(19)
(11) EP 0 154 600 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
11.09.1985  Patentblatt  1985/37

(21) Anmeldenummer: 85730007.3

(22) Anmeldetag:  21.01.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C21D 8/00, C21D 6/02, C22C 38/40
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT FR GB IT NL SE

(30) Priorität: 24.02.1984 DE 3407307

(71) Anmelder: MANNESMANN Aktiengesellschaft
D-40027 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Grützner, Günther, Dr.-Ing.
    D-4150 Krefeld (DE)

(74) Vertreter: Meissner, Peter E., Dipl.-Ing. et al
Meissner & Meissner, Patentanwaltsbüro, Postfach 33 01 30
D-14171 Berlin
D-14171 Berlin (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verwendung einer korrosionsbeständigen austenitischen Eisen-Chrom-Nickel-Stickstoff-Legierung für mechanisch hoch beanspruchte Bauteile


    (57) Korrosionsbeständige austenitische Legierungen, die für mechanisch hoch beanspruchte Bauteile verwendet werden, sollen möglichst hohe Streckgrenzen, die für die Berechnung maßgebend sind, besitzen. Durch Mischkristallhärtung bzw. Legierungen mit Stickstoff lassen sich die Streckgrenzen austenitischer Cr-Ni-, Cr-Ni-Mo- oder Cr-Ni-Mn-Mo-Stähle anheben. Solche Stahllegierungen entsprachen jedoch nicht immer den Anforderungen, da sie noch zu niedrige Festigkeiten oder zu hohe, den Werkstoff verteuernde Legierungsgehalte, verbunden mit schwieriger Warmumformbarkeit, besaßen. Weitere bekannte Maßnahmen, die Streckgrenzen zu erhöhen, sind Ausscheidungshärtung und Kornverfeinerung. Mittels Kaltverformens und rekristallisierenden Glühens konnten erfindungsgemäß zu verwendende Fe-Cr-Ni-N-Legierungen mit extrem feinem Korn des Durchmessers 3 µm (ASTM-Nr. 13,5) hergestellt werden, bei denen sich Stickstoff-Mischkristall-, Nitrid-Ausscheidungs- sowie Ultrafeinkornhärtung überlagerten. Diese erfindungsgemäß zu verwendenden Legierungen besaßen im wesentlichen die eingangs aufgeführten Nachteile der bekannten Stähle nicht mehr. Insbesondere lagen ihre Streckgrenzen sehr hoch, da überraschenderweise die Festigkeitseigenschaften besser waren, als auf Grund einer Summierung der erwähnten drei Härtungseffekte zu erwarten gewesen wäre.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft die Verwendung einer korrosionsbeständigen austenitischen Eisen-Chrom-Nickel-Stickstoff-Legierung als Werkstoff für Bauteile, die hohen mechanischen Beanspruchungen ausgesetzt sind.

    [0002] In der Technik werden beispielsweise für Höchstdruckrohre im chemischen Apparatebau, für die Förderung von Sauergas oder für Implantate in der Knochenchirurgie Stähle oder Legierungen verlangt, die nicht nur sehr korrosionsbeständig, sondern wegen der hohen mechanischen Beanspruchungen auch hochfest sein sollen. Die Streck- oder Dehngrenze ist die maßgebliche Größe für die Berechnung. Der Konstrukteur wird daher bei der Auslegung solcher Bauteile korrosionsbeständige Werkstoffe mit hohen Streckgrenzen bevorzugen, um größte Belastbarkeit zu erreichen oder wegen der besseren Verarbeitbarkeit sowie der Gewichts- und Rohstoffersparnis dünnere Werkstücke verwenden zu können.

    [0003] Austenitische nichtrostende Stähle oder Legierungen besitzen im allgemeinen günstigere Korrosionseigenschaften und sind leichter zu verarbeiten als ferritische. Da hauptsächlich durch Nickel das austenitische Gefüge stabilisiert wird, sind solche Stähle nach DIN 17 440, Ausgabe Dezember 1972, und Stahl-Eisen-Werkstoffblatt 400-73, 4. Ausgabe, Dezember 1973, mit mehr als 7 % Ni legiert. Ferner enthalten sie mind. 16,0 % Cr, um eine ausreichende Passivität zu garantieren. Zusätze von Mo und Si erhöhen die Lochfraßständigkeit und von Cu hauptsächlich den Korrosionswiderstand in nichtoxidierenden Säuren (s. E. Houdremont, Handbuch der Sonderstahlkunde, Springer-Verlag, Berlin, Göttingen, Heidelberg, 1956, S. 969, 1176 u. 1261 ff.). Erhöhte Nickelgehalte von rd. 50 % verbessern die Spannungsrißkorrosionsbeständigkeit (s. Berg- und Hüttenmännische Monatshefte 108, S. 1/8 und 4 ff.).

