(19)
(11) EP 0 098 564 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
18.01.1984  Patentblatt  1984/03

(21) Anmeldenummer: 83106483.7

(22) Anmeldetag:  02.07.1983
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C21D 8/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH FR GB IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 09.07.1982 DE 3226160

(71) Anmelder: MANNESMANN Aktiengesellschaft
D-40027 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Gräf, Michael, Dr.-Ing.
    D-4030 Ratingen (DE)

(74) Vertreter: Andrejewski, Walter, Dr. et al
Patentanwälte Andrejewski, Honke & Partner Postfach 10 02 54
45002 Essen
45002 Essen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung von feinkörnigen, schweissbaren Grossrohrblechen


    (57) Verfahren zur Herstellung von feinkörnigen, schweißbaren Großrohrblechen aus einem mikrolegierten Stahl durch thermomechanisches Walzen. Es wird ein Stahl mit Kohlenstoff 0,05 bis 0,07%, Mangan 1,5 bis 2,0%, Titan 0,01 bis 0,04%, Schwefel 0,001 bis 0,003%, Stickstoff 0,005 bis 0,008%, Silizium 0,25 bis 0,40%, Aluminium 0,03 bis 0,05%, Niob bis 0,08%, Rest Eisen und übliche Verunreinigungen erzeugt. Der Titangehalt wird auf den Stickstoffgehalt eingestellt. Es werden Stranggußbrammen erwärmt auf 1120 bis 1160°C. Dabei werden Niobausscheidungen gelöst und bei nachfolgender Abkühlung während einer Verformung überwiegend als festigkeitssteigerndes Niobkarbid ausgeschieden. Eine bei dieser Erwärmung entstehende Vergröberung von Titannitrid-Ausscheidungen erweist sich als unschädlich. Die Verformung beträgt mindestens 55%. Danach erfolgt ein thermomechanisches Walzen bei einer Temperatur von höchstens 850°C und ein Fertigwalzen bei einer Temperatur von über 650°C. Ein verstärktes Abkühlen auf Temperaturen zwischen 550 bis 500°C kann sich anschließen.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich gattungsgemäß auf ein Verfahren zur Herstellung von feinkörnigen, schweißbaren Großrohrblechen aus einem mikrolegierten Stahl durch thermomechanisches Walzen, wobei der Stahl mit



    [0002] Rest Eisen und übliche Verunreinigungen
    erzeugt wird und Titannitrid-Ausscheidungen aufweisende Stranggußbrammen aus diesem Stahl bei einer Temperatur von höchstens 850°C mit einem Verformungsgrad von mindestens 60 % thermomechanisch gewalzt sowie danach in einem Temperaturbereich von 750 bis 650°C fertiggewalzt werden. Die Prozentangaben bezeichnen Gewichtsprozent. Im Rahmen der Erfindung mag auch Kalzium den Verunreinigungen zugerechnet werden.

