(19)
(11) EP 0 088 944 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
21.09.1983  Patentblatt  1983/38

(21) Anmeldenummer: 83102038.3

(22) Anmeldetag:  02.03.1983
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3F01D 3/02, F01D 25/12
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE FR IT LI NL

(30) Priorität: 16.03.1982 DE 3209506

(71) Anmelder: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Keller, Herbert
    D-4330 Mühlheim (Ruhr) (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Axial beaufschlagte Dampfturbine, insbesondere in zweiflutiger Ausführung


    (57) Im Bereich der Dampfeinströmung ist zwischen der Welle (5) und einer ringförmigen Wellenabschirmung (6) ein Ringkanal (4) gebildet. Um die thermischen Beanspruchungen der Welle (5) im Bereich der Dampfeinströmung zu reduzieren, sind in die Wellenabschirmung (6) Düsen (8) eingebracht, welche in den Ringkanal (4) tangential einmünden. Dadurch wird unter Umgehung des ersten Leitschaufelkranzes ein geringer Teilstrom des einströmenden Dampfes in den Ringkanal (4) als eine der Wellenumfangsgeschwindigkeit vorauseilende Drallströmung (11, 11') eingeleitet. Die Grenzschichttemperatur an der Welle (5) ist dabei gleich der durch die Erhöhung der kinetischen Energie abgesenkten statischen Temperatur, vermehrt um den Stautemperaturanteil der vergleichsweise geringen Relativgeschwindigkeit zwischen Drallströmung (11, 11') und Wellenumfangsgeschwindigkeit. Somit kann durch die in den Ringkanal (4) eingeleitete Drallströmung (11, 11') eine wirksame Kühlung der Welle (5) im Bereich der Dampfeinströmung erzielt werden.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf eine axial beaufschlagte Dampfturbine gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.

    [0002] Eine derartige Dampfturbine ist aus der FR-PS 851 531 bekannt. Bei einer dort dargestellten zweiflutigen Dampfturbine ist im Bereich der in der axialen Mitte erfolgenden Dampfeinströmung eine Wellenabschirmung angeordnet, welche an den radial inneren Enden der Leitschaufeln der ersten Leitschaufelkränze beider Fluten befestigt ist. Die die Welle mit Abstand umschließende Wellenabschirmung ist dabei am Außenumfang so ausgebildet, daß der in radialer Richtung einströmende Dampf auf beide Fluten gleichmäßig aufgeteilt und in die axiale Richtung umgelenkt wird. Die Wellenabschirmung verhindert somit ein unmittelbares Anströmen der Wellenoberfläche durch den in radialer Richtung einströmenden Dampf.

    [0003] Aus W. Traupel "Thermische Turbomaschinen", Band 2, 2. Auflage, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 1968, Seite 341, ist es auch bekannt, bei einer axial beaufschlagten einflutigen Dampfturbine im Bereich der Dampf einströmung ein Abschirmblech anzuordnen und in den zwischen Welle und Abschirmblech gebildeten Ringkanal von außen her Kühldampf einzuführen. Der Kühldampf strömt dann in dem Ringkanal bis vor den ersten Laufschaufelkranz. Auf diese Weise können die zusätzlich zu den hohen Fliehkraftbeanspruchungen der Welle im Bereich der Dampfeinströmung und im Bereich der Laufschaufelbefestigung des ersten Laufschaufelkranzes auftretenden thermischen Beanspruchungen reduziert werden. Hierzu ist jedoch die mit einigem Aufwand verbundene Bereitstellung von Kühldampf erforderlich. Außerdem ist eine derartige von außen her erfolgende Einleitung von Kühldampf in den zwischen Wellenabschirmung und Welle gebildeten Ringkanal bei zweiflutigen Dampfturbinen nur möglich, wenn die Leitung für die Zufuhr des Kühldampfes im Bereich der Dampfeinströmung verlegt wird. Eine derartige Ausführung ist aus der Zeitschrift "BBC-Nachrichten", 1980, Heft 10, Seite 378, bekannt. Durch die Verlegung der Leitung für die Zufuhr des Kühldampfes in den Bereich der Dampfeinströmung entstehen jedoch zusätzliche Strömungsverluste. Die Kühlung der Welle im Bereich der Dampfeinströmung durch Kühldampf ist auch thermodynamisch ungünstig, weil der kalte Kühldampf die mittlere Arbeitsmitteltemperatur in der Dampfturbine absenkt. Durch die Zufuhr von Kühldampf können aber auch regeltechnische Probleme im Falle einer Lastabschaltung entstehen, da der Kühldampf die Dampfturbine bzw. den Turbosatz auf Überdrehzahl bringen könnte, sofern die Kühldampfzufuhr nicht durch separate Sicherheitsventile abgeschaltet wird.