    [0004] Die austenitischen Chrom-Nickel-Stähle besitzen den Nachteil der niedrigen 0,2-Grenzen. Durch Gehalte bis zu etwa 3 % Wolfram lassen sich diese Festigkeitswerte anheben (s. aufgeführtes Zitat von E. Houdremont, S. 899 ff.). Grössere Bedeutung jedoch hat die Mischkristallhärtung durch Stickstoff. So werden die garantierten Mindestwerte der 0,2-Grenzen der korrosionsbeständigen austenitischen Stähle, die nur etwa 200 N/mm2 betragen, durch Legieren mit 0,2 % N auf 300 N/mm2 erhöht (s. DIN 17440, Stahl 1.4429 mit rd. 17,5 % Cr, 13 % Ni, 3 % Mo und 0,2 % N). Diese Steigerung der Festigkeit, die - auch ganz allgemein - ungefähr proportional mit der gelösten Stickstoffmenge zunimmt, genügte jedoch auch noch nicht allen Anforderungen. Noch höhere Gehalte bis zur Löslichkeitsgrenze von etwa 0,55 % N sind wegen der Bildung von Stickstoffblasen bei der Erstarrung bzw. wegen des "Treibens" der Gußblöcke in austenitische Stähle nur einzubringen, wenn die Chromgehalte auf ca. 24 % und üblicherweise auch die Menge an Mangan auf rd. 5 % angehoben werden. So ist in DEW-Technische Berichte 13 (1973), S. 94/100, ein Stahl mit 24,5 % Cr, 16,8 % Ni, 5,5 % Mn, 3,2 % Mo, 0,16 % Nb und 0,46 % N beschrieben worden, dessen garantierte Mindestwerte der 0,2-Grenzen mit 510 N/mm2 bei einer Lösungsglühtemperatur von 1100 C angegeben werden. Die effektiv an warmgewalzten Blechen ermittelten Werte lagen bei rd. 615, 670 und 725 N/mm2, wenn die Lösungsglühtemperaturen 1100, 1050 bzw. 1000 °C betrugen. Solche Stähle besitzen den Nachteil, daß sie noch bei so hohen Temperaturen wie 1000°C versprödend wirkende intermetallische Phasen ausscheiden und daher u.a.niedrige Dehnungswerte von etwa 30 % aufweisen. Außerdem sind sie schwierig warm umzuformen (s. Zitat S. 2, Zeile 27 und TEW-Technische Berichte 2 (1976), S. 159 ff. sowie Metals Engineering Quarterly, Februar 1971, S. 61/63). Ferner stellen die mit dem Stickstoffeinbringen verbundenen hohen Chrom- und Mangangehalte und die aus diesem Grunde zwecks Vermeidung der Bildung von Deltaferrit und von intermetallischen Phasen erforderlichen großen Nickelmengen eine Verteuerung solcher Werkstoffe dar. In der Mehrzahl der Fälle sind Stähle mit nur rd. 18 % Cr, 12 % Ni und 2 % Mo gefragt. Eine besondere Bedeutung im Hinblick auf optimale Streckgrenzen in stickstofflegierten, austenitischen Stählen kommt dem Einfluß von Niob zu. Es wurde festgestellt, daß neben der bereits erörterten Stickstoff-Mischkristallhärtung durch dieses Element eine zusätzliche Streckgrenzenerhöhung infolge der Ausscheidung von niobhaltigen Chromnitriden der Art Nb2Cr2N2, genannt Z-Phase, auftritt. So kann der auf Ausscheidungshärtung beruhende Anteil der 0,2-Grenzen in derartigen, durch Glühen bei 1050°C voll rekristallisierten Stählen max. 90 N/mm2 betragen (s. Thyssenforschung 1 (1969),

