(19)
(11) EP 0 165 540 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
27.12.1985  Patentblatt  1985/52

(21) Anmeldenummer: 85107159.7

(22) Anmeldetag:  11.06.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C07C 51/363, C07C 53/19
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE FR GB IT LI NL

(30) Priorität: 19.06.1984 DE 3422672

(71) Anmelder: HOECHST AKTIENGESELLSCHAFT
65926 Frankfurt am Main (DE)

(72) Erfinder:
  • Landauer, Franz, Dr.
    D-6230 Frankfurt am Main 80 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung von 2-Chlorpropionsäure


    (57) 2-Chlorpropionsäure wird in hoher Ausbeute und Reinheit hergestellt durch Chlorierung von Propionsäure in Gegenwart von Propionsäureanhydrid als einzigem Zusatzstoff sowie unter Ausschluß von Radikalbildnern und von Licht bei Temperaturen zwischen etwa 115 und 140°C. Das Reaktionsprodukt ist ein wertvolles Zwischenprodukt auf verschiedenen Sachgebieten.


    Beschreibung


    [0001] 2-Chlorpropionsäure CH3CHClCOOH ist ein wertvolles Zwischenprodukt insbesondere zur Herstellung von Pflanzenschutzmitteln, Pharmazeutika und Farbstoffen.

    [0002] Es ist bekannt, 2-Chlorpropionsäure durch Chlorierung von Propionsäure bei 110 bis 120°C in Gegenwart von Katalysatoren herzustellen; als Katalysatoren dienen vorwiegend P- und S-haltige Verbindungen (PC13, S2C12, C1S03H, etc.), u.a. aber auch Propionylchlorid (vgl. Ullmanns Enzyklopädie der technischen Chemie, 4. Aufl., Bd. 19 (1980) S. 457/458).

    [0003] Dem Propionylchlorid-Katalysator kann gegebenenfalls auch noch Propionsäureanhydrid zugesetzt werden (GB-PS 892,584). Für die Monochlorierung der Propionsäure sind in der GB-PS Temperaturen zwischen 100 und 110°C angegeben. Bei höherer Temperatur (150 bis 160°C) soll dann die Dichlorierung zur 2,2-Dichlorpropionsäure stattfinden.

    [0004] Die vorerwähnte GB-PS enthält auch eine Vorstellung über den Mechanismus der Chlorierung der Propionsäure in 2-Stellung. Danach soll die Reaktion über tautomeres Propionylchlorid nach folgendem Reaktionsschema (für die Monochlorierung) verlaufen:



    [0005] Wenn die Chlorierung der Propionsäure in 2-Stellung beabsichtigt ist, sind Radikalbildner und Licht möglichst auszuschließen, da die Chlorierung unter radikalbildenden Bedingungen vorwiegend in 3-Stellung (unter Bildung der 3-Chlorpropionsäure CH2C1-CH2-COOH) erfolgt.

    [0006] Nach den Untersuchungen von Y.Ogata und K. Matsuyama über den Einfluß von Katalysatoren auf die Chlorierung von Propionsäure (vgl. Tetrahedron Vol.26 (1970), S. 5929-5937) kann als Zwischenprodukt für die Chlorierung der Propionsäure in 2-Stellung auch die tautomere Propionsäure selbst in Frage kommen:



    [0007] Die Autoren berichten auch über Versuche der Monochlorierung von Propionsäure bei 110°C u.a. mit Propionsäureanhydrid als alleinigem Katalysator während einer 3-stündigen Reaktionsdauer (siehe Tabelle 2 auf Seite 5931). In Gegenwart von 4 Mol-% Propionsäureanhydrid (bezogen auf die Ausgangs-Propionsäure) soll das Reaktionsprodukt ein Verhältnis von 2-Chlorpropionsäure ("a") /2-Chlorpropiflnsäure ("α") + 3-Chlorpropionsäure ("ß") von 0,38 enthalten haben.

    [0008] In Gegenwart von 17 Mol-% Propionsäureanhydrid soll das Verhältnis a/a+ß 0,71 betragen haben.

    [0009] In eigenen Versuchen der Monochlorierung von Propionsäure bei etwa 110°C in Gegenwart von 8 Mol-% Propionsäureanhydrid bei einer Reaktionsdauer von 15 Stunden wurde ohne Lichtausschluß ein Verhältnis von a/a+ß = 0,76 erhalten, unter Lichtausschluß ein Verhältnis von a/a+ß = 0,92.

    [0010] Die Möglichkeit der Chlorierung von Propionsäure in Gegenwart von Propionsäureanhydrid ist auch in der älteren GB-PS 621,531 erwähnt; nähere Details hierüber enthält die Patentschrift - die sich in erster Linie auf die Chlorierung von Essigsäure bezieht - jedoch nicht. Der für die Chlorierung von Essigsäure (in Gegenwart von Essigsäureanhydrid oder -chlorid) angegebene Temperaturbereich liegt bei 100 bis 110°C.

