,9 mm resultiert.

    [0038] Anschließend wird das Material in einer handelsüblichen Zylinderwalkmaschine 2 Stunden bei einem Klappendruck von 1,1 kp/cm2 intensiv gewalkt.

    [0039] Das Material wird nun gewaschen und mit Dispersionsfarbstoff in einem HT-Färbeapparat bei 130° C gefärbt und anschließend naß-in-naß mit einer handelsüblichen Fleckschutzausrüstung auf Fluorkohlenstoff-Basis inprägniert.

    [0040] Anschließend wird in einem Spannrahmen bei 110 C getrocknet. Zum Abschluß wird das Material nochmals einseitig-überschliffen, wobei es eine Dicke von 0,8 mm erhält, und auf der nachgeschliffenen Seite gebürstet.

    [0041] Man erhält ein sehr weiches, drapierfähiges Material mit einem angenehmen Lüster und einer hohen Wasserdampfdurchlässigkeit, das sich besonders für die Anwendung in Automobil-Polstern eignet.

    Beispiel 2



    [0042] Mit Hilfe von Krempeln und Querlegern wird ein multidirektionales Vlies gebildet und durch Nadeln verfestigt, das zu 100 % aus Stapelfasern des folgenden. Typs besteht:

    Matrix-Segment-Faser vom Titer 1,8 dtex/40 mm aus 80 Gew. % PES-Hochschrumpf (6 Secgmente) und 20 Gew. % Nylon 6 (Matrix), gemäß OS 28 56 091.



    [0043] Das Vlies hat nach dem Nadeln ein Flächengewicht von 140 g/m2 und eine Dicke von 1,05 mm.

    [0044] Das genadelte Vlies wird mit Methylenchlorid bei 30° C behandelt, wobei es durch den spontanen Schrumpfprozeß ein Flächengewicht von 230 g/m2 und eine Dicke von 1,15 mm erhält. Gleichzeitig tritt die Fibrillierung ein.

    [0045] Das geschrumpfte Vlies wird nun in einem HT-Färbeapparat mit Dispersionsfarbstoff gefärbt.

    [0046] Anschließend wird naß-in-naß mit einer Silikonöl-Emulsion inprägniert und getrocknet, so daß das gefärbte Nadelvlies eine Silikonauflage von 5 Gew. % erhält.

    [0047] Anschließend wird das Material mit einer Imprägniermischung folgender Zusammensetzung getränkt:



    [0048] Die Naßaufnahme nach dem Abquetschen beträgt 310 %.

    [0049] Das imprägnierte und abgequetschte Material wird in ein Fällbad gebracht, das aus einer Lösung von

    2 % Maleinsäure und

    4 % Calcimchlorid in



    [0050] Wasser besteht, die eine Tenperatur von 96° aufweist.

    [0051] Unter Aufschäumen tritt spontan die Koagulation ein.

    [0052] Anschließend wird das Material bei einer Temperatur von 130° C getrocknet und kondensiert.

    [0053] Das getrocknete und kondensierte Material wird durch beidseitiges Schleifen auf eine Dicke von 0,95 mm gebracht.

    [0054] Das geschliffene Material wird in einer Zylinderwalkmaschine 3 Stunden bei einem Klappendruck von 2,5 kp intensiv gewalkt. Sofort anschließend wird das Material in einer Düsenwaschmaschin gewaschen und dann im Ausziehverfahren mit einer kationischen Silikcndispersion imprägniert.

    [0055] Nun wird das Material im Spannrahmen bei 110 C getrocknet.

    [0056] Schließlich wird das Material durch beidseitiges Überschleifen auf eine Dicke von 0,90 mm gebracht, und durch Bürsten werden Flor und Lüster optimiert.

    [0057] Das Material ist extrem weich und drapierfähig und ist in Aussehen und Griff von echtem Ziegenleder kaum zu unterscheiden. Es eignet sich daher ganz besonders für die Herstellung von Damenbekleodimg. Es hat gegenüber dem Naturprodukt den Vorteil, daß es ohne merkliche Veränderung in Griff und Aussehen sowohl gewaschen als auch chemisch gereinigt werden kann.

    [0058] Die Bestimmung des Fallvermögens nach DIN 54 306-79 ergibt einen Fallkoeffizienten von 39 %.

    Beispiel 3



    [0059] Es wird ein Material in gleicher Weise hergestellt wie in Beispiel 2, mit dem einzigen Unterschied, daß kein Walkprozeß durchgeführt wird.

    [0060] Der Fallkoeffizient beträgt 46 %.

    Beispiel 4



    [0061] Es wird ein Material in gleicher Weise hergestellt wie in Beispiel 2, jedoch mit dem Unterschied, daß die folgende Imprägniermischung verwendet wird:



    [0062] Der Fallkoeffizient beträgt bei dem so hergestellten Material 53 %.

    Beispiel 5



    [0063] Es wird ein Material in gleicher Weise hergestellt wie in Beispiel 2, jedoch mit dem Unterschied, daß die folgende Imprägniermischung verwendet wird:



    [0064] Der Fallkceffizient beträgt bei dem so hergestellten Material 70 %.

    Beispiel 6



    [0065] Es wird ein Material in gleicher Weise hergestellt wie in Beispiel 5, jedoch mit dem Unterschied, daß die Imprägnierung des gefärbten Nadelvlieses mit Silikon entfällt.

