(19)
(11) EP 0 165 573 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
27.12.1985  Patentblatt  1985/52

(21) Anmeldenummer: 85107396.5

(22) Anmeldetag:  14.06.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4B65B 55/10
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH FR GB IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 19.06.1984 DE 3422683

(71) Anmelder: Tetra Laval Holdings & Finance SA
1009 Pully (CH)

(72) Erfinder:
  • Wartenberg, Erwin, W. Dr.
    D-7000 Stuttgart 75 (DE)
  • Duong, Hong-An, Dr.
    D-7024 Filderstadt 1 (DE)

(74) Vertreter: Hoeger, Stellrecht & Partner 
Uhlandstrasse 14 c
70182 Stuttgart
70182 Stuttgart (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Sterilisierung von Packstoffen für die aseptische Abfüllung von Fruchtsaft und Wein


    (57) Bei der Sterilisierung von Packstoffen für die aseptische Abfütlung von Fruchtsaft und Wein unter Verwendung schwefliger Säure wird vorgeschlagen, den Packstoff mit einer wässrigen Mischung aus schwefliger Säure und Alkohol zu behandeln.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Sterilisierung von Packstoffen für die aseptische Abfüllung von Fruchtsaft und Wein unter Verwendung schwefliger Säure.

    [0002] Da Bakteriensporen-in Fruchtsäften und Weinen aufgrund ungeeigneter Wachstumsbedingungen nicht zur Entwicklung kommen, ist für die aseptische Abfüllung von Wein ein Einsatz des bei anderen Getränken, z.B. Milch, üblichen Wasserstoffperoxids zur Sterilisation des Verpackungsmaterials - Flaschen, Beutel und Gefäße aus Kunststoff oder kunststoffbeschichtetem Papier - nicht erforderlich. Als Ersatz käme an sich schweflige Säure infrage, die auch bisher schon, z.B. bei der Weinvergärung und Weinabfüllung, gegen Pilzwachstum verwendet wurde. Jedoch ist die Abtötungswirkung schwefliger Säure gegen Bakterien zu gering, um eine Keimfreiheit in produktionstechnisch erwünschten, kurzen Zeiten von einigen Sekunden zu erreichen.

    [0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Sterilisierung von Packstoffen für die aseptische Abfüllung von Fruchtsaft und Wein unter Verwendung schwefliger Säure anzugeben, welche in kurzer Zeit eine befriedigende Keimabtötung bewirkt.

    [0004] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß man den Packstoff mit wässrigen Lösungen aus schwefliger Säure und Alkoholen behandelt.

    [0005] Es wurde in überraschender Weise gefunden, daß eine solche Mischung synergistisch wirkt und für die in Rede stehende Getränkeverpackung und -abfüllung eine mikrobizide Wirkung hat, die diejenige von schwefliger Säure ohne Alkoholzusatz erheblich übertrifft.

    [0006] Die nachstehende Beschreibung dient im Zusammenhang mit zwei Tabellen und mehreren Figuren der weiteren Erläuterung der Erfindung.

    [0007] Die Figuren 1 bis 16 zeigen die Abtötungswirkung (Reduzierung der Keimzahl in Abhängigkeit von der Zeit) von schwefliger Säure und Alkohol jeweils allein sowie von Mischungen aus schwefliger Säure und Alkoholen im Einsatz gegen verschiedene Hefen, Pilze und Bakterien.

    [0008] Im Verlaufe der im Zusammenhang mit der Erfindung unternommenen Untersuchung der mikrobiziden Wirkung von schwefliger Säure allein und von schwefliger Säure in Verbindung mit Alkohol wurden folgende Mikroorganismen eingesetzt:

    Hefen (Saccharomyces cerevisiae) Schimmelpilze (Aspergillus niger und Mucor) Essigbakterien (Acetobacter aceti und Gluconobacter) Milchsäurebakterien (Leuconostoc dextranicum).



