[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Elektroden bestehend
aus einem elektrisch leitenden Grundkörper und einer darauf aufgebrachten elektrochemisch
aktiven Nickelschicht, die z.B. als H₂-erzeugende Kathode in Elektrolyseverfahren
insbesondere in der Chloralkalielektrolyse eingesetzt werden können.
[0002] Bei der Elektrolyse wäßriger Alkalichloridlösungen werden heute im allgemeinen beim
Diaphragmaverfahren Eisenkathoden und beim Membranverfahren Nickelkathoden eingesetzt,
an denen sich der Wasserstoff abscheidet. Die Verwendung von Nickelkathoden ist beim
Membranverfahren aus dem Grund vorzuziehen, weil hier größere Anforderungen an die
Reinheit des Elektrolyts gestellt werden. Befindet sich eine Kathode im stromlosen
Zustand, so findet beim Eisen immer eine Korrosion statt; diese führt zur Abscheidung
von Eisenhydroxid, welches sich auf der Membran als unerwünschter Niederschlag festsetzen
kann. Dieser Niederschlag verursacht dann eine deutliche Verschlechterung der Membraneigenschaften,
die im wesentlichen zu einer Erhöhung des Energieverbrauchs durch Zerstörung der Membran
führt.
[0003] Die Verwendung von Nickelkathoden ist aber auch mit einem weiteren wichtigen Vorteil
verbunden. Bei einem Elketrolyseverfahren ist der Energieverbrauch ein zentraler
wirtschaftlicher Faktor. Verwendet man nun anstelle von Eisen Nickel als Kathodenmaterial
zur H₂-Abscheidung, so wird die zur Elektrolyse erforderliche Zellspannung erniedrigt,
da das Wasserstoffabscheidepotential an Nickel deutlich niedriger liegt als an Eisen.
Somit wird zur Durchführung der Elektrolyse bei Verwendung von Nickelkathoden wesentlich
weniger Energie verbraucht.
[0004] Nachteilig ist dabei der deutlich höhere Preis des Nickels im Vergleich zum Eisen.
Man hat daher immer nach Möglichkeiten gesucht, Eisenkathoden mit einem preiswerten
Überzug aus Nickel zu versehen, um die Vorteile des billigen Eisengrundkörpers mit
dem niedrigen Wasserstoffabscheidepotential des Nickels zu verbinden.
[0005] So beschreibt z.B. die DE-A-32 18 429 eine Beschichtung, die mit Hilfe der Plasmaspritztechnik
erfolgt. Dabei wird zuerst eine Schicht aus reinem Nickel aufgespritzt, die anschließend
mit einem Nickel/Aluminium- bzw. Nickel/Zink-Gemisch beschichtet wird. Durch Auslaugen
des Al bzw. Zn soll sogenanntes Raney-Nickel entstehen, wie es als Hydrierkatalysator
aus der organischen Chemie bekannt ist. Problematisch bei diesem Beschichtungsverfahren
bleibt die Restporosität plasmagespritzter Schichten. Diese Restporosität ist, wie
beim thermischen Spritzen allgemein be kannt, verfahrensbedingt und nicht zu umgehen.
Hieraus resultiert eine entsprechende Korrosionsanfälligkeit, wenn der Elektrodengrundkörper
in der Elektrolysezelle nicht kathodisch belastet oder nicht in Inertgasatmosphäre
gelagert wird.
[0006] Darüber hinaus stellt das Plasmaspritzen ein sehr aufwendiges Verfahren dar, weil
beim Beschichtungsvorgang entweder mit der Plasmaspritzpistole oder der oft tonnenschweren
Kathode ein komplizierter Bewegungsablauf durchgeführt werden muß. Nicht zuletzt ist
das Plasmaspritzverfahren aufgrund der umfangreichen aber notwendigen Verwendung
von Edelgas eine relativ teuere Beschichtungsmethode.
[0007] In einem zusätzlichen Arbeitsgang muß aus dieser Spritzschicht das Aluminium bzw.
