(19)
(11) EP 0 157 093 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
09.10.1985  Patentblatt  1985/41

(21) Anmeldenummer: 85100709.6

(22) Anmeldetag:  24.01.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C22C 38/18, E02F 9/28, C21D 1/18
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 03.04.1984 DE 3412405

(71) Anmelder: Hoesch Aktiengesellschaft
D-44145 Dortmund (DE)

(72) Erfinder:
  • Lepand, Heinz, Dr.-Ing.
    D-4600 Dortmund 1 (DE)
  • Hüser, Margrit
    D-4600 Dortmund 30 (DE)
  • Biniasz, Franz-Josef
    D-4600 Dortmund 50 (DE)
  • Fuchs, Axel Dr.-Ing.
    D-4600 Dortmund 50 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Baggerzähne


    (57) Die Erfindung betrifft die Verwendung einer verschleißfesten, anlaßbeständigen Stahllegierung aus

    0,30 bis 0,40% Kohlenstoff

    1,0 bis 1,60% Silizium

    0,50 bis 0,80% Mangan

    2,0 bis 2,6% Chrom

    max. 0,025% Phosphor


    max. 0,025% Schwefel Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen als Werkstoff für im Gesenk geschmiedete Baggerzähne, insbesondere Saugbaggerzähne, die nach dem Schmieden auf eine Temperatur oberhalb der A3-Temperatur erwärmt, in Öl abgeschreckt und angelassen werden.




    Beschreibung


    [0001] Baggerzähne

    [0002] Bei Erdbewegungsarbeiten, beim Bau und Ausbau von Kanälen und Hafenanlagen sowie zur Rohstoffgewinnung werden Bagger bzw. Saugbaggerschiffe eingesetzt, mit deren Hilfe Stoffe und Mineralien an Land und in Gewässern bewegt und abgebaut werden.

    [0003] Ein Förderprinzip in der Schiffsbaggertechnik ist das Saugbaggern, bei dem ein rotierender Schneidkopf nach dem Prinzip eines Fräsers arbeitet. An den einzelnen Blättern des Schneidkopfes sind in tangentialer Anordnung Adapter angeschweißt. Die eigentlichen Werkzeuge, d. h. die Zähne, werden zwecks schneller Austauschbarkeit mit einem Klemmmechanismus an den Adaptern befestigt. Da die Schneidköpfe häufig unter schwierigsten Einsatzbedingungen arbeiten, haben die Zähne z. B. bei felsigem Untergrund unter Meerwasser oft nur Standzeiten bis zu 15 Minuten. Dieser hohe Verschleiß der Zähne bzw. ihrer Spitzen bewirkt je nach Bodenbeschaffenheit und Zwischenmedium einen Verbrauch von mehreren 100 Stück pro Monat und Saugbaggerschiff und beeinträchtigt demzufolge die Produktivität der Anlagen in hohem Maße.

    [0004] Wie Untersuchungen ergeben haben, werden die Werkzeuge, d. h. die Baggerzähne, bei der erläuterten Abbaumethode in erster Linie auf Gleitverschleiß beansprucht, d. h., es handelt sich um Abrasionsvorgänge an der Oberfläche der Zähne, die durch Berührung mit mineralischen Stoffen erfolgen; bei Verwendung der Baggerzähne im Wasser, insbesondere im Meerwasser, werden diese Vorgänge durch Korrosion verstärkt. Darüber hinaus sind die Zähne erheblichen mechanischen Belastungen (Druck, Biegung, Torsion und Schlag) ausgesetzt, woraus sich die Forderung nach einer hohen Form-und Gestaltfestigkeit ergibt.

    [0005] Die Anforderungen an Baggerzähne, insbesondere Saugbaggerzähne sind somit zu sehen in einer hohen Härte, um insbesondere einen ausreichenden Widerstand gegen das Eindringen von Stoffpartikeln in die Oberfläche zu bilden, in einer der Härte entsprechenden hohen Zugfestigkeit bei ausreichendem Korrosionswiderstand, und zwar insbesondere, um Werkstoffabtrennungen an der Oberfläche zu verhindern, ferner in einer genügenden Zähigkeit zur Verminderung der Rißbildung und schließlich in einer guten Anlaßbeständigkeit, da die Zähne bei erschwertem Arbeitseinsatz in harten Böden relativ hohen Wärmebelastungen durch Reibungswärme ausgesetzt sind, wodurch die Härte und Zugfestigkeit und somit der Verschleißwiderstand durch Anlaßeffekte vermindert werden kann.

    [0006] Bekannter Weise werden sowohl Baggerzähne als auch Saugbaggerzähne aus Stahlguß unterschiedlichster Qualität eingesetzt. Nicht zuletzt um eine hohe Verschleißfestigkeit zu erzielen, wird der Stahlguß überwiegend mit Cr-Mo, Cr-Ni-Mo oder Cr-Mo-V legiert; die Werkzeuge werden im allgemeinen auf eine Arbeitshärte von 48 - 50 HRC vergütet. Eingesetzt werden z. B. 26 MnCrNiMo 4 8, 23 CrNiMo 747, 34 CrNiMo 6, 48 CrMoV 67, X 38 CrMoV 51. Abgesehen von den verhältnismäßig hohen Werkstoffgrundkosten wegen der hohen Legierungsanteile, weisen gegossene Baggerzähne mit ca. 30 J bei Raumtemperatur insgesamt relativ schlechte Zähigkeitseigenschaften auf. Es werden daher in bekannter Weise aus den vorgenannten relativ teuren Werkstoffen insbesondere Saugbaggerzähne geschmiedet um vor allem ihre Zähigkeit zu verbessern.

    [0007] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die sich aus den vorstehend erörterten, gegenläufigen Forderungen ergebenden Nachteile zu vermeiden und einen kostengünstigen, schmiedbaren, anlaßbeständigen Stahl für Baggerzähne vorzuschlagen, der nichts destoweniger Härte und Zähigkeit neben dem insbesondere für Saugbaggerzähne erforderlichen Korrosionswiderstand und somit insgesamt eine Verschleißfestigkeit im geforderten Ausmaß besitzt.

    [0008] Zur Lösung dieser Aufgabe lehrt die Erfindung die Verwendung einer Stahllegierung aus

    0,30 bis 0,40 % Kohlenstoff

    1,0 bis 1,60 % Silizium

    0,50 bis 0,80 % Mangan

    2,0 bis 2,6 % Chrom

    max. 0,025 % Phosphor

    max. 0,025 % Schwefel

    Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen.



    [0009] In weiterer Ausgestaltung der Erfindung ist auch die Verwendung einer Stahllegierung aus

    0,32 bis 0,38 % Kohlenstoff

    1,10 bis 1,50 % Silizium

    0,50 bis 0,80 % Mangan

    2,10 bis 2,50 % Chrom

    max. 0,025 % Phosphor

    max. 0,025 % Schwefel



    [0010] Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen vorteilhaft. Für die Behandlung der erfindungsgemäß zusammengesetzten Stahllegierung hat es sich als besonders vorteilhaft herausgestellt, sie bei einer Schmiedetemperatur von 1.150 bis 1.250 °C im Gesenk zu schmieden, bei einer Temperatur von 880 °C zu erwärmen, in Öl abzuschrecken und nachfolgend bei einer Temperatur von unterhalb 400 0C anzulassen.

    [0011] Von erfindungswesentlicher Bedeutung ist es ferner - wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt - daß die Stahllegierung nach dem Schmieden, Härten und Anlassen ein Gefüge aus feinstrukturiertem angelassenen Martensit mit wenigen feinen eingelagerten Carbiden (M3C) und einer Carbidgröße von 30 - 80 nm sowie einen kompakten Faserverlauf, eine Streckgrenze von mehr als 1.550 N/mm2, eine Zugfestigkeit von 1.800 - 1.880 N/mm2, eine Dehnung 5 von mehr als 10 %, eine Einschnürung von mehr als 35 % sowie eine Härte von mehr als 51 HRC und eine Kerbschlagzähigkeit von mehr als 40 J bei RT (gemessen an ISO-V-Proben) aufweist.

    [0012] Die Vorteile der Erfindung sind insbesondere darin zu sehen, daß mit der vorgeschlagenen Verwendung ein kostengünstiger, anlaßbeständiger Stahl für Baggerzähne, insbesondere Saugbaggerzähne geschaffen wird, der nichts destoweniger Härte und Zähigkeit neben dem insbesondere für Saugbaggerzähne erforderlichen Korrosionswiderstand und somit insgesamt eine Verschleißfestigkeit im geforderten Ausmaß besitzt.

    [0013] Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert.

    [0014] Aus einem Stahl mit 0,35 % C, 1,15 % Si, 0,60 % Mn und 2,39 % Cr, 0,024 % P, 0,021 % Schwefel, Rest Eisen wurden nach Ermittlung der Ac3-Temperatur Rundstäbe mit 30 mm Durchmesser geschmiedet und die Härtetemperatur mit 880 °C/ Härten in öl festgelegt.

    [0015] Zur Feststellung der günstigsten Vergütungstemperatur wurde ein Teil der Stäbe bei Temperaturen von 200, 250, 300 und 350 °C angelassen. Härtemessungen über den Querschnitt der Proben erbrachten bei vollständiger Durchhärtung bzw. Durchvergütung folgende Werte:



    [0016] Die Ergebnisse zeigen, daß die Härte des Werkstoffs mit steigender Anlaßtemperatur nur schwach abfällt. Nach dem Anlassen bei 350 C besitzt der Stahl noch eine Härte von 52,6 HRC. Sie liegt somit etwas höher als die für Saugbaggerzähne geforderte Arbeitshärte von 48 - 50 HRC.

    [0017] Die sich bei den Härtemessungen abzeichnende gute Anlaßbeständigkeit des entwickelten Werkstoffs wurde durch Warmzugversuche bei 100 - 600 °C überprüft. Die Anlaßkurve gemäß Fig. 1 zeigt mit steigender Temperatur zunächst einen gleichmäßig flachen und ab 400 °C einen steileren Festigkeitsabfall. Ausgehend von einer durch die Härtung (880 °C/Öl) eingestellten Zugfestigkeit von 2.000 N/mm2, beträgt die Festigkeit des Stahles bei einer Anlaßtemperatur von 400 °C noch 1.800 N/mm2, d. h. er besitzt bei 400 °C mit ca. 51,5 HRC noch die geforderte Arbeitshärte für Baggerzähne und zeichnet sich demzufolge durch eine gute Anlaßbeständigkeit aus. Dies bedeutet aber auch, daß nach der Schmiedung und Härtung die Anlaßtemperatur über 350 °C hinaus auf 400 °C erhöht und somit die Zähigkeit des Werkstoffes verbessert werden kann, ohne seinen Verschleißwiderstand, d. h. die Abrasion wesentlich zu beeinträchtigen.

    [0018] In Fig. 2 ist das Gefüge des vergüteten Stahles (a) licht-und (b) elektronenmikroskopisch dargestellt. Es besteht aus feinstrukturiertem angelassenen Martensit mit wenigen feinen eingelagerten Carbiden (M3C), (Carbidgröße: 30 - 80 nm).

    [0019] In Vergleichsuntersuchungen werden Baggerzähne aus dem vorstehend erläuterten Werkstoff gemäß der Erfindung (= Werkstoff A) geschmiedet und vergütet und Proben daraus mit solchen Proben aus handelsüblichen Stahlgußzähnen der Qualität GS 26 MnCrNiMo 4 8 (= Werkstoff B), die in der Branche als besonders verschleißfest bezeichnet werden, verglichen.

    [0020] In der nachfolgenden Tabelle sind die Prüfergebnisse beider Werkstoffe (bei indentischer Probenlage) gegenübergestellt:



    [0021] Es ergibt sich, daß der geschmiedete Werkstoff bei ca. 190 N/mm 2 höherer Streckgrenze und ca. 240 N/mm2 höherer Zugfestigkeit gleichzeitig erheblich bessere Dehnungs-, Einschnürungs- und Kerbschlagzähigkeitswerte aufweist, als der gegossene Werkstoff.

    [0022] Zur weiteren Erprobung wurden aus einem Stahl mit



    [0023] Zähne im Gesenk geschmiedet, bei 880 °C/Öl ohne "Werkzeugverzug" gehärtet und auf 350 °C angelassen. Stichproben ergaben Zahnhärten zwischen 52,4 und 52,9 HRC.

    [0024] Diese Zähne wurden mit Zähnen gemäß dem Stand der Technik aus dem Gußwerkstoff GS 26 MnCrNiMo 4 8 (= Werkstoff D) unter Betriebsbedingungen getestet und verglichen.

    [0025] Die Erprobung wurde mit einem Schneidkopf mit 6 Blättern zu je 7 Adaptern durchgeführt; während der Versuche waren die Bodenverhältnisse konstant. Es lag ein mittelschwerer Kalkboden mit einer Druckfestigkeit von 30 - 80 kp/cm2 unter Meerwasser vor.

    [0026] Es wurden zwei Versuche gefahren:

    1. Versuch Alle Blätter waren mit Zähnen aus dem Werkstoff C gemäß Erfindung bestückt; die Laufzeit des Schneidkopfes betrug 17 h 50 min.; während dieser Zeit wurde einen Menge von 24.100 m3, entsprechend = 1.351 m3/h gefördert.

    2. Versuch Alle Blätter waren mit Zähnen aus dem Werkstoff D bestückt; die Laufzeit des Schneidkopfes betrugt 19 h 50 min.; während dieser Zeit wurde eine Menge von 18.200 m3, entsprechend = 918 m3/h gefördert.



    [0027] Vor Beginn und nach Beendigung der Versuche wurden die Zähne vermessen und gewogen.

    [0028] Tabelle 1 zeigt die Zusammenstellung und Auswertung der wichtigsten Ergebnisse beider Versuche.

    [0029] Gegenüber der Ausgangslänge hatten die Zähne aus dem Werkstoff C gemäß der Erfindung im Mittel 6,40 cm, die Zähne aus dem Vergleichswerkstoff D 8,94 cm verloren. Das entspricht einem um 39,7 % höheren Verschleiß der Zähne aus Werkstoff D gegenüber den Zähnen aus Werkstoff C. Die Auswertung der Zahngewichte erbringt ein ähnliches Resultat. Die Zähne aus Werkstoff C hatten im Mittel einen Gewichtsverlust von 2,05 kg, diejenigen aus Werkstoff D von 2,97 kg, was einem um 44,9 % höheren Gewichtsverlust gleichkommt.

    [0030] Setzt man diesen Verschleiß in Bezug zur jeweils geförderten Menge, so zeigt sich, daß mit den Zähnen aus Werkstoff C 85 % mehr gefördert werden können, als mit den Vergleichszähnen, bevor der gleiche Längenverschleiß, und 92 % mehr, bevor der gleiche Gewichtsverlust eintritt. Der erheblich stärkere Verschleiß der Vergleichszähne gegenüber den erfindungsgemäßen Zähnen wird noch deutlicher, wenn man die Förderleistung in m3/h in Betracht zieht. Bei gleichem Längenverschleiß ist die Förderleistung in m3/h bei erfindungsgemäßen Zähnen um 104,9 % und bei gleichem Gewichtsverlust sogar um 113,3 % gegenüber den Vergleichszähnen verbessert. Nicht zuletzt wird - wie sich aus weiteren metallographischen Untersuchungen ergibt - durch die Schmiedeformgebung im Gesenk an den erfindungsgemäßen Zähnen ein besonders kompakter Faserverlauf realisiert, wodurch sich ihre Gestaltfestigkeit gegenüber den gegossenen Vergleichszähnen erheblich erhöht. Die dadurch ebenfalls verbesserte Zähigkeit stellt sich beim Arbeitseinsatz der Zähne unter schwersten Bedingungen als besonderer Vorteil dar.




    Ansprüche

    1. Verwendung einer verschleißfesten, anlaßbeständigen Stahllegierung aus

    Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen als Werkstoff für im Gesenk geschmiedete Baggerzähne, insbesondere Saugbaggerzähne, die nach dem Schmieden auf eine Temperatur oberhalb der A3-Temperatur erwärmt, in öl abgeschreckt und angelassen werden.
     
    2. Verwendung einer Stahllegierung gemäß Anspruch 1 aus

    als Werkstoff für den Zweck nach Anspruch 1.
     
    3. Verwendung einer Stahllegierung nach Anspruch 1 oder 2, die bei einer Schmiedetemperatur von 1.150 bis 1.250 °C im Gesenk geschmiedet, bei einer Temperatur von 880 °C erwärmt, in öl abgeschreckt und nachfolgend bei einer Temperatur von unterhalb 400 °C angelassen worden ist, für den Zweck nach Anspruch 1.
     
    4. Verwendung einer Stahllegierung nach Anspruch 1 oder 2, die nach dem Schmieden, Härten und Anlassen ein Gefüge aus feinstrukturiertem angelassenen Martensit mit wenigen feinen eingelagerten Carbiden (M3C) und einer Carbidgröße von 30 - 80 nm sowie kompaktem Faserverlauf und eine Streckgrenze von mehr als 1.550 N/mm2, eine Zugfestigkeit von 1.800 - 1.880 N/mm2, eine Dehnung 5 von mehr als 10 %, eine Einschnürung von mehr als 35 % sowie eine Härte von mehr als 51 HRC und eine Kerbschlagzähigkeit von mehr als 40 J bei RT (gemessen an ISO-V-Proben) aufweist, für den Zweck nach Anspruch 1.
     




    Zeichnung