    [0004] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, bei einer axial beaufschlagten Dampfturbine der eingangs genannten Art die thermischen Beanspruchungen der Welle im Bereich der Dampfeinströmung ohne die Verwendung von Kühldampf weiter zu reduzieren.

    [0005] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 1 aufgeführten Merkmale gelöst.

    [0006] Bei der erfindungsgemäßen Dampfturbine wird also unter Umgehung des ersten Leitschaufelkranzes ein geringer Teilstrom des insgesamt einströmenden Dampfes durch tangential angeordnete Düsen dem unter der Wellenabschirmung liegenden Wellenbereich zugeführt. Die Geschwindigkeit mit welcher dieser Teilstrom in den zwischen Welle und Wellenabschirmung gebildeten Ringkanal eintritt, entspricht dem im ersten Leitschaufelkranz verarbeiteten Gefälle. Die in die Wellenabschirmung eingebrachten Düsen sind dabei in bezug auf die Drehrichtung der Welle so ausgerichtet, daß die sich im Ringkanal ausbildende Drallströmung der Wellenumfangsgeschwindigkeit vorauseilt. Die Grenzschichttemperatur an der Welle entspricht dann der durch die Erhöhung der kinetischen Energie abgesenkten statischen Temperatur des Dampfes, vermehrt um den Stautemperaturanteil der vergleichsweise geringen Relativgeschwindigkeit zwischen der Drallströmung und der Wellenumfangsgeschwindigkeit. Durch die in die Wellenabschirmung tangential eingebrachten Düsen kann somit eine wirksame Kühlung der Welle im Bereich der Dampfeinströmung und im Bereich der Laufschaufelbefestigung des ersten Laufschaufelkranzes erzielt werden.

    [0007] Bei einer axial beaufschlagten Dampfturbine in zweiflutiger Ausführung, bei welcher die Wellenabschirmung an den radial inneren Enden der Leitschaufeln der ersten Leitschaufelkränze beider Fluten befestigt ist, ist bei einer bevorzugten Ausführungsform vorgesehen, daß die Düsen in der axialen Mitte in den Ringkanal einmünden. Der durch die mittigen Düsen in den Ringkanal eintretende Teilstrom wird dann gleichmäßig in zwei Drallströmungen aufgeteilt, welche in axialer Richtung entlang der Welle jeweils bis zum ersten Laufschaufelkranz strömen.

    [0008] Eine weitere Verbesserung der Kühlwirkung kann dadurch erzielt werden, daß die erste Stufe als Schwachreaktions-Stufe ausgebildet ist bzw. daß bei einer zweiflutigen Ausführung bei beiden Fluten jeweils die erste Stufe als Schwachreaktions-Stufe ausgebildet ist. Hierdurch soll ein möglichst großes Gefälle im ersten Leitschaufelkranz verarbeitet werden, so daß durch die entsprechende Erhöhung der kinetischen Energie die statische Temperatur des in den Ringkanal eingeleiteten Teilstromes möglichst weit abgesenkt wird.

    [0009] Weiterhin hat es sich aus fertigungstechnischen Gründen als zweckmäßig erwiesen, wenn insgesamt vier über den Umfang der Wellenabschirmung gleichmäßig verteilt angeordnete Düsen vorgesehen sind.

