(19)
(11) EP 0 114 184 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
01.08.1984  Patentblatt  1984/31

(21) Anmeldenummer: 83108279.7

(22) Anmeldetag:  23.08.1983
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3F01L 3/20, F01L 1/12, F01L 1/30
(84) Benannte Vertragsstaaten:
FR GB IT SE

(30) Priorität: 14.01.1983 DE 3301007

(71) Anmelder: IRM ANTRIEBSTECHNIK GmbH
D-74211 Leingarten (DE)

(72) Erfinder:
  • Reitz, Johannes
    D-7100 Heilbronn-Kirchhausen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Gaswechselsteuerung für Brennkraftmaschinen mit nach aussen öffnenden Kolbenventilen zur Erlangung eines optimalen Brennraumes


    (57) Neuere Untersuchungen haben die Grenzen der Brennraumgestaltung als sehr wesentlich abhängig von der Lage, der Form und der Temperatur sowie der Überschneidung bezeichnet; respektive der benötigten Räume für die Ventile.
    Da die weitere Erhöhung der Verdichtung insbesondere beim Otto-Motor bei gegebenen Oktanwerten des Kraftstoffs angestrebt wird, liegt der Erfindung mit der Bezeichnung "Gaswechselsteuerung für Brennkraftmaschinen mit nach außen öffnenden Kolbenventilen zur Erlangung eines optimalen Brennraumes" der Gedanke zugrunde, die üblicherweise nach innen in den Brennraum öffnenden Ventile nach außen öffnend umzugestalten. Vorher wurden auch Überlegungen über bekannte Schiebersteuerungen gemacht. Kriterium war die freie Gestaltungsmöglichkeit für einen weitgehendst idealen Brennraum.
    Das Problem der Schließkraft bei nach außen öffnenden Ventilen im Arbeitshub ist erfindungsgemäß durch ein Kniehebelsystem gelöst worden. Die Ventile sind kolbenförmig gestaltet um den Strömungswiderstand herabzusetzen. Die Kolbenform unterstützt den Gaswechselprozeß. Die Temperatur vornehmlich des Auslaßventils dürfte erheblich niedriger sein. Die Brennraumgestaltung wird homogen, d.h. ohne Zerklüftung. Der Brennraum kann als Brennmulde im Kolben unterhalb der Zündkerze angeordnet sein. Die Quetschflächen und Soaiten können optimal gleichmäßig ausgelegt werden. Män könnte sich vorstellen, die Kölbeno- berfläche mit drallförmigen Kanälen zu versehen, so daß der Drall erst beim Verdichten in Richtung Mulde entsteht, was dem volumetrischen Liefergrad nicht so abträglich wäre wie die Drallerzeugung im Kanal. Schließlich wird auf die sich durch die außensteuernden Kolbenventile ergebende einfache und billige Motorbauweise hingewiesen.




    Beschreibung

    Patentanmeldung



    [0001] Gaswechselsteuerung für Brennkraftmaschinen mit nach außen öffnenden Kolbenventilen zur Erlangung eines optimalen Brennraumes

    Prov.Nr: 8243



    [0002] Die Gaswechselsteuerung geschieht heute bei 4-Takt-Motoren wohl ausschließlich über pilzförmige Ventile, die sich beim Öffnen in den Brennraum hineinbewegen. Diese Ventile haben den eindeutigen Vorteil, daß sie sich durch den Druck im Zylinder fest auf den Sitz legen und dadurch

    a) eine im üblichen Sinne absolute Dichtheit und -sofern das Ventilspiel vorhanden ist-

    b) eine volle Entlastung des Ventiltriebes garantieren.



    [0003] Die Temperatur des Auslaßventiles ist sehr hoch, 700 bis 800° C. Grund: der Ventilteller öffnet gegen den Druck im Zylinder und taucht gewissermaßen in den heißen Abgasstrom. Dies verlangt einen hochwertigen Werkstoff, eventuell eine Panzerung und vieles mehr. Trotzdem gibt es keine funktionellen Probleme beim herkömmlichen Ventiltrieb.

    [0004] Jedoch die Absicht, die Verdichtung vornehmlich beim Otto-Motor immer mehr zu steigern, zeigt verschiedene Grenzen auf. Hier sind Überschneidung, Ventiltaschentiefe, Ventiltemperatur, Massen, Ventilbruchmöglichkeit, Lage der Zündkerze und schließlich daraus resultierend der

    [0005] Oktanzahlbedarf zu nennen. Alle genannten Faktoren sind irgendwie voneinander abhängig.