    [0066] Der Fallkceffizient beträgt 77 %.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung eines Vlieskunstleders, bei dem ein Vlies durch Zusammenfügen von Fasern auf trockenem Wege gebildet und durch eine Nadelung und durch Aktivierung von Schrumpfräften in seiner Struktur verdichtet wird, bei dem ein koagulierbar eingestelltes Bindemittel mit einer wässrigen Tägerflüssigkeit eingebracht und das Vlies anschließend der Einwirkung einer angesäuerten Flüssigkeit ausgesetzt, getrocknet und fertigbehandelt wird, dadurch gekennzeichnet, daß das Vlies aus hydrophoben Fasern mit einem Titer von weniger als 2 dtex gebildet und durch das Nadeln und Schrumpfen auf ein Raumgewicht von 0,15 bis 0,45 g/cm3 verdichtet wird, daß ein elastomeres Bindemittel verwendet wird und daß zusammen mit diesem pulverförmiges Bariumsulfat und eine weitere Substanz eingebracht und gleichmäßig in dem Vlies verteilt wird, aus der sich unter Einwirkung der angesäuerten und auf eine Temperatur oberhalb der Koagulationstemperatur des Bindemittels erwärmten Flüssigkeit ein Gas abspaltet, während das Bindemittel koaguliert, und daß das Vlies nach der Verfestigung des Bindemittels gewaschen, getrocknet und zur Erzeugung seines Flors auf wenigstens einer Seite überschliffen und abschließend intensiv gewalkt wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Vlies aus schrumpfenden und aus nicht schrumpfenden Fasern gebildet wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß 15 bis 30 %, bezogen auf das Gewicht der Fasermasse, schrupffähige Fasern eingemischt werden.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Fasern zur erleichterten Bildung des Vlieses zu Strängen aus mehreren Fasern zusamnangefasst werden und daß der Zusammenhalt der Stränge durch das Nadeln und/oder das Schrumpfen zerstört wird.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß das Schrumpfen im Anschluß an das Nadeln durch eine Erwärmung des Vlieses bewirkt wird.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß das Vlies zur Erwärmung in eine Flüssigkeit mit einer Temperatur von 50 bis 99° C eingetaucht wird.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Vlies während des Eintauchens in die Flüssigkeit mit einem Trennmittel imprägniert wird.
     
    8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß als Trennmittel Silikon verwendet wird.
     
    9. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß als Trennmittel Paraffin verwendet wird.
     
    10. Verfahren nach Anspruch 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß als Bindemittel eine Polyacrylatsuspension verwendet wird und daß die Viskosität so eingestellt wird, daß das von dem Vlies aufgenommene Trockengewicht identisch ist mit der Fasermasse einschließlich einer zulässigen Abweichung von± 50 %.
     
    11. Verfahren nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, daß die Polyacrylatsuspension teilweise oder ganz durch eine Polyurethansuspension ersetzt wird.
     
    12. Verfahren nach Anspruch 10 und 11, dadurch gekennzeichnet, daß in die Suspension ein inneres Trennmittel eingemischt wird.
     
    13. Verfahren nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, daß als inneres Trennmittel eine Silikondispersion verwendet wird.
     
    14. Verfahren nach Anspruch 1 bis 13, dadurch gekennzeichnet, daß dem Bindemittel als weitere Substanz ein wasserunlösliches und/ oder ein ganz und/oder ein teilweise wasserlösliches Carbonat zugesetzt wird.
     
    15. Verfahren nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, daß als wasserunlösliches Carbonat Magnesium-, Calcium- und/oder Bariumcarbonat in feinverteilter Form eingemischt wird.
     
    16. Verfahren nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, daß als teilweise wasserlösliche Substanz Natrium-Bicarbonat und/oder Lithiumcarbonat zugesetzt wird.
     
    17. Verfahren nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, daß als wasserlösliches Carbonat ein Natrium- und/oder Kaliumcarbonat und/oder Ammoniumcarbonat zugesetzt wird.
     
    18. Verfahren nach Anspruch 14 bis 17, dadurch gekennzeichnet, daß so viel Carbonat zugesetzt wird, daß das Volumen des durch die angesäuerte Flüssigkeit freigesetzten Gases wenigstens dem Volumen des Bindemittels entspricht.
     
    19. Verfahren nach Anspruch 1 bis 18, dadurch gekennzeichnet, daß das Walken auf einer Zylinderwalkmaschine vorgenomrren wird.
     
    20. Verfahren nach Anspruch 19, dadurch gekennzeichnet, daß das Vlies von der Zylinderwalkmaschine gegen einen Klappendruck von 0,5 bis 5 kp in die Stauchkammer eingepreßt wird, vorzugsweise O, 8 bis 3 kp.
     
    21. Verfahren nach Anspruch 19 bis 20, dadurch gekennzeichnet, daß das Vlies im Anschluß an das Walken in einem Spannrahmen geglättet wird.
     
    22. Verfahren nach Anspruch 1 bis 21, dadurch gekennzeichnet, daß das Vlies nach dem Walken feingeschliffen, gebürstet und/oder mit Textilausrüstungsmitteln veredelt wird.
     
    23. Verfahren nach Anspruch 22, dadurch gekennzeichnet, daß als Textilausrüstungsmittel ein Harz, Paraffin, Silikon und/oder eine Fluor enthaltende Stoffverbindung verwendet wird, um den Griff zu verbessern und schmutzabweisende Effekte zu erzielen.
     





    Recherchenbericht