(19)
(11) EP 0 177 739 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
16.04.1986  Patentblatt  1986/16

(21) Anmeldenummer: 85110945.4

(22) Anmeldetag:  30.08.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C22C 38/08, C21D 8/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 03.09.1984 DE 3432337

(71) Anmelder: Hoesch Stahl Aktiengesellschaft
D-44120 Dortmund (DE)

(72) Erfinder:
  • Biniasz, Franz-Josef
    D-4600 Dortmund 50 (DE)
  • Engl, Bernhard, Dr.
    D-4600 Dortmund 50 (DE)
  • Fuchs, Axel, Dr.
    D-4600 Dortmund 50 (DE)
  • Hüser, Margit
    D-4600 Dortmund 30 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verwendung eines Stahles für Bauteile der Kältetechnik


    (57) Die Erfindung bezieht sich auf die Verwendung eines kaltzähen ferritischen Stahles mit niedrigen C-Gehalten im Bereich 0,015-0,08%, der legiert ist mit ca. 5,5% Ni, 0,2% V, 0,02-0,03% N sowie gegebenenfalls 0,5-1,5% Cu, der mit dieser Zusammensetzung in herkömmlicher Weise erschmolzen, abgegossen, zur Erstarrung gebracht, warmgewalzt und auf Raumtemperatur abgekühlt wird. Er wird dann einer einmaligen Normalglühung unter Umkristallisation, ggf. mit beschleunigter Abkühlung unterzogen. Durch das Zusammenwirken von Analyse und Glühbehandlung erhält der Stahl seine besonderen Eigenschaften, wie gute Schweißbarkeit, verbesserte Kaltzähigkeit bei hoher Festigkeit und ist dann für die Herstellung von Bauteilen der Kältetechnik in Bereichen unter -100°C einsetzbar.
    Besonders vorteilhaft verwendbar ist dieser Stahl für Behälter für den Transport und die Lagerung von verflüssigtem Erdgas (LNG) bis zu -165°C und darüber hinaus bis zu Temperaturen von ca. -200°C, einem Temperaturbereich, der bisher nur durch sehr aufwendige Stähle abgedeckt wird.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft die Verwendung eines schweißbaren, kaltzähen ferritischen Ni-Stahles

    [0002] Mit zunehmendem Bedarf an Erdgas für die Energieversorgung werden vermehrt Tankerschiffe mit Behältern benötigt, die geeignet sind, verflüssigtes Erdgas (abgekürzt: LNG = Liquid Natural Gas) sicher in die Verbraucherländer zu befördern. Neben LNG kommen weitere verflüssigte Gase, wie z. B. Äthylen, Stickstoff, Wasserstoff und gewisse Edelgase für den Schiffstransport in Frage. Verflüssigtes Gas läßt sich kostengünstig transportieren, da es nur einen geringen Teil seines bei Raumtemperatur gasförmigen Volumens einnimmt. Trotz der komplizierten Technologie - man benötigt Verflüssigungs- und Wiederverdampfungsanlagen, Transportbehälter auf speziellen Schiffen und Landfahrzeugen, Lagerbehälter usw. - betragen die Investitionskosten für eine solche LNG-Kette nur etwa ein Zehntel einer Unterwassergasleitung.

    [0003] Die Verflüssigung von Gasen unter Atmosphärendruck tritt bei ihrer Siedetemperatur ein. Der Siedepunkt der oben erwähnten Gase ergibt sich aus der folgenden Tabelle:

    Dieser Siedepunkt stellt die Betriebstemperatur der kryogenen Anlagen dar. Sie müssen bei dieser Temperatur eine ausreichende Sicherheit gegen Undichtigkeiten und Brüche aufweisen. Bei kryogenen Temperaturen verlieren übliche Stahllegierungen einen großen Teil ihrer Zähigkeit und werden sehr spröde. Für den Bau der genannten Anlagen werden dementsprechend "kaltzähe Stähle" benötigt. Kaltzähe Stähle sind ferritische oder austenitische Baustähle, die durch besonders gute Zähigkeitseigenschaften bis zu sehr tiefen Betriebstemperaturen gekennzeichnet sind. Solche Baustähle können den üblichen Verarbeitungsvorgängen, wie Kaltumformen, Warmumformen, thermisches Schneiden und Schweißen unterzogen werden. Für die Wahl der Stahlsorte im Druckbehälterbau ist in der Bundesrepublik Deutschland das AD-Merk- blatt W 10 - Werkstoffe für tiefe Temperaturen, Eisenwerkstoffe - maßgebend. Die tiefste zulässige Anwendungstemperatur ist vom jeweiligen Beanspruchungsfall abhängig. Kaltzähe ferritische Baustähle kommen bis zu Betriebstemperaturen des flüssigen Stickstoffes bei - 196 °C zur Anwendung. Bei noch tieferen Betriebstemperaturen, wie sie z. B. bei flüssigem Wasserstoff oder Edelgasen auftreten, werden nur noch austenitische Stähle eingesetzt, die sowohl höher legiert als auch weniger fest sind.

    [0004] Das wichtigste Legierungselement zur Erzielung ausreichender Zähigkeiten von ferritischen Baustählen bei tiefen Temperaturen ist bekannterweise Nickel. Durch Nickel wird das γ-Gebiet erweitert, der A3-Umwandlungspunkt und die kritische Abkühlungsgeschwindigkeit werden merklich herabgesetzt. Mit steigendem Nickelgehalt wird der Zähigkeitsabfall zu tieferen Temperaturen verschoben. Bis zu Nickelgehalten von etwa 5 % bewirkt die Zugabe von je 1 % Ni eine Abnahme der übergangstemperaturen um rd. 30 °C, darüber ergeben sich Verbesserungen um etwa 10 °C je 1 % Ni.

    [0005] Demnach muß für eine Betriebstemperatur bis - 196 °C ein Stahl mit ca. 9 % Ni eingesetzt werden.

    [0006] Weitere bekannte wichtige Maßnahmen zur Erzielung einer hohen Zähigkeit bei tiefen Anwendungstemperaturen sind das Herabsetzen des Kohlenstoffgehaltes und das Erhöhen des Mangangehaltes. Eine Herabsetzung der Schwefel- und Phosphorgehalte wirkt sich bekanntlich ebenfalls günstig auf die Zähigkeitseigenschaften aus.

    [0007] Für den Hauptanwendungsfall der kaltzähen ferritischen Baustähle, den Transport und die Lagerung von verflüssigtem Erdgas, wird weltweit insbesondere der 9 %ige Nickelstahl X 8 Ni 9 eingesetzt. Im Bereich des Siedepunktes des Methans (- 161,5 °C) weist dieser Werkstoff erhebliche Zähigkeitsreserven auf; sein Einsatzgebiet reicht bis zur Temperatur des flüssigen Stickstoffes (- 196 °C).

    [0008] Zur Einstellung eines gleichmäßig feinen Gefüges mit dementsprechend guten mechanichen Eigenschaften und Zähigkeiten muß der Stahl X 8 Ni 9 mit einer Zusammensetzung von

    max. 0,10 % C

    max. 0,35 % Si

    0,30 - 0,80 % Mn

    max. 0,025 % P

    max. 0,020 % S

    min. 0,015 % Al

    8,5 - 10 % Ni entsprechend der Euronorm 129-76 entweder wasservergütet, d. h.


    oder luftvergütet werden, d. h.

    Erst durch eine der beiden alternativen Wärmebehandlungen, deren Auswahl der Hersteller treffen kann, wird ein Gefüge aus angelassenem Martensit mit einer gewissen Menge an fein verteiltem Austenit eingestellt.



