[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum kontinuierlich aufeinanderfolgenden Verstrecken
und Texturieren von unverstreckten Garnen, wobei das Texturieren nach einem bekannten
Knit-Deknit-Verfahren erfolgt.
[0002] Die Herstellung von texturierten Garnen aus synthetischen Hochpolymeren erfolgt aus
wirtschaftlichen Erwägungen heraus weitestgehend durch das Streck-Falschdrahttexturieren
sogenannter vororientierter Garne, die durch Anwendung hoher Spinnabzugsgeschwindigkeiten
hergestellt werden. Ein derartiges Verfahren ist beispielsweise in der DE-OS 22 11
843 beschrieben.
[0003] Neben diesem Falschdrahttexturieren wird für spezielle modische Effekte aber auch
das Knit-Deknit-Verfahren angewandt, bei dem ein glattes, verstrecktes Vorlagegarn
zu einem Schlauch oder einer Bahn verstrickt wird, dieses Gestrick dann durch eine
Wärmebehandlung fixiert und anschließend wieder aufgetrennt wird. Unter diesen Bedingungen
entsteht ein texturiertes Garn, da die einzelnen Filamente versuchen, die räumliche
Anordnung wieder zu gewinnen, die sie beim Fixieren im Gestrick hatten. Die Herstellung
des üblicherweise glatten Einsatzgarnes für den Knit-Deknit-Prozcß über einen klassischen
Streckzwirnprozeß ist aufwendig. Es lag daher nahe, der Strickmaschine eine Verstreckstufe
mit einem Heizer vorzuschalten, um eine ordnungsgemäße Verstreckung der Polyestergarne
vor Erreichen der Strickmaschine zu erreichen. Durch eine solche Integration des Streckvorganges
mit dem Abstricken ergibt sich jedoch weder eine Einsparung an Vorrichtungsteilen
noch an Energie, da die Verstreckung weiterhin über Heizschienen, Hotpins oder beheizte
Galetten erfolgen muß. Von Vorteil wäre bei einem solchen Verfahren jedoch die Einsparung
eines Aufwickelvorganges. Ein derartiger Prozeß hat sich jedoch nicht durchsetzen
lassen, da sich bei einer derartigen Kombination Schwierigkeiten bei Maschinenstillständen
ergeben.
[0004] Bei Einsatz einer üblichen Verstreckung von Polyesterfäden, d.h. unter Verwendung
eines beheizten Aggregates zum überschreiten des Umwandlungspunktes zweiter Ordnung
bedeutet jeder Stillstand eines Fadens auf dem Heizer oder dem geheizten Aggregat
wenigstens eine Veränderung der Anfärbbarkeit. Die Anfärbbarkeit des Garnes reagiert
sehr empfindlich auf die Dauer der thermischen Behandlung, so daß dieses Verfahren
nicht zu gleichmäßigen Kräuselgarnen führen kann oder aber jeweils große Verluste
in Kauf genommen werden müssen. Darüberhinaus ist bei Garnen mit hohem Gesamttiter,
etwa bei gefachten Garnen, eine gleichmäßige Durchwärmung nur bei langen Verweilzeiten
in der Heizzone gewährleistet, die aber exakt eingehalten werden müssen.
[0005] Allgemein ist es bei der Verstreckung synthetischer Fäden notwendig, bei Temperaturen
über der Glastemperatur (Umwandlungspunkt zweiter Ordnung) zu arbeiten, sofern man
auf einer vollständigen Verstreckung der Fäden Wert legt. Eine derartige Verstreckung
ist notwendig, um optimale textile Eigenschaften in den Fäden zu erzeugen. Werden
Polyesterfäden ohne Einsatz eines Heizers verstreckt, so kann nur ein Bruchteil der
sonst üblichen Verstreckwerte ohne Fadenbruch erzielt werden. Gleichzeitig werden
durch eine solche Kaltverstreckung die bereits hohen Schrumpfwerte noch deutlich erhöht.
Ein stark schrumpfendes Material kann jedoch.- wenn überhaupt - nur mit erheblichen
Schwierigkeiten einem Knit-Deknit-Texturierprozeß unterworfen werden, da bei dem Fixieren
der Strickware Verhärtungen zumindest aber starke Ungleichmäßigkeiten auftreten müssen.
Aus diesem Grunde wurde bereits in der DE-OS 20 17 971 vorgeschlagen, spezielle Spreizkegel
bei dem Fixieren der Strickschläuche einzusetzen. Durch den Einsatz derartiger Formkörper
wird der Texturierprozeß erheblich kompliziert, eine technische Nutzung unter Einsatz
derartiger Spreizkegel ist nicht bekannt geworden.
[0006] Eine weitere Möglichkeit, die Knit-Deknit-Texturierung mit dem Verstrecken zu kombinieren,
wird in der DE-OS 22 20 713 beschrieben. Hier wird ein unverstrecktes Garn direkt
verstrickt, die erhaltenen Gestricke dann in Schlauchform einer Verstreckung unter
gleichzeitiger Temperatureinwirkung unterworfen. Unter diesen Bedingungen ist es nicht
möglich, eine gleichmäßige Verstreckung des Materials zu erzielen. Der genannten DE-OS
ist zu entnehmen, daß so hergestellte Garne bei der Färbung ein getüpfeltes Aussehen
annehmen.