Zink herausgelöst werden. Bei Aufbewahrung an der Luft besteht dann die Gefahr, daß
durch Oxidation die Reaktivität und Struktur des Raney-Nickels verändert wird; ein
Tatbestand, der aus der organischen Chemie bekannt ist, wo Raney-Nickel üblicherweise
in nichtwäßrigen Lösungsmitteln zur Konservierung der Aktivität aufbewahrt wird.
Beim Herauslösen der Aluminium- bzw. Zinkkomponenten werden außerdem zusätzliche
durchgehende Poren geschaffen, die die oben angesprochene Korrosionsanfälligkeit
noch verstärken.
[0008] Gemäß der US-C-4 302 322 wird eine Aktivschicht elektrolytisch auf dem Elektrodengrundkörper
abgeschieden. Zur Erzeugung einer besonders reaktiven Elektrodenoberfläche werden
dabei Partikel aus Nickel-Aluminium-Legierung in die elektrolytisch abgeschiedene
Schicht eingebaut. Diese Partikel in der Schicht werden dann durch Herauslösen der
zulegierten Komponenten z.B. Al aktiviert, wie dies auch in der oben zitierten DE-A-32
18 429 beschrieben ist.
[0009] Wie aus der Galvanotechnik bekannt, ist die gleichmäßige elektrochemische Beschichtung
kompliziert geformter Elektrodenkörper problematisch. Erschwerend kommt bei diesem
Verfahren hinzu, daß die aktiven Partikel dispergiert und die Konvektion durch Einblasen
von Gas genau kontrolliert werden muß.
[0010] Weiterhin von Nachteil ist, daß elektrolytisch abgeschiedene Schichten meistens in
weiten Bereichen eine kristalline Struktur aufweisen. Dies ist zur Erzeugung reaktiver
Oberflächen, wie z.B. bei Raney-Nickel gefordert, nicht erwünscht. Vielmehr werden
die reaktivsten Oberflächen durch amorphe Strukturen erzielt.
[0011] Mit den gleichen Nachteilen ist das in DE-A-31 32 269 beschriebene Verfahren behaftet,
bei dem Kohlenstoffpartikel in die elektrolytisch abgeschiedene Schicht eingebaut
werden, wobei zwecks weiterer Erhöhung der katalytischen Aktivität noch ein Zusatz
von Platin, Rhodium, Iridium oder Palladium empfohlen wird.
[0012] In der DE-A-30 47 636 wird eine Aktivschicht beansprucht, die aus verschiedenen
Metallkomponenten und einem auslaugbaren Metall oder Metalloxidzusatz besteht. Diese
Schichten werden elektrolytisch auf den Kathodengrundkörper aufgebracht. Dies bringt
naturgemäß die gleichen Probleme bezüglich der Abscheidung, wie bei dem in der US
4 302 322 beschriebenen Verfahren mit sich.
[0013] In der DE-B-26 30 398 wird neben verschiedenen anderen Möglichkeiten vorgeschlagen,
mindestens eine Oberfläche der Elektrode aus einer Metalllegierung mit niedriger
Wasserstoffüberspannung herzustellen. Hier sollen Nickel, Cobalt oder Eisen mit Titan,
Molybdän, Wolfram, Magnesium, Niob oder Tantal legiert und in nichtstöchiometrischer
Weise gebunden sein. Die Herstellung erfolgt im wesentlichen durch Schmelzen oder
Sintern der Komponenten in den entsprechenden Mengenverhältnissen. Das Aufbringen
der Legierung auf den Kathodenkörper geschieht dann durch Plasmaspritzen, Kathodenzerstäubung,
Vakuumaufdampfung oder Sprengplattierung des entsprechenden Pulvergemisches. Die
Komponenten können aber auch elektrolytisch oder durch Zersetzung von Salzen der
Elemente abgeschieden werden. Danach wird gegebenenfalls die abgelagerte Schicht noch
einer Wärmebehandlung in neutraler oder reduzierender Atmosphäre unterworfen.
