[0001] Die Erfindung betrifft ein für Schienenfahrzeuge vorgesehenes Fahrwerk mit vier oder
mehr Rädern, die je für sich um senkrecht zur Gleisfläche im Fahrwerksrahmen befindliche
Hochachsen schwenkbar sind.
[0002] Die vorgesehene Anordnung der Räder soll eine selbsttätige Einstellung aller Räder
in engen Gleisbögen ermöglichen, wodurch das Fahrwerk zwängungsfrei und damit verschleiß-
und geräuscharm Kurven befahren kann. Die zwängungsfreie Bogenfahrt schont nicht nur
Räder und Fahrschienen, sondern spart auch wegen des sich einstellenden geringen Krümmungswiderstandes
Antriebsenergie. Andererseits muß das Fahrwerk einen ruhigen und verschleißarmen Lauf
im geraden Gleis bei höheren Fahrgeschwindigkeiten sicher zu lassen.
[0003] Es ist bekannt, daß zur teilweisen Erfüllung dieser Erfordernisse Drehgestelle gebaut
werden, bei denen zwei oder mehr Radsätze mit fest auf der Radsatzwelle angeordneten
und mit dieser gemeinsam rotierenden Rädern in einem gemeinsamen Fahrwerksrahmen gelagert
werden. Letzterer ist um einen Drehzapfen am Fahrzeugkasten schwenkbar, so daß sich
die Radsätze im Gleisbogen näherungsweise auf dem Gleisverlauf einstellen können und
im geraden Gleis ein mehr oder weniger guter Fahrzeuglauf gewährleistet wird.
[0004] Es sind ferner Lösungen vorgeschlagen worden, bei denen die Räder einer Fahrwerksseite
als sogenannte Losräder unter Weglassung der Radsatzwelle im separaten Fahrwerksrahmen
drehbar gelagert sind und jeder Fahrwerksrahmen für sich um je einen Drehzapfen schwenkbar
ist. Soweit bekannt, sind derartige Doppel-Drehzapfen-Fahrwerke bisher nicht gebaut
worden. fETR 26(i977)7/8,S.517-522],
[0005] Des weiteren sind Fahrwerke bekannt und erprobt, bei denen einzelne Räder um senkrechte
Hochachsen schwenkbar angeordnet sind, wodurch die Räder in die Lage versetzt werden,
sich selbsttätig mit der Radebene tangential zur Fahrschiene bzw. die Radachse radial
zu ihr einzustellen. (Europäische Patentanmeldung Nr. 84 110 722.0)
[0006] Jede der bekannten bzw. vorgeschlagenen vorstehenden Lösungen erfüllt nur einen Teil
der an ein energiesparendes, verschleiß- und geräuscharmes und für enge Gleisbögen
geeignetes Schienenfahrzeugfahrwerk gestellten Anforderungen. Während die konventionellen
Drehgestelle und das oben erwähnte Doppel-Drehzapfen-Fahrwerk mit Losrädern eine ideale
Einstellung der Räder im Gleisbogen nicht zulassen, ist das Fahrwerk mit einzelnen
um Hochachsen schwenkbaren Rädern noch verbesserungsfähig und für größere Fahrzeuggewichte
zu ertüchtigen.
[0007] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Fahrwerk vorzustellen, welches enge
Gleisbögen und gerade Gleise mit hohen Fahrgeschwindigkeiten energiesparend, verschleiß-
und geräuscharm durchfahren kann und für lange schwere Fahrzeuge geeignet ist, die
wegen der begrenzten Radlast acht oder mehr Räder benötigen.
[0008] üblicherweise wird bei langen Fahrzeugen mit mehr als zwei Radsätzen die Bogenfahrt
durch konventionelle Drehgestelle ermöglicht, indem wie in Fig. 1 dargestellt der
um einen unter dem Fahrzeugkasten 1 angebrachten Drehzapfen 2 schwenkbare Drehgestellrahmen
3 mit den in ihm gelagerten Radsätzen 4 und 5 beide Radsätze solange in entgegengesetzten
Richtungen verschiebt, wie es die Lage der Schienen 6 und 7 erfordert. Dabei stellen
sich die Radsatzwellen nicht in die gewünschten Radialstellungen 8 und 9, sondern
bleiben wegen der konstruktiven Gestaltung des Drehgestells parallel zueinander. Die
Radebenen stehen in diesem Falle unter unerwünschten Anlauf winke In zu den Schienen.