    [0005] S. 10/20 und 14 ff.). Um die Ausscheidung von weniger wirksamem, reinem Niobnitrid sowie um größere Verluste gelösten Stickstoffs im Austenit zu vermeiden, besitzen alle diese Stähle einen wesentlich geringeren Niobgehalt als ihrer siebenfachen Menge an N, dem stöchiometrischen Verhältnis in der Verbindung NbN, entspricht. Die neben der Ausscheidungs- und Mischkristallhärtung dritte Möglichkeit der Festigkeitssteigerung durch Kornverfeinerung wurde in ASTM Special Technical Publication No. 369 (1965), S. 175/ 179 besonders eingehend behandelt. Nach Kaltwalzen und rekristallisierendem Glühen eines austenitischen Stahles mit rd. 18 % Cr und 10 % Ni, der jedoch nicht mit Stickstoff legiert war, wurden Korngrößen von etwa der Nr. 12,5 nach ASTM (ca. 4 um) erreicht, wobei allerdings 0,2-Grenzen von nur rd. 380 N/mm2 erzielt wurden, weil Stickstoff-Mischkristall- und Nitrid-Ausscheidungshärtung fehlten. Gegenüber dem gröberen Gefügezustand dieser Legierung mit einer Korngröße von etwa der Nr. 5,5 nach ASTM (rd. 50 µm), die ungefähr den üblichen lösungsgeglühten Stähle entspricht, be- . trugen die Streckgrenzenerhöhungen maximal 150 N/mm2 (s. in der zitierten Arbeit die Bilder 6 bis 9 auf Seite 178). In Scand. J. Metallurgy 6 (1977), S. 156/ 169 u. 162 ff., wurde ein stickstofflegierter,austenitischer Stahl mit rd. 22 % Cr, 10 % Ni und 0,27 % N beschrieben, der nach Kaltwalzen und einem rekristallisierenden Glühen jedoch nur kleinste Korndurchmesser von 10 µm (ASTM-Nr. 10) und 0,2-Grenzen von höchstens 490 N/mm2 besaß. Ultrafeinkornhärtung trat demnach nicht auf. Ebenso wurde eine Ausscheidungshärtung durch Chromnitrid Cr2N nicht festgestellt, so daß die Festigkeitssteigerung nur auf der Überlagerung von Stickstoff-Mischkristallhärtung und einer wegen des noch relativ großen Korns begrenzten Härtung infolge Kornverfeinerung beruhte.

    [0006] Im Hinblick auf die Korrosionseigenschaften der im einzelnen erörterten stickstofflegierten Stähle ist die durch Chromnitride hervorgerufene Chromverarmung des Austenits zu erwähnen. Dadurch kann die Passivität des Mischkristalls in der Umgebung der ausgeschiedenen Teilchen aufgehoben werden. Ein Maß für diese Korrosion ist die Anfälligkeit der Stähle gegenüber Kornzerfall. Es zeigte sich, daß Stähle mit rd. 18 % Cr und 10 % Ni erst dann oberhalb 800 °C anfällig durch Glühungen, z. B. Ausscheidungs7 oder Rekristallisationsglühungen, werden, wenn die Stickstoffgehalte über 0,27 % liegen (s. Stahl und Eisen 93 (1973), S. 9/18 u. 15 ff.). Wie eingangs dargelegt, sind noch größere Mengen an Stickstoff nur durch höhere Chromgehalte in austenitische Stähle einzubringen. Da jedoch nach einer Arbeit in Berg- und Hüttenmännische Monatshefte 124 (1979), S. 508/514 u. 509 ff., die Neigung zu Kornzerfall bzw. zur interkristallinen Korrosion in stickstofflegierten,austenitischen Stählen stark mit dem Chromgehalt abnimmt, sind auf den Einfluß von Stickstoff zurückzuführende Korrosionsprobleme bei der Verwendung solcher Legierungen nicht zu erwarten.