    [0006] Die Überschneidung der Ventile ist abhängig von der Motordrehzahl. Sie bestimmt hauptsächlich die Ventiltaschentiefe im Kolben. Die Ventiltaschen wiederum beeinträchtigen Quetschflächen und Brennraum. In jedem Falle bestimmt die Überschneidung eine Freiraumgröße, die irgendwie den Brennraum negativ beeinflußt. Die hohe Temperatur des Auslaßventiles bestimmt mit die Lage des Brennraumes wie die Position der Zündkerze. Die heiße Umgebung des Auslaßventils hat großen Einfluß auf den volumetrischen Liefergrad und bestimmt wesentlich den Zündzeitpunkt mit.

    [0007] Neuerdings hat sich gezeigt, daß in Verbindung mit sog. Drallkanälen zwecks besserer Aufbereitung des Gemisches und Einspritzung die Ventilteller im Brennraum eine gezielte Strömung schwierig gestalten und daß es wünschenswert wäre, sich über eine im Strömungswiderstand verbesserte Gaswechselsteurung Gedanken zu machen.

    [0008] Es gab in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts eine Menge Schiebersteuerungen, vornehmlich in Flugzeugmotoren, die den Ventiltrieb ersetzen sollten. Mehr oder weniger scheiterten die Konstruktionen an dem Abdichtungsproblem. Alle Drehschieber hatten mindestens eine sich bewegende Zone im Bereich der Feuergase, wobei hohe Temperatur und Trockenlauf den Ausschlag gaben. Nach heutiger Anschauung lassen die bekannten Schiebersteuerungen keinen wünschenswerten Brennraum zu.

    Aufgabenstellung



    [0009] So stellte sich die Aufgabe, bei gegebenen Kraftstoffen die Verdichtung so hoch wie möglich zu treiben und Wege zur Verwirklichung auszuarbeiten . Das oft angegebene hohe Verdichtungsverhältnis eines Motors sagt aber nichts über die Kompressionsenddrücke und Zünddrücke aus, wenn nicht auch der Liefergrad bekannt ist. Hier geht es um hohe Verdichtung und hohe Zünddrücke bei bestmöglichem Liefergrad und bei klopffreiem Betrieb. Vom Stand der Technik ausgehend, sollten -ohne Priorität- alle positiven und negativen Einflußgrößen und Erkenntnisse aus üblicher Ventil- und alter Schiebersteuerung berücksichtigt werden.

    Lösung der Aufgabe



    [0010] Um einen optimalen Brennraum zu schaffen, sollen zunächst die Freiraumgrößen für die Überschneidung der Ventile verschwinden (Ventiltaschen). Dies bedeutet eine Uberschneidung gleich "null" aber hier sind auch Sicherheitsabstände zum Auslaßventil erforderlich. Es bedarf also einer generell anderen Öffnungsrichtung. Nur durch Wegfall von Ventiltaschen im Kolben und/oder anderer Räume kann eine gleichmäßige Quetschströmung mit einem gewissen Drall in den Brennraum (Brennmulde) strömen. Um den Liefergrad nicht durch Drallkanäle zu verschlechtern, liegt es nahe, den Brennraum im Zylinderkopf plan oder kugelförmig zu gestalten und den Kolbenboden mit flachen Drallkanälen im Bereich der Quetschfläche zu versehen, die in die Brennmulde einmünden, um so hier einen turbolenten Wirbel zu erzeugen, damit möglichst Wärme aus dem Kolbenboden entzogen werden kann und eine rasche Durchzündung und Verbrennung erfolgt. Die Ventildurchbrüche sind nur bei planen und kugelförmigen Formen echte Kreise und nur hier ist eine völlige Angleichung der Ventile an die Brennraumform möglich. Die Zündkerze ist weitgehendst zentral anzuordnen. Die Bewegungsrichtung der Ventile muß durch Mitte Kugel gehen. Es bleiben auf Grund der Überlegungen nur nach außen öffnende Ventile übrig. Damit taucht

    a) das Problem der Dichtheit unter höchstem Innendruck auf und

    b) das Problem der Abkopplung der Gaskräfte auf den Ventiltrieb.



