[0001] Die Erfindung betrifft die Verwendung einer korrosionsbeständigen austenitischen
Eisen-Chrom-Nickel-Stickstoff-Legierung als Werkstoff für Bauteile, die hohen mechanischen
Beanspruchungen ausgesetzt sind.
[0002] In der Technik werden beispielsweise für Höchstdruckrohre im chemischen Apparatebau,
für die Förderung von Sauergas oder für Implantate in der Knochenchirurgie Stähle
oder Legierungen verlangt, die nicht nur sehr korrosionsbeständig, sondern wegen der
hohen mechanischen Beanspruchungen auch hochfest sein sollen. Die Streck- oder Dehngrenze
ist die maßgebliche Größe für die Berechnung. Der Konstrukteur wird daher bei der
Auslegung solcher Bauteile korrosionsbeständige Werkstoffe mit hohen Streckgrenzen
bevorzugen, um größte Belastbarkeit zu erreichen oder wegen der besseren Verarbeitbarkeit
sowie der Gewichts- und Rohstoffersparnis dünnere Werkstücke verwenden zu können.
[0003] Austenitische nichtrostende Stähle oder Legierungen besitzen im allgemeinen günstigere
Korrosionseigenschaften und sind leichter zu verarbeiten als ferritische. Da hauptsächlich
durch Nickel das austenitische Gefüge stabilisiert wird, sind solche Stähle nach DIN
17 440, Ausgabe Dezember 1972, und Stahl-Eisen-Werkstoffblatt 400-73, 4. Ausgabe,
Dezember 1973, mit mehr als 7 % Ni legiert. Ferner enthalten sie mind. 16,0 % Cr,
um eine ausreichende Passivität zu garantieren. Zusätze von Mo und Si erhöhen die
Lochfraßständigkeit und von Cu hauptsächlich den Korrosionswiderstand in nichtoxidierenden
Säuren (s. E. Houdremont, Handbuch der Sonderstahlkunde, Springer-Verlag, Berlin,
Göttingen, Heidelberg, 1956, S. 969, 1176 u. 1261 ff.). Erhöhte Nickelgehalte von
rd. 50 % verbessern die Spannungsrißkorrosionsbeständigkeit (s. Berg- und Hüttenmännische
Monatshefte 108, S. 1/8 und 4 ff.).
[0004] Die austenitischen Chrom-Nickel-Stähle besitzen den Nachteil der niedrigen 0,2-Grenzen.
Durch Gehalte bis zu etwa 3 % Wolfram lassen sich diese Festigkeitswerte anheben (s.
aufgeführtes Zitat von E. Houdremont, S. 899 ff.). Grössere Bedeutung jedoch hat die
Mischkristallhärtung durch Stickstoff. So werden die garantierten Mindestwerte der
0,2-Grenzen der korrosionsbeständigen austenitischen Stähle, die nur etwa 200 N/mm
2 betragen, durch Legieren mit 0,2 % N auf 300 N/mm
2 erhöht (s. DIN 17440, Stahl 1.4429 mit rd. 17,5 % Cr, 13 % Ni, 3 % Mo und 0,2 % N).
Diese Steigerung der Festigkeit, die - auch ganz allgemein - ungefähr proportional
mit der gelösten Stickstoffmenge zunimmt, genügte jedoch auch noch nicht allen Anforderungen.