    [0011] Die bekannten Verfahren zur Herstellung der 2-Chlorpropionsäure sind in verschiedener Hinsicht nicht ganz befriedigend. Im Falle der Verwendung etwa der Phosphor- und Schwefelverbindungen als Katalysatoren entstehen z.T. schwer-lösliche P- bzw. S-haltige harzartige Produkte, welche eine relativ häufige und aufwendige Reinigung der Chlorierungsapparatur erfordern; bei kontinuierlichem Prozeß kann dies zu häufigen Betriebsunterbrechungen führen. Außerdem müssen die P- und S-haltigen Rückstände auch in umweltschonender Weise aufgearbeitet werden. Schließlich gelangen in die nach diesen Verfahren hergestellte 2-Chlorpropionsäure häufig noch geringe Mengen an P- oder S-Verbindungen als Verunreinigungen, die die Qualität der 2-Chlorpropionsäure beeinträchtigen.

    [0012] Für den Einsatz des Propionylchlorids (Kp 80°C) als Katalysator ist nachteilig, daß diese Verbindung bei der Chlorierungstemperatur vom entstehenden Chlorwasserstoff leicht zumindest teilweise ausgestrippt wird und damit bei der Reaktion fehlt, bzw. den Chlorwasserstoff verunreinigt und dessen Wiederverwendung erschwert.

    [0013] Im Falle der Verwendung des Propionsäureanhydrids als Katalysator ist insbesondere ausweislich der Versuche von Y.Ogata und K. Matsuyama bei 110°C das a/a+ß-Verhältnis jedenfalls für höhere industrielle Anforderungen nicht ausreichende höhere Temperaturen begünstigen nach der gleichen Literaturtstelle den Radikalmechanismus und damit die Bildung der 3-Chlorpropionsäure, was eine weitere Erniedrigung des a/a+ß-Verhältnisses erwarten läßt.

    [0014] Es bestand daher die Aufgabe, ein verbessertes Verfahren zur Herstellung von 2-Chlorpropionsäure zu finden.

    [0015] Diese Aufgabe konnte erfindungsgemäß dadurch gelöst werden, daß man Propionsäure in Gegenwart von Propionsäureanhydrid als alleinigem Katalysator oder Zusatzsuoff unter Vermeidung radikalbildender Bedingungen bei Temperaturen chloriert, welche über den bisher für die Chlorierung von Propionsäure zu 2-Chlorpropionsäure in Gegenwart von Propionsäureanhydrid angewandten Temperaturen (etwa 110°C) liegen.

    [0016] Erfindungsgegenstand ist daher ein Verfahren zur Herstellung von 2-Chlorpropionsäure durch Chlorierung von Propionsäure in Gegenwart von Propiönsäureanhydrid bei erhöhter Temperatur unter Ausschluß von Radikalbildnern und von Licht,

    [0017] das dadurch gekennzeichnet ist, daß man die Chlorierung ohne einen weiteren Zusatzstoff bei Temperaturen zwischen etwa 115 und etwa 140°C durchführt. Bevorzugt sind Temperaturen zwischen etwa 120 und etwa 135°C, inbesondere zwischen etwa 125 und 135°C.

    [0018] Bei diesen höheren Temperaturen werden bei hohen bis quantitativen Umsätzen Ausbeuten an 2-Chlorpropionsäure über 90% d.Th. bei einem a/a+ß-Verhältnis durchweg zwischen etwa 0,99 und 1,0 erhalten.

    [0019] Dieses Ergebnis war außerordentlich überraschend, da man bei höheren Temperaturen infolge der Begünstigung der Bildung von Radikalen mit zunehmender Temperatur eher eine Zunahme des Anteils an (der hier unerwünschten) 3-Chlorpropionsäure - die bei der Chlorierung von Propionsäure unter radikalbildenden Bedingungen bevorzugt entsteht - und damit ein niedrigeres a/a+ß-Verhältnis erwarten mußte.

    [0020] Die Menge des nach dem erfindungsgemäßen Verfahren zugesetzten Propionsäureanhydrids liegt im allgemeinen zwischen etwa 3 und etwa 30 Mol-%, vorzugsweise zwischen etwa 5 und etwa 20 Mol-%, bezogen auf die Ausgangs-Propionsäure. Höhere Zusatzmengen sind möglich, bringen aber keinen Vorteil. Andere Katalysatoren und/oder Zusatzstoffe sollen bei dem Verfahren nicht mit verwendet werden. Außerdem ist auch darauf zu achten, daß Radikalbildner und Licht ausgeschlossen bleiben.