    [0009] Die vorgenannten Temperaturbereiche werden nach dem Stand der Technik zur Erzielung der nach Euronorm 129-76 geforderten Werkstoffeigenschaften


    als optimal angesehen. In dieser Tabelle bedeuten R e die Streckgrenze, Rm die Zugfestigkeit, A5 die Bruchdehnung am kurzen Proportionalstab und A die Kerbschlagzähigkeit.

    [0010] Der Nickelgehalt liefert einen beträchtlichen Beitrag im Hinblick auf gute Tieftemperatureigenschaften. Nickel ist jedoch ein relativ selten vorkommendes Metall. Wie neuere Veröffentlichungen zeigen, wird deshalb angestrebt, Nickel durch legierungstechnische Maßnahmen und spezielle Wärmebehandlungen einzusparen (1.) Transactions ISIJ, Vol. 11, 1971, S. 402 - 411; 2.) Transactions ISIJ, Vol. 13, 1973, S. 133 - 144).

    [0011] Aus der US-PS 3 619 302 sind bereits kaltzähe ferritische Stähle mit <0,20 % C; 0,05 - 0,40 % Si; 0,10 - 5,0 % Mn; 1,50 - 10,0 % Ni; 0,05 - 1,0 % Mo; 0,1 - 2,0 % Cu; 0,1 - 1,5 % Cr; < 1,0 % Nb; < 1,0 % V, Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen bekannt. Der bevorzugte Nickelgehalt liegt im Bereich 4 - 7,5 %. Stickstoff wird ausdrücklich als unvermeidliche und schädliche Verunreinigung bezeichnet, die abgebunden werden muß, und zwar bevorzugt durch Al.

    [0012] Diese legierungsreichen Stähle erhalten ihr Tieftemperatur-Eignung nur durch aufwendige Wärmebehandlungen; sie sind nämlich nach dem Warmwalzen und Erkalten auf Raumtemperatur

    - zunächst bei Temperaturen zwischen dem Acl- und Ac3-Um- wandlungspunkt zu glühen. Sie müssen danach an Luft oder sogar schneller erkalten.

    - Dieser ersten Wärmebehandlung muß eine Anlaßglühung unterhalb des Acl-Umwandlungspunktes mit Abkühlung an Luft oder schneller folgen.



    [0013] Dieser 2-stufige Glühzyklus ist gegebenenfalls mehrfach zu wiederholen.

    [0014] Die Anmelderin der US-PS hat über ihre Entwicklungarbeiten, die zu der vorerwähnten US-PS führten, in den beiden oben genannten japanischen Veröffentlichungen ausführlich berichtet. Danach mußten die Stähle von den beiden Stufen des Glühzyklus meist mit Wasser abgeschreckt werden. Nach dieser Quelle enthielten die Stähle Stickstoffgehalte von 0,001 bis 0,004 %, die ausschließlich und vollständig über Al abgebunden wurden.

    [0015] Häufig wurde versucht, Nickel durch Mangan zu ersetzen. In der DE-OS 30 30 652 ist ein kaltzäher ferritischer Stahl ausgewiesen, der im wesentlichen 0,02 - 0,06 % Kohlenstoff, 4 - 6 % Mangan, 0,1 - 0,4 Molybdän und 0 - 3 % Nickel enthält und der ebenfalls einer sehr aufwendigen komplexen Wärmebehandlung unterzogen werden muß.

    [0016] In den beiden Fällen der US-PS 3 619 302 und DE-OS 30 30 652 sollen durch die vorerwähnten komplizierten Wärmebehandlungen "ultrafeine" Mikrostrukturen und damit gute Tieftemperaturzähigkeiten erzielt werden.

    [0017] Angaben zur Schweißeignung dieser bekannten Stähle werden nicht gemacht. Es ist deshalb anzunehmen, daß durch eine Schweißung dieser Werkstoffe die erzielte "ultrafeine" Mikrostruktur bereichsweise aufgehoben wird und sich demzufolge die Zähigkeitseigenschaften im Schweißbereich erheblich verschlechtern können.