    [0009] Als Testsubstanzen dienten wässrige Mischungen (Lösungen) von Natriumdisulfit (Na2S2O5) und Ethanol, wobei Ethanol in einer Konzentration zwischen 96 und 100% vorlag. Da schweflige Säure in stark saurem Bereich ihre stärkste keimtötende Wirkung entfaltet, wurde das verwendete Natriumdisulfit nach Lösung in Wasser mit Zitronensäure auf einen pH-Wert von 3,0 angesäuert. Die so angesäuerte, alkoholhaltige Na2S2O5-Mischlösung enthält neben Alkohol schweflige Säure in verschiedenen Dissoziationsstufen, wobei die schweflige Säure das wirksame antiseptische Mittel ist.

    [0010] Die keimabtötende Wirkung wurde in Abhängigkeit von der Konzentration bei verschiedenen Temperaturen untersucht.

    [0011] Fig. 1 zeigt die Abtötungszeitkurven von Saccharomyces cerevisiae bei 22°C und bei verschiedenen H2SO3-Konzentrationen (Einwaage als Na2S2O5). Die Abtötung ist bei einer Konzentration von 40.000 ppm am schnellsten. Hier wird ein D-Wert von D22 = 2 Sekunden erreicht. (Der D-Wert gibt diejenige Zeit an, nach welcher bei einer bestimmten Temperatur eine bestimmte Keimzahl um eine Zehnerpotenz abgesunken ist.)

    [0012] Die Abhängigkeit der Abtötung der Hefe S. cerevisiae von der Temperatur ist in Fig. 2 dargestellt. Bei einer einheitlichen Konzentration an Na2S2O5 von 10.000 ppm ergibt sich die stärkste Abtötung bei 50°C. Die dezimale Reduktionszeit beträgt hier ebenfalls ca. 2 Sekunden (D50 = 2 Sekunden).

    [0013] Die keisabtötende Wirkung der schwefligen Säure wird durch Zugabe von Alkohol (Ethanol) sprunghaft verstärkt, wie die Fig. 3 zeigt. Mit schwefliger Säure allein (10.000 ppm, 22°C) ergibt sich bei der Abtötung von S. cerevisiae ein D-Wert von D22 = 37 Sekunden. Durch Zugabe von Ethanol (15 Gew.%) lässt sich die Abtötung erheblich beschleunigen. Der D22-Wert beträgt jetzt nur noch etwa 2 Sekunden. Wie ebenfalls aus Fig. 3 hervorgeht - vgl. die obere Kurve -, zeigt Ethanol allein praktisch keine keimtötende Wirkung. Somit lässt sich der synergistische Effekt der verwendeten Mischung aus schwefliger Säure und Alkohol aus Fig. 3 deutlich ablesen.

    [0014] Im Vergleich mit Fig. 1 und 2 ergibt sich, daß bei Ausnutzung der gefundenen synergistischen Wirkung eine Erhöhung der Konzentration der schwefligen Säure auf 40.000 ppm (Fig. 1)bzw. der Temperatur auf 50°C (Fig. 2 nicht mehr notwendig ist.

    [0015] Im Vergleich mit Hefen lassen sich die Konidien des Schimmelpilzes Aspergillus niger von schwefliger Säure leichter abtöten. Die H2SO3-Konzentration und die Temperatur üben auf die Abtötung nur einen geringen Einfluß aus (Fig. 4). Bereits bei einer Konzentration von 10.000 ppm ergibt sich bei Zimmertemperatur ein: D-Wert von D22 = 2,45 Sek.

    [0016] Die synergistische Wirkung, die sich durch Kombination von H2SO3 mit Alkohol (Ethanol) ergibt, ist mit D22 = 1,8 Sek. nur schwach ausgeprägt (Fig. 5).

    [0017] Der Schimmelpilz Mucor ist gegen H2SO3 noch resistenter als Aspergillus niger. Die Abtötungszeitkurven von Mucor bei unterschiedlichen H2SO3-Könzentrationen und bei verschiedenen Temperaturen sind in Fig. 6 bzw. 7 dargestellt. Ein D-Wert im Bereich von einigen Sekunden wird bei 30.000 ppm (22°C) bzw. bei 10.000 ppm (60°C) erreicht.

    [0018] Die synergistische Wirkung des H2SO3-Alkohol-Gemisches kommt auch bei Mucor deutlich zum Ausdruck (Fig. 8 und 9). Sowohl bei Zimmertemperatur (22°C) als auch bei 50°C lässt sich mit dem Alkoholzusatz eine Verbesserung der Abtötungswirkung von schwefliger Säure erzielen.