[0007] Es bestand also weiterhin die Aufgabe, die Verstreckung von unverstreckten Polyestergarnen
mit dem Knit-Deknit-Prozeß zu integrieren, wobei sich bei geringem technischen Aufwand
gleichmäßige, insbesondere gleichmäßig anfärbende Kräuselgarne ergeben sollten.
[0008] Überraschend wurde gefunden, daß diese Aufgabe durch eine unmittelbar vor dem Stricken
durchgeführte Kaltverstreckung von Polyestergarnen gelöst werden kann, sofern die
Polyestergarne eine besonders hohe Vororientierung aufweisen, die durch eine Doppelbrechung
von über 65 . 10
-3 oder eine Fließspannung von über 7,5 cN/ tex ausgedrückt werden kann. Auf herkömmlichen
Spinnanlagen werden derartige Polyestergarne durch Spinnabzugsgeschwindigkeiten von
über 4100, vorzugsweise über 4400 m/min hergestellt. Es wurde gefunden, daß bei diesen
sehr hohen Vororientierungswerten die sonst notwendige Verstreckung der Polyesterfäden
in der Wärme nicht mehr notwendig ist und insbesondere auch, daß sich die Strickschläuche
bei der Fixierung ohne Schwierigkeiten handhaben lassen und auch ein späteres Auftrennen
der Strickware ohne Schwierigkeiten und ohne den Einsatz besonderer Spreizkörper oder
dergleichen möglich ist.
[0009] Unter Fließspannung wird dabei der Quotient aus Fließkraft und dem Titer dieser Einsatzgarne
verstanden. Die Fließkraft kann dabei dem Kraft-Dehnungs-Diagramm entnommen werden.
Bei einem solchen Diagramm wird üblicherweise nach einem linearen Anstieg (reversibler
Bereich) und einem Überschwingen im Fließpunkt ein waagerechter Ast der Kurve beobachtet.
In diesem Bereich tritt eine Längenzunahme ohne gleichzeitige Steigerung der Kraft
ein. Die Höhe dieser Fließzone wird als Fließkraft bezeichnet. Bei hoher Vororientierung
verkürzt sich die Fließzcne zu einem Minimum ggf. zu einem Wendepunkt oder Knick,
eine Bestimming der Höhe der Fließkraft ist jedoch in jedem Fall möglich.
[0010] Die Kaltverstreckung der Garne, d.h. eine Verstreckung ohne äußere Wärmezufuhr gemäß
der Erfindung kann ohne weiteres unmittelbar vor dem Verstricken durchgeführt werden,
da unter diesen Bedingungen beim Stillstand oder bei Anfahrvorgängen unterschiedliche
Verweilzeiten im Streckberich keinen störenden Einfluß auf Garneigenschaften ergeben.
[0011] Aus der Abbildung ist ersichtlich, daß zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens
eine bekannte Strickmaschine nur durch ein Einlauflieferwerk (2) ergänzt werden muß.
Das Ablaufgatter für die Spule (1), das Lieferwerk (3), die eigentliche Strickmaschine
(5) mit dem Strickkopf (6) und der Wickelvorrichtung (8) für den Strickschlauch (7)
bleiben unverändert.
[0012] Erfindungsgemäß wird das hoch vororientierte Garn ohne Wärmezufuhr zwischen den Lieferwerken
(2) und (3) kalt verstreckt und anschließend verstrickt. Der Fadenschluß des Garnes
kann, sofern gewünscht, noch durch eine Verwirbelungsdüse (4) zwischen Streck- und
Strickzone verbessert werden.
[0013] Die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhaltenen Strickschläuche zeigen eine gute
Gleichmäßigkeit im Maschenbild. Maschinenstillstände werden zwar im Maschenbild des
Strickschlaues (7) sichtbar, führen aber im endgültigen Kräuselgarn, also nach dem
Fixieren und Wiederauftrennen zu keiner Abweichung in Kräuselung oder Farbstoffaufnahme,
d.h., sie sind im endgültigen Flächengebilde nicht mehr feststellbar.
[0014] Das erfindungsgemäße Verfahren erweist sich als besonders vorteilhaft bei der Verarbeitung
von gefachten Garnen. Selbst sechsfach gefachte Garne lassen sich durch die Kaltverstreckung
gleichmäßig verstrecken und einer Knit-Deknit-Kräuselung unterziehen. Bei der Verarbeitung
von Fachgarnen ist natürlich eine Verwirbelung unmittelbar vor dem Strickkopf besonders
zu empfehlen.
[0015] Wie die folgenden Beispiele zeigen, ergibt das erfindungsgemäße Verfahren Garne,
die den gewohnten Qualitätsnormen entsprechen, in der Gleichmäßigkeit der Garneigenschaften
sogar übertreffen. Ein weiterer Vorteil der erfindungsgemäß hergestellten Garne ist
ihre hohe Farbstoffaufnahme, die im allgemeinen deutlich höher ist als die entsprechender
Garne, die nach dem klassischen Knit-Deknit-Verfahren aus dem gleichen Polymerrohstoff
hergestellt worden waren.
