[0001] Die Erfindung betrifft die Verwendung einer korrosionsbeständigen austenitischen
Eisen-Chrom-Nickel-Stickstoff-Legierung als Werkstoff für mechanisch hoch beanspruchte
Bauteile guter Schweißbarkeit.
[0002] In der chemischen Industrie, z.B. im Apparate- oder Druckbehälterbau, und in Anlagen
zur Erzeugung von Energie, werden Stähle bzw. Legierungen verlangt, die neben ausreichender
Korrosionsbeständigkeit gute Schweißeignung und den hohen mechanischen Beanspruchungen
entsprechende Festigkeiten besitzen sollen. Dehngrenzen wie die 0,2-Grenzen stellen
die maßgebliche Größe für die Berechnung dar. Aus diesem Grunde wird der Konstrukteur
Werkstoffe mit möglichst hohen 0,2%-Dehngrenzen bevorzugen, um größte Belastbarkeit
der Bauteile zu erreichen oder wegen der Rohstoff- und Gewichtsersparnis sowie,der
besseren Verarbeitbarkeit und Schweißbarkeit dünnere Werkstücke verwenden zu können.
Bei der Entwicklung solcher Stähle oder Legierungen besteht das schwierige Problem,
die Schweißeignung des Werkstoffs trotz erhöhter Festigkeit zu erhalten.
[0003] Austenitische Stähle haben im Gegensatz zu ferritischen im allgemeinen günstigere
Korrosionseigenschaften und sind wesentlich schweißgeeigneter, duktiler sowie zäher.
Da Nickel das austenitische Gefüge stabilisiert, besitzen solche Stähle nach "Stahlschlüssel",
13. Auflage, 1983, Verlag Stahlschlüssel Wegst, GmbH, Marbach, S. 323/324 ff., mindestens
7 % Nickel. Ferner enthalten sie zur Erzielung ausreichender Passivität mehr als 16
% Chrom. Zur Vermeidung der interkristallinen Korrosion sind die Kohlenstoffgehalte
der nicht mit Titan oder Niob stabilisierten Stähle auf höchstens 0,08 % begrenzt.
Eine weitere Verbesserung der Korrosionseigenschaften wird durch Zusätze bis zu 6
% Mo, 4 % Cu und 3 % Si erreicht. Erhöhte Nickelgehalte von rd. 50 % verbessern die
Spannungsrißkorrosionsbeständigkeit (siehe Berg- und Hüttenmännische Monatshefte 108,
1963, S. 1/8 und 4 ff.).
[0004] Die niedrigen garantierten 0,2-Grenzen der austenitischen Stähle, die nach DIN 17
440, Ausgabe Dezember 1972, z.B. für einen Stahl mit 18 bis 19 % Cr und etwa 9 % Ni
185 N/mm
2 betragen, lassen sich durch Mischkristallhär-. tung bzw. durch Legieren mit bis zu
0,30 % N auf 343 N/mm
2 anheben (siehe Japanese Industrial Standard JIS G 4304, 1981, S. 1301/1304 ff., Stahl
SUS 304 N2). Solche Festigkeitssteigerungen wurden jedoch auch noch nicht allen Anforderungen
gerecht. Um eine weitere Erhöhung der 0,2-Grenzen zu erzielen, war es erforderlich,
in den Stahl noch mehr Stickstoff bis zu der bei etwa 0,55 % liegenden Löslichkeitsgrenze
einzubringen. Da bei solchen Mengen Stickstoffblasen bei der Erstarrung entstehen
bzw. die Gußblöcke "treiben" und Poren beim Schweißen auftreten, mußten gleichzeitig
auch die Chrom- und Mangangehalte angehoben werden. So sind Sonderstähle mit 22,5
bis 25,5 % Cr, 4 bis 7 % Mn, 2 bis 4 % Mo und 13 bis 17 % Ni bekannt, die aufgrund
ihres Gehaltes von 0,35 bis 0,50 % N und von geringen Niobzusätzen garantierte Mindestwerte
der 0,2-Grenzen von 500 bis 540 N/mm
2 besitzen (siehe ASM Technical Report, 1970, No. C 70-24.2., DEW-Technische Berichte
13, 1973, S. 94/100 und Proceedings "Molybdenum 1973", Noranda Symp. 4, 1973, S. 43/48)-.
Sie sind wie die bereits aufgeführten stickstofflegierten, austenitischen Stähle unter
Verwendung artgleicher Zusatzwerkstoffe schweißgeeignet. Ihre reinen Schweißgüter
weisen garantierte 0,2-Grenzen von mind. 510 N/mm
2 auf. Nachteilig ist jedoch, daß die hohen Chrom- und Stickstoffgehalte dieser Stähle
die Warmumformbarkeit erschweren. Ferner scheiden sie selbst bei so hohen Temperaturen
wie 1000'C noch intermetallische Phasen aus, die zu niedrigen Dehnungen von rd. 30
% führen und nach dem Schweißen, Warmrichten oder -biegen Versprödungen hervorrufen
können. Da Chrom in Stählen die Ferritbildung begünstigt, während Nickel diese unterdrückt
und gleichzeitig auch die Ausscheidung intermetallischer Phasen verzögert, besitzen
die aufgeführten Legierungen hohe Nickelgehalte, die den Werkstoff verteuern. Im chemischen
Apparatebau sind jedoch häufig relativ niedrig legierte Stähle mit nur rd. 18 % Cr,
12 % Ni und 2 % Mo gefragt, da deren Korrosionsbeständigkeit meistens ausreicht. Man
nimmt in diesen Fällen sogar die geringen 0,2-Grenzen dieser Stähle von etwa 200 N/mm
2 in Kauf und verzichtet auf den Stickstoffzusatz, der bei einer etwas erschwerteren
Verarbeitbarkeit nur zu einer Anhebung der Streckgrenzen auf 280 N/mm
2 geführt hätte (vergleiche Stahl 1.4435 mit 1.4406 in DIN 17 440). Eine breite Anwendung
haben somit die gewöhnlichen stickstofflegierten, austenitischen Stähle mit Tochstwerten
der Streckgrenzen von nur 280 bis 343 N/mm
2 noch nicht gefunden. Auch für die höher legierten, austenitischen Sonderstähle mit
Stickstoffgehalten über 0,35 % und Mindestwerten der 0,2-Grenze von 500 N/mm
2 gilt diese Feststellung, da deren Verwendung sich naturgemäß mehr auf spezielle Fälle
beschränkt.
[0005] Eine weitere Methode, die Festigkeitseigenschaften von Stählen zu verbessern, ist
die Kornverfeinerung. So wurde durch Kaltverformung und anschließendes rekristallisierendes
Glühen bei einem austenitischen Stahl mit rd. 18 % Cr und 10 % Ni ein ultrafeines
Gefüge mit Körnern der Größe Nr. 11,5 bis 13,5 nach ASTM (6 bis 3
pm) erzeugt (siehe ASTM Special Technical Publication No. 369, 1965, S. 175/179). Dadurch
erhöhte sich gegenüber dem grobkörnigen Ausgangszustand die 0,2-Grenze um rd.
150 N/mm
2. Da der Stahl nicht mit Stickstoff legiert war, lag seine 0,2-Grenze jedoch insgesamt
nur bei 380 N/mm2. Das Problem, inwieweit solche äußerst feinkörnigen, nicht umwandlungsfähigen
Stähle zum Schweißen geeignet sind, wurde nicht behandelt.
[0006] Bei den erörterten stickstofflegierten, austenitischen Stählen kommt eine besondere
Bedeutung dem Legierungselement Niob zu. Seine Wirkung beruht auf der Ausscheidung
eines komplexen Nitrids der Art Nb
2Cr
2N
2, genannt Z-Phase. Dadurch wird sogar in warmverformten, lösungsgeglühten Stählen
eine Kornverfeinerung erzielt, die jedoch nur bis zu Korngrößen der Nr. 10 nach ASTM
,(rd. 10 µm) führt (siehe Berg- und Hüttenmännische Monatshefte 124, 1979, S. 513
ff.). Daneben wird zusätzlich eine Nitrid-Ausscheidungshärtung festgestellt, die Werte
bis zu 90 N/mm
2 annehmen kann (siehe Thyssenforschung 1, 1969, S. 14 ff.). Um die Ausscheidung von
zu viel Nitrid, das dem Mischkristall Stickstoff für die Härtung entziehen würde,
zu vermeiden, besitzen diese Stähle einen wesentlich geringeren Niobgehalt als ihrer
siebenfachen Menge an N, dem stöchiometrischen Verhältnis in der Verbindung NbN, entspricht.