    [0003] Bei den bekannten gattungsgemäßen Maßnahmen (DE-OS 30 12 139, DE-OS 31 46 950) liegt der Titangehalt des Stahls im Bereich von 0,008 bis 0,025 %. Eine Abstimmung des Titangehaltes auf den Stickstoffgehalt wird nicht durchgeführt. Niob ist kein zwingendes Legierungselement. Die Stähle sind in bezug auf Ausscheidungshärtung und Kornverfeinerung TiN-beherrschte Stähle. Man arbeitet nach dem Stranggießen mit hoher Kühlgeschwindigkeit, um eine große Anzahl von feinen, gleichsam feinkörnigen TiN-Ausscheidungen zu erzeugen, deren Größe nicht über 0,05 pm liegt. Danach wird Vorsorge getroffen, daß die Größe der feinen TiN-Ausscheidungen im weiteren Verfahren nicht zunimmt, und daß die sehr feinen TiN-Ausscheidungen auch im fertiggewalzten Grobblech vorliegen. Eine Vergrößerung der TiN-Ausscheidungen in nachfolgenden Glüh- und Walzstufen wird sorgfältig vermieden, die Glühtemperatur der Stranggußbrammen vor dem Walzen wird dazu auf 950 bis 1050°C (DE-OS 31 46 950) oder sogar auf lediglich 900 bis 1000°C (DE-OS 30 12 139) begrenzt. Man erwartet, daß die feinen TiN-Ausscheidungen das Austenitkornwachstum behindern. Insbesondere soll eine Grobkornbildung in den Wärmeeinflußzonen von Schweißverbindungen beim Schweißen verhindert werden. - Nachteilig ist bei diesen Stählen, daß die Großrohrbleche in ihren Festigkeitswerten (Zugfestigkeit und Streckgrenze) nicht den Bemessungsansprüchen genügen. Unter Bemessungsansprüchen werden beispielsweise der Leitungsdruck und andere Auslegungsdaten verstanden. Im Rahmen der bekannten Maßnahmen kann dem Stahl auch Niob beigegeben werden, und zwar bis höchstens 0,08 %. Diese Beigabe ist jedoch nicht zwingend. Man erwartet durch diese Beigabe von Niob, die zusammen mit einer erheblichen Beigabe von Vanadin, Nickel und Chrom erfolgen kann, eine Verbesserung der Festigkeit und Zähigkeit. Zumindest ohne erhebliche Zugabe der teuren Legierungselemente Vanadin und/oder Nickel und/oder Chrom kann eine Verbesserung der Festigkeit und Zähigkeit der auf einen hohen Gehalt an feinen TiN-Ausscheidungen gezüchteten Stähle jedoch nicht bestätigt werden. Das Element Niob wirkt bei den TiN-beherrschten Stählen nicht erwartungsgemäß, da bei der niedrigen Glühtemperatur der Stranggußbrammen keine ausreichende Auflösung der Niob-Bindungen erfolgt. Ist bei den bekannten Maßnahmen der Titangehalt niedrig, so bildet sich aus den Niob NbCN mit der Wirkung einer Minderung der Festigkeitseigenschaften. Bei einem Zuviel an Titan entsteht, die Zähigkeit beeinträchtigend, auch TiC.

    [0004] Demgegenüber liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, das gattungsgemäße Verfahren für einen Stahl, der Niob als zwingendes Mikrolegierungselement enthält, so zu führen, daß die Großrohrbleche nicht durch TiN beherrscht werden, sondern in bezug auf die Ausscheidungshärtung und Kornverfeinerung durch Niob beherrscht sind.

    [0005] Zur Lösung dieser Aufgabe lehrt die Erfindung, daß der Stahl mit einem Titangehalt entsprechend etwa dem 3,5- bis 4-fachen des vorhandenen Stickstoffgehaltes und mit einem Niobgehalt von mindestens 0,02 bis 0,06 % erzeugt wird, daß die Stranggußbrammen auf eine Temperatur zwischen 1120 und 1160°C erwärmt werden, wobei die Titannitrid-Ausscheidungen eine Größe von 0,2 bis 0,06 um erreichen, und daß die Stranggußbrammen, von dieser Temperatur beginnend, mit einem Verformungsgrad von mindestens 55 % vorgewalzt sowie nach einer Zwischenkühlung dem thermomechanischen Walzen und schließlich dem Fertigwalzen unterworfen werden.

    [0006] Auch bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird nach dem Stranggießen mit hoher Abkühlungsgeschwindigkeit gearbeitet, wobei TiN-Ausscheidungen entstehen. Die Erfindung geht jedoch von der Erkenntnis aus, daß in einem mikrolegierten Stahl der angegebenen Zusammensetzung mit Niob als zwingendem Legierungselement Titan eine ganz andere Funktion erfüllen kann als in einem TiN-beherrschten Stahl. Titan wirkt nur noch als Denitrierungselement und verhindert bei der Abkühlung aus der Stranggießtemperatur die Bildung von NbCN, d.h. von Niobkarbonitrid. Das Verfahren wird so geführt, daß die nach dem Stand der Technik (DE-OS 30 12 139, DE-OS 31 46 950) sorgfältig zu vermeidende Vergrößerung der TiN-Ausscheidungen gerade eintritt, weil mit der angegebenen höheren Erwärmung gearbeitet wird. Wegen dieser höheren Vorglühtemperatur wird eine weitgehende Lösung des Niobs im Austenit bewirkt. Bei der Abkühlung während der Verformung und danach entstehen nur noch NbC-Ausscheidungen. Die NbC-Ausscheidungen bewirken die Ausscheidungshärtung und die Kornverfeinerung. Die vergrößerten TiN-Ausscheidungen, die im fertigen Großrohrblech nachweisbar sind, sind in bezug auf die Ausscheidungshärtung und Kornverfeinerung nicht mehr von Bedeutung. Sie haben jedoch zuvor den Stickstoffeinfluß gleichsam neutralisiert. Dazu ist erfindungsgemäß der Titangehalt sorgfältig auf den Stickstoffgehalt abgestimmt. Für die Bildung von NbCN, d.h. von Niobkarbonitrid, steht Stickstoff nicht mehr zur Verfügung. Die Festigkeitseigenschaften sind bei dem erfindungsgemäßen Stahl bzw. den erfindungsgemäßen Großrohrblechen erhöht. Die Sprödbruchneigung ist reduziert, die Zähigkeitseigenschaften sind angemessen. Beides ist von besonderer Bedeutung, wenn aus den Großrohrblechen Rohre hergestellt werden für Leitungen mit höchsten Festigkeitsstufen in permanent kalten Gebieten.

    [0007] Besonders ausgeprägt sind die beschriebenen Effekte, wenn nach bevorzugter Ausführungsform der Erfindung ein Stahl mit einem Titangehalt von über 0,025 % oder sogar über 0,03 % erzeugt wird. Im Ergebnis arbeitet das erfindungsgemäße Verfahren mit einem Stahl, der die Nachteile der bekannten TiN-beherrschten, thermomechanisch gewalzten Stähle nicht mehr aufweist.

    [0008] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren kann die Temperatur, bei der die beschriebene Vergrößerung der TiN-Ausscheidungen und die Auflösung der Nb-Bindungen erfolgen, als Glühtemperatur eingestellt werden. Die Zeit, die für die Behandlung erforderlich ist, läßt sich experimentell leicht ermitteln, stellt sicher, daß das Niob in den Austenit in Lösung geht und ist durch die angegebenen Grenzen der Größe der TiN-Ausscheidungen festlegbar. Im allgemeinen treten die beschriebenen Effekte schon bei der Erwärmung der Stranggußbrammen auf.

    [0009] Nach bevorzugter Ausführungsform der Erfindung werden sowohl das thermomechanische Walzen als auch das Fertigwalzen verfeinert. In diesem Zusammenhang lehrt die Erfindung, daß das thermomechanische Walzen bei einer Temperatur zwischen 820 und 790°C durchgeführt wird, das Fertigwalzen bei einer Temperatur zwischen 700 und 680°C. Im Rahmen der Erfindung liegt es, im Anschluß an das Fertigwalzen das Großrohrblech mit Wasser bei einer Geschwindigkeit von mehr als 15°C pro Sekunde im Mittel bis auf eine Temperatur zwischen 550 und 500°C und danach an Luft bis auf Raumtemperatur abzukühlen. Dadurch wird die Festigkeit nochmals erhöht, ohne daß ein Verlust an Zähigkeit entsteht und ohne daß Aufwand für besondere Legierungselemente erforderlich ist.

    [0010] Die Erfindung wird in dem folgenden Ausführungsbeispiel näher beschrieben:

    Eine 200 mm dicke Stranggußbramme mit der Stahlzusammensetzung 0,070 % Kohlenstoff, 1,88 % Mangan, 0,033 % Titan, 0,042 % Niob, 0,0083 % Stickstoff, 0,35 % Silizium, 0,04 % Aluminium und 0,0018 % Schwefel wird auf eine Temperatur von 1150°C erwärmt. Bei dieser Erwärmung bis zur vollständigen Durchwärmung geht das Niob in Lösung. Die Stranggußbramme wird bei dieser Temperatur gezogen und anschließend mit einem Verformungsgrad von 60 % auf eine Dicke von 80 mm vorgewalzt. Danach erfolgt eine Abkühlung an ruhender Luft bis auf 790°C, worauf die Platine bis auf 30 mm Dicke weitergewalzt wird (Verformungsgrad = 62,5 %). Nach einer weiteren Abkühlung auf 680°C wird das Grobblech auf das Fertigmaß von 20 mm gewalzt. Die Endtemperatur des Bleches liegt zwischen 690 und 720°C, das abschließend bis auf Raumtemperatur abgekühlt wird. Dabei ergeben sich die folgenden technologischen Eigenschaften:





    [0011] Ferritisch-perlitische Struktur mit einer Korngröße von 11 bis 12 ASTM.

    [0012] Werden die Bleche unmittelbar nach dem Fertigwalzen mit Wasser und mit einer Geschwindigkeit von 10°C pro Sek. bis auf 500°C und anschließend an Luft bis auf Raumtemperatur abgekühlt, dann verbessern sich die technologischen Eigenschaften folgendermaßen:



    [0013] Ferritisch-bainitische Struktur, die einer Korngröße von kleiner als 12 ASTM entspricht.

    [0014] Die aus den erfindungsgemäß hergestellten Blechen gebildeten Großrohre eignen sich wegen der hervorragenden technologischen Werte besonders für den Einsatz als Leitungsrohre in Permafrost-Gebieten.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung von feinkörnigen, schweißbaren Großrohrblechen aus einem mikrolegierten Stahl durch thermomechanisches Walzen, wobei der Stahl mit

    Rest Eisen und übliche Verunreinigungen
    erzeugt wird und Titannitrid-Ausscheidungen aufweisende Stranggußbrammen aus diesem Stahl bei einer Temperatur von höchstens 850°C mit einem Verformungsgrad von mindestens 60 % thermomechanisch gewalzt sowie danach in einem Temperaturbereich von 750 bis 650°C fertiggewalzt werden, dadurch gekennzeichnet , daß der Stahl mit einem Titangehalt entsprechend etwa dem 3,5- bis 4-fachen des vorhandenen Stickstoffgehaltes und mit einem Niobgehalt von mindestens 0,02 bis 0,06 % erzeugt wird, daß die Stranggußbrammen auf eine Temperatur zwischen 1120 und 1160°C erwärmt werden, wobei die Titannitrid-Ausscheidungen eine Größe von 0,2 bis 0,06 pm erreichen, und daß die Stranggußbrammen, von dieser Temperatur beginnend, mit einem Verformungsgrad von mindestens 55 % vorgewalzt sowie nach einer Zwischenkühlung dem thermomechanischen Walzen und schließlich dem Fertigwalzen unterworfen werden.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Stahl mit einem Titangehalt von über 0,025 % erzeugt wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Stahl mit einem Titangehalt von über 0,03 % erzeugt wird.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das thermomechanische Walzen bei einer Temperatur zwischen 820 und 790°C durchgeführt wird.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß das Fertigwalzen bei einer Temperatur zwischen 700 und 680°C durchgeführt wird.
     
    6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß im Anschluß an das Fertigwalzen das Großrohrblech mit Wasser bei einer Geschwindigkeit von mehr als 15°C pro Sekunde im Mittel bis auf eine Temperatur zwischen 550 und 500°C und danach an Luft bis auf Raumtemperatur abgekühlt wird.
     





    Recherchenbericht