Außerdem entsprechen die Umfangsgeschwindigkeiten der Räder wegen der Kopplung mit
der Radsatzwelle nicht den erforderlichen Abrollgeschwindigkeiten, welche an der bogenäußeren
Schiene größer sind als an der im Innenbogen verlegten Fahrschiene.
[0009] Die vorgestellte Erfindung vermeidet die genannten Nachteile. Ausführungsbeispiele
der Erfindung sind in den folgenden Figuren prinzipartig dargestellt und in den entsprechenden
Abschnitten der Beschreibung näher erläutert.
[0010] Um sowohl die Anlaufwinkel zu vermeiden als auch die passenden Abrollgeschwindigkeiten
zu ermöglichen, werden nach Fig. 2 an den Enden der fest mit dem Fahrgestellrahmen
1 verbundenen Achsen 2 und 3 um senkrechte Hochachsen 4 schwenkbare Einzelräder 5
angeordnet. Die Räder 5 je einer Achse 2 oder 3 sind mit Spurstangen 6 in ihrer Lenkbewegung
miteinander gekoppelt. Sie können sich so paarweise ohne Anlaufwinkel tangential zu
den Fahrschienen
. 7 und 8 einstellen. Wegen der fehlenden Drehzahlkopplung der Räder 5 durch eine rotierende
Welle rollen die Räder 5 schlupffrei auf den Fahrschienen 7 und 8 ab. Das dargestellte
Prinzip liegt dem Anspruch 1 zugrunde.
[0011] Eine Ausgestaltung der Lenkkinematik zeigt Fig. 3. Die um senkrechte Hochachsen 4
schwenkbaren Einzelräder 5 der Achse 2 sind durch die querangeordnete Spurstange 6
in ihrer Lenkbewegung miteinander gekoppelt. Die Räder 5 der Achse 3 dagegen sind
durch längs angebrachte Spurstangen 9 und 10 in ihrer Lenkbewegung mit den jeweils
auf derselben Fahrschiene 7 oder 8 abrollenden Rädern 5 der Achse 2 verbunden. Das
dargestellte Prinzip liegt dem Anspruch 2 zugrunde.
[0012] Eine weitere Ausgestaltung der Lenkkinematik zeigt Fig. 4. Die um senkrechte Hochachsen
4 schwenkbaren Einzelräder 5 der Achse 2 sind durch die querangeordnete Spurstange
6 in ihrer Lenkbewegung miteinander gekoppelt. Die Räder 5 der Achse 3 dagegen sind
durch diagonal angebrachte Spurstangen 11 und 12 in ihrer Lenkbewegung mit den jeweils
auf der gegenüberliegenden Fahrschiene 7 oder 8 abrollenden Rädern 5 der Achse 2 verbunden.
Das dargestellte Prinzip liegt dem Anspruch 3 zugrunde.
[0013] In bestimmten Anwendungsfällen kann es zweckmäßig sein, wie in Fig. 5 dargestellt,
die Achsen 2 und 3 des Fahrwerks durch einen an die Achsmitten angeschlossenen mittleren
Längsträger 13 zu verbinden, wobei der Längsträger 13 auch der Antriebsblock eines
Zweiachs-Längsantriebes sein kann. Das dargestellte Prinzip liegt dem Anspruch 4 zugrunde.
[0014] Ein besonders zweckmäßiges Beispiel der Erfindung kann das in Fig. 6 dargestellte
Prinzip sein. Die beiden Achsen 2 und 3, welche die um Hochachsen 4 schwenkbaren Einzelräder
5 tragen, sind gelenkig an die äußeren Längsträger 14 und 15 angeschlossen. Die Längsträger
14 und 15 können um Drehpunkte 16 und 17 wenden, welche unmittelbar am Fahrzeugkasten
18 angeschlossen sind. Das dargestellte Prinzip liegt dem Anspruch 5 zugrunde.
[0015] In Fig. 7 wird die Schwenkbarkeit der Längsträger 14 und 15 unter dem Fahrzeugkasten
18 in an sich bekannter Weise durch Längslenker 19 und 20, welche die Längsträger
14 und 15 mit dem Wagenkasten 18 gelenkig verbinden, und Federn 21 und 22 zur elastischen
Seitenabstützung bewerkstelligt. Wegen der Übersichtlichkeit sind die Spurstangen
in der Darstellung weggelassen worden. Das dargestellte Prinzip liegt dem Anspruch
6 zugrunde.