[0014] Die prinzipiellen Nachteile des Plasmaspritzens (Porosität) und der elektrolytischen
Abscheidung (kristalline Strukturen) sind bereits beschrieben worden; bei den anderen
Verfahren muß hoher technischer Aufwand mit hohen Kosten betrieben werden. Im Falle
der Kathodenzerstäubung oder Vakuumbedampfung ist sogar äußerst zweifelhaft, ob eine
Beschichtung der heute verwendeten großen Kathodenkörper (3 bis 4 m³ Volumen, Gewicht
mehrere Tonnen) technisch überhaupt möglich ist, da die entsprechenden Einrichtungen
noch entwickelt werden müssen.
[0015] Es ist ferner in der Galvanotechnik bekannt, metallische Werkstoffe stromlos zu vernickeln,
hauptsächlich für den Korrosions- und Verschleißschutz neuer Maschinen- und Apparateteile.
Diese stromlosen Vernickelungsverfahren basieren auf einer Reduktion der in einem
Band enthaltenen Nickelionen, in das der zu vernickelnde Körper eingetaucht wird,
mit einem Reduktionsmittel (galvanische und stromlose Dickvernickelung - Firmenschrift
der International Nickel Ltd., 1962).
[0016] Diese wäßrigen Badlösungen enthalten neben den Nickel-Ionen liefernden Verbindungen
und den Reduktionsmitteln ebenfalls in gelöster Form Puffersubstanzen, Komplexbildner,
Beschleuniger und Stabilisatoren sowie gegebenenfalls Katalysatoren. Die Vernickelung
erfolgt bei Temperaturen von 50 bis 95°C. Die bei der stromlosen Vernickelung zum
Zwecke des Korrosionsschutzes hergestellten Schichten sind aber nicht z.B. für die
Vernickelung von Grundkörpern im Rahmen der Herstellung von Elektroden geeignet,
da bei diesen Schichten andere Anforderungen, z.B. bezüglich der elektrochemisch-katalytischen
Aktivität, im Gegensatz zu Oberflächenglanz, Oberflächenhärte und dgl., gestellt
werden.
[0017] In der DE-OS 27 06 577 ist daher ein Verfahren zur Herstellung eines mit einer Nickelbeschichtung
versehenen Grundkörpers aus Stahl beschrieben, der als Kathode für die Chloralkali-Elektrolyse
eingesetzt wird. Die Abscheidung erfolgt aus einem wäßrigen Nickel-II-Salzbad, das
ein Reduktionsmittel, z.B. Natriumhypophosfit, Natriumborhydrid, Natriumdithionit
oder insbesondere Hydrazinhydrat enthält. Die Bäder enthalten ferner Komplexbildner
wie Ammoniak, Ethylendiamin, Zitronensäure oder Glykolsäure. Die Abscheidetemperaturen
liegen etwas niedriger als bei den oben beschriebenen Verfahren der Galvanotechnik
und zwar bei 20 bis 70°C, wobei Temperaturen von 30 bis 40°C bevorzugt werden. Über
die mengenmäßige Zusammensetzung der Bäder ist lediglich ausgesagt, daß sie einen
Gehalt an Nickelsalzen von 10 bis 40 g/l, einen Gehalt an Reduktionsmitteln von 2
bis 5 g/l aufweisen sollen, wobei das Bad eine 2 bis 20 %ige Lösung des Komplexbildners
darstellen soll. Die in der DE-OS für die Herstellung von vernickelten Elektroden
beschriebene Arbeitsweise unterscheidet sich ferner von dem in der Galvanotechnik
gebräuchlichen Verfahren u.a. dadurch, daß die Bäder keine Stabilisatoren enthalten.