    [0011] Hier bietet sich (Siehe Fig. 1 und Fig. 2) der bekannte Kniehebel (1) an. In gestreckter Lage (rechts in Fig.1 und Fig.2) wird die Kraft im System aufgenommen und nicht vom Ventiltrieb (2). Es besteht ein Spiel zwischen Kipphebel (4) und dem Nockengrundkreis (2a). Dasselbe gilt im Beispiel Fig.1 und Fig.2 für Öffnungs-(5) und Schließnocken(3). Der Kniehebel (1) ist einen geringen Betrag über Maximum gespannt gegen den Anschlag (17). Somit wird das System stabil. Längenänderung durch Dehnung und Verschleiß werden von federnden Elementen (6) aufgenommen. Sie bestimmen letztlich den maximalen Druck im Zylinder (7). Im Kolbenventil (19)und(20) ist demzufolge eine entsprechende Vorspannkraft, die von der Schaftwand (11) aufgenommen wird. Bei gestrecktem Kniehebel, also geschlossenem Ventil, wirkt entsprechend der Federkennlinie diese Kraft als Druck auf den Ventilsitz (22). Im Inneren stützt ein Aluminium-Blechring (8) das Federelement (6) gegen die Ventilplatte (10) ab. Der untere Kniehebel (1) besitzt eine Kugel (13), die in der Pfanne (15) sitzt. Sie besitzt ein Gewinde, über das die richtige Vorspannung eingestellt werden kann. Das ganze System steht unter Schmieröldruck.

    [0012] Beispiel Fig. 1 und Fig. 2 zeigt die mögliche Variante mit desmodromischer, also Zwangssteuerung, ohne Federn. Verschiedene Entwürfe haben ergeben, daß zunächst diese Steuerungsart als die günstigste erscheint. Die Montage ist einfach. Das Kniehebelsystem wird vorher komplett mit Kolbenventil montiert und dann eingesetzt. Nach dem Befestigen im Kopf wird die Einstellung vorgenommen:

    * Der Kniehebel (1) wird bis zum Anschlag aus dem die Anschlagschraube (17) entfernt wurde, durchgedrückt.

    * In Öffnung (18) wird eine Kraftmeßuhr eingeschraubt.

    * Der Kniehebel wird zurück über seine gestreckte Lage gedrückt und die hierbei auftretende maximale Kraft gemessen. Sie ist festgelegt und berechenbar. Stimmt sie nicht, so ist von oben mittels Schraubenzieher, bei losem Aufsetzen des Kolbenventils auf seinen Sitz, die Kugelpfanne (15) entsprechend hinein- oder herauszudrehen.



    [0013] Unter dem Tellerfederpaket (6) Beispiel Fig.1 liegt ein Federstahlblech mit mehreren hochgestellten Armen (21), die ein genaues Einstellen ermöglichen und die Lage der Kugelpfanne (15) fixieren. Stimmt die Knickkraft, wird die Anschlagschraube (17) fest eingeschraubt und im Beispiel die Bohrung (18) verschlossen. Anschließend wird die Nockenwelle montiert und die Spiele Grundkreis/ Schlepphebel in bekannter Weise eingestellt.

    Funktionsbeschreibung:



    [0014] Fig. 1 stellt einen Querschnitt im vollen Saughub, Fig. 2 einen Längsschnitt des geschlossenen Auslaßventils dar.

    [0015] Das Einlaßventil (19) ist voll geöffnet. Der Öffnungsnocken (5) läuft auf die Schließflanke über, im selben Moment läuft der Schließnocken (3) auf seinen Kipphebel (4). Seine Flanke bestimmt die Bewegung des Kipphebels und damit des Kniehebels (1). Die ablaufende Flanke des Öffnungsnockens (5) hat jetzt Spiel. Kurz bevor der Kniehebel in die Strecklage geht, setzt das Ventil (19) oder (20) auf. Der Nocken (3) drückt den Kniehebel (1) ca. 1° über die Strecklage und spannt dabei das Ventil um einen bestimmten Betrag vor. Nun herrscht ein stabiler Zustand und ein Druck auf dem Ventilsitz, der entsprechend dem Sitzkegel (im Beispiel 60°) eine gewünschte Größenordnung hat. Die Kraft ist höher als der Zünddruck. Der Schließnocken (3) läuft jetzt mit Spiel zwischen Flanke und Kipphebel ab.

    [0016] Beim Öffnen läuft der Öffnungsnocken (5) mit seiner Flanke auf den Kipphebel (4) auf. Er bestimmt jetzt die Bewegung des Kniehebels. Die Kinematik ist so, daß das Öffnen sich mit höherer Geschwindigkeit vollzieht als das Schließen. Der Druck der Abgase unterstützt das Öffnen des Auslaßventils und die hohe Temperatur der Abgase hat weniger Möglichkeit das Auslaßkolbenventil (20) aufzuheizen. Dies kommt dem Wunsch, eine effektiv höhere Verdichtung fahren zu können, entgegen. Die Bewegung des Einlaßventilkolbens (19) unterstützt den Ansaugprozeß beim Öffnen wie beim Schließen.

