[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Beseitigen des unerwünschten Längsverzugs
in textilen, zum Beispiel gewebten, geraschelten oder gewirkten Warenbahnen in Schlauchform
bzw. in offener, breitliegender Form aus natürlichen Fasern, insbesondere aus Baumwolle,
die gegebenenfalls einen Anteil an Kunstfasern enthalten, indem die Warenbahn in feuchtem
Zustand kontrolliert in Breitenrichtung überdehnt wird. Sie betrifft ferner Vorrichtungen
zur Durchführung des Verfahrens.
[0002] Textile Warenbahnen, gleichgültig ob gewebt, geraschelt oder gewirkt, verlassen die
Maschinen mit inneren Spannungen. Die späteren Veredelungsstufen, wie Waschen, Bleichen
und Färben, vor allem aber das unvermeidbare, wiederholte Beschicken und Entladen
der Maschinen unter Warenzug, strecken die Warenbahn zusätzlich in die Länge und dehnen
das Garn. Diese forcierte Naßverformung kann derzeit weder im Trockner noch im Dämpfkalander
zufriedenstellend und mit vertretbarem Aufwand ausgeglichen werden. Erst bei der Hauswäsche
der fertigen Kleidungsstücke entspannen sich Garn und Stoff restlos. Das Wäschestück
läuft ein.
[0003] Zur Beseitigung dieses unerwünschten Längsverzugs wird unter anderem eine stabilisierende
Gegenverformung im feuchten Zustand angewendet. Hierzu reckt man die feuchte Warenbahn
kontrolliert in die Breite. Dabei verformt sie sich in die Breite und wird kürzer.
Die Ware wird kompaktiert. Während eines anschließenden spannungslosen Trockenvorgangs
wird auch das Garn entspannt. Dabei soll die bewußt erzeugte Überbreite auf das Normalmaß
einspringen, das gedehnte Garn soll sich entspannen und die durch das Kompaktieren
reduzierte Länge plus evtl. zusätzlichem Maschinentrocknungsschrumpf soll stabilisiert
werden.
[0004] Bei richtiger Verfahrensführung entsteht am Ende ein natürliches, entspanntes Gewebe
bzw. Gewirk, welches die entscheidende Voraussetzung für niedrige Restschrumpfwerte
und hohe Formstabilität der konfektionierten Kleidungsstücke ist.
[0005] Leider hat sich gezeigt, daß die Hersteller der Warenbahnen versuchen, die abzuliefernde
Breite mit möglichst wenig Garn und Maschenzahl zu erreichen. Deshalb wird die entspannte
Warenbahn nach dem Trocknen wieder auf die Sollbreite gebracht, mit der Folge, daß
die aus diesem Material konfektionierten Kleidungsstücke in der Haushaltswäsche wieder
eingehen. Obwohl dies bekannt ist, wird es in der Branche allgemein toleriert, da
es offensichtlich derzeit kein brauchbares Verfahren gibt, mit dem die sich widerstreitenden
Forderungen erfüllen lassen.
[0006] Der vorliegenden Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, das Verfahren der
eingangs genannten Art dahingehend zu verbessern, daß Restschrumpfwerte im Bereich
von 0 % bei gleichzeitig größerer Breite und niedrigerem Flächengewicht der Warenbahn
erreicht werden können.
[0007] Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß die Warenbahn im erhitzten Zustand überdehnt
wird und daß der Vorlauf wenigstens so groß ist wie die Breitendehnung.
[0008] Damit ergeben sich die Vorteile, daß beim Uberdehnen in Breitenrichtung Gewebe bzw.
Gewirk und Garn nicht nur mechanisch gegengespannt werden, sondern daß gleichzeitig
die Molekülstrukturen des Garns - im Fall von Baumwolle sind es die O-OH- bzw. nebenvalente
Bindungen der Zellulose - aufgebrochen werden. Hierdurch können die Spannungen, die
in der Molekülstruktur der Garne manifestiert sind, ebenfalls entspannt werden, wobei
der zusätzliche Aufwand verschwindentgering ist. Am Ende des nachgeschalteten Trockenvorgangs
ist die Textilbahn trocken und entspannt. Außerdem behält die Warenbahn eine größere
Breite als beim bisherigen Verfahren und ein günstiges, verringertes Flächengewicht.
Das Uberdehnen wird zwischen 5 % und 150 % eingestellt, abhängig von Garnqualität,
Gewebebindung, Wirkart usw. Bei Webware sind Werte zwischen 5 und 50 %, bei Raschelware
Werte zwischen 10 und 80 % und bei Wirkwaren Werte bis 150 % typisch. Zu der Breitenüberdehnung
muß ein entsprechender Vorlauf in Längsrichtung der Warenbahn eingestellt werden.
Dabei werden Werte,die größer sind als die Werte der Breitenüberdehnung, bevorzugt.