Diese Stabilisatoren sollen eine unerwünschte Zersetzung des Bades verhindern. Auf
der anderen Seite stellen diese Stabilisatoren, z.B. Thalliumsulfat, Thalliumnitrat,
Kaliumhydrogensulfid, Thiodiglycolsäure, Blei-II-chlorid, Mercaptobenzothiazol, Cystin
u.a. Kontaktgifte dar, wodurch die elektrokatalytische Aktivität der Nickelschicht
negativ beeinflußt wird. Aus diesem Grunde können Stabilisatoren bei der Herstellung
von Elektroden durch stromlose Abscheidung nicht eingesetzt werden, was andererseits
zur Folge hat, daß sich solche Bäder leicht zersetzen, somit die Abscheidung des Nickels
mehr oder weniger unkontrolliert verläuft und damit die Eigenschaften der herzustellenden
Elektroden nicht eindeutig in wünschenswerter Weise reproduziert werden können.
[0018] Der vorliegenden Erfindung lag daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung
von Elektroden bereitzustellen, bestehend aus einem elektrisch leitenden Grundkörper
mit einer darauf abgeschiedenen elektrochemisch aktiven Nickelschicht, die durch
stromlose Abscheidung aus einem Nickel(II)-salze und Komplexbildner enthaltenden Bad
durch Reduktion mit Natriumboranat erhalten worden ist, bei dem einerseits elektrochemisch
aktive Elektroden in reproduzierbarer Weise erhalten werden und andererseits eine
unerwünschte Zersetzung des Bades während der Abscheidung weitgehend vermieden wird.
[0019] Es wurde gefunden, daß diese Aufgabe dadurch gelöst werden kann, daß das Bad ein
Molverhältnis von Komplexbildner : Nickelsalz von 80 bis 200, ein Molverhältnis von
Natriumboranat : Nickelsalz von 0,7 bis 4,0 und einen Gehalt von Hydroxiden, die stärker
basisch sind als Ammoniak, von 10 bis 400 mMol/l und einen Gehalt an Nickelsalzen
von 10 bis 80 mMol/l aufweist.
[0020] Die erfindungsgemäßen Bäder enthalten einen hohen Überschuß an Komplexbildnern entsprechend
einem Molverhältnis von Komplexbildner : Nickelsalz von 80 - 200. Besonders bevorzugter
Komplexbildner ist Ammoniak, jedoch sind auch andere bekannte Komplexbildner wie Zitronensäure,
Amine und dergleichen geeignet.
[0021] Durch den hohen Gehalt an Komplexbildnern im Vergleich zu den im Bad enthaltenen
Nickelionen wird die Konzentration an freien Nickelionen im Bad entsprechend den Gleichgewichten
Ni(OH)₂ + 4 NH₄OH ⇄ [Ni(NH₃)₄]²⁺ + 2 OH⁻ + 4 H₂O
[Ni(NH₃)₄]²⁺ + NH₄OH ⇄ [Ni(NH₃)₅]²⁺ + H₂O
[Ni(NH₃)₅]²⁺ + NH₄OH ⇄ [Ni(NH₃)₆]²⁺ + H₂O
gering gehalten. Durch den hohen Komplexierungsgrad wird eine ausreichende Stabilisierung
des Bades erzielt. Auf der anderen Seite führt die Verringerung an Nickelionen zu
geringeren Abscheidegeschwindigkeiten, die überraschenderweise durch den erfindungsgemäßen
Zusatz an Hydroxiden, die stärker basisch sind als Ammoniak gesteigert werden kann.
Durch den Hydroxidzusatz wird darüber hinaus die Stabilität des Bades weiter gesteigert
und eine unerwünschte Zersetzung des Bades praktisch unterbunden.
[0022] Als Hydroxide kommen vor allem die Hydroxide des Natriums und Kaliums in Betracht,
aber auch die Hydroxide der Erdalkalimetalle sind geeignet. Die Hydroxidkonzentration
im Bad soll 10 bis 400 mMol/l betragen.
[0023] Weiteres wesentliches Kennzeichen des erfindungsgemäßen Verfahrens ist ein hohes
Molverhältnis Natriumboranat zu Nickelsalz im Bad. Durch dieses hohe Molverhältnis
wird offenbar eine besondere Oberflächenstruktur der abgeschiedenen Nickelschicht
erzeugt, auf die ein besonders niedriges Wasserstoffabscheidepotential von unter 1100
mV zurückzuführen ist, das sogar niedriger als das Wasserstoffabscheidepotential des
reinen Nickels liegt, das, selbst wenn dessen Oberfläche z.B. durch Sandstrahlen künstlich
vergrößert worden ist, bei 1280 bis 1300 mV liegt.