Noch höhere Gehalte bis zur Löslichkeitsgrenze von etwa 0,55 % N sind wegen der Bildung
von Stickstoffblasen bei der Erstarrung bzw. wegen des "Treibens" der Gußblöcke in
austenitische Stähle nur einzubringen, wenn die Chromgehalte auf ca. 24 % und üblicherweise
auch die Menge an Mangan auf rd. 5 % angehoben werden. So ist in DEW-Technische Berichte
13 (1973), S. 94/100, ein Stahl mit 24,5 % Cr, 16,8 % Ni, 5,5 % Mn, 3,2 % Mo, 0,16
% Nb und 0,46 % N beschrieben worden, dessen garantierte Mindestwerte der 0,2-Grenzen
mit 510 N/mm
2 bei einer Lösungsglühtemperatur von 1100 C angegeben werden. Die effektiv an warmgewalzten
Blechen ermittelten Werte lagen bei rd. 615, 670 und 725
N/mm
2, wenn die Lösungsglühtemperaturen 1100, 1050 bzw. 1000 °C betrugen. Solche Stähle
besitzen den Nachteil, daß sie noch bei so hohen Temperaturen wie 1000°C versprödend
wirkende intermetallische Phasen ausscheiden und daher u.a.niedrige Dehnungswerte
von etwa 30 % aufweisen. Außerdem sind sie schwierig warm umzuformen (s. Zitat S.
2, Zeile 27 und TEW-Technische Berichte 2 (1976), S. 159 ff. sowie Metals Engineering
Quarterly, Februar 1971, S. 61/63). Ferner stellen die mit dem Stickstoffeinbringen
verbundenen hohen Chrom- und Mangangehalte und die aus diesem Grunde zwecks Vermeidung
der Bildung von Deltaferrit und von intermetallischen Phasen erforderlichen großen
Nickelmengen eine Verteuerung solcher Werkstoffe dar. In der Mehrzahl der Fälle sind
Stähle mit nur rd. 18 % Cr, 12 % Ni und 2 % Mo gefragt. Eine besondere Bedeutung im
Hinblick auf optimale Streckgrenzen in stickstofflegierten, austenitischen Stählen
kommt dem Einfluß von Niob zu. Es wurde festgestellt, daß neben der bereits erörterten
Stickstoff-Mischkristallhärtung durch dieses Element eine zusätzliche Streckgrenzenerhöhung
infolge der Ausscheidung von niobhaltigen Chromnitriden der Art Nb
2Cr
2N
2, genannt Z-Phase, auftritt. So kann der auf Ausscheidungshärtung beruhende Anteil
der 0,2-Grenzen in derartigen, durch Glühen bei 1050°C voll rekristallisierten Stählen
max. 90 N/mm
2 betragen (s. Thyssenforschung 1 (1969),
[0005] S. 10/20 und 14 ff.). Um die Ausscheidung von weniger wirksamem, reinem Niobnitrid
sowie um größere Verluste gelösten Stickstoffs im Austenit zu vermeiden, besitzen
alle diese Stähle einen wesentlich geringeren Niobgehalt als ihrer siebenfachen Menge
an N, dem stöchiometrischen Verhältnis in der Verbindung NbN, entspricht. Die neben
der Ausscheidungs- und Mischkristallhärtung dritte Möglichkeit der Festigkeitssteigerung
durch Kornverfeinerung wurde in ASTM Special Technical Publication No. 369 (1965),
S. 175/ 179 besonders eingehend behandelt. Nach Kaltwalzen und rekristallisierendem
Glühen eines austenitischen Stahles mit rd. 18 % Cr und 10 % Ni, der jedoch nicht
mit Stickstoff legiert war, wurden Korngrößen von etwa der Nr. 12,5 nach ASTM (ca.
4 um) erreicht, wobei allerdings 0,2-Grenzen von nur rd. 380 N/mm
2 erzielt wurden, weil Stickstoff-Mischkristall- und Nitrid-Ausscheidungshärtung fehlten.