    [0019] Essigsäurebakterien weisen eine ziemlich hohe Resistenz gegen schweflige Säure auf. Wie aus Fig. 10 und 11 ersichtlich ist, lässt sich das Essigsäurebakterium Gluconobacter nur langsam abtöten. Sowohl eine hohe Konzentration von H2SO3 als auch eine Temperaturerhöhung vermögen die keimabtötende Wirkung nicht wesentlich zu verbessern. Eine technisch verwertbare rasche Keimabtötung mit entsprechenden D-Werten im Bereich weniger Sekunden, vorzugsweise unter 3 Sekunden, wird sogar bei der hohen Konzentration von 100.000 ppm bei Zimmertemperatur nicht erreicht. Der D22-Wert beträgt hier immer noch 15 Sek.

    [0020] Die Zugabe von Ethanol zu schwefliger Säure erweist sich bei Gluconobacter als ein entscheidender Faktor zur Verstärkung der mikrobiziden Wirkung. Eine Kombimation von 30.000 ppm Na2S2O5 und Alkohol (30 Gew.% Ethanol) wirkt bei Zimmertemperatur synergistisch und ermöglicht dadurch eine schnelle Abtötung mit D22 Da. 1,6 Sek. (Fig. 12).

    [0021] Wird die Abtotungstemperatur auf 50°C erhöht, so lässt sich ein vergleichbarer D-Wert (D50 = 1,5 sek.) auch bei niederer Konzentration an schwefliger Säure (20.000 ppm) und geringerem Alkoholgehalt (15 Gew.%) erreichen (Fig. 13).

    [0022] Ebenso wie Gluconobacter zeigt auch Acetobacter aceti hohe Resistenz gegen schweflige Säure. Eine schnelle Abtötung mit einem D50-Wert von 1,7 Sek. ist jedoch auch hier bei diesem Essigsäurebakterium aufgrund der synergistischen Wirkung der Mischlösung schweflige Säure/Alkohol (20.000 ppm/15 Gew.%) erreichbar (Fig. 14).

    [0023] Die Abhängigkeit der Abtötungszeit des Milchsäurebakteriums Leuconostoc dextranicum von der Temperatur ist in Fig. 15 dargestellt. Die stärkste Abtötung erreicht man bei 60° C mit einer Konzentration von 10.000 ppm. Der D60-Wert beträgt hier 1,45 Sek.

    [0024] Auch bei L. dextranicum ist eine synergistische Wirkung des erfindungsgemäß eingesetzten Gemisches schweflige Säure/Alkohol deutlich feststellbar. Aus Fig. 16 geht hervor, daß die keimabtötende Wirkung der schwefligen Säure (20.000 ppm Na2S2O5 bei pH 3,o) durch Zugabe von Ethanol (15 Gew.%) erheblich verstärkt wird. Es läßt sich ein D-Wert von D22 = 1,5 Sek. erreichen.

    [0025] Die synergistische Wirkung des H2SO3-Alkohol-Gemisches kommt auch deutlich zum Ausdruck, wenn statt Ethanol andere Alkohole eingesetzt werden. Die Zugabe von 1-Propanol (Fig. 17), 2-Propanol (Fig. 18), 1-Butanol (Fig. 1i) , 2-Butanol (Fig. 2o) und n-Amylalkohol (Fig. 21) zu schwefliger Säure trägt deutlich zur Verstärkung der mikrobiziden Wirkung gegen Hefen (Saccharomyces cerevisae) bei. Der Alkohol 1-Propanol beschleunigt ebenfalls in Kombination mit schwefliger Säure die Abtötung von Schimmelpilzen - Mucor - (Fig. 22), Essigsäurebakterien- Gluconobacter - (Fig. 23) und Milchsäurebakterien - L. dextranicum - (Fig. 24).