[0024] Die Nickelabscheidung kann durch folgende Summengleichung charakterisiert werden:
NaBH₄ + 4 NiCl₂ + 8 NaOH → 4 Ni + NaBO₂ + 8 NaCl + 6 H₂O.
[0025] Über die dabei ablaufenden Einzelreaktionen ist noch nichts bekannt. Neben dieser
Reaktion wird aber neben Nickel auch Bor abgeschieden, vermutlich als Ni₃B, Ni₂B oder
auch als elementares Bor. Oberflächenanalytische Untersuchungen konnten dafür keine
exakte Differenzierung, jedoch eindeutige Hinweise auf derartige Verbindungen geben.
Es ist aber bekannt, daß in unerwünschten Nebenreaktionen, wie z.B.
2 NaBH₄ + 4 NiCl₂ + 6 NaOH → 8 NaCl + 6 H₂O + H₂ + 2Ni₂B
[0026] Nickelboride bei der stromlosen Vernickelung gebildet werden können. Wie aus der
Gleichung hervorgeht, wird eine derartige Nebenreaktion besonders bei höheren Boranatkonzentrationen
(wie sie bei der erfindungsgemäßen Beschichtung vorliegt und auch aufgrund des hohen
Komplexierungsgrades von Ni²⁺ durch große NH₃-Überschüsse ohne Eigenzersetzung der
Lösung möglich ist), in verstärktem Maß ablaufen, d.h. die Oxidation des Bors erfolgt
teilweise nicht mehr vollständig zum BO₂- (B³⁺), sondern nur bis maximal zum B⁰. Hierdurch
ist auch der Einbau von Bor in die Nickelschicht begünstigt, der Borgehalt beträgt
je nach Reaktionsführung 6 - 30 Gew.-%.
[0027] Die unter den erfindungsgemäßen Bedingungen erzeugte Nickelschicht ist röntgenamorph,
was sich offenbar günstig auf die Erzielung einer hohen Aktivität auswirkt.
[0028] Als Nickelsalze kommen Salze in Betracht, deren Anion nicht mit dem Natriumboranat
reagiert. Vor allem ist Nickelchlorid oder Nickelsulfat geeignet. Die Nickelsalze
sollen zweckmäßig in solchen Mengen eingesetzt werden, daß das Bad von 10 bis 80 mMol/l
Nickelsalz enthält.
[0029] Die Temperaturen während der Beschichtung werden zweckmäßig unter 30°C gehalten,
vorzugsweise arbeitet man bei Temperaturen von 20 bis 25°C.
[0030] Es ist ferner vorteilhaft, ein bestimmtes Verhältnis von Oberfläche des zu beschichtenden
Grundkörpers zum Volumen des Beschichtungsbades einzuhalten. Dieses Verhältnis sollte
> 500 cm²/l Badlösung sein.
[0031] Es hat sich ferner zur Erzielung eines niedrigen Abscheidepotentials als günstig
erwiesen, die Beschichtung der Grundkörper in einem ruhenden Bad vorzunehmen, d.h.
daß keine Relativbewegung zwischen zu beschichteten Grundkörper und Flüssigkeit stattfindet.
[0032] Unter den erfindungsgemäßen Bedingungen erfolgt ein langsames Schichtenwachstum
von etwa 0,05 - 1,0 µm/h.
[0033] Wegen der Zusammensetzung des Bades kann es unter Umständen zu Verzögerungen beim
Start der Beschichtungsreaktion kommen. Um ein sicheres Anspringen der Reaktion zu
gewährleisten, kann man dem Bad Metallionen in geringen Mengen zusetzen, z.B. Salze
des Cobalts, Aluminiums, Zinks, Chroms, Kupfer, Palladiums, Platins und dergl.. Der
Gehalt an diesen Zusätzen sollte im Bereich von 500 ppb - 50 ppm gewählt werden.