    [0010] Bei einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Dampfturbine ist der Querschnitt der Düsen derart bemessen, daß der in den Ringkanal gelangende Dampfmassenstrom etwa 3 % des insgesamt im Bereich der Dampfeinströmung zugeführten Dampfmassenstromes beträgt. Hierdurch kann bei einer wirksamen Kühlung der Welle die durch die teilweise Umgehung des ersten Leitschaufelkranzes bedingte Verbrauchserhöhung auf äußerst niedrige Werte begrenzt werden.

    [0011] Im folgenden wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand der Zeichnung näher erläutert. Dabei zeigt in stark vereinfachter schematischer Darstellung

    Fig. 1 den Einströmbereich einer zweiflutigen Dampfturbine im Längsschnitt und

    Fig. 2 einen Querschnitt gemäß der Linie II-II der Fig. 1.



    [0012] Gemäß Fig. 1 strömt der Dampf in Richtung des Pfeiles 1 radial nach innen durch einen ringförmigen Einströmkanal 2, welcher durch die Leitschaufelträger 3 bzw. 3' der beiden spiegelbildlich zur axialen Mitte M angeordneten Fluten gebildet ist. Der in radialer Richtung einströmende Dampf wird dann unter Umlenkung in die axiale Richtung auf beide Fluten gleichmäßig aufgeteilt, wobei jedoch ein geringer Teilstrom in einen Ringkanal 4 eingeleitet wird, welcher zwischen der Welle 5 und einer dazu konzentrischen Wellenabschirmung 6 gebildet ist und durch eine entsprechende Formgebung von Welle 5 und Wellenabschirmung 6 von der axialen Mitte M ausgehend nach beiden Seiten hin etwas ansteigt. Die Wellenabschirmung 6 ist an den radial inneren Enden der Leitschaufeln 7 bzw. 7' des jeweils ersten Leitschaufelkranzes beider Fluten befestigt. Die Leitschaufeln 7 und 7' sind ihrerseits in die Leitschaufelträger 3 bzw. 3' eingesetzt.

    [0013] In die Wellenabschirmung 6 sind nun insgesamt vier über den Umfang gleichmäßig verteilt angeordnete Düsen 8 als Bohrungen eingebracht. Wie es insbesondere aus dem Querschnitt der Fig. 2 ersichtlich ist, sind die Düsen 8 so ausgebildet, daß sie in der durch den Pfeil 9 angedeuteten Drehrichtung der Welle gesehen tangential in den zwischen Welle 5 und Wellenabschirmung 6 gebildeten Ringkanal 4 einmünden. Da der von dem einströmenden Dampf abgezweigte Teilstrom durch die Düsen 8 tangential in den Ringkanal 4 eintritt, bildet sich dort eine durch den Pfeil 10 angedeutete Drallströmung aus, welche der Wellenumfangsgeschwindigkeit vorauseilt.

    [0014] Die Drallströmung 10 teilt sich dann in zwei von der axialen Mitte M ausgehende Drallströmungen auf, welche in der Fig. 1 durch die Pfeile 11 und 11' angedeutet sind und die Welle 5 entlang bis zu den Laufschaufeln 12 bzw. 12' des jeweils ersten Laufschaufelkranzes der beiden Fluten strömen. Dabei umgehen die beiden Drallströmungen 11 und 11' die Leitschaufeln 7 bzw. 7' des jeweils ersten Leitschaufelkranzes beider Fluten. Die Geschwindigkeit mit welcher der von dem einströmenden Dampf abgezweigte Teilstrom in die Düsen 8 eintritt entspricht damit dem jeweils im ersten Leitschaufelkranz der beiden Fluten verarbeiteten Gefälle, wobei diese Eintrittsgeschwindigkeit durch eine Ausbildung der jeweils ersten Stufe als Schwachreaktions-Stufe gesteigert werden kann.

    [0015] Die Wellenabschirmung 6 verhindert einerseits ein unmit- ; telbares Anströmen der Oberfläche der Welle 5 durch den in Richtung des Pfeiles 1 radial einströmenden heißen Dampf. Andererseits entspricht die Grenzschichttemperatur der Drallströmungen 10 bzw. 11 und 11' in dem Ringkanal 4 der durch die Erhöhung der kinetischen Energie abgesenkten statischen Temperatur des Dampfes, vermehrt um den Stautemperaturanteil der Relativgeschwindigkeit zwischen Drallströmung 10 bzw. 11 und 11' und Wellenumfangsgeschwindigkeit. Der Stautemperaturanteil ist dabei gering, da die genannte Relativgeschwindigkeit durch die gewählte Ausrichtung der Düsen 8 ebenfalls vergleichsweise gering ist.

    [0016] Der in den Ringkanal 4 durch die Düsen 8 eintretende Dampfmassenstrom beträgt etwa 3 % des insgesamt durch den Einströmkanal 2 zugeführten Dampfmassenstromes. Die Temperaturabsenkung in dem unterhalb der Wellenabschirmung 6 liegenden Bereich der Welle 5 liegt gegenüber der Temperatur des einströmenden Dampfes bei 20° K am Anfang des Drallfeldes in der axialen Mitte M und bei 10 bis 15° K am jeweiligen Ende des Drallfeldes. Die für diese Kühlung der Welle erforderliche Verbrauchserhöhung liegt bei ungefähr 0,06 %und entspricht damit den bei Fremdkühlung durch von außen her eingeleiteten Kühldampf erreichbaren Werten. Die geringfügige Verringerung der Kühlwirkung am jeweiligen Ende des Drallfeldes kann ggf. durch eine auf der Welle 5 zusätzlich angeordnete Laufschaufelreihe vermieden werden. Diese in der axialen Mitte M und im Ringkanal 4 angeordnete Laufschaufelreihe könnte zweckmäßigerweise als Freistrahlturbine ausgebildet werden.


    Ansprüche

    1. Axial beaufschlagte Dampfturbine, insbesondere in zweiflutiger Ausführung, mit einer im Bereich der Dampfeinströmung angeordneten ringförmigen Welienabschirmung, welche die Welle mit Abstand umschließt und mit den radial inneren Enden der Leitschaufeln des ersten Leitschaufelkranzes verbunden ist, dadurch ge- kennzeichnet, daß in die Wellenabschirmung (6) Düsen (8) eingebracht sind, welche in Drehrichtung (9) der Welle (5) gesehen tangential in den zwischen Welle (5) und Wellenabschirmung (6) gebildeten Ringkanal (4) einmünden.
     
    2. Axial beaufschlagte Dampfturbine in zweiflutiger Ausführung nach Anspruch 1, bei welcher die Wellenabschirmung an den radial inneren Enden der Leitschaufeln der ersten Leitschaufelgrenze beider Fluten befestigt ist, da- durch gekennzeichnet, daß die Düsen (8) in der axialen Mitte (M) in den Ringkanal (4) einmünden.
     
    3. Axial beaufschlagte Dampfturbine nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet , daß die erste Stufe als Schwachreaktions-Stufe ausgebildet ist.
     
    4. Axial beaufschlagte Dampfturbine in zweiflutiger Ausführung nach Anspruch 2, dadurch gekenn- zeichnet, daß bei beiden Fluten jeweils die erste Stufe als Schwachreaktions-Stufe ausgebildet ist.
     
    5. Axial beaufschlagte Dampfturbine nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekenn- zeichnet, daß insgesamt vier über den Umfang der Wellenabschirmung (6) gleichmäßig verteilt angeordnete Düsen (8) vorgesehen sind.
     
    6. Axial beaufschlagte Dampfturbine nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekenn- zeichnet, daß der Querschnitt der Düsen (8) derart bemessen ist, daß der in den Ringkanal (4) gelangende Dampfmassenstrom etwa 3 % des insgesamt im Bereich der Dampfeinströmung zugeführten Dampfmassenstromes beträgt.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht