(19)
(11) EP 0 099 047 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
25.01.1984  Patentblatt  1984/04

(21) Anmeldenummer: 83106538.8

(22) Anmeldetag:  05.07.1983
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3D02G 1/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE FR GB IT LI NL

(30) Priorität: 10.07.1982 DE 3225965

(71) Anmelder: HOECHST AKTIENGESELLSCHAFT
65926 Frankfurt am Main (DE)

(72) Erfinder:
  • Heinrich, Karl
    D-8904 Grossaitingen (DE)
  • Heichlinger, Norbert
    D-8901 Königsbrunn (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum kontinuierlichen Verstrecken und Texturieren von Fäden


    (57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum kontinuierlich aufeinanderfolgenden Verstrecken und Texturieren von unverstreckten multifilen Polyesterfäden nach dem Knit-Deknit-Verfahren, wobei unverstreckte Fäden oder Garne, die eine hohe Vororientierung entsprechend einer Fließspannung von über 7,5 cN/tex aufweisen müssen, bei Raumtemperatur kontinuierlich verstreckt und unmittelbar danach einer bekannten Knit-Deknit-Texturierung unterworfen werden.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum kontinuierlich aufeinanderfolgenden Verstrecken und Texturieren von unverstreckten Garnen, wobei das Texturieren nach einem bekannten Knit-Deknit-Verfahren erfolgt.

    [0002] Die Herstellung von texturierten Garnen aus synthetischen Hochpolymeren erfolgt aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus weitestgehend durch das Streck-Falschdrahttexturieren sogenannter vororientierter Garne, die durch Anwendung hoher Spinnabzugsgeschwindigkeiten hergestellt werden. Ein derartiges Verfahren ist beispielsweise in der DE-OS 22 11 843 beschrieben.

    [0003] Neben diesem Falschdrahttexturieren wird für spezielle modische Effekte aber auch das Knit-Deknit-Verfahren angewandt, bei dem ein glattes, verstrecktes Vorlagegarn zu einem Schlauch oder einer Bahn verstrickt wird, dieses Gestrick dann durch eine Wärmebehandlung fixiert und anschließend wieder aufgetrennt wird. Unter diesen Bedingungen entsteht ein texturiertes Garn, da die einzelnen Filamente versuchen, die räumliche Anordnung wieder zu gewinnen, die sie beim Fixieren im Gestrick hatten. Die Herstellung des üblicherweise glatten Einsatzgarnes für den Knit-Deknit-Prozcß über einen klassischen Streckzwirnprozeß ist aufwendig. Es lag daher nahe, der Strickmaschine eine Verstreckstufe mit einem Heizer vorzuschalten, um eine ordnungsgemäße Verstreckung der Polyestergarne vor Erreichen der Strickmaschine zu erreichen. Durch eine solche Integration des Streckvorganges mit dem Abstricken ergibt sich jedoch weder eine Einsparung an Vorrichtungsteilen noch an Energie, da die Verstreckung weiterhin über Heizschienen, Hotpins oder beheizte Galetten erfolgen muß. Von Vorteil wäre bei einem solchen Verfahren jedoch die Einsparung eines Aufwickelvorganges. Ein derartiger Prozeß hat sich jedoch nicht durchsetzen lassen, da sich bei einer derartigen Kombination Schwierigkeiten bei Maschinenstillständen ergeben.

    [0004] Bei Einsatz einer üblichen Verstreckung von Polyesterfäden, d.h. unter Verwendung eines beheizten Aggregates zum überschreiten des Umwandlungspunktes zweiter Ordnung bedeutet jeder Stillstand eines Fadens auf dem Heizer oder dem geheizten Aggregat wenigstens eine Veränderung der Anfärbbarkeit. Die Anfärbbarkeit des Garnes reagiert sehr empfindlich auf die Dauer der thermischen Behandlung, so daß dieses Verfahren nicht zu gleichmäßigen Kräuselgarnen führen kann oder aber jeweils große Verluste in Kauf genommen werden müssen. Darüberhinaus ist bei Garnen mit hohem Gesamttiter, etwa bei gefachten Garnen, eine gleichmäßige Durchwärmung nur bei langen Verweilzeiten in der Heizzone gewährleistet, die aber exakt eingehalten werden müssen.

    [0005] Allgemein ist es bei der Verstreckung synthetischer Fäden notwendig, bei Temperaturen über der Glastemperatur (Umwandlungspunkt zweiter Ordnung) zu arbeiten, sofern man auf einer vollständigen Verstreckung der Fäden Wert legt. Eine derartige Verstreckung ist notwendig, um optimale textile Eigenschaften in den Fäden zu erzeugen. Werden Polyesterfäden ohne Einsatz eines Heizers verstreckt, so kann nur ein Bruchteil der sonst üblichen Verstreckwerte ohne Fadenbruch erzielt werden. Gleichzeitig werden durch eine solche Kaltverstreckung die bereits hohen Schrumpfwerte noch deutlich erhöht. Ein stark schrumpfendes Material kann jedoch.- wenn überhaupt - nur mit erheblichen Schwierigkeiten einem Knit-Deknit-Texturierprozeß unterworfen werden, da bei dem Fixieren der Strickware Verhärtungen zumindest aber starke Ungleichmäßigkeiten auftreten müssen. Aus diesem Grunde wurde bereits in der DE-OS 20 17 971 vorgeschlagen, spezielle Spreizkegel bei dem Fixieren der Strickschläuche einzusetzen. Durch den Einsatz derartiger Formkörper wird der Texturierprozeß erheblich kompliziert, eine technische Nutzung unter Einsatz derartiger Spreizkegel ist nicht bekannt geworden.

    [0006] Eine weitere Möglichkeit, die Knit-Deknit-Texturierung mit dem Verstrecken zu kombinieren, wird in der DE-OS 22 20 713 beschrieben. Hier wird ein unverstrecktes Garn direkt verstrickt, die erhaltenen Gestricke dann in Schlauchform einer Verstreckung unter gleichzeitiger Temperatureinwirkung unterworfen. Unter diesen Bedingungen ist es nicht möglich, eine gleichmäßige Verstreckung des Materials zu erzielen. Der genannten DE-OS ist zu entnehmen, daß so hergestellte Garne bei der Färbung ein getüpfeltes Aussehen annehmen.

    [0007] Es bestand also weiterhin die Aufgabe, die Verstreckung von unverstreckten Polyestergarnen mit dem Knit-Deknit-Prozeß zu integrieren, wobei sich bei geringem technischen Aufwand gleichmäßige, insbesondere gleichmäßig anfärbende Kräuselgarne ergeben sollten.

    [0008] Überraschend wurde gefunden, daß diese Aufgabe durch eine unmittelbar vor dem Stricken durchgeführte Kaltverstreckung von Polyestergarnen gelöst werden kann, sofern die Polyestergarne eine besonders hohe Vororientierung aufweisen, die durch eine Doppelbrechung von über 65 . 10-3 oder eine Fließspannung von über 7,5 cN/ tex ausgedrückt werden kann. Auf herkömmlichen Spinnanlagen werden derartige Polyestergarne durch Spinnabzugsgeschwindigkeiten von über 4100, vorzugsweise über 4400 m/min hergestellt. Es wurde gefunden, daß bei diesen sehr hohen Vororientierungswerten die sonst notwendige Verstreckung der Polyesterfäden in der Wärme nicht mehr notwendig ist und insbesondere auch, daß sich die Strickschläuche bei der Fixierung ohne Schwierigkeiten handhaben lassen und auch ein späteres Auftrennen der Strickware ohne Schwierigkeiten und ohne den Einsatz besonderer Spreizkörper oder dergleichen möglich ist.

    [0009] Unter Fließspannung wird dabei der Quotient aus Fließkraft und dem Titer dieser Einsatzgarne verstanden. Die Fließkraft kann dabei dem Kraft-Dehnungs-Diagramm entnommen werden. Bei einem solchen Diagramm wird üblicherweise nach einem linearen Anstieg (reversibler Bereich) und einem Überschwingen im Fließpunkt ein waagerechter Ast der Kurve beobachtet. In diesem Bereich tritt eine Längenzunahme ohne gleichzeitige Steigerung der Kraft ein. Die Höhe dieser Fließzone wird als Fließkraft bezeichnet. Bei hoher Vororientierung verkürzt sich die Fließzcne zu einem Minimum ggf. zu einem Wendepunkt oder Knick, eine Bestimming der Höhe der Fließkraft ist jedoch in jedem Fall möglich.

    [0010] Die Kaltverstreckung der Garne, d.h. eine Verstreckung ohne äußere Wärmezufuhr gemäß der Erfindung kann ohne weiteres unmittelbar vor dem Verstricken durchgeführt werden, da unter diesen Bedingungen beim Stillstand oder bei Anfahrvorgängen unterschiedliche Verweilzeiten im Streckberich keinen störenden Einfluß auf Garneigenschaften ergeben.

    [0011] Aus der Abbildung ist ersichtlich, daß zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens eine bekannte Strickmaschine nur durch ein Einlauflieferwerk (2) ergänzt werden muß. Das Ablaufgatter für die Spule (1), das Lieferwerk (3), die eigentliche Strickmaschine (5) mit dem Strickkopf (6) und der Wickelvorrichtung (8) für den Strickschlauch (7) bleiben unverändert.

    [0012] Erfindungsgemäß wird das hoch vororientierte Garn ohne Wärmezufuhr zwischen den Lieferwerken (2) und (3) kalt verstreckt und anschließend verstrickt. Der Fadenschluß des Garnes kann, sofern gewünscht, noch durch eine Verwirbelungsdüse (4) zwischen Streck- und Strickzone verbessert werden.

    [0013] Die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhaltenen Strickschläuche zeigen eine gute Gleichmäßigkeit im Maschenbild. Maschinenstillstände werden zwar im Maschenbild des Strickschlaues (7) sichtbar, führen aber im endgültigen Kräuselgarn, also nach dem Fixieren und Wiederauftrennen zu keiner Abweichung in Kräuselung oder Farbstoffaufnahme, d.h., sie sind im endgültigen Flächengebilde nicht mehr feststellbar.

    [0014] Das erfindungsgemäße Verfahren erweist sich als besonders vorteilhaft bei der Verarbeitung von gefachten Garnen. Selbst sechsfach gefachte Garne lassen sich durch die Kaltverstreckung gleichmäßig verstrecken und einer Knit-Deknit-Kräuselung unterziehen. Bei der Verarbeitung von Fachgarnen ist natürlich eine Verwirbelung unmittelbar vor dem Strickkopf besonders zu empfehlen.

    [0015] Wie die folgenden Beispiele zeigen, ergibt das erfindungsgemäße Verfahren Garne, die den gewohnten Qualitätsnormen entsprechen, in der Gleichmäßigkeit der Garneigenschaften sogar übertreffen. Ein weiterer Vorteil der erfindungsgemäß hergestellten Garne ist ihre hohe Farbstoffaufnahme, die im allgemeinen deutlich höher ist als die entsprechender Garne, die nach dem klassischen Knit-Deknit-Verfahren aus dem gleichen Polymerrohstoff hergestellt worden waren.

    [0016] Ein weiterer Vorteil ist natürlich die Energieeinsparung. Üblicherweise muß jeder Faden bzw. jedes Garn vor bzw. beim Verstrecken über geheizte Flächen geleitet werden, deren Energieverluste außerordentlich groß sind. Es wird geschätzt, daß nur ein außerordentlich geringer Teil der Heizleistung jedes einzelnen Heizers auf den laufenden Faden oder das laufende Garn übertragen wird. Die restliche Energie führt zu einer Aufheizung des Arbeitsraumes, in dem diese Maschine steht. Da derartige Arbeitsräume üblicherweise klimatisiert sind, bedeutet das, daß die Heizenergie über die Klimaanlage wieder vernichtet werden muß, was weitere Energiekosten verursacht.

    [0017] Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich besonders zur Verarbeitung von Garnen aus Polyethylenterephthalat, ist natürlich aber auch für Garne aus andern hochmolekularen Polyestern einsetzbar.

    [0018] Zur weiteren Verdeutlichung der Erfindung sollen die nachfolgenden Beispiele dienen. Sofern nicht anders angegeben, beziehen sich Prozent- und Teilangaben jeweils auf Gewichtseinheiten.

    Beispiel 1



    [0019] Polyethylenterephthalat der relativer Viskosität 1,81 (gemessen als 1,0%ige Lösung in Phenol: Tetrachlorethan im Verhältnis 3:2) wurde aufgeschmolzen und durch eine 32-Loch-Düse zu Fäden ausgepreßt, die nach dem Erkalten mit 4500 m/min aufgewickelt wurden. Das Polyethylenterephthalat enthielt 0,04 % Titandioxid als Mattierungsmittel. Die Spinnfäden wiesen einen Titer von 200 dtex f 32 auf bei einer Fließfestigkeit von 7,8 cN /tex und einen Thermoschrumpf S130 von 4,8 %.

    [0020] Der Thermoschrumpf "S130," in heißer Luft von 130°C wurde gemäß DIN 53866 bestimmt.

    [0021] Das so erhaltene Fädenmaterial wurde einer Knit-Deknit-Vorrichtung mit vorgesetzter Verstreckgalette gemäß der Figur vorgelegt und die Fäden mit einer Geschwindigkeit von 467 m/min von den Spinnspulen abgezogen. Die Spinnfäden wurden zwischen den Galetten 2 und 3 im Verstreckverhältnis 1:1,2 kalt verstreckt, d.h. also ohne Einwirkung einer Wärmequelle. Nach der Galette 3 wiesen die Fäden als Folge der Verstreckung eine Fließfestigkeit von nunmehr 15 cN/tex bei einem Thermoschrumpf 5130 von 13 % auf. Die Garnlaufgeschwindigkeit zum Strickkopf betrug 560 m/min. Der Strickkopf wies eine 19-er Teilung auf; mit einer Nadelzahl von 240 wurden 100 cm Einstricklänge pro Strickschlauchrunde im rohen, nicht fixierten Zustand verarbeitet. Nach dem Dämpfen im Autoklaven bei 130°C wurde ein Titer von 189 dtex gemessen. Die Kräuselstruktur nach dem Auftrennen des fixierten Strickschlauchs entsprach voll den textilen Anforderungen an Knit-Deknit-Texturiergarnen. Insbesondere wurde die typische boucle-Struktur des so texturierten Garnes beobachtet. Im gefärbten Zustand wies das Garn eine gute Anfärbegleichmäßigkeit auf und im Vergleich zu Mustern, die nach dem konventionellen Verfahren hergestellt worden waren, einen sehr tiefen Farbton.

    Beispiel 2 (Vergleich)



    [0022] Aus dem gleichen Rohstoff, wie er in Beispiel 1 verarbeitet wurde, wurden Fäden mit dem Spinntiter 242 dtex f 32 bei einer Aufwickelgeschwindigkeit von jedoch nur 3500 m/min hergestellt. Ein solches Garn wies eine Fließfestigkeit von nur 5 cN/tex und einen Thermo- schrumpf S130 von 45 % auf. Nach der Kaltverstreckung im Verhältnis 1:1,45 an der identischen Streckstrickvorrichtung wurde eine Fließfestigkeit vor dem Verstricken von ebenfalls 15 cN/tex und ein Thermoschrumpf S130 von 47,2 % gemessen. Der erhaltene Strickschlauch schrumpfte beim Dämpfen jedoch übermäßig stark zusammen und wies einen"brettartigen"Charakter auf. Es war noch möglich, den Strickschlauch aufzutrennen, jedoch war die Kräuselstruktur unzureichend, insbesondere fehlte der boucle-artige Charakter. Der Effektivtiter wurde nach dem Auftrennen mit 210 dtex gemessen.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Verstrecken und Texturieren von unverstreckten multifilen Polyesterfäden oder -garnen nach dem Knit-Deknit-Verfahren, dadurch gekennzeichnet, daß die unverstreckten Fäden oder Garne eine hohe Vororientierung haben entsprechend einer Fließspannung von über 7,5 cN/tex, die Fäden oder Garne bei Raumtemperatur kontinuierlich verstreckt und unmittelbar danach einer bekannten Knit-Deknit-Texturierung unterworfen werden.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die fadenbildende Substanz der Vorlagegarne aus Polyethylenterephthalat besteht.
     




    Zeichnung