[0009] Das erfindungsgemäße Erwärmen der Warenbahn kann auf verschiedene Weisen erfolgen.
Eine Möglichkeit besteht darin, die Warenbahn vor dem Uberdehnen durch ein heißes
Bad zu leiten.
[0010] In allen Fällen sollte der Feuchtigkeitsgehalt der Warenbahn zwischen 20 und ca.
150 % eingestellt werden, wobei die erhöhten Werte bevorzugt sind. Ausreichende Feuchtigkeitswerte
verbessern den Entspannungseffekt durch Erwärmen noch zusätzlich.
[0011] Die feuchte Warenbahn kann auch mit trockener Wärme erhitzt werden, insbesondere
mit Infrarot-Strahlung oder auch mit Hochfrequenz-Energie. Es ist lediglich dafür
zu sorgen, daß beim überschreiten der ReaktionsTemperatur die Warenbahn noch ausreichend
feucht ist.
[0012] Vorzugsweise wird die Warenbahn auf Temperaturen zwischen 50° und 100 °C erhitzt.
Die optimale Temperatur ist abhängig von der Art der natürlichen Fasern - Baumwolle
oder Wolle - und der gegebenenfalls zugegebenen Kunstfasern. Beispielsweise bei Baumwolle
mit Acrylfasern wird das erfindungsgemäße Verfahren bei 50 °C durchgeführt; handelt
es sich um reine Baumwolle, so kann die Temperatur gefahrlos auf 100 °C, das ist die
Temperatur von Sattdampf, gesteigert werden.
[0013] Gemäß einer Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird die Warenbahn vor
dem Verlassen der Breitstreckvorrichtung bei bestimmten Qualitäten forciert gekühlt.
Wie vorstehend schon erläutert, wird für die verbesserte Entspannung auch eine chemisch
bedingte Veränderung der Molekülstruktur der natürlichen Fasern durch Aufbrechen und
Neuformieren von Molekülketten verantwortlich gemacht. Durch das forcierte Kühlen
am Ende des Breitstreckvorgangs werden diese chemischphysikalischen Vorgänge sofort
gestoppt.
[0014] Eine bevorzugte Vorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht
darin, daß der Kompaktor mit einer Bedampfungsvorrichtung ausgestattet ist. Als Kompaktor
ist jede handelsübliche, einwandfrei funktionierende Anlage geeignet, die durch Anbau
einer Sattdampf-Bedampfungsvorrichtung in einfachster Weise zur Durchführung des erfindungsgemäßen
Verfahrens umgerüstet werden kann. Am besten bewährt haben sich Nadelkluppen für offene,
breitliegende Ware.
[0015] Für Schlauchware wird ein üblicher Breithalter eingesetzt, vorzugsweise mit langen
Backen, um die Warenbahn möglichst schonend behandeln zu können.
[0016] Eine andere, sehr einfache Vorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens
besteht in der Ausstattung des Kömpaktors mit einer Infrarot-Heizung. Auch eine derartige
Heizung ist in einfachster Weise montierbar und gegebenenfalls nachrüstbar.
[0017] Soll die Warenbahn am Auslauf des Kompaktors forciert gekühlt werden, so erhalten
die Vorrichtungen eine Abkühlvorrichtung, insbesondere eine über die gesamte Breite
der Warenbahn sich erstreckende Düse für Kaltluft. Diese Kühlluft beseitigt gleichzeitig
einen Teil des Feuchtigkeitsgehaltes der Warenbahn.
[0018] Anhand von Ausführungsbeispielen sollen das erfindungsgemäße Verfahren und die dabei
erreichbaren, günstigen Ergebnisse erläutert werden.
1. Beispiel
[0019] Geraschelte Frottierware mit einem Flächengewicht von 300 - 330 g/m
2 und einer Sollbreite von 1,62 m wurde zunächst der üblichen Naßbehandlung unterworfen.
Die Warenbahn hatte danach eine Breite von 1,48 m und einen Restkrumpfwert in Breitenrichtung
von ca. 15 %.
[0020] Die Warenbahn wurde anschließend mit Nadelkluppen gefaßt und gedehnt, wobei eine
Breitenüberdehnung von ca. 30 % und ein Vorlauf von ebenfalls 30 % eingestellt wurden.
Die überdehnte Ware wurde mit Sattdampf bedämpft und anschließend in herkömmlicher
Weise spannungslos getrocknet. Sie hatte eine Endbreite von 1,58 m.
[0021] Anschließend wurden nach der sogenannten Reutlinger Methode, d. h. mit dreimaligem
Waschen und Trocknen in Haushaltsmaschinen, die Eigenschaften der Warenbahn bestimmt.
Dabei ergaben sich Restkrumpfwerte in Länge und Breite von unter 2 %.
[0022] Als Vergleich dazu wurde die selbe Warenbahn herkömmlich getrocknet. Danach hatte
sie Restkrumpfwerte von 3,5 % in der Breite und 6 % in der Länge, sowie eine Endbreite
von 1,45 m. Um auf die Sollbreite zu kommen, müßte diese Bahn wieder um 12 % gedehnt
werden.
2. Beispiel
[0023] Gewirkte Schlauchware mit einem Flächengewicht von ca. 120 g/m
2 und einer Sollbreite von 16,5 cm wurde zunächst der üblichen Naßbehandlung unterworfen.
Die Schlauchbahn hatte danach eine Breite von 16,5 cm.
[0024] Diese Schlauchbahn wurde anschließend mit einem Breithalter mit langen Führungsbacken
gedehnt, wobei eine Breitenüberdehnung von ca. 100 % und ein Vorlauf von ebenfalls
100 % eingestellt wurden. Die überdehnte Ware wurde an der breitesten Stelle mit Sattdampf
bedämpft und anschließend in herkömmlicher Weise spannungslos getrocknet. Sie hatte
dann eine Endbreite von 16 cm. Die Restkrumpfwerte in der Länge waren kleiner als
0,8 %, in der Breite ca. 2 %.
[0025] Als Vergleich dazu wurde die selbe Warenbahn herkömmlich getrocknet. Danach hatte
sie eine Endbreite von 14 cm und Restkrumpfwerte in der Länge von 5 bis 7 % und in
der Breite von ca. 2 %. Um auf die Sollbreite zu kommen, müßte diese Bahn wieder um
14 % gedehnt werden.
[0026] Ein Vergleich der Meßergebnisse zeigt, daß das erfindungsgemäße Verfahren zu einem
deutlich erhöhten Abbau der inneren Spannungen und gleichzeitig zu einem deutlich
geringeren Schrumpf, insbesondere in Breitenrichtung, führt. Die Flächenstabilität
wird höher, das Flächengewicht niedriger und erfüllt damit die Wünsche von Hersteller
und Ausrüster.
1. Verfahren zum Beseitigen des unerwünschten Längsverzugs in textilen, zum Beispiel
gewebten, geraschelten oder gewirkten Warenbahnen in Schlauchform bzw. in offener,
breitliegender Form, aus natürlichen Fasern, insbesondere aus Baumwolle, die gegebenenfalls
einen Anteil an Kunstfasern enthalten, indem die Warenbahn in feuchtem Zustand kontrolliert
in Breitenrichtung überdehnt wird, dadurch gekennzeichnet, daß die Warenbahn im erhitzten
Zustand überdehnt wird und daß der Vorlauf wenigstens so groß ist wie die Breitendehnung.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Warenbahn - in Abhängigkeit
von Garnqualität und Gewebebindung als Webware 5 bis 50 %, als Raschelware 10 bis
80 %, als Wirkware bis 150 % überdehnt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Feuchtigkeitsgehalt
der Warenbahn zwischen 20 % und 150 % eingestellt wird, wobei die erhöhten Werte bevorzugt
werden.
4. Verfahren nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Warenbahn
vor dem Überdehnen durch ein heißes Bad geleitet wird.
5. Verfahren nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Warenbahn
beim überdehnen mit trockener Wärme erhitzt wird.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Feuchtigkeitsgehalt
auf 200 % erhöht wird.
7. Verfahren nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Erhitzen mit
Infrarot-Strahlung erfolgt.
8. Verfahren nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Erhitzen mit
Hochfrequenz-Energie erfolgt.
9. Verfahren nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet,
daß die Warenbahn auf Temperaturen zwischen 50° und 100 °C erhitzt wird.
10. Verfahren nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet,
daß die Warenbahn vor dem Verlassen der Breitstreckvorrichtung forciert gekühlt wird.
11. Vorrichtung zum Durchführen des Verfahrens nach wenigstens einem der Ansprüche
1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß der Kompaktor mit einer Bedampfungsvorrichtung
ausgestattet ist.
12. Vorrichtung zum Durchführen des Verfahrens nach wenigstens einem der Ansprüche
1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß der Kompaktor mit einer Infrarot-Heizung ausgestattet
ist.
13. Vorrichtung zum Durchführen des Verfahrens nach wenigstens einem der Ansprüche
1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß am Auslauf des Kompaktors eine Abkühlvorrichtung,
insbesondere eine Düse für Kaltluft, vorgesehen ist.
14. Vorrichtung nach den Ansprüchen 11 bis 13, dadurch gekennzeichnet, daß der Kompaktor
mit Nadelkluppen ausgerüstet ist.
15. Vorrichtung nach den Ansprüchen 11 bis 13, dadurch gekennzeichnet, daß der Kompaktor
mit einem Breithalter mit langen Führungsbacken ausgerüstet ist.