    [0026] Zusammenfassend ist festzustellen, daß sich anhand der beschriebenen und dargestellten Versuchsergebnisse eine synergistische Wirkung von schwefliger Säure und Alkohol bei der Abtötung der untersuchten Keime deutlich erkennen läßt. Die Kombination von schwefliger Säure mit Alkohol ermöglicht durch entsprechende Wahl der H2SO3-Konzentration, des Alkoholgehaltes und der Temperatur eine schnelle Abtötung der vorhandenen Keime mit D-Werten zwischen 1 und 2 Sekunden, so daß die vorgeschlagene Mischlösung in vorteilhafter Weise auch großtechnisch, insbesondere bei der Sterilisierung von kunststoffbeschichteten Packstoffen zur Fruchtsaft- und Neinabfüllung oder bei der Sterilisierung von Weinflaschen eingesetzt werden kann.

    [0027] Als Alkohol wird bevorzugt Ethanol verwendet, obwohl bevorzugt auch andere Alkohole eingesetzt werden können. Die schweflige Säure liegt vorzugsweise in einer Konzentration von 10.000 bis 100.000, insbesondere 10.000 bis 50.000 ppm bezogen auf die Mischung vor. Besonders vorteilhafte Alkoholkonzentrationen liegen im Bereich vorteilhafte Alkoholkonzentrationen liegen im Bereich von 10 bis 30, insbesondere 10 bis 2o Gew.% bezogen auf die Mischung. Durch erfindungsgemäße Behandlung sind Temperaturen zwischen 2o und 80, vorzugsweise 20 und 50° C geeignet. Die schweflige Säure gewinnt man am besten durch Umsetzung salzartiger Schwefelverbindungen mit Säure. Außer Na2S2O5 eignet sich allein oder in Verbindung mit der vorgenannten Substanz auch Na2SO3. Als Säure zur Einstellung des pH-Werts verwendet man bevorzugt Zitronensäure.

    [0028] Der Packstoff kann durch Tauchen, Besprühen oder dergleichen mit der erfindungsgemäßen, synergistisch wirkenden Mischlösung behandelt werden. Dabei ist es auch möglich, diejenige salzartige Schwefelverbindung, z. B. Na2S2O5, welche die schweflige Säure liefert, separat auf den Packstoff aufzubringen und ihn anschließend durch Zugabe einer angesäuerten, wässrigen Alkohollösung aufzulösen.

    [0029] Die Ergebnisse sind in den nachstehenden Tabellen zusammengefaßt.

    [0030] Besonders günstig ist es, die sterilisierende Mischlösung auf den Packstoff aufzusprühen und nach Ablauf der Einwirkzeit durch Erwärmen wieder zu verdampfen.

    [0031] Von besonderem Vorteil ist die Erfindung bei Weinverpackungen, da Wein von Haus aus häufig schweflige Säure und Alkohol enthält. Zur Sterilisierung der Packstoffe brauchen also keine "Fremdstoffe" eingesetzt zu werden, welche die Qualität des Weines beeinträchtigen könnten.






    Ansprüche

    1. Verfahren zur Sterilisierung von Packstoffen für die aseptische Abfüllung von Fruchtsaft und Wein unter Verwendung schwefliger Säure, dadurch gekennzeichnet, daß man den Packstoff mit wässrigen Lösungen aus schwefliger Säure und Alkoholen behandelt.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man als Alkohol Ethanol benutzt.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man als Alkohol Butanol, Propanol und Amylalkohol benutzt.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die schweflige Säure in einer Konzentration von 10.000 bis 100.000 ppm bezogen auf die Mischung verwendet wird.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die schweflige Säure in einer Konzentration von 10.000 his 50.000 ppm verwendet wird.
     
    6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß man eine Alkoholkonzentration von 1o bis 3o Gew.% bezogen auf die Mischung verwendet.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß man eine Alkoholkonzentration von 1o bis 2o Gew. % verwendet.
     
    8. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche,. dadurch gekennzeichnet, daß die Behandlung bei einer Temperatur zwischen 2o und 80° C vorgenommen wird.
     
    9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß die Behandlung bei einer Temperatur zwischen 2o und 5o C vorgenommen wird.
     
    10. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß man die schweflige Säure durch Umsetzung salzartiger Schwefelverbindungen mit Säure gewinnt.
     
    11. Verfahren nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, daß man als Schwefelverbindung Na2S2O5 und/oder Na2SO3 und als Säure Zitronensäure verwendet.
     




    Zeichnung