    [0018] Trotz umfangreicher weltweiter Untersuchungen, ist als einziger kaltzäher Stahl mit abgesenktem Ni-Gehalt der Stahl X 7 Ni Mo 6 anzusehen (Stahl-Eisen-Liste: Werkstoff-Nr. 1.6349). Dieser Stahl, der ebenfalls einer komplexen Wärmebehandlung bedarf, ersetzt auch qualitätsmäßig nicht den X 8 Ni 9.

    [0019] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen schweißbaren kaltzähen ferritischen Stahl anzugeben, der bei möglichst niedrigem Nickelgehalt für kryogene Anwendungsfälle, d. h. für Betriebstemperaturen mindestens unter - 100 °C geeignet ist. Für tiefere Temperaturen, etwa das wichtige Anwendungsgebiet LNG bei - 165 °C und gegebenenfalls auch in weiter abgesenkten Temperaturbereichen bis ca. - 196 °C soll der Stahl gleichwertig der Güte X 8Ni 9 ausreichende Sicherheit gegen sprödes Versagen bieten. Neben Nickel sollen auch andere Legierungsmetalle wie zum Beispiel Mangan und Molybdän eingespart werden und der Stahl darüber hinaus einfach herstellbar sein, also sein Herstellverfahren soll ohne komplizierte, zeit-, kontroll-und platzerfordernde Arbeitsgänge mit mehrstufigen Glühzyklen, beschleunigte Abkühlung und dergleichen auskommen.

    [0020] Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt die Erfindung gemäß Anspruch 1 vor, einen ferritischen Stahl mit bestimmter Analyse auf der Grundlage eng ausgewählter C-, Mn-, und vor allem Ni-Gehalte mit V und N zu legieren, nach dem Erschmelzen warmzuwalzen und erkalten zu lassen. Nach Normalglühung unter Umkristallisation sollen diese Stähle als schweißbarer Werkstoff mit verbesserter Kaltzähigkeit und hoher-Festigkeit für die Herstellung von Bauteilen der Kältetechnik im Bereich von - 100 °C und darunter verwendet werden.

    [0021] Aus der Vielzahl der für kaltzähe Stähle des Apparate- und Behälterbaus vorgeschlagenen Legierungszusammensetzungen, die in vielerlei Zusammenstellungen und mit mannigfachen Massegehalten empfohlen worden sind, ist ein enger wenig aufwendiger Legierungsbereich ausgewählt worden. Er ergibt nach üblichen Erschmelzungs- und Warmwalzvorgängen im Zusammenwirken mit einer wesentlich vereinfachten Wärmebehandlung, nämlich nur Normalglühung, überraschenderweise eine so günstige Kaltzähigkeit, Schweißbarkeit und Festigkeit, daß diese Stähle für höchste Tieftemperaturbeanspruchung verwendet werden können, wie sie nach dem Stand der Technik bisher ausschließlich dem 9 % Ni-Stahl X 8 Ni 9 vorbehalten waren.

    [0022] Der Verwendungsanspruch 1 erwähnt verschiedene erfindungswichtige Verfahrensschritte, insbesondere die Grundzusammensetzung; die entscheidende V- und N-Legierung in der dem Fachmann geläufigen Weise, z. B. durch Zugeben von "Stickstoff-Mangan" oder einer Vanadin-Stickstoff-Legierung (z. B. Handelsmarke "Nitrovan"). Soweit Einzelheiten anderer Verfahrensschritte nicht besonders spezifiziert sind, entsprechen sie dem Stand der Technik.

    [0023] Der in Anspruch 1 erwähnte mögliche Zusatz von 0,5 bis 1,5 % Cu führt zu einer erhöhten Streckgrenze und Zugfestigkeit (s. Beispiel 5).