[0034] Als Grundkörper eignen sich grundsätzlich Körper aus elektrisch leitenden Materialien.
Im wesentlichen kommen vor allem Eisen bzw. eisenhaltige Legierungen, Stahl, aber
auch Graphit oder auch Nickel selbst in Betracht.
[0035] Die amorphen erfindungsgemäßen aktiven Nickelschichten passivieren sich erwartungsgemäß
wegen ihrer amorphen Struktur leicht, d.h. sie überziehen sich bei Einwirkung von
Luftsauerstoff oder von in wäßrigem Medium gelöstem Sauerstoff leicht mit einer Oxidhaut.
Überraschenderweise zeigt sich jedoch, daß die Inaktivierung der erfindungsgemäß abgeschiedenen
Nickelschicht - im Gegensatz z.B. zu anderen Nickelschichten, die durch Herauslösen
einer Komponente entstanden sind, wieder ihre volle katalytische Aktivität entfalten,
wenn sie z.B. als Kathode in der Chloralkali-Elektrolyse eingesetzt werden, was sich
durch eine starke Verringerung des Wasserstoff-Abscheidepotentials bemerkbar macht.
[0036] Durch den speziellen strukturellen Aufbau und vor allen Dingen durch die eingelagerten
Borkomponenten erfolgt die Aktivierung des Katalysators folgendermaßen:
[0037] Bei Anlegen eines negativen Potentials, wie es zur elektrolytischen Erzeugung von
Wasserstoff notwendig ist, werden die entsprechenden Borkomponenten reduziert und
gehen in Lösung bzw. entweichen mit dem Wasserstoff. Hierdurch werden amorphe, hochreaktive
Nickelschichten freigelegt, die eine außerordentlich niedrige Wasserstoffüberspannung
besitzen. Da die Elektrolysereaktion immer nur in den obersten Aktivschichten abläuft,
werden die darunter liegenden Borkomponenten erst dann wieder freigelegt, wenn die
"arbeitenden" reaktiven Aktivschichten durch den natürlichen Verschleiß im Verlauf
der Elektrolyse entsprechend weit abgetragen sind. Dann werden wieder Borkomponenten
freigesetzt, hierdurch neue amorphe, reaktive Schichten freigelegt usw. Dabei muß
man sich vorstellen, daß dieser Vorgang nicht stufenweise, sondern kontinuierlich
erfolgt.
[0038] Die Funktionsweise des Elektrokatalysators konnte durch entsprechende oberflächenanalytische
Untersuchungen (Auger-Elektronenspektroskopie) eindeutig bewiesen werden. Dabei hat
sich auch gezeigt, daß sich diese Mechanismen in Oberflächenschichten von wenigen
Angström Dicke abspielen. Dies erklärt auch die hohe Lebensdauer der sehr dünnen Aktivschichten.
[0039] Damit zusammenhängend ergibt sich ein weiterer Vorteil der erfindungsgemäß hergestellten
Elektroden. Versetzt man nämlich eine Elektrode in den stromlosen Zustand, so passiviert
sie sich oberflächlich; diese Passivierung schadet ihr aber nicht, da sie nach einer
kurzen Formierungsphase nach der Wiederinbetriebnahme ihre alte katalytische Aktivität
wiedererlangt. Ein weiterer Vorteil ergibt sich dadurch, daß die erfindungsgemäß
abgeschiedenen Nickelschichten weitgehend porenfrei sind. Dies bedeutet, daß der darunterliegende
Grundkörper vor Korrosionsangriffen geschützt ist und sich keine Lokalelemente bilden
können, solange die Aktivschicht noch nicht verbraucht ist. Auch das Einbrennen eines
Diaphragmas beeinträchtigt aus den gleichen Gründen die Aktivität der erfindungsgemäß
aufgebrachten Aktivschicht nicht.
[0040] Die in den folgenden Beispielen gemessenen Wasserstoff-Abscheidepotentiale sind
bei einer Stromdichte von 1,5 kA/m² und 20°C gegen die Wasserstoff-Normalelektrode
bestimmt worden.