Gegenüber dem gröberen Gefügezustand dieser Legierung mit einer Korngröße von etwa
der Nr. 5,5 nach ASTM (rd. 50 µm), die ungefähr den üblichen lösungsgeglühten Stähle
entspricht, be- . trugen die Streckgrenzenerhöhungen maximal 150 N/mm2 (s. in der
zitierten Arbeit die Bilder 6 bis 9 auf Seite 178). In Scand. J. Metallurgy 6 (1977),
S. 156/ 169 u. 162 ff., wurde ein stickstofflegierter,austenitischer Stahl mit rd.
22 % Cr, 10 % Ni und 0,27 % N beschrieben, der nach Kaltwalzen und einem rekristallisierenden
Glühen jedoch nur kleinste Korndurchmesser von 10 µm (ASTM-Nr. 10) und 0,2-Grenzen
von höchstens 49
0 N/mm2 besaß. Ultrafeinkornhärtung trat demnach nicht auf. Ebenso wurde eine Ausscheidungshärtung
durch Chromnitrid Cr
2N nicht festgestellt, so daß die Festigkeitssteigerung nur auf der Überlagerung von
Stickstoff-Mischkristallhärtung und einer wegen des noch relativ großen Korns begrenzten
Härtung infolge Kornverfeinerung beruhte.
[0006] Im Hinblick auf die Korrosionseigenschaften der im einzelnen erörterten stickstofflegierten
Stähle ist die durch Chromnitride hervorgerufene Chromverarmung des Austenits zu erwähnen.
Dadurch kann die Passivität des Mischkristalls in der Umgebung der ausgeschiedenen
Teilchen aufgehoben werden. Ein Maß für diese Korrosion ist die Anfälligkeit der Stähle
gegenüber Kornzerfall. Es zeigte sich, daß Stähle mit rd. 18 % Cr und 10 % Ni erst
dann oberhalb 800 °C anfällig durch Glühungen, z. B. Ausscheidungs
7 oder Rekristallisationsglühungen, werden, wenn die Stickstoffgehalte über 0,27 %
liegen (s. Stahl und Eisen 93 (1973), S. 9/18 u. 15 ff.). Wie eingangs dargelegt,
sind noch größere Mengen an Stickstoff nur durch höhere Chromgehalte in austenitische
Stähle einzubringen. Da jedoch nach einer Arbeit in Berg- und Hüttenmännische Monatshefte
124 (1979), S. 508/514 u. 509 ff., die Neigung zu Kornzerfall bzw. zur interkristallinen
Korrosion in stickstofflegierten,austenitischen Stählen stark mit dem Chromgehalt
abnimmt, sind auf den Einfluß von Stickstoff zurückzuführende Korrosionsprobleme bei
der Verwendung solcher Legierungen nicht zu erwarten.
[0007] Der Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, zur möglichst weitgehenden Beseitigung
der Nachteile dieser stickstofflegierten,austenitischen Stähle wie zu niedrige 0,2-Grenzen,
zu hoher Verbrauch von Legierungselementen und zu schwierige Verarbeitbarkeit beizutragen.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß eine korrosionsbeständige austenitische
Eisen-Chrom-Nickel-Stickstoff-Legierung mit der an sich bekannten, in Anspruch 1 angegebenen
chemischen Zusammensetzung als Werkstoff für korrosiv und hoch mechanisch beanspruchte
Bauteile in einer solchen Art' verwendet wird, daß nach Durchlaufen eines Bereiches
hoher Temperatur zur Lösung einer möglichst großen Stickstoffmenge die Legierung abgekühlt
und kalt umgeformt sowie anschließend so geglüht wird, daß sich Ausscheidungen bilden
und ein ultrafeinkörnig rekristallisiertes Gefüge mit einem mittleren Korndurchmesser
unter 8,5 µm (größer als etwa Nr. 10,5 nach ASTM) entsteht sowie dadurch hohe Streckgrenzen
erreicht werden. In weiteren Ansprüchen sind Ausgestaltungen der Erfindung, die die
Wärmeführung, die Kaltumformung und die erreichbaren Streckgrenzen betreffen, angegeben.
Ferner wird auf die erfindungsgemäße Verwendung der Legierung für Bauteile Bezug genommen,
die bei erhöhten, im Bereich der Warmstreckgrenze als Berechnungsgrundlage liegenden
Temperaturen beansprucht werden. Diese Art der Verwendung ergibt sich aus der Tatsache,
daß hohe, bei Raumtemperatur durch Stickstoff-Mischkristallhärtung und Kornverfeinerung
erzielte Streckgrenzen auch solche bei erhöhten Temperaturen zur Folge haben (vgl.
die Warmstreckgrenzen der Stähle X 2 CrNiMo 18 16 und X 2 CrNiMoN 18 13 in DIN 17440
und s. Metal Science, Juni 1977, S. 210, Bild 5 ff.).
[0008] Die wesentlichen Vorzüge der Erfindung lassen -sich auf die Art der Verarbeitung,
die chemische Zusammensetzung und die technologischen Eigenschaften der erfindungsgemäß
zu verwendenden Legierungen zurückführen. Aus diesem Grunde sollen die in der Tabelle
angegebenen 7 Ausführungsbeispiele und die vorteilhaften Wirkungen der Erfindung gemeinsam
besprochen werden. Die Tabelle gibt die unter Beachtung von DIN 50215, Ausgabe April
1951, und DIN 50145, Ausgabe Mai 1975, ermittelten Streckgrenzen, Dehnungen und Zugfestigkeiten
. bzw. Streckgrenzenverhältnisse an Proben von gewalzten, bis 10 mm dicken Blechen
wieder. Ferner sind Angaben über die bei der Herstellung der Bleche durchgeführten
4 Verarbeitungsschritte in der Reihenfolge Warmwalzen von 50-kg-Gußblöcken, Lösungsglühen,
Kaltverformen und Rekristallisieren gemacht (s. Spalten 2 bis 5 der Tabelle). Eine
Lösungsglühung kann bei genügend hohen Warmumformtemperaturen auch entfallen, wie
beim Stahl der lfd. Nr. 3 beispielhaft gezeigt wird.
[0009] Tabelle mit Ausführungsbeispielen

Der größte Vorteil der Erfindung ist in der Schaffung entsprechend zu verwendender
Stähle oder Legierungen mit bislang nicht erreichten Streckgrenzen im fast völlig
rekristallisierten und daher für Spannungjrißkorrosion wenig empfindlichen Zustand,
vergleichbar mit dem ausgezeichneten Korrosionsverhalten lösungsgeglühter Stähle,
zu sehen (s_. Spalten 6 und 8 bis 10 der Tabelle). Diese hohen Streckgrenzen sind
auf Ultrafeinkorn-, Mischkristall- und Ausscheidungshärtung zurückzuführen. Die Ultrafeinkornhärtung
wird durch die äußerst kleinen, in Spalte 7 ausgewiesenen Körner der Größe 2 bis 6
um und die Mischkristallhärtung durch die hohen Stickstoffgehalte der Schmelzen von
0,2 bis 0,45 % belegt. Hinweise auf eine Nitrid-Ausscheidungshärtung geben die bei
lichtmikroskopischen Untersuchungen regelmäßig im Gefüge zu erkennenden Teilchen,
die sich in der austenitischen Grundmasse ausgeschieden hatten. Auch die Ausbildung
einer ausgeprägten Streckgrenze, die bei gewöhnlichen stickstofflegierten,austenitischen
Stählen nicht festzustellen ist, läßt auf einen solchen Härtungsvorgang schließen
(s. Spalte 8 der Tabelle). Weiter ist für eine optimale Härtung dieser Art ein Ausgangszustand
anzustreben, der einem an gelöstem Stickstoff stark übersättigten Stahl entspricht.
Aus diesem Grunde sind vor dem Kaltverformen bzw. rekristallisierenden Glühen die
erfindungsgemäß zu verwendenden Legierungen so zu verarbeiten, daß das Durchlaufen
eines Bereiches hoher Temperatur, verbunden mit einer unmittelbar daran anschließenden
Abkühlung, gewährleistet ist. Auf diese Weise wird auch eine besonders effektive Mischkristallhärtung
erreicht, da viel Stickstoff im Stahl gelöst und der Entzug durch Nitridbildung demgegenüber
zu vernachlässigen ist. Es überraschte, daß die hohen, mittels Überlagerung von Stickstoff-Mischkristall-,
[0010] Nitrid-Ausscheidungs- und Ultrafeinkornhärtung erzielten Streckgrenzen nicht durch
die Summierung der Wirkung an sich bekannter Einzelmaßnahmen zu erklären waren, sondern
offensichtlich auf einem zusätzlichen Gewinn an Festigkeit beruhen. Legt man gemäß
Berg-und Hüttenmännische Monatshefte 113 (1968), S. 378 ff., für die Streckgrenzenerhöhungen
durch 0,2, 0,3 und 0,45 % N infolge Mischkristallhärtung bei austeni-tischen Chrom-Nickel-Stählen
100, 150 und 245 N/mm
2 zugrunde und berücksichtigt weiter, daß durch Nitrid-Ausscheidungshärtung 90 sowie
durch Ultrafeinkornbildung 15
0 N/mm
2 an Steigerung zu erzielen sind, so soll-. te der gesamte Zuwachs für die Stähle je
nach Stickstoffgehalt 340, 390 und 485 N/mm
2 betragen. Für den ausscheidungsfreien Austenit ohne Stickstoff sind bei einer Korngröße
von ungefähr 50 µm bzw. der ASTM-Nr. 5,5 (etwa eine Größe wie bei lösungsgeglühten
Stählen) O,2-Grenzen von ca. 225 N/mm
2 anzunehmen (s. ASTM Special Technical Publication No. 369, 1965, S. 178, Bilder 6
u. 7 ff.), so daß theoretisch die ih der Tabelle aufgeführten Stähle der lfd. Nr.
1 bis 3 Streckgrenzen von 565, die der lfd. Nr. 4 und 5 von 615 und schließlich die
der lfd. Nr. 6 und 7 von 710 N/mm
2 besitzen sollten. Es handelt sich bei den Zahlen um ausgesprochene Höchstwerte. Anzumerken
wäre, daß für die niobfreien Legierungen die auf Ausscheidungshärtung beruhende Festigkeitssteigerung
mit 90 N/mm
2 besonders hoch angesetzt ist. Ein Vergleich zeigt, daß diese erfindungsgemäß zu verwendenden
niobfreien Stahllegierungen sogar noch um etwa 10 % und auch die niobhaltigen Legierungen
Unerwartet um rd. 20 % höhere Streckgrenzen besitzen, als den errechneten Höchstwerten
entspricht. Die Stähle der lfd. Nr. 7, 6 und 4 weisen jeweils die chemische Zusammensetzung
auf, die den bei der Darlegung des Standes der Technik abgehandelten Stählen entsprechen
(siehe S. 2, Zeile 29 und S. 4, Zeile 17). Eine Gegenüberstellung macht erneut die
Vorzüge der erfindungsgemäß zu verwendenden Legierungen deutlich. So werden Streckgrenzen
von 813 bis 870 gegenüber 725 und von 658 gegenüber 490 N/mm
2 gemessen. Beim zuletzt genannten Beispiel wird durch Niobzusatz gemäß Stahl der lfd.
Nr. 5 das Verhältnis sogar auf 783 zu 490 N/mm2 erhöht. Die Stähle der lfd. Nr. 1
und 2 lassen erkennen, daß auch bei relativ niedrig legierten, besser warm umformbaren
Stählen vom Typ 18 Cr-12 Ni-2 Mo durch Legieren mit 0,2 % N so hohe Streckgrenzen
erzielt werden, wie bislang nur von Stählen mit wesentlich größeren Mengen an Stickstoff
und demzufolge auch an Chrom, Mangan sowie Nickel bekannt war.
