(19)
(11) EP 0 085 828 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
17.08.1983  Patentblatt  1983/33

(21) Anmeldenummer: 83100080.7

(22) Anmeldetag:  07.01.1983
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C22C 38/12, C21D 9/30
(84) Benannte Vertragsstaaten:
FR GB NL

(30) Priorität: 16.01.1982 DE 3201204

(71) Anmelder: MAN B & W Diesel Aktiengesellschaft
86135 Augsburg (DE)

(72) Erfinder:
  • Sommer, Richard
    D-8900 Augsburg (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verwendung eines Kohlenstoff-Mangan-Stahles für Bauteile mit hoher Festigkeit und Zähigkeit bei einfacher Wärmebehandlung


    (57) Als Werkstoff für Bauteile mit einem Querschnitt ab etwa 40 cm2, die nach einem Warmumformen durch Walzen, Schmieden oder Pressen bei Endverformungstemperaturen oder Glühtemperaturen bis zu etwa 1000°C und anschließendem Abkühlen in ruhender oder bewegter Luft, gegebenenfalls nach gesteuerter Abkühlung ein ferritischperlitisches Gefüge mit etwa 5 bis 20 % Ferrit, Rest Perlit und eine Streck-oder 0,2-Grenze von mindestens 580 N/mm2 und eine Kerbschlagarbeit gemessen an ISO-U-Proben von mindestens 25 J aufweisen sollen, wird die Verwendung eines Stahles vorgeschlagen mit innerhalb folgender Grenzwerte bei zweckgerechter Abstimmung der einzelnen Stoffe untereinander gegebener Analyse: weniger als 0,0003 % Wasserstoff
    Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft die Verwendung eines Stahles als Werkstoff für Bauteile mit einem Querschnitt ab etwa. 40 cm2, die nach einem Warmumformen durch Walzen, Schmieden oder Pressen bei Endverformungstemperaturen bis zu etwa 1000°C oder Glühtemperaturen bis zu etwa 1000°C und anschließendem Abkühlen in ruhender oder bewegter Luft gegebenenfalls nach gesteuerter Abkühlung ein ferritisch-perlitisches Gefüge mit etwa 5 bis 20 % Ferrit, Rest Perlit und eine Streck- oder 0,2-Grenze von mindestens 580 N/mm2 sowie eine Kerbschlagarbeit gemessen an ISO-U-Proben von mindestens 25 J aufweisen.

    [0002] Aus der DE-PS 3 009 443 ist die Verwendung eines bestimmten Stahles für Bauteile bekannt, die neben einer hohen Festigkeit auch eine beachtliche Zähigkeit haben sollen, nämlich bei einer Streck- oder O,2-Grenze von 580 N/mm2 eine Kerbschlagarbeit gemessen an DVM-Proben von 35 J, ohne daß sie einer aufwendigen Wärmebehandlung unterzogen werden müßten. Als Zusammensetzung wird für einen derartige Bedingungen erfüllenden Stahl angegeben:

    [0003] 



    [0004] Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen.

    [0005] Ein solcher in der besagten Patentschrift angegebener Stahl mit innerhalb den Analysegrenzen relativ hohen Anteilen von Vanadium, Aluminium und Stickstoff soll bei Ablegen an Luft einer auf 155 mm 0 gewalzten Stange eine 0,2-Grenze von 578 N/mm2, eine Zugfestigkeit von 865 N/mm2 und eine Kerbschlagarbeit gemessen an DVM-Proben von 35 J aufweisen.

    [0006] Demgegenüber besteht die Aufgabe der Erfindung darin, Stahl für Bauteile mit noch höherer Festigkeit bei gleichzeitig mindestens so hoher Zähigkeit bereitzustellen, wobei dies durch einfache Abkühlung der Bauteile an Luft nach einer Warmumformung bzw. einem Glühvorgang ohne weitere Wärmebehandlung erzielbar sein soll.

    [0007] Als Lösung dieser Aufgabe wird für den angegebenen Zweck die Verwendung von Stahl entsprechend der im Anspruch 1 angegebenen Analyse vorgeschlagen. Weitere vorteilhafte Angaben hierzu sind in den Unteransprüchen gekennzeichnet.