    [0024] Zu dem Verfahrensschritt Normalglühung ist zu bemerken, daß die Abkühlgeschwindigkeit von Normalisierungstemperatur ohne Einbuße der vorzüglichen Zähigkeit über einen großen Bereich variiert werden kann.

    [0025] Der in der Euronorm 129-76 für den X 8 Ni 9 vorgegebene große Festigkeitsbereich zur Anpassung an Kundenwünsche kann für die erfindungsgemäßen Stähle allein durch Variation der Abkühlgeschwindigkeit erreicht werden, wobei bekanntlich durch schnellere Abkühlung erhöhte Festigkeiten eingestellt werden (s. Beispiele 1, 2 und 3). In jedem Fall stellt die vorbeschriebene "Normalglühung" eine wichtige Vereinfachung gegenüber der aufwendigen Wärmebehandlung des X 8 Ni 9 dar.

    [0026] Da die meisten Bauteile der Kältetechnik geschweißt werden, müssen die Werkstoffe dafür gut schweißbar sein. Die erfindungsgemäßen Stähle sind z. B. mit den bekannten Schweißverfahren für den X 8 Ni 9 rißfrei zu verschweißen und zeigen eine gute Tieftemperaturzähigkeit der Schweißnaht (s. Beispiel 6).

    [0027] Anspruch 2 nennt vorzugsweise Ni-Gehalte von 5 - 6 %. Fig. 1 zeigt den erfindungsgemäßen Einfluß der V- und N-Legierung auf die Tieftemperaturzähigkeit. Die übergangstemperatur Tü gibt dabei diejenige Temperatur an, bis zu der die Kerbschlagzähigkeit mit zunehmender Abkühlung der Probe noch oberhalb des als Kriterium der Zähigkeit geltenden Wertes von mindestens 42 J bei der Iso-V-Längsprobe liegt.

    [0028] Die Kurve A (erfindungsgemäß) zeigt im Vergleich zur Kurve B (ohne V- und N-Legierung,) daß der größtmögliche Effekt durch V und N zur Erhöhung der Tieftemperaturzähigkeit und gleichzeitig die tiefste übergangstemperatur erzielt wird, wenn die Stähle 5 - 6 % Ni enthalten. Der Vergleich der Kurve A mit der Kurve B zeigt weiterhin, daß der "VN-Effekt" im gesamten Bereich der Ni-Gehalte von 1 - 9 % wirkt. Er tritt bevorzugt im Bereich von 4 - 7 % Ni auf und vorzugsweise in einem auf 5 - 6 % Ni eingeschränkten Bereich.

    [0029] Von einer Al-Legierung ist abzusehen, damit der "VN-Effekt" voll erhalten bleibt und nicht durch Abbinden von N zu A1N (nachweisbar durch säurelösliches Al) beeinträchtigt wird.

    [0030] Die Ansprüche 3 und 4 erläutern den Verfahrensschritt Warmwalzen in an sich bekannter Weise durch Merkmale, die dem Fachmann unter dem Begriff thermomechanisches Walzen bekannt sind. Diese Maßnahmen führen bereits im Walzzustand zu einer Gefügeverfeinerung (s. Beispiele 1 - 6).

    [0031] Anspruch 5 definiert die Verwendung der erfindungsgemäßen Stähle in einem Temperaturbereich, der bisher in bezug auf Legierung und Herstellung aufwendigeren Stählen vorbehalten war.

    [0032] Anspruch 6 beschreibt die Auswirkung der erfindungsgemäßen Maßnahme auf den Gefügeaufbau und die dadurch verursachten Tieftemperatureigenschaften, die dem X 8 Ni 9 mindestens gleich kommen (s. Beispiele 1, 3, 5) oder ihn in bezug auf die übergangstemperatur noch weit übertreffen (s. Beispiel 2).

    [0033] Die beigefügten Figuren 1 bis 6 stellen die für die Verwendung der erfindungsgemäßen Stähle maßgebenden Eigenschaften dar.

    [0034] 

    Fig. 1 stellt den "VN-Effekt" dar. Ordinate (11): übergangstemperatur Tü, dies ist diejenige Temperatur, bis zu der die Kerbschlagzähigkeit mit zunehmender Abkühlung der Probe noch oberhalb des als Kriterium der Zähigkeit geltenden Wertes von 42 J bei der ISO-V-Längsprobe liegt. Abszisse (12): Ni-Gehalt in Masse-%

    Fig. 2, 3 und 4 geben den Verlauf der Kerbschlagzähigkeit (21, 31, 41) in Abhängigkeit von der Temperatur (22, 32, 42) wieder.
    Dabei sind in Fig. 2 Längs- (23) und Querwerte (24) gesondert dargestellt.



    [0035] In Fig. 3 und 4 handelt es sich nur um Längswerte (33, 43).

    [0036] 

    Fig. 5: Ordinate (51): Streckengrenze Re und Zugfestigkeit Rm Abszisse (52): Prüftemperatur

    Fig. 6: hat im oberen Teil ein Diagramm

    Ordinate (61): Kerbschlagzähigkeit (Querwerte)

    Abszisse (62): Lage des Kerbes in einer Schweißverbindung, die im unteren Teilbild schematisch dargestellt ist.

    (63): Kerblage im Grundwerkstoff

    (64, 65): sind Kerblagen in der Wärmeeinflußzone

    (66): Kerblage im Schweißgut



    [0037] Die Erfindung ist im folgenden anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert:

    Beispiel 1:



    [0038] Ein Stahl mit der chemischen Zusammensetzung von (Masse %)

    0,07 % C

    0,27 % Si

    0,58 % Mn

    0,006 % P

    0,005 % S

    0,16 % V

    0,024 % N

    5,6 % Ni



    [0039] Rest Eisen und übliche Verunreinigungen wird mit einer üblichen Stichabnahme von 25 % vorgewalzt, in einer Walzpause auf ca. 850 °C abgekühlt, dann bei einer Walzendtemperatur von ca. 780 °C fertiggewalzt, auf Raumtemperatur abgekühlt und anschließend einmal normalgeglüht (790 °C, 30 min/Abkühlung 80 C/min = Luftabkühlung an 24 mm-Blech).

    [0040] Wie die Av-T-Kurven in Fig. 2 zeigen, wird an diesem Stahl bei - 196 °C eine Kerbschlagarbeit von 52 J an ISO-V-Längs-und von 36 J an Querproben nachgewiesen. Der Stahl weist bei Raumtemperatur eine Streckgrenze von 546 N/mm2, eine Zugfestigkeit von 673 N/mm2 und eine Dehnung von 29,7 % auf. Die nach Euronorm 129-76 geforderten Werkstoffeigenschaften für den Werkstoff X 8 Ni 9 werden somit vollständig erreicht.

    Beispiel 2:



    [0041] Ein Stahl mit der chemischen Zusammensetzung von

    0,04 % C

    0,31 % Si

    0,36 % Mn

    0,006 % P

    0,005 % S

    0,25 % V

    0,028 % N

    5,2 % Ni



    [0042] wurde in gleicher Weise wie in Beispiel 1 ausgewalzt und normalgeglüht.

    [0043] Aus der Av-T-Kurve in Fig. 3 ist zu ersehen, daß der Stahl eine hervorragende Tieftemperaturzähigkeit aufweist.

    [0044] In der nachfolgenden Tabelle sind die mechanisch-technologischen Prüfwerte angegeben.



    [0045] Trotz der gegenüber Beispiel 1 geringeren Zugfestigkeit erlaubt die hohe Streckgrenze dieses Stahles eine gewichtssparende Bauweise. Aus der Av-T-Kurve in Fig. 3 ist abzuleiten, daß der Stahl selbst bei - 230 °C noch zäh ist und im LNG-Anwendungsbereich mit einer Zähigkeit von 200 J erhebliche Zähigkeitsreserven aufweist.

    Beispiel 3:



    [0046] Ein Stahl mit der chemischen Zusammensetzung von

    0,037 % C

    0,34 % Si

    0,36 % Mn

    0,005 % P

    0,005 % S

    0,26 % V

    0,029 % N

    5,8 % Ni



    [0047] wurde in gleicher Weise wie im Beispiel 1 ausgewalzt, anschließend auf 790 C erwärmt und dann in Wasser abgekühlt. Wie die nachfolgenden Prüfwerte zeigen, ergibt sich durch diese Behandlung ein erheblicher Anstieg der Streckgrenze und Festigkeit.

    [0048] Bei einer ausreichenden Zähigkeit von A = 70 J an ISO-V-Längsproben bei -196 °C weist der Stahl eine Streckgrenze von 623 N/mm2, eine Zugfestigkeit von 788 N/mm2 und eine Dehnung von 22,5 % auf.

    Beispiel 4:



    [0049] Kaltzähe Stähle werden, je nach Anwendungsfall, mehr oder weniger stark kalt umgeformt. Da ein stärkeres Umformen einen zu großen Zähigkeitsverlust hervorruft, werden diese Auswirkungen wie dem Fachmann geläufig durch ein "Spannungsarmglühen" bei einer Temperatur von 530 °C bis 580 °C beseitigt. Zur Überprüfung seiner Zähigkeit nach einer solchen Glühung wurde der Stahl aus Beispiel 3 bei 530 °C geglüht.

    [0050] Wie die nachfolgenden Prüfwerte zeigen, wirkt sich eine solche Spannungsarmglühung nicht nachteilig auf die Zähigkeitseigenschaften dieses Stahles aus.


    Beispiel 5:



    [0051] Eine weitere Möglichkeit zur Steigerung der Streckgrenze und Zugfestigkeit besteht darin, den Werkstoff mit Kupfer zu legieren.

    [0052] Ein Stahl mit der chemischen Zusammensetzung von

    0,038 % C

    O, 27 % Si

    0,57 % Mn

    0,007 % P

    0,005 % S

    0,15 % V

    0,024 % N

    5,4 % Ni

    1,05 % Cu



    [0053] wurde wie in Beispiel 1 ausgewalzt und normalgeglüht.

    [0054] Wie die Av-T-Kurve in Fig. 4 zeigt, weist dieser Stahl ausgezeichnete Zähigkeitseigenschaften auf. Er hat darüber hinaus eine Streckgrenze von 591 N/mm2, eine Zugfestigkeit von 666 N/mm2 und eine Dehnung von 29,2 %. Der Av Wert bei - 196 °C beträgt 116 J (ISO-V-längs).

    [0055] Mit diesem Werkstoff werden die für einen X 8 Ni 9 geforderten Werkstoffkriterien ebenfalls voll erfüllt. In Fig. 5 sind die Festigkeitseigenschaften dieses Stahles und des Stahles aus Beispiel 1 in Abhängigkeit von der Prüftemperatur dargestellt. Hervorzuheben ist, daß bei - 196 °C die Streckgrenzenwerte 825 bzw. 850 N/mm2 und die Zugfestigkeitswerte 1045 N/mm2 betragen.

    Beispiel 6:



    [0056] Stähle für Bauteile der Kältetechnik müssen gut schweißbar sein und eine ausreichende Zähigkeit in der Wärmeeinflußzone aufweisen. Bekanntlich verschlechterte sich die Zähigkeitseigenschaft in dieser Zone mit zunehmendem C- und Mn-Gehalt. Zur Prüfung der Schweißeignung einer kritischeren Zusammensetzung wurde deshalb der Stahl mit höheren C- und Mn-Gehalten aus Beispiel 1 herangezogen.

    [0057] Für das Schweißen wurde - wie für den Stahl X 8 Ni 9 üblich - ein austenitischer Zusatzwerkstoff verwendet. Es wurden keinerlei Risse in den Schweißverbindungen beobachtet. Die Prüfung der Kerbschlagzähigkeit erfolgte an ISO-V-Proben (quer zur Walzrichtung) bei - 160 °C und - 196 °C.

    [0058] Besondere Aufmerksamkeit wurde der Wärmeeinflußzone gewidmet, da dort immer mit einem Zähigkeitsabfall gerechnet werden muß. Dabei wurde der Kerb von ISO-V-Proben in definiertem Abstand von der Schmelzlinie innerhalb der Wärmeeinflußzone, wie im unteren Teil von Fig. 6 erläutert, angeordnet. Die niedrigsten Zähigkeitswerte zeigte der etwa 0,5 mm von der Schmelzlinie entfernte Bereich Uo, Fig. 6. Bei - 160 oC Prüftemperatur beträgt die Zähigkeit dieser Zone noch 46 J und bei - 196 °C 30 J (Querproben). Sie erfüllt somit die an sie gestellten Anforderungen.

    [0059] Bei weiter herabgsetztem C- und Mn-Gehalt (wie in Beispiel 2) sind noch bessere Zähigkeitseigenschaften in der kritischen Wärmeeinflußzone zu erwarten.

    [0060] Wie vorstehend ausgeführt und belegt, können die erfindungsgemäßen schweißbaren Stähle trotz weniger aufwendiger Legierung und deutlich vereinfachter Herstellung für hochfeste Bauteile der Kältetechnik bis zu Betriebstemperaturen von - 196 C und darunter mit ausreichender Sicherheit gegen sprödes Versagen verwendet werden.


    Ansprüche

    1. Verwendung eines ferritischen Stahles, dessen Herstellungsgang
    die Verfahrensschritte

    - Erschmelzen mit

    0,015 - 0,08 % C, (Angaben in Masse-%)

    0,1 - 0,5 % Si,

    0,3 - 0,6 % Mn,

    0,015 % P,

    0,015 % S,

    4 - 7 % Ni, gegebenfalls Cu in Gehalten von 0,5 bis 1,5 % schmelzbeding ten Gehalten an N und weiteren verunreinigenden Elementen Rest Eisen

    - Zulegieren von Vanadin und Stickstoff auf Gehalte von

    0,15 - 0,25 % V

    0,020 - 0,030 % N

    - Warmwalzen und Erkalten auf Raumtemperatur sowie eine Normalglühung unter Umkristallisation
    umfaßt
    als schweißbarer Werkstoff mit verbesserter Kaltzähigkeit und hoher Festigkeit für die Herstellung von Bauteilen der Kältetechnik im Bereich von - 100 °C und darunter.


     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der als kaltzäh zu verwendende Stahl Ni in Gehalten von 5 - 6 % enthält.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Stahl in an sich bekannter Weise mit einer üblichen Stichabnahme vorgewalzt, in einer Walzpause auf 900 °C bis 840 °C abgekühlt, dann bei einer Walzendtemperatur von 820 °C bis 770 °C fertiggewalzt und auf Raumtemperatur abgekühlt wird.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß bei dem Verfahrensschritt "Warmwalzen" die Stichabnahme während des Vorwalzens jeweils ca. 25 % beträgt.
     
    5. Verwendung eines Stahles nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Stahl für die Herstellung von Bauteilen der Kältetechnik im Bereich von - 130 °C und darunter verwendet wird.
     
    6. Die Verwendung eines schweißbaren kaltzähen ferritischen Stahles nach einem oder mehreren der vorausgehenden Ansprüche, mit einem Gefüge aus sehr feinkörnigem Ferrit mit eingelagerten Bainit- und Martensitinseln, als Werkstoff für Bauteile der Kältetechnik, der bei einer Temperatur von - 196 °C eine Kerbschlagarbeit an ISO-V-Längsproben von mehr als 42 J erfordert.
     




    Zeichnung