[0016] An Stelle der beiden äußeren Längsträger können, wie in Fig. 8 wiedergegeben, die
beiden Achsen 2 und 3 auch durch einen gelenkig in der Mitte der Achsen 2 und 3 angeschlossenen
mittleren Längsträger 23 verbunden sein. Die Verbindung zum Wagenkasten kann durch
einen Drehzapfen 24 oder einen Längslenker und seitliche Federn erfolgen. Das dargestellte
Prinzip liegt dem Anspruch 7 zugrunde.
[0017] In einer weiteren besonders wirkungsvollen Ausgestaltung der Erfindung wird nach
Fig. 9 auf die Achsen völlig verzichtet. Die senkrechten Hochachsen 4 für die Schwenkbarkeit
der Räder 5 sind direkt mit den seitlichen Längsträgern 14 und 15 verbunden. Die Längsträger
14 und 15 können um Drehzapfen 16 und 17 wenden oder sind über nicht dargestellte
Längslenker und seitliche Federn einstellbar mit dem Wagenkasten verbunden. Die Wendebewegung
der Längsträger 14 und 15 ist miteinander durch die querangeordneten Verbindungsstangen
25 und 26 gekoppelt, die gelenkig an die Längsträger 14 und 15 angeschlossen werden.
Das dargestellte Prinzip liegt dem Anspruch 8 zugrunde.
[0018] Fig. 10 zeigt ebenfalls ein Fahrwerk mit direkt an den seitlichen Längsträgern14und
15 angeschlossenen schwenkbaren Rädern 5. Die seitlichen Längsträger 14 und 15 sind
auf einem Querträger 27 drehbar gelagert. Der Querträger 27 ist seinerseits über den
mittleren Drehzapfen 24 mit dem Wagenkasten verbunden. Das dargestellte Prinzip liegt
dem Anspruch 9 zugrunde.
[0019] An Stelle des mittleren Drehzapfens ist nach Fig. 11 die Verbindung des Fahrwerks
mit dem Wagenkasten durch einen in der Mitte des Querträgers 27 angreifenden Längslenker
28 und seitlich angeordnete quer wirkende Federn 29 und 30 realisiert. Das dargestellte
Prinzip liegt dem Anspruch 10 zugrunde.
[0020] Die perspektivische Prinzipdarstellung der Fig. 12 zeigt wiederum ein Fahrwerk mit
zwei seitlichen Längsträgern 14 und 15 mit den senkrechten Hochachsen 4 für die Schwenkbarkeit
der durch querangeordnete Spurstangen 6 jeweils paarweise miteinander gekoppelten
Räder 5. Die Längsträger 14 und 15 werden durch gelenkig an diesen angeschlossene
querliegende Verbindungsstangen 25, 26 und 31 miteinander verbunden, wobei die Verbindungsstangen
25 und 26 unterhalb der Achsmitte der Räder 5 und die Verbindungsstange 31 oberhalb
der Achsmitte liegen. Die elastische Abstützung des Wagenkastens auf dem Fahrwerk
erfolgt über vertikale Federn 32 und 33 und die querliegenden Federn 29 und 30. Zur
Übertragung von Längskräften dienen die an den seitlichen Längsträgern 14 und 15 gelenkig
angeschlossenen seitlichen Längslenker 19 und 20. Das dargestellte Prinzip liegt dem
Anspruch 11 zugrunde.