    [0007] Der Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, zur möglichst weitgehenden Beseitigung der Nachteile dieser stickstofflegierten,austenitischen Stähle wie zu niedrige 0,2-Grenzen, zu hoher Verbrauch von Legierungselementen und zu schwierige Verarbeitbarkeit beizutragen. Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß eine korrosionsbeständige austenitische Eisen-Chrom-Nickel-Stickstoff-Legierung mit der an sich bekannten, in Anspruch 1 angegebenen chemischen Zusammensetzung als Werkstoff für korrosiv und hoch mechanisch beanspruchte Bauteile in einer solchen Art' verwendet wird, daß nach Durchlaufen eines Bereiches hoher Temperatur zur Lösung einer möglichst großen Stickstoffmenge die Legierung abgekühlt und kalt umgeformt sowie anschließend so geglüht wird, daß sich Ausscheidungen bilden und ein ultrafeinkörnig rekristallisiertes Gefüge mit einem mittleren Korndurchmesser unter 8,5 µm (größer als etwa Nr. 10,5 nach ASTM) entsteht sowie dadurch hohe Streckgrenzen erreicht werden. In weiteren Ansprüchen sind Ausgestaltungen der Erfindung, die die Wärmeführung, die Kaltumformung und die erreichbaren Streckgrenzen betreffen, angegeben. Ferner wird auf die erfindungsgemäße Verwendung der Legierung für Bauteile Bezug genommen, die bei erhöhten, im Bereich der Warmstreckgrenze als Berechnungsgrundlage liegenden Temperaturen beansprucht werden. Diese Art der Verwendung ergibt sich aus der Tatsache, daß hohe, bei Raumtemperatur durch Stickstoff-Mischkristallhärtung und Kornverfeinerung erzielte Streckgrenzen auch solche bei erhöhten Temperaturen zur Folge haben (vgl. die Warmstreckgrenzen der Stähle X 2 CrNiMo 18 16 und X 2 CrNiMoN 18 13 in DIN 17440 und s. Metal Science, Juni 1977, S. 210, Bild 5 ff.).

    [0008] Die wesentlichen Vorzüge der Erfindung lassen -sich auf die Art der Verarbeitung, die chemische Zusammensetzung und die technologischen Eigenschaften der erfindungsgemäß zu verwendenden Legierungen zurückführen. Aus diesem Grunde sollen die in der Tabelle angegebenen 7 Ausführungsbeispiele und die vorteilhaften Wirkungen der Erfindung gemeinsam besprochen werden. Die Tabelle gibt die unter Beachtung von DIN 50215, Ausgabe April 1951, und DIN 50145, Ausgabe Mai 1975, ermittelten Streckgrenzen, Dehnungen und Zugfestigkeiten . bzw. Streckgrenzenverhältnisse an Proben von gewalzten, bis 10 mm dicken Blechen wieder. Ferner sind Angaben über die bei der Herstellung der Bleche durchgeführten 4 Verarbeitungsschritte in der Reihenfolge Warmwalzen von 50-kg-Gußblöcken, Lösungsglühen, Kaltverformen und Rekristallisieren gemacht (s. Spalten 2 bis 5 der Tabelle). Eine Lösungsglühung kann bei genügend hohen Warmumformtemperaturen auch entfallen, wie beim Stahl der lfd. Nr. 3 beispielhaft gezeigt wird.

    [0009] Tabelle mit Ausführungsbeispielen





    Der größte Vorteil der Erfindung ist in der Schaffung entsprechend zu verwendender Stähle oder Legierungen mit bislang nicht erreichten Streckgrenzen im fast völlig rekristallisierten und daher für Spannungjrißkorrosion wenig empfindlichen Zustand, vergleichbar mit dem ausgezeichneten Korrosionsverhalten lösungsgeglühter Stähle, zu sehen (s_. Spalten 6 und 8 bis 10 der Tabelle). Diese hohen Streckgrenzen sind auf Ultrafeinkorn-, Mischkristall- und Ausscheidungshärtung zurückzuführen. Die Ultrafeinkornhärtung wird durch die äußerst kleinen, in Spalte 7 ausgewiesenen Körner der Größe 2 bis 6 um und die Mischkristallhärtung durch die hohen Stickstoffgehalte der Schmelzen von 0,2 bis 0,45 % belegt. Hinweise auf eine Nitrid-Ausscheidungshärtung geben die bei lichtmikroskopischen Untersuchungen regelmäßig im Gefüge zu erkennenden Teilchen, die sich in der austenitischen Grundmasse ausgeschieden hatten. Auch die Ausbildung einer ausgeprägten Streckgrenze, die bei gewöhnlichen stickstofflegierten,austenitischen Stählen nicht festzustellen ist, läßt auf einen solchen Härtungsvorgang schließen (s. Spalte 8 der Tabelle). Weiter ist für eine optimale Härtung dieser Art ein Ausgangszustand anzustreben, der einem an gelöstem Stickstoff stark übersättigten Stahl entspricht. Aus diesem Grunde sind vor dem Kaltverformen bzw. rekristallisierenden Glühen die erfindungsgemäß zu verwendenden Legierungen so zu verarbeiten, daß das Durchlaufen eines Bereiches hoher Temperatur, verbunden mit einer unmittelbar daran anschließenden Abkühlung, gewährleistet ist. Auf diese Weise wird auch eine besonders effektive Mischkristallhärtung erreicht, da viel Stickstoff im Stahl gelöst und der Entzug durch Nitridbildung demgegenüber zu vernachlässigen ist. Es überraschte, daß die hohen, mittels Überlagerung von Stickstoff-Mischkristall-,

    [0010] Nitrid-Ausscheidungs- und Ultrafeinkornhärtung erzielten Streckgrenzen nicht durch die Summierung der Wirkung an sich bekannter Einzelmaßnahmen zu erklären waren, sondern offensichtlich auf einem zusätzlichen Gewinn an Festigkeit beruhen. Legt man gemäß Berg-und Hüttenmännische Monatshefte 113 (1968), S. 378 ff., für die Streckgrenzenerhöhungen durch 0,2, 0,3 und 0,45 % N infolge Mischkristallhärtung bei austeni-tischen Chrom-Nickel-Stählen 100, 150 und 245 N/mm2 zugrunde und berücksichtigt weiter, daß durch Nitrid-Ausscheidungshärtung 90 sowie durch Ultrafeinkornbildung 150 N/mm2 an Steigerung zu erzielen sind, so soll-. te der gesamte Zuwachs für die Stähle je nach Stickstoffgehalt 340, 390 und 485 N/mm2 betragen. Für den ausscheidungsfreien Austenit ohne Stickstoff sind bei einer Korngröße von ungefähr 50 µm bzw. der ASTM-Nr. 5,5 (etwa eine Größe wie bei lösungsgeglühten Stählen) O,2-Grenzen von ca. 225 N/mm2 anzunehmen (s. ASTM Special Technical Publication No. 369, 1965, S. 178, Bilder 6 u. 7 ff.), so daß theoretisch die ih der Tabelle aufgeführten Stähle der lfd. Nr. 1 bis 3 Streckgrenzen von 565, die der lfd. Nr. 4 und 5 von 615 und schließlich die der lfd. Nr. 6 und 7 von 710 N/mm2 besitzen sollten. Es handelt sich bei den Zahlen um ausgesprochene Höchstwerte. Anzumerken wäre, daß für die niobfreien Legierungen die auf Ausscheidungshärtung beruhende Festigkeitssteigerung mit 90 N/mm2 besonders hoch angesetzt ist. Ein Vergleich zeigt, daß diese erfindungsgemäß zu verwendenden niobfreien Stahllegierungen sogar noch um etwa 10 % und auch die niobhaltigen Legierungen Unerwartet um rd. 20 % höhere Streckgrenzen besitzen, als den errechneten Höchstwerten entspricht. Die Stähle der lfd. Nr. 7, 6 und 4 weisen jeweils die chemische Zusammensetzung auf, die den bei der Darlegung des Standes der Technik abgehandelten Stählen entsprechen (siehe S. 2, Zeile 29 und S. 4, Zeile 17). Eine Gegenüberstellung macht erneut die Vorzüge der erfindungsgemäß zu verwendenden Legierungen deutlich. So werden Streckgrenzen von 813 bis 870 gegenüber 725 und von 658 gegenüber 490 N/mm2 gemessen. Beim zuletzt genannten Beispiel wird durch Niobzusatz gemäß Stahl der lfd. Nr. 5 das Verhältnis sogar auf 783 zu 490 N/mm2 erhöht. Die Stähle der lfd. Nr. 1 und 2 lassen erkennen, daß auch bei relativ niedrig legierten, besser warm umformbaren Stählen vom Typ 18 Cr-12 Ni-2 Mo durch Legieren mit 0,2 % N so hohe Streckgrenzen erzielt werden, wie bislang nur von Stählen mit wesentlich größeren Mengen an Stickstoff und demzufolge auch an Chrom, Mangan sowie Nickel bekannt war.