    [0017] Fig. 3 zeigt einen Schnitt durch eine mögliche Kolbenbodenform in OT und die Draufsicht dazu mit den an die Brennraumform angepaßten Kolbenventilen (35) und (36).

    [0018] Im Zylinder und Brennraum (31) ist der Kolben(37) am Verdichtungshubende im OT angelangt.

    [0019] Beim Verdichten kann das komprimierte Gemisch aus den enger werdenden Quetschspalten der Quetschzonen in die in Strömungsrichtung weiter werdenden Kanalquerschnitte (32) strömen. Das Gemisch wird in den Kanälen (33), die auch eine gekrümmte Form haben können, in tangentialer Richtung in die Brennmulde (34) geleitet und gezündet.

    [0020] Kanaltiefen, Anzahl und Verlauf sowie die günstigste Form der Brennmulde muß der Versuch ergeben.

    Aussichten



    [0021] Eine der Patentanmeldung entsprechende Konstruktion läßt neben der nahezu idealen Brennraumgestaltung eine billige Motorenbauweise zu.

    1) Es besteht die Möglichkeit, einen Motorblock mit integriertem Kopf mit beliebigem Ventilwinkel zu bauen. Das geht mit nach innen öffnenden, heute üblichen Ventilen nicht.

    2) Es besteht eine gute Möglichkeit, die Quetschspalten und den Kolbenboden so zu gestalten, daß beim Verdichten des Gemisches besonders im Bereich vor dem OT ein Drall erzeugt wird, der in eine zentrale Brennmulde im Kolben mündet. Auf diese Weise kann auf den, den volumetrischen Liefergrad beeinträchtigenden Drallkanal verzichtet werden.



    [0022] Ein wesentlicher Vorteil besteht darin, daß der Drall (siehe Fig.3) so gelenkt wird, daß auch Bestandteile mit höherer Masse (nicht völlig verdampfte Kraftstoffpartikel) in die Brennmulde gefördert werden. Im Gegensatz hierzu werden bei Drallkanälen, die rotierend in den Zylinder eingeleitet werden, die Massenteilchen naturgemäß nach außen gegen die Zylinder-Wandung getragen, wo nach Filmbeobachtungen keine exakte Verbrennung mehr stattfindet. Eine Entflammung solcher Partikel in der Brennmulde ist wahrscheinlicher.


    Ansprüche

    Anspruch 1: Gaswechselsteuerung für Brennkraftmaschinen dadurch gekennzeichnet, daß sich die Ventile nicht wie heute üblich in den Brennraum hinein, sondern sich nach außen bewegen und so den Steuerquerschnitt freigeben.
     
    Anspruch 2: Nach Anspruch 1 ... dadurch gekennzeichnet, daß die Betätigung sowie die notwendige Vorspannung des Ventils auf den Ventilsitz über ein Kniehebelsystem bewirkt wird.
     
    Anspruch 3: Nach den Ansprüchen 1 und 2 dadurch gekennzeichnet, daß die Ventile eine Kolbenform haben und axial durch ein oder mehrere Federelemente auf den Sitz gedrückt und axiale Längenveränderungen des Systems innerhalb der Federkonstante ausgeglichen werden.
     
    AnsDruch 4: Nach den Ansprüchen 1 bis 3 dadurch gekennzeichnet, daß Bearbeitung des Ventilsitzes und Montage der Ventile von außerhalb des Brennraumes bewirkt werden kann.
     
    Anspruch 5: ... dadurch gekennzeichnet, daß ein Zylinderblock mit angegossenem Kopf machbar ist, der einen beliebigen Ventilwinkel haben kann.
     
    Anspruch 6: ... dadurch gekennzeichnet, daß der kugelförmige Brennraum im Zylinderkopf von den Ventilsitzen so angeschnitten wird, daß Kreise entstehen und die auf den Sitz gedrückten Ventile die Kugelform vervollständigen bzw. Kugelabschnitte darstellen, die keine Ventiltaschen oder anderweitig schädliche Räume im Brennraum entstehen lassen.
     
    Anspruch 7: Nach Anspruch 6 dadurch gekennzeichnet, daß die Oberfläche des Brennraumes und der Kolbenboden im Bereich des Quetschspaltes so ausgeführt werden, daß die Ladung durch Anordnung entsprechender Kanäle einen Drall erhält, der in einer Brennmulde endet. (Fig.3)
     




    Zeichnung