[0016] Ein weiterer Vorteil ist natürlich die Energieeinsparung. Üblicherweise muß jeder
Faden bzw. jedes Garn vor bzw. beim Verstrecken über geheizte Flächen geleitet werden,
deren Energieverluste außerordentlich groß sind. Es wird geschätzt, daß nur ein außerordentlich
geringer Teil der Heizleistung jedes einzelnen Heizers auf den laufenden Faden oder
das laufende Garn übertragen wird. Die restliche Energie führt zu einer Aufheizung
des Arbeitsraumes, in dem diese Maschine steht. Da derartige Arbeitsräume üblicherweise
klimatisiert sind, bedeutet das, daß die Heizenergie über die Klimaanlage wieder vernichtet
werden muß, was weitere Energiekosten verursacht.
[0017] Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich besonders zur Verarbeitung von Garnen
aus Polyethylenterephthalat, ist natürlich aber auch für Garne aus andern hochmolekularen
Polyestern einsetzbar.
[0018] Zur weiteren Verdeutlichung der Erfindung sollen die nachfolgenden Beispiele dienen.
Sofern nicht anders angegeben, beziehen sich Prozent- und Teilangaben jeweils auf
Gewichtseinheiten.
Beispiel 1
[0019] Polyethylenterephthalat der relativer Viskosität 1,81 (gemessen als 1,0%ige Lösung
in Phenol: Tetrachlorethan im Verhältnis 3:2) wurde aufgeschmolzen und durch eine
32-Loch-Düse zu Fäden ausgepreßt, die nach dem Erkalten mit 4500 m/min aufgewickelt
wurden. Das Polyethylenterephthalat enthielt 0,04 % Titandioxid als Mattierungsmittel.
Die Spinnfäden wiesen einen Titer von 200 dtex f 32 auf bei einer Fließfestigkeit
von 7,8 cN /tex und einen Thermoschrumpf S
130 von 4,8 %.
[0020] Der Thermoschrumpf "S
130," in heißer Luft von 130°C wurde gemäß DIN 53866 bestimmt.
[0021] Das so erhaltene Fädenmaterial wurde einer Knit-Deknit-Vorrichtung mit vorgesetzter
Verstreckgalette gemäß der Figur vorgelegt und die Fäden mit einer Geschwindigkeit
von 467 m/min von den Spinnspulen abgezogen. Die Spinnfäden wurden zwischen den Galetten
2 und 3 im Verstreckverhältnis 1:1,2 kalt verstreckt, d.h. also ohne Einwirkung einer
Wärmequelle. Nach der Galette 3 wiesen die Fäden als Folge der Verstreckung eine Fließfestigkeit
von nunmehr 15 cN/tex bei einem Thermoschrumpf 5130 von 13 % auf. Die Garnlaufgeschwindigkeit
zum Strickkopf betrug 560 m/min. Der Strickkopf wies eine 19-er Teilung auf; mit einer
Nadelzahl von 240 wurden 100 cm Einstricklänge pro Strickschlauchrunde im rohen, nicht
fixierten Zustand verarbeitet. Nach dem Dämpfen im Autoklaven bei 130°C wurde ein
Titer von 189 dtex gemessen. Die Kräuselstruktur nach dem Auftrennen des fixierten
Strickschlauchs entsprach voll den textilen Anforderungen an Knit-Deknit-Texturiergarnen.
Insbesondere wurde die typische boucle-Struktur des so texturierten Garnes beobachtet.
Im gefärbten Zustand wies das Garn eine gute Anfärbegleichmäßigkeit auf und im Vergleich
zu Mustern, die nach dem konventionellen Verfahren hergestellt worden waren, einen
sehr tiefen Farbton.
Beispiel 2 (Vergleich)
[0022] Aus dem gleichen Rohstoff, wie er in Beispiel 1 verarbeitet wurde, wurden Fäden mit
dem Spinntiter 242 dtex f 32 bei einer Aufwickelgeschwindigkeit von jedoch nur 3500
m/min hergestellt. Ein solches Garn wies eine Fließfestigkeit von nur 5 cN/tex und
einen Thermo- schrum
pf S
130 von 45 % auf. Nach der Kaltverstreckung im Verhältnis 1:1,45 an der identischen Streckstrickvorrichtung
wurde eine Fließfestigkeit vor dem Verstricken von ebenfalls 15 cN/tex und ein Thermoschrumpf
S
130 von 47,2 % gemessen. Der erhaltene Strickschlauch schrumpfte beim Dämpfen jedoch
übermäßig stark zusammen und wies einen"brettartigen"Charakter auf. Es war noch möglich,
den Strickschlauch aufzutrennen, jedoch war die Kräuselstruktur unzureichend, insbesondere
fehlte der boucle-artige Charakter. Der Effektivtiter wurde nach dem Auftrennen mit
210 dtex gemessen.