    [0011] Schließlich ist als weiterer Vorteil anzugeben, daß im Sinne der vorliegenden Erfindung stickstofflegierte, austenitische Stähle mit die Umformbarkeit erschwerenden, hohen Legierungsgehalten, wie beispielsweise an Chrom, unter weitgehender Vermeidung der Warmformgebung zu verarbeiten wären, da der austenitische, kubisch flächenzentrierte Mischkristall leichter bei Raumtemperatur als bei erhöhten Temperaturen zu verformen ist. In diesem Falle sollten stärkere Seigerungen durch ein Diffusionsglühen abgebaut werden. Wenn jedoch die Ultrafeinkörnigkeit bei den erfindungsgemäß zu verwendenden Stahllegierungen erreicht ist, kann nach dem Stand der Technik mit einer gegenüber grobkörnigen Gefügezuständen verbesserten Warmumformbarkeit, z.B. beim Biegen, gerechnet werden.

    [0012] Rohre sind durch Kaltpilgern von üblicherweise warmgepreßten Luppen herzustellen. Bei sehr schwieriger Warmumformbarkeit wären Luppen auch nach dem Schleudergußverfahren zu fertigen. Flachprodukte sind nach dem Sendzimir- oder Quarto-Verfahren kalt zu walzen.

    [0013] Abschließend sei noch vermerkt, daß die erfindungsgemäß zu verwendenden Legierungen auch wegen ihrer präziseren Maße und besseren Oberflächenbeschaffenheit als höherwertig gegenüber den gewöhnlichen austenitischen Stählen, die zumindest bei größeren Wanddicken üblicherweise nur warm verarbeitet werden, anzusehen sind.


    Ansprüche

    1. Verwendung einer korrosionsbeständigen austenitischen Legierung mit

    höchstens 0,12 % Kohlenstoff,

    0,075 bis 0,55 % Stickstoff,

    höchstens 0,75 % Niob, jedoch nicht mehr als der vierfachen Menge des Stickstoffs in der Legierung entspricht,

    16,0 bis 30,0 % Chrom,

    7,0 bis 55,0 % Nickel,

    bis zu 8,5 % Mangan,

    bis zu 6,5 % Molybdän,

    bis zu 3,0 % Silizium,

    bis zu 4,0 % Kupfer,

    bis zu 3,0 % Wolfram,


    Rest Eisen sowie nicht vermeidbaren Verunreinigungen, die einen Bereich hoher Temperatur zur Lösung einer möglichst großen Stickstoffmenge durchlaufen hat und nach dem Abkühlen kalt umgeformt und anschließend so geglüht wird, daß sich Ausscheidungen bilden sowie ein ultrafeinkörnig rekristallisiertes Gefüge mit einem mittleren Korndurchmesser unter 8,5 µm entsteht und dadurch hohe Streckgrenzen erreicht werden, als Werkstoff für Bauteile, die korrosiven und hohen mechanischen Beanspruchungen ausgesetzt sind.
     
    2. Verwendung einer Legierung nach Anspruch 1, die einen über etwa 1000 °C liegenden Temperaturbereich durchlaufen hat und nach dem Abkühlen ein-oder mehrmalig um 40 bis 85 % kaltverformt sowie jeweils anschließend zwischen 800 und 1050 °C geglüht wurde, für den Zweck nach Anspruch 1.
     
    3. Verwendung einer Legierung nach den Ansprüchen 1 oder 2, die im ultrafeinkörnig rekristallisierten Zustand bei Stickstoffgehalten von 0,22 oder 0,45 % sowie Zusätzen an Niob und Molybdän Streckgrenzen von rd. 730 bzw. von etwa 850 N/mm2 aufweist, für den Zweck nach Anspruch 1.
     
    4. Verwendung einer Legierung nach den Ansprüchen 1, 2 oder 3 als Werkstoff für Bauteile, die bei erhöhten, im Bereich der Warmstreckgrenze als Berechnungsgrundlage liegenden Temperaturen hohen mechanischen Beanspruchungen ausgesetzt sind.