    [0021] Ansonsten wird das Verfahren in üblicher Weise in für Chlorierungen geeigneten Apparaturen unter Lichtausschluß durchgeführt. Sowohl eine diskontinuierliche als auch eine kontinuierliche Verfahrenweise ist möglich.

    [0022] Weiterhin läßt sich das Verfahren sowohl unter Normalals auch unter Überdruck durchführen, wobei die verfanrensweise unter Normaldruck bevorzugt ist.

    [0023] Das für die Chlorierung verwendete Chlor kann mit gegenüber den Ausgangs- und Endstoffen der Reaktion inerten Gasen wie z.B. Stickstoff oder Chlorwasserstoff verdünnt werden.

    [0024] Auch der Einsatz von inerten Lösemitteln wie z.B. von Chlorkohlenwasserstoffen (Chlorbenzol etc.) ist möglich.

    [0025] Wegen der nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erzielten hohen Ausbeute und Reinheit der 2-Chlorpropionsäure sowie wegen der Vermeidung schwer abtrennbarer Katalysatoren und auch weil der hier verwendete Katalysator wegen seines relativ hohen Siedepunktes nicht etwa ebenso leicht wie z.B. Propionylchlorid vom entstehenden Chlorwasserstoff mit ausgestrippt werden kann, stellt die Erfindung einen erheblichen Fortschritt dar.

    [0026] Die nachfolgenden Beispiele dienen der näheren Erläuterung der Erfindung. Nach den Erfindungsbeispielen (A) folgen noch zwei Vergleichsbeispiele (B), welche in Analogie zu den Versuchen von Y.Ogata und K. Matsuyama (a.a.O.) bei etwa 110°C ohne und unter Lichtausschluß durchgeführt wurden.

    A) Erfindungsbeispiele:


    Beispiel 1:



    [0027] In einem 1-Liter-Reaktor, versehen mit Rückflußkühler, Rührer, Thermometer und Gaseinleitungsrohr wurden 370 g Propionsäure (= 5 Mol) und 104 g (= 0,8 Mol = 16 Mol-%, bezogen auf die Propionsäure) Propionsäureanhydrid auf etwa 130°C erhitzt. Unter Ausschluß von Licht wurden dann im Verlauf von 20 Stunden 470 g Chlor (= 6,62 Mol) eingeleitet. Nach Ausblasen des Chlorwasserstoffs mit Stickstoff wurden 691 g Ausbeute erhalten.

    [0028] Die gaschromatographische Analyse ergab (nach Verseifen mit Wasser, um restliches chloriertes Propionsäureanhydrid in die Chlorpropionsäure zu überführen):


    Beispiel 2:



    [0029] Nach der Verfahrensweise des Beispiels 1 wurden 370 g Propionsäure (5 Mol) und 52 g Propionsäureanhydrid (= 0,4 Mol =8 Mol-%, bezogen auf die Propionsäure) bei etwa 120°C chloriert, wobei im Verlauf von 15 Stunden 412 g Chlor (=5,8 Mol) eingeleitet wurden.

    [0030] Eine Probe ergab (wiederum nach Verseifen mit Wasser):

    [0031] 


    B) Vergleichsbeispiele


    Vergleichsbeispiel 1



    [0032] In einem 1-Liter-Vierhalskolben mit Rückflußkühler, Rührer, Thermometer und Gaseinleitungsrohr wurden ohne Lichtausschluß 370 g Propionsäure (5 Mol) und 52 g Propionsäureanhydrid (0,4 Mol = 8 Mol-%, bezogen auf die

    [0033] Propionsäure) bei etwa 110°C chloriert, wobei im Verlauf von 15 Stunden 391 g Chlor (= 5,5 Mol) eingeleitet wurden.

    [0034] Eine Probe ergab (wiederum nach Verseifen mit Wasser) bei der GC-Analyse:


    Vergleichsbeispiel 2



    [0035] Vergleichsbeispiel 1 wurde unter Lichtausschluß (unter ansonsten identischen Bedingungen) wiederholt. Dabei wurden folgende GC-Werte erhalten:




    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung von 2-Chlorpropionsäure durch Chlorierung von Propionsäure in Gegenwart von Propionsäureanhydrid bei erhöhter Temperatur unter Ausschluß von Radikalbildnern und von Licht, dadurch gekennzeichnet, daß man die Chlorierung ohne einen weiteren Zusatzstoff bei Temperaturen zwischen etwa 115 und etwa 140°C, vorzugsweise zwischen etwa 120 und 135°C, insbesondere zwischen etwa 125 und etwa 135°C durchführt.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Menge des zugesetzten Propionsäureanhydrids zwischen etwa 3 und etwa 30 Mol-%, vorzugsweise zwischen 5 und etwa 20 Mol-%, bezogen auf die Ausgangs-Propionsäure, beträgt.
     





    Recherchenbericht