[0007] Die Warmstreckgrenzen der austenitischen Stähle werden durch Stickstoff-Mischkristallhärtung
und Kornverfeinerung ebenfalls angehoben. Allerdings wird die Steigerung der 0,2-Grenze
durch Stickstoff mit zunehmender Temperatur geringer und ist z.B. bei 400°C nur noch
etwa halb so groß wie bei Raumtemperatur (siehe Berg- und Hüttenmännische Monatshefte
113. 1968, S. 386/387 ff.). Demgegenüber nimmt der durch Kornverfeinerung bedingte
Anstieg der 0,2-Grenze mit der Prüftemperatur wesentlich weniger ab (siehe Metal Science
11, 1977, S. 209 ff.). Bei noch höheren Temperaturen, bei denen nicht mehr die Warmstreckgrenze,
sondern die niedrigere Zeitstandfestigkeit für die Berechnung von Konstruktionen maßgebend
ist, besteht dieser günstige Feinkorneffekt nicht mehr. Ein gewisser Ausgleich läßt
sich durch Legieren mit Bor bis zu Gehalten von 0,015 % schaffen, da mit dieser Maßnahme
die Kriechfestigkeit austenitischer Chrom-Nickel-MolybdänStähle bei Temperaturen von
beispielsweise 650°C erhöht wird (siehe Rev. Mêtallurgie 59, 1962, S. 651/660). Auch
bei solchen Stählen, die zusätzlich Stickstoff enthalten, scheint sich diese vorteilhafte
Wirkung zu zeigen (siehe Arch. Eisenhüttenwes. 39, 1968, S. 146 ff. und VDI-Berichte
428, 1981, S. 89 ff.). Dadurch wird der Verwendungsbereich, in dem noch die Warmstreckgrenze
für die Berechnung zugrunde gelegt werden kann, erweitert bzw. zu höheren Temperaturen.verschoben.
Infolge der Anfälligkeit austenitischer Stähle zur Heißrissigkeit beim Schweißen durch
Bor wird sein Gehalt üblicherweise auf 60 bis 80 ppm begrenzt.
[0008] Im Korrosionsverhalten, insbesondere in der Beständigkeit gegenüber interkristalliner
Korrosion nach dem Schweißen, sind die in DIN 17 440, Ausgabe Dezember 1972, aufgeführten,
mit bis zu 0,22 % N legierten, austenitischen Stähle den Stählen ohne Stickstoff gleichgestellt.
Sie alle eignen sich zum Schweißen, wenn bei Wanddicken, die kleiner 6 mm sind, die
Kohlenstoffgehalte auf <0,07 % und bei Dicken über 6 mm auf <0,03 % begrenzt werden.
Nur über etwa 50 mm dicke Teile im Druckbehälterbau sind gemäß AD-Merkblatt HP 7/3,
Ausgabe April 1975, nach dem Schweißen zu glühen.
[0009] Der Lieferzustand der korrosionsbeständigen austenitischen Stähle ist u.a. durch
eine Wärmebehandlung festgelegt, die als "Abschrecken" bezeichnet wird. Es handelt
sich um ein Glühen bei mindestens 1000°C mit rascher Abkühlung. Dadurch wird erreicht,
daß alle Chromkarbide, -nitride und intermetallischen Phasen gelöst sind. Weiter bezweckt
diese Maßnahme, die bei der Verarbeitung infolge von Verformungen eingebrachten Versetzungen
durch Rekristallisation und Erholung weitgehend abzubauen, so daß schließlich ein
an inneren Spannungen armer Zustand optimaler Korrosionsbeständigkeit und Zähigkeit
erhalten wird. Berücksichtigt man jedoch, daß in austenitischen Chrom-Nickel-Stählen
etwa 0,2 % N und rd. 0,03 % C bereits bei 900°C gelöst sind, so ist ein Glühen auch
bei einer solchen niedrigen Temperatur nach den dargelegten Ausführungen statthaft,
wenn dafür gesorgt wird, daß z.B. kaltverformte Stähle bei derartigen Temperaturen
voll- . ständig rekristallisieren können und vor und nach dieser Wärmebehandlung keine
intermetallischen Phasen vorhanden sind. Dementsprechend ist im Druckbehälterbau gemäß
AD-Merkblatt HP 7/3, Ausgabe April 1975, nach Kaltumformungen von stickstofflegierten,
austenitischen Stählen anstelle des "Abschreckens" ein Glühen bei 900°C zulässig.
[0010] Die Begutachtung von Verbindungsschweißungen austenitischer Stähle erfolgt mit Hilfe
von Schweißverbindungsproben. Es handelt sich um Flachzugproben nach DIN 50 120, Ausgabe
September 1975, mit in der Mitte liegender, durchgehender Quernaht. Dadurch ist beim
Zerreißversuch gewährleistet, daß Schweißgut, Nahtübergang und Grundwerkstoff gleich
beansprucht werden, da sie hintereinander in Richtung der Zugkraft angeordnet sind.
Die Probe eignet sich zur Bestimmung der Zugfestigkeit und Bruchlage. Nachteilig ist,
daß mit ihr Dehngrenzen nur ungenau zu ermitteln sind, da Schweißgut, Werkstoff im
Übergangsbereich und unbeeinflußter Grundwerkstoff sich innerhalb der Meßlänge unterschiedlich
stark plastisch verformen bzw. bleibend dehnen. Als Bruchlage kommen bei austenitischen
Stählen der unbeeinflußte Grundwerkstoff G und die Schweißnaht S in Betracht, während
im Übergangsbereich Ü der Naht zum Grundwerkstoff normalerweise keine Brüche auftreten.
Die Festigkeitseigenschaften würden sich in diesen Übergangsbereichen nicht feststellen
lassen, da sie zu schmal sind. Erfolgt der Bruch in der Naht, so ist die Festigkeit
des Schweißgutes maßgebend. Da die Schweißgüter jedoch mehr oder weniger mit dem Grundwerkstoff
aufgemischt sind, wird aus Gründen der Reproduzierbarkeit die Zugfestigkeit des reinen'Schweißgutes
an Längsproben von besonders vorbereiteten Nähten, bei denen keine Aufmischungen erfolgen,
bestimmt. Ihre Herstellung beschreibt DIN 32 525, Teil 1, Ausgabe Dezember 1981. Der
Aufschmelzgrad bzw. das Aufmischungsverhältnis ist hauptsächlich von der Schweißstromstärke,
die die Einbrandtiefe bestimmt, von der Lagenzahl und dem Schweißverfahren abhängig.
Weiter sind alle Maßnahmen zur Verringerung des Wärmeeinbringens wie schnelles Schweißen
in Zugraupen, niedrige Arbeitstemperaturen und Vermeiden eines Vorwärmens vorteilhaft.
Beim einlagigen Schweißen mit üblichen Stromstärken beträgt die Aufmischung des Schweißgutes
durch den Grundwerkstoff beim WIG(Wolfram-Inertgas)-, E(Lichtbogenhand)-, MAGM(Metall-Schutzgas)-
und UP(Unter- pulverver)-Schweißen etwa 20, 30, 40 und 55 %. Beim Mehrlagenschweißen
dicker Querschnitte erfolgt eine wesentliche Herabsetzung dieser Aufmischung. Demgegenüber
ist sie beim Schweißen dünner Werkstücke ohne Zusatz natürlich 100 %.
[0011] In den technischen Regelwerken ist die Schweißeignung neuer Stähle grundsätzlich
im Rahmem sogenannter Verfahrensprüfungen nachzuweisen. Als maßgebliches Beispiel
ist in diesem Zusammenhange für austenitische Stähle das AD-Merkblatt HP 2/1, Ausgabe
Februar 1977, mit dem Titel "Verfahrensprüfung für Schweißverbindungen" zu nennen.
Diese Vorschrift behandelt hauptsächlich die Herstellung von Prüfstücken aus Blechen
durch Schweißen im Stumpfstoß unter Fertigungsbedingungen, so daß u.a. Werkstoff,
Schweißverfahren, -position, -zusatz und -hilfsstoffe festgelegt sind. Aus den Prüfblechen
sind Flachzugproben nach DIN 50 120 quer zur Naht zu entnehmen und Zugfestigkeit und
Bruchlage zu ermitteln. Schweißeignung ist in der Hauptsache dann gegeben, wenn in
dieser Verbindungsprobe die Mindestwerte der Zugfestigkeit für den Grund-oder Zusatzwerkstoff,
bezogen auf sein reines Schweißgut, erreicht werden.
[0012] Der Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, die niedrigen Mindestwerte der 0,2-Grenzen
der gewöhnlichen stickstofflegierten, korrosionsbeständigen austenitischen Stähle
ohne Verminderung ihrer guten Schweißeignung auf ein Niveau von etwa 500 N/mm
2 anzuheben, wobei eine Erhöhung der Legierungsgehalte ausgeschlossen bleiben soll.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß eine korrosionsbeständige austenitische
Legierung mit deran sich bekannten, in Anspruch 1 angegebenen chemischen Zusammensetzung
als Werkstoff für korrosiv und mechanisch hoch beanspruchte Bauteile guter Schweißbarkeit
in einer solchen Art verwendet wird, daß nach Kaltumformen und rekristallisierendem
Glühen hohe 0,2-Grenzen auf Grund der Bildung eines ultrafeinkörnigen Gefüges mit
mittleren Korndurchmessern unter 10 um (größer als Nr. 10 nach ASTM) erreicht werden
und unter Verwendung von Zusatzwerkstoffen aus hochfesten, stickstoffhaltigen, korrosionsbeständigen
Stahl- oder Nickellegierungen Schweißeignung vorhanden ist, was in der Eigenschaft
des Grundwerkstoffes, d.h. der Legierung, begründet liegt, - trotz des sehr feinen
Korns - nach dem Verbinden durch Schweißen nicht im Nahtübergangsbereich zu brechen.
In weiteren Ansprüchen werden Ausgestaltungen der Erfindung, die den Kaltwalzgrad,
die Rekristallisationstemperatur, die garantierten Mindestwerte der 0,2-Grenzen und
die Verwendungszwecke der erfindungsgemäß zu verwendenden Stähle und Legierungen betreffen,
angegeben.
[0013] Der größte Vorteil der erfindungsgemäß zu verwendenden Stähle ist in ihren hohen
0,2-Grenzen zu sehen, ohne daß durch das ultrafeine Korn die Schweißeignung herabgesetzt
wäre. Nach allem Wissen über das Verhalten metallischer Werkstoffe wäre zu erwarten
gewesen, daß Schweißverbindungen aus solchen extrem feinkörnigen, nicht umwandlungsfähigen
Stählen durch Kornvergröberung im Nahtübergangsbereich mit relativ niedriger Festigkeit
brechen würden. Der wesentliche Vorteil der Erfindung ginge dadurch verloren. Voruntersuchungen
gemäß Tabelle 1 ergaben jedoch überraschenderweise, daß die nach DIN 50 120 mit quer
liegender Naht hergestellten Schweißverbindungsproben nicht im Übergang, sondern in
dem durch die Schweißwärme unbeeinflußten Grundwerkstoff rissen, wenn die Verfestigung
durch Stickstoff-Mischkristallhärtung und Kornverfeinerung eine bestimmte Höhe nicht
überschritt. Dieser Grenzwert lag für Stähle mit rd. 0,2 % N bei einer Zugfestigkeit
von etwa 825 N/mm
2.
[0014] Die Verbindungsproben wurden Prüfstücken entnommen, welche durch Verschweißen zweier
Bleche in Wannenposition erhalten worden waren. Ihre Nahtvorbereitung ist in Bild
1 zu sehen. Die 10-mm-Bleche wurden mit einer Y-Naht (Steghöhe 2 mm), die dünneren
mit einer V-Naht (ohne Steg) versehen. Die Schweißungen.erfolgten mehrlagig mit Gegenlage,
nachdem vorher die Wurzel ausgeschliffen worden war. Nach jeder gelegten Zugraupe
wurde gewartet, bis die Arbeitstemperatur unter 150°C lag. Nahtüberhöhungen wurden
auf Blechebene abgearbeitet. Geschweißt wurde am Pluspol bei einer Spannung U von
23 V mit der rutilbasisch-umhüllten Stabelektrode Thermanit 20/16/510, die im Handel
geführt wird. Das Ausziehverhältnis (Raupenlänge/Länge abgeschmolzener Stab) lag bei
0,7 bis 0,8 bzw. bei 0,8 bis 0,9 für die 2,5- oder 3,25-mm-Elektrode. Die übrigen
Schweißparameter wie Gleichstrom I, Geschwindigkeit v und die daraus errechnete Streckenenergie

E (= U x I x 60/v) betrugen für den 2,5-mm-Stab 80 A, rd. 17 cm/min und etwa 6,5
kJ/cm sowie für die 3,25-mm-Elektrode 110 A, ungefähr 19 cm/min und 8 kJ/cm. Die Schweißversuche
wurden so ausgeführt, daß Brüche nur im Grundwerkstoff der Flachzug-Verbindungsproben
auftreten konnten. Nahtbrüche wären zwar im Sinne der Erfindung auch zulässig gewesen,
sie hätten jedoch nicht eine klare Darlegung der erfinderischen Idee gestattet. In
der Praxis mag in solchen Fällen im Sachverständigengutachten für die Belastbarkeit
von Bauteilen die 0,2-Grenze des reinen Schweißgutes zugrunde gelegt werden, wenn
die Zugfestigkeit der in der Naht gerissenen Verbindungsprobe ausreichend hoch war.
Um bei den Schweißversuchen die Wahrscheinlichkeit für solche Brüche gering zu halten,
wurde ein in seiner Festigkeit den hohen 0,2-Grenzen des ultrafeinkörnigen Grundwerkstoffes
angepaßter, niobhaltiger Schweißzusatzwerkstoff mit 0,38 % N, 25 % Cr, 21,5 % Ni,
5 % Mn, 3,6 % Mo u. 0,035 % C verwendet. Es. handelt sich um die vom Hersteller angegebenen
Richtwerte für die Stabelektrode Thermanit 20/16/510, die eine Mindest-0,2-Grenze
von 510 N/mm
2 ihres reinen Schweißgutes besitzt (siehe auch S. 2, Zeilen 24/35). Weiter war es
zur Vermeidung von Nahtbrüchen notwendig, die Aufmischung des relativ hoch legierten
Zusatzwerkstoffes durch die stickstoffärmeren, erfindungsgemäß zu verwendenden Stahllegierungen,
deren Ultrafeinkörnigkeit in ihrem Schweißgut natürlich nicht mehr vorhanden ist,
niedrig zu halten. Die relativ hohen Schweißgeschwindigkeiten bzw. Ausziehverhältnisse
und die niedrige Streckenenergie (Wärmeeinbringen) beim durchgeführten Lichtbogenhandschweißen
gestatteten, die Nähte durch möglichst viele Lagen aufzubauen und wenig aufzumischen.
[0015]

Tabelle 2 weist je ein Ausführungsbeispiel von drei erfindungsgemäß zu verwendenden
Stahllegierungen aus, die nach dem angegebenen Schweißverfahren gefügt wurden. Die
Ermittlung der 0,2-Grenzen erfolgte an Prüfstücken, deren Nähte wie bereits beschrieben
und in Bild 1 dargestellt, vorbereitet worden waren. Aus Gründen der Genauigkeit und
Reproduzierbarkeit im Sinne der Ausführungen auf S. 6, Zeile 29, wurden die Dehngrenzen
jedoch nicht an den Flachzug-Verbindungsproben, sondern an zusätzlich aus dem gleichen
Prüfstück entnommenen Rundzugproben nach DIN 50 125, Ausgabe April 1951, ermittelt:
Bild 2 zeigt die Lage dieser Proben und deren Aufteilung im Prüfstück. Die Tabelle
2 läßt die Vorzüge der erfindungsgemäß zu verwendenden Stahllegierungen erkennen:
Hohe, zwischen 504 und 553 N/mm
2 liegende 0,2-Grenzen, die hauptsächlich durch Überlagerung von Stickstoff-Mischkristall-
und Ultrafeinkornhärtung erzielt wurden, da die Stähle rd. 0,2 % N enthielten sowie
Korngrößen zwischen 2,8 und 4,5 pm besaßen. Ferner ist erfindungsgemäß die Schweißeignung
gut, da die Schweißverbindungsproben nicht im Nahtübergang, sondern im unbeeinflußten
Grundwerkstoff brachen. Für Stähle ohne Molybdän wie beispielsweise solche der lfd.
Nr. 1 und 2 sind danach Mindestwerte der 0,2-Grenzen von 450 N/mm
2 gerechtfertigt, für molybdänlegierte Stähle wie vom Typ der lfd. Nr. 3 erscheinen
demgegenüber 0,2-Grenzen von mind. 480 N/mm
2 angemessen. Diese Mindestwerte dürften Festigkeiten entsprechen, die vom Werkstoff
mit an fast 100 %iger Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erreicht werden. Gegenüber
den üblichen austenitischen Stählen ist danach eine Steigerung der 0,2-Grenzen um
rd. 150 % zu verzeichnen, während im Vergleich zu den weniger gebräuchlichen stickstofflegierten,
austenitischen Stählen immerhin noch um 60 % höhere Streckgrenzen erzielt werden.
[0016] Die Kaltformgebung der erfindungsgemäß zu verwendenden Stähle oder Legierungen erfolgt
in der Regel für Flachprodukte nach dem Sendzimir- oder Quarto-Walzverfahren, für
Rohre mittels Kaltpilgern von warmgepreßten Luppen. Dadurch ergeben sich gegenüber
den zumindest bei größeren Wanddicken üblicherweise nur warmverformten Stählen weitere
Vorteile wie bessere Oberflächenbeschaffenheit, präzisere Maße bzw. durch Einengung
der Toleranzen Einsparungen an Material von 5 bis 10 %.
1. Verwendung einer korrosionsbeständigen austenitischen Legierung mit
höchstens 0,08 % Kohlenstoff,
0,065 bis 0,35 % Stickstoff,
höchstens 0,75 % Niob, jedoch nicht mehr als der vierfachen Menge des Stickstoffs
in der Legierung entspricht,
16,0 bis 22,5 % Chrom,
7,0 bis 55,0 % Nickel,
bis zu 4,75 % Mangan,
bis zu 6,5 % Molybdän,
bis zu 3,0 % Silizium,
bis zu 4,0 % Kupfer,
bis zu 0,0080 % Bor,
Rest Eisen sowie nicht vermeidbaren Verunreinigungen, - die hohe 0,2-Grenzen nach
Kaltumformung und rekristallisierender Glühung auf Grund der Bildung eines ultrafeinkörnigen
Gefüges mit mittleren Korndurchmessern unter 10 µm aufweist und die unter Verwendung
von Zusatzwerkstoffen aus hochfesten, stickstoffhaltigen, korrosionsbeständigen Stahl-
oder Nickellegierungen schweißgeeignet ist, was in der Eigenschaft des Grundwerkstoffes,
d.h. der Legierung, begründet liegt, - trotz des sehr feinen Korns - nach dem Verbinden
durch Schweißen nicht im Nahtübergangsbereich zu brechen, als Werkstoff für korrosiv
und mechanisch hoch beanspruchte Bauteile guter Schweißbarkeit.
2. Verwendung einer Legierung nach Anspruch 1, die durch ein- oder mehrmaliges Kaltverformen
um 30 bis 75 % sowie durch jeweilig anschließendes Glühen im Bereich zwischen 750
und 975°C ultrafeinkörnig rekristallisiert ist, für den Zweck nach Anspruch. 1.
3. Verwendung einer Legierung nach den Ansprüchen 1 oder 2, die im ultrafeinkörnigen
Zustand bei Stickstoffgehalten von rd. 0,2 % garantierte Mindestwerte der 0,2-Grenzen
von 450 oder 480 N/mm2 aufweist, sofern Niob bzw. Niob und Molybdän in der Legierung enthalten sind, für
den Zweck nach Anspruch 1.
4. Verwendung einer Legierung nach den Ansprüchen 1, 2 oder 3 als Werkstoff für gut
schweißbare Bauteile, die bei erhöhten Temperaturen, bei denen die Warmstreckgrenze
als Berechnungsgrundlage von Konstruktionen maßgebend ist, mechanisch hoch beansprucht
werden.