    [0008] Der Erfindung liegen dabei folgende nachstehend aufgezeigte Überlegungen zugrunde:

    [0009] Mit größer werdendem Kohlenstoffgehalt erhöht sich der Perlitanteil im Stahl und damit auch seine Festigkeit, Härte und Sprödigkeit; bis zu etwa 0,6 % Kohlenstoffgehalt nimmt zugleich auch seine Umwandlungsgeschwindigkeit bei Abkühlung aus Endverformungstemperatur oder Glühtemperatur ab. Mit bis zu 3 % Anteil ist Mangan ebenso wie Chrom im d,-Eisen sehr gut löslich und erhöht die Festigkeit ohne Versprödung durch Härtesteigerung des Ferritanteiles, der zur Erzielung guter Zähigkeit nötig ist. Mangan bildet jedoch im Gegensatz zu Chrom weit weniger die spätere Bearbeitbarkeit des Bauteiles verschlechternde Karbide und erniedrigt weit weniger als Chrom den Eutektoidpunkt; selbst bei relativ großen Mangananteilen wird die Bildung von Zementit vermieden, was die spätere Bearbeitung des Bauteiles besonders beeinträchtigen würde. Mangan verzögert ebenfalls wie vorstehend genannt ein Kohlenstoffgehalt bis 0,6 % die Umwandlungsgeschwindigkeit bei Abkühlung des Bauteiles aus Endverformungstemperatur oder Glühtemperatur von etwa 1000°C, erniedrigt jedoch zugleich auch alle Umwandlungstemperaturen; innerhalb eines großen Abkühlgeschwindigkeitsbereiches stellt sich außerdem eine fast konstante Perlitisierung mit davon abhängig gleich hoher Festigkeit ein, auch bei Bauteilen mit durch un- terschiedliche Wandstärken verursachter unterschiedlicher Abkühlgeschwindigkeit an verschiedenen Stellen. Die durch die große Affinität von Mangan zu Verunreinigungen wie z. B. Schwefel mögliche unterschiedliche Längs- und Querfestigkeit bedingt durch langgezogene Gefügeunterbrechungen, verursacht durch Mangansulfide und Gaseinschlüsse, kann bei Einstellung des Schwefelgehaltes durch Einblase- und Evakuierungsverfahren bei der Pfannenbehandlung mit entsprechenden Zugaben durch Bildung kugeliger Verunreinigungen umgangen werden. Diese beeinträchtigen die Festigkeitsisotropie weit weniger und gewähren trotzdem eine vom Schwefelgehalt abhängig gute Bearbeitbarkeit des Bauteiles.

    [0010] Mit kleinsten Zugaben von Bor und/oder kleinen Zugaben von Molybdän kann die Umwandlungsgeschwindigkeit noch um eine oder mehrere Zehnerpotenzen weiter verlangsamt werden.

    [0011] Mikrobeigaben von Vanadium und Aluminium und gegebenenfalls auch von Zirkon und Niob in entsprechender Abstimmung zum Stickstoffgehalt bewirken durch Nitrid-und Karbonitridbildung als Kristallisationskerne für Feinkornbildung, eine gute Verteilung des Ferrits, sowie durch Ausscheidungshärtung im Ferrit eine Erhöhung des Verhältnisses Streckgrenze/Bruchfestigkeit und außerdem eine Erhöhung der Festigkeit. Besagter Vorgang erfolgt bei einem Bauteil, das unbeeinflußt in Raumluft aus einer Endverformungstemperatur oder Glühtemperatur von etwa 1000°C abgekühlt wird, in Abhängigkeit von der Wandstärke bzw. -dicke des Bauteiles mit einer bestimmten Geschwindigkeit, die durch leichtes Anblasen, beispielsweise mittels einer Luftbrause, vorteilhaft verkürzt werden kann.

    [0012] Unter Berücksichtigung dieser vorstehenden Überlegungen ist für ein Bauteil ein solcher Stahl zu verwenden, dessen Kohlenstoff- und Mangangehalt vornehmlich danach festgesetzt wird, daß die angestrebte Festigkeit erzielbar ist, wobei Mangan in einem gewissen Umfang auch durch Chrom ersetzt werden kann. Die feinkornbildenden und ausscheidungshärtenden Legierungsbestandteile müssen ebenfalls sowohl untereinander als auch in Bezug auf den Kohlenstoff- und Mangangehalt abgestimmt sein. Ferner muß so viel Bor und/oder Molybdän zugegeben sein, daß sich bei den den Abmessungen und Produktionsbedingungen des Bauteiles angepaßten Abkühlungsbedingungen mit langsamer oder schnellerer Abkühlung in ruhender oder bewegter Luft eine solche Perlitisierung einstellt, wie die gewünschten Zähigkeitswerte es verlangen.

    [0013] Auf diese Weise können durch geringfügiges Legieren mit gut bereitstellbaren, billigen Beigaben bei einfachster Behandlungsmethode - da keine kostspieligen Einrichungen nötig sind - und mit äußerst geringem Energieverbrauch kostengünstige, gut weiterbearbeitbare Bauteile erstellt werden, die den aufgabengemäßen Festigkeits-und Zähigkeitsanforderungen genügen. Diese Anforderungen können erfindungsgemäß durch die Verwendung von Stahl mit folgenden Analysegrenzen erfüllt werden:

    Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen.

    [0014] Mit einem den obigen Bedingungen und innerhalb der entsprechenden Analysegrenzen liegenden Stahl mit



    [0015] Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen wurden Wellen mit einem Durchmesser von 250 mm aus einer Schmiedeendtemperatur von 950°C auf 500°C in Luft abgekühlt und folgende, der nachstehenden Tabelle entnehmbare Festigkeitswerte erzielt:



    [0016] Aus der vorstehenden Tabelle ist ersichtlich, daß bei einem Bauteil mit einem nach der Erfindung vorgeschlagenen Material schon bei Abkühlung an ruhender Luft sehr hohe Festigkeits- und Zähigkeitswerte erzielbar sind, die durch gezielte Beeinflussung der Abkühlung an Luft noch ganz wesentlich hinsichtlich noch besserer Werte beeinflußbar sind. Diese Werte können durch noch günstigere Legierungsabstimmung speziell der Mikrobeigaben noch weiter verbessert werden. Die angegebenen Werte lassen jedenfalls erkennen, daß mit einem solchen, einfach behandelten Mangan-Stahl praktisch Festigkeits- und Zähigkeitswerte wie mit einem vergüteten Stahl erreichbar sind, welch letzterer bei gleichen Abmessungen (Durchmesser 250 mm) zur Erzielung der gleichen Festigkeits- und Zähigkeitswerte wenigstens dreimal so hoch legiert sein müßte mit Legierungselementen wie Chrom, Nickel, Molybdän und anderen, die in ihren dann notwendigen Anteilen ganz im Gegensatz zu jenen des erfindungsgemäß verwendeten Manganstahles die spätere Bearbeitbarkeit des Bauteiles erheblich verschlechtern würden.

    [0017] Der erfindungsgemäß vorgeschlagene Stahl erbringt diese Vorteile besonders bei der Herstellung von Bauteilen mit größeren Querschnitten von etwa 40 cm2 an aufwärts wie Kurbelwellen oder Nockenwellen von Brennkraftmaschinen und dergleichen wechselbeanspruchte Maschinenteile.


    Ansprüche

    1. Verwendung eines Stahles mit

    weniger als 0,0003 % Wasserstoff Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen als Werkstoff für Bauteile mit einem Querschnitt ab etwa 40 cm2, die nach einem Warmumformen durch Walzen, Schmieden oder Pressen oder einem Glühvorgang bei Endverformungstemperaturen bis zu etwa 1000°C oder Glühtemperaturen bis zu etwa 1000°C und anschließendem Abkühlen in ruhender oder bewegter Luft gegebenenfalls nach gesteuerter Abkühlung ein ferritisch- perlitisches Gefüge mit etwa 5 bis 20 % Ferrit, Rest Perlit und eine Streck- bzw. O,2-Grenze von mindestens 580 N/mm2 sowie eine Kerbschlagarbeit gemessen an ISO-U-Proben von mindestens 25 J aufweisen.
     
    2. Verwendung eines innerhalb der in Anspruch 1 angegebenen Analysegrenzen liegenden Stahles mit

    Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen als Werkstoff für Bauteile mit einem Querschnitt ab etwa 40 cm2 bis etwa 500 cm2, die nach einem Warmumformen durch Walzen, Schmieden oder Pressen bei Endverformungstemperaturen oder Glühtemperaturen von 900 bis 950°C und einem anschließenden Abkühlen in ruhender Luft länger als 60 Minuten oder in bewegter Luft kürzer als 30 Minuten ein ferritisch-perlitisches Gefüge mit etwa 5 bis 20 % Ferrit, Rest Perlit sowie folgende Festigkeits-, Zähigkeits- und Härtewerte aufweisen:











    Härteabfall vom Rand zum Kern des größten Querschnittes von 500 cm2 nur 3 % bis 15 %.
     
    3. Verwendung eines Stahles der Zusammensetzung, Behandlung und Eigenschaften nach den Ansprüchen 1 und 2 als Werkstoff für Bauteile wie Kurbelwellen, Nockenwellen von Brennkraftmaschinen oder dergleichen wechselbeanspruchte Maschinenelemente.
     





    Recherchenbericht