[0021] Aufstellung der verwendeten Bezugszeichen und Begriffsbestimmungen
I Zum Stand der Technik gemäß Fig. 1
[0022]
1 Fahrzeugkasten
2 Drehzapfen
3 Drehgestellrahmen
4) Radsatz
5)
6) Schiene
8) gewünschte Radialeinstellungen der Radsätze 9)
II zu den Fig. 2 - 12
[0023]
1 Fahrgestellrahmen
2) Achse
4 senkrechte Hochachse
5 schwenkbares Einzelrad
6 Spurstange
8) Fahrschiene
9) längs angebrachte Spurstange 10)
11) diagonal angebrachte Spurstange 12)
13 mittlerer Längsträger (auch Antriebsblock eines Zweiachs-Längsantriebes)
14) äußere Längsträger 15)
16) Drehpunkt 17)
18 Fahrzeugkasten
19) 20) Längslenker
21) Feder 22)
23 Längsträger
24 Drehzapfen
25) querangeordnete Verbindungsstange 26)
27 Querträger
28 Längslenker
29) seitlich angeordnete, quer wirkende Feder 30)
31 querliegende Verbindungsstange
32) vertikale Feder
1. Fahrwerk für Schienenfahrzeuge, insbesondere für Strecken mit vielen und engen
Gleisbögen, zur Erzielung eines Schienen und Räder schonenden verschleißarmen Fahrzeugslaufs,
dadurch gekennzeichnet, daß im Dreh-oder Fahrgestellrahmen (1) an der Stelle der sonst
üblichen Radsätze fest oder gefedert, aber nicht drehbar gelagerte Achsen (2, 3) angeordnet
sind, die an ihren Enden um senkrechte Hochachsen (4) schwenkbare Einzelräder (5)
aufnehmen, wobei die Räder (5) jeder Achse (2, 3) durch eine Spurstange (6) in ihrer
Lenkbewegung im Sinne einer selbsttätigen und winkelrich- ― tigen Einstellung der
Räder (5) zu den Schienen (7, 8) gekoppelt sind. (Fig. 2)
2. Fahrwerk nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die schwenkbaren Räder (5)
nur einer Achse (2) durch eine querangeordnete Spurstange (6) miteinander und die
Räder (5) jeder Fahrwerksseite zusätzlich durch längs angebrachte Spurstangen (9,
10) gekoppelt sind und sich dadurch winkelrichtig in Gleisbögen einstellen können.
(Fig. 3)
3. Fahrwerk nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die schwenkbaren Räder (5)
nur einer Achse (2) durch eine querangeordnete Spurstange (6) miteinander und mit
den schwenkbaren Rädern (5) der anderen Achse (3) durch diagonal angeordnete Spurstangen
(11, 12) gekoppelt sind und sich dadurch winkelrichtig in Gleisbögen einstellen können.
(Fig. 4)
4. Fahrwerk nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß an Stelle der die
beiden Achsen (2, 3) verbindenden äußeren Längsträger (14, 15) des Drehgestellrahmens
ein Längsträger (13) in der Mitte zwischen den Achsen (2, 3) angeordnet wird. (Fig.
5)
5. Fahrwerk nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß die beiden die
Achsen (2, 3) verbindenden äußeren Längsträger (14, 15) gelenkig an den Achsen (2,
3) angeschlossen sind, jeder Längsträger (14, 15) um einen separaten Drehpunkt (16,
17) wenden kann, und die Achsen (2, 3) dadurch parallel zu sich selbst verschoben
werden. (Fig. 6)
6. Fahrwerk nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß an Stelle der Drehpunkte
(16, 17) die Längsträger (14, 15) durch Längslenker (19, 20) und Querfedern (21, 22)
mit dem Wagenkasten verbunden sind. (Fig. 7)
7. Fahrwerk nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, daß an Stelle der die
beiden Achsen (2, 3) gelenkig verbindenden äußeren Längsträger (14, 15) ein Längsträger
(23) in der Mitte zwischen den Achsen (2, 3) angeordnet wird. (Fig. 8)
8. Fahrwerk nach Anspruch 1, 2, 3 oder 6, dadurch gekennzeichnet, daß die um senkrechte
Hochachsen (4) schwenkbaren Einzelräder (5) - unter Wegfall der Achsen (2, 3) - schwenkbar
direkt an den Längsträgern (14, 15) angeordnet sind, die Längsträger (14, 15) je für
sich um einen separten Drehpunkt (16, 17) wenden können und untereinander durch querangeordnete
Verbindungsstangen (25, 26) in ihrer Wendebewegung gekoppelt sind. (Fig. 9)
9. Fahrwerk nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß die beiden Längsträger (14,
15) durch einen in der Mitte an einem Drehzapfen (24) gelagerten Querträger (27) in
ihrer Wendebewegung miteinander gekoppelt sind und jeder Längsträger (14, 15) durch
eine drehbare Lagerung auf dem Querträger (27) Nickbewegungen ausführen kann. (Fig.
10)
10. Fahrwerk nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß an die Stelle des Drehzapfens
(24) ein mittlerer Längslenker (28) und querangeordnete Federn (29, 30) treten. (Fig.
11)
11. Fahrwerk nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß zusätzlich zu den zwei querangeordneten
Verbindungsstangen (25, 26) eine weitere Verbindungsstange (31) vorgesehen ist, wobei
die beiden querangeordneten Verbindungsstangen (25, 26) unterhalb einer durch die
Radmitten gelegt gedachten horizontalen Ebene und die - weitere Verbindungsstange
(31) oberhalb derselben angebracht werden. (Fig. 12)