[0011] Schließlich ist als weiterer Vorteil anzugeben, daß im Sinne der vorliegenden Erfindung
stickstofflegierte, austenitische Stähle mit die Umformbarkeit erschwerenden, hohen
Legierungsgehalten, wie beispielsweise an Chrom, unter weitgehender Vermeidung der
Warmformgebung zu verarbeiten wären, da der austenitische, kubisch flächenzentrierte
Mischkristall leichter bei Raumtemperatur als bei erhöhten Temperaturen zu verformen
ist. In diesem Falle sollten stärkere Seigerungen durch ein Diffusionsglühen abgebaut
werden. Wenn jedoch die Ultrafeinkörnigkeit bei den erfindungsgemäß zu verwendenden
Stahllegierungen erreicht ist, kann nach dem Stand der Technik mit einer gegenüber
grobkörnigen Gefügezuständen verbesserten Warmumformbarkeit, z.B. beim Biegen, gerechnet
werden.
[0012] Rohre sind durch Kaltpilgern von üblicherweise warmgepreßten Luppen herzustellen.
Bei sehr schwieriger Warmumformbarkeit wären Luppen auch nach dem Schleudergußverfahren
zu fertigen. Flachprodukte sind nach dem Sendzimir- oder Quarto-Verfahren kalt zu
walzen.
[0013] Abschließend sei noch vermerkt, daß die erfindungsgemäß zu verwendenden Legierungen
auch wegen ihrer präziseren Maße und besseren Oberflächenbeschaffenheit als höherwertig
gegenüber den gewöhnlichen austenitischen Stählen, die zumindest bei größeren Wanddicken
üblicherweise nur warm verarbeitet werden, anzusehen sind.
1. Verwendung einer korrosionsbeständigen austenitischen Legierung mit
höchstens 0,12 % Kohlenstoff,
0,075 bis 0,55 % Stickstoff,
höchstens 0,75 % Niob, jedoch nicht mehr als der vierfachen Menge des Stickstoffs
in der Legierung entspricht,
16,0 bis 30,0 % Chrom,
7,0 bis 55,0 % Nickel,
bis zu 8,5 % Mangan,
bis zu 6,5 % Molybdän,
bis zu 3,0 % Silizium,
bis zu 4,0 % Kupfer,
bis zu 3,0 % Wolfram,
Rest Eisen sowie nicht vermeidbaren Verunreinigungen, die einen Bereich hoher Temperatur
zur Lösung einer möglichst großen Stickstoffmenge durchlaufen hat und nach dem Abkühlen
kalt umgeformt und anschließend so geglüht wird, daß sich Ausscheidungen bilden sowie
ein ultrafeinkörnig rekristallisiertes Gefüge mit einem mittleren Korndurchmesser
unter 8,5 µm entsteht und dadurch hohe Streckgrenzen erreicht werden, als Werkstoff
für Bauteile, die korrosiven und hohen mechanischen Beanspruchungen ausgesetzt sind.
2. Verwendung einer Legierung nach Anspruch 1, die einen über etwa 1000 °C liegenden
Temperaturbereich durchlaufen hat und nach dem Abkühlen ein-oder mehrmalig um 40 bis
85 % kaltverformt sowie jeweils anschließend zwischen 800 und 1050 °C geglüht wurde,
für den Zweck nach Anspruch 1.
3. Verwendung einer Legierung nach den Ansprüchen 1 oder 2, die im ultrafeinkörnig
rekristallisierten Zustand bei Stickstoffgehalten von 0,22 oder 0,45 % sowie Zusätzen an Niob und Molybdän Streckgrenzen von rd. 730 bzw. von
etwa 850 N/mm2 aufweist, für den Zweck nach Anspruch 1.
4. Verwendung einer Legierung nach den Ansprüchen 1, 2 oder 3 als Werkstoff für Bauteile,
die bei erhöhten, im Bereich der Warmstreckgrenze als Berechnungsgrundlage liegenden
Temperaturen hohen mechanischen Beanspruchungen ausgesetzt sind.