Beispiel 1
[0041]
a) Ein Eisengitter (ST 12/03) mit den Abmessungen 1 × 12 cm und einer Oberfläche von
48,6 cm² wird mit 30 gew.%iger Salzsäure gereinigt, mit Stickstoff trockengeblasen.
Anschließend wird das Gitter in 91 ml eines nicht bewegten Bades getaucht, (Oberflächen-Volumenverhältnis
[cm²/l]534), dessen Temperatur 20°C beträgt und das folgende Zusammensetzung aufweist:
0,75 g NiCl₂ . 6 H₂O (0,003 Mol)
0,13 g NaBH₄ (0,003 Mol)
660 mg NaOH (181.mMol/l)
25 ml 25 Gew.% NH₃ (0,37 Mol)
66 ml H₂O
Das Molverhältnis Komplexbildner : Nickelsalz beträgt ca. 123 und das Molverhältnis
Natriumboranat : Nickelsalz ca. 1,0.
Nach 20 Stunden wird das Gitter dem Bad entnommen, mit Wasser gewaschen und das Wasserstoff-Abscheidepotential
zu 1075 mV bestimmt.
b) Drei Eisengitter (ST 12/03) mit einer Fläche von jeweils 240 cm² werden wie in
Beispiel 1a) beschrieben beschichtet, 24 Stunden lang in 10 gew.%iger Natronlauge
getaucht und nach Auflegen eines Diaphragmas aus Asbest dieses 1,5 Stunden lang bei
einer Temperatur von 350°C eingebrannt.
Die so hergestellten Kathoden werden in Laborzellen eingebaut und 145 Tage lang bei
einer Stromdichte von 1,5 kA/m² kontinuierlich getestet. Während der Versuchsdauer
ist keine Erhöhung der Zellenspannung festzustellen:
Zellspannung bei Versuchsbeginn: 3,06 V
Zellspannung bei Versuchsende: 3,05 V.
Die Dicke der Aktivschicht bei Versuchsanfang beträgt 2,5 ∼ 3 µm. Die Bestimmung der
Nickelkonzentration in der Diaphragmenlauge liefert Werte, die unterhalb der Analysengenauigkeit
(< 100 ppb) liegen und auch der optische Befund nach Ausbau der Kathoden zeigt keinen
merklichen Nickel-Abtrag.
c) Ein Eisengitter, (ST 12/03) das gemäß Beispiel 1a) beschichtet worden ist und anschließend
wie in Beispiel 1b) beschrieben 24 Stunden lang in 10 gew.%iger Natronlauge aufbewahrt
worden ist und anschließend ohne Aufbringen eines Asbestdiaphragmas 1,5 Stunden lang
bei 350°C behandelt worden ist, zeigt nach einstündiger kathodischer Belastung bei
2 kA/m² einen Wert für das H₂-Abscheidepotential von 1080 mV.
d) Bei einem Eisengitter (ST 12/03), das wie in Beispiel 1a beschrieben beschichtet
worden ist, wird direkt anschließend an die Beschichtung das H₂-Abscheidepotential
bestimmt. Daran anschließend wird die Kathode in einer Lösung, die 10 Gew.-% NaOH
und 1 Gew.-% NaCl enthält, aufbewahrt und nach verschiedenen Zeitabständen das Potential
erneut bestimmt:
Nach Versuchsende wird die Elektrode mit 2 kA/m² kathodisch belastet und nach verschiedenen
Zeitabständen das H₂-Abscheidepotential erneut bestimmt:
H₂-Abscheidepotential nach 30 min 1180 mV
H₂-Abscheidepotential nach 90 min 1130 mV
H₂-Abscheidepotential nach 150 min 1100 mV
e) Je ein sandgestrahltes, poliertes und unbehandeltes Nickelblech wird mit Aceton
entfettet, 5 Minuten lang in konz. HCl gebeizt, mit Stickstoff trockengeblasen und
dann wie in Beispiel 1a beschrieben stromlos mit einer Nickelschicht beschichtet.
In der folgenden Tabelle sind die H₂-Abscheidepotentiale denjenigen Potentialen gegenübergestellt,
die bei nicht beschichteten, aber analog vorbehandelten Nickelblechen erhalten werden:
Aus den Beispielen 1a) und 1e) ist zu ersehen, daß das H₂-Abscheidepotential der
erfindungsgemäß beschichteten Kathoden mit etwa 1060-1075 mV deutlich unter dem Abscheidepotential
des Nickels liegt, das je nach Vorbehandlung, gemäß Beispiel 1e) 1300 bzw. 1525 mV
beträgt.
Beispiel 1d) zeigt, daß das Abscheidepotential einer erfindungsgemäß beschichteten
Kathode nach der Aufbewahrung in salzhaltiger Lauge mit zunehmender Zeit stark ansteigt,
daß aber nach kathodischer Belastung wieder das Anfangspotential annähernd erreicht
werden kann. Dieser Sachverhalt ist auch dem Beispiel 1e) zu entnehmen, das als Parallelbeispiel
zu Beispiel 1b) aufgenommen ist, da bei der hier beschriebenen Kathode wegen des
aufgebrachten Diaphragmas die H₂-Abscheidespannung nicht gemessen werden kann.
Vergleichsbeispiel 1
[0042] Ein Eisengitter (ST 12/03) mit den Abmessungen 11,5 × 1,5 cm (Oberfläche 65,6 cm²)
wird mit 30 gew.%iger Salzsäure abgebeizt, dann mit Stickstoff trockengeblasen und
wie in Beispiel 2 der DE-OS 27 06 577 beschrieben mit einer Nickelschicht versehen.
Hierzu wird das Gitter in ein 30°C warmes Bad folgender Zusammensetzung 5 Stunden
lang eingetaucht:
18 g NiCl₂ (0,138 Mol)
800 ml Wasser
300 ml 25 %iges NH₃ (4,4 Mol)
30 g Hydrazinhydrat (0,6 Mol).
[0043] Daraus resultiert ein Molverhältnis Komplexbildner : Nickelsalz von 31,96 und ein
Molverhältnis Reduktionsmittel zu Nickelsalz von 4,34 bei einem Oberflächen (Elektrode
cm²)-Volumen (Bad)-Verhältnis von 59,6 cm²/l
[0044] Nach Beendigung der Beschichtung wird die Kathode mit Wasser gespült und das H₂-Abscheidepotential
zu 1290 mV bestimmt.
Vergleichsbeispiel 2
[0045] Ein Eisengitter (ST 12/03) mit den Abmessungen 11,5 × 1,5 (Oberfläche 65,6 cm²) wird
wie in Vergleichsbeispiel 1 beschrieben vorbehandelt und dann entsprechend Beispiel
1 der DE-OS 27 06 577 bei 28°C 5 Stunden lang in ein Bad getaucht, das folgende Zusammensetzung
aufweist.
18 g NiCl₂ (0,14 Mol)
450 ml 25 %iger NH₃ (6,0 Mol)
3 g NaBH₄ (0,08 Mol)
800 ml Wasser.
[0046] Daraus resultiert ein Molverhältnis Komplexbildner : Nickelsalz von 43,47 und ein
Molverhältnis Reduktionsmittel : Nickelsalz von 0,57 bei einem Oberflächen (Elektrode
cm²)-Volumen (Bad/)-Verhältnis von 52,4 cm²/l Nach dem Beschichten wird die Kathode
mit Wasser gespült und das Abscheidepotential zu 1285 mV bestimmt.
[0047] Aus den beiden Vergleichsbeispielen ist zu ersehen, daß bei einer stromlosen Beschichtung
nach dem Stand der Technik nur Potentiale erreicht werden, die dem Abscheidepotential
des Nickels entsprechen (1300 mV), während Kathoden, die nach dem erfindungsgemäßen
Verfahren mit einer Nickel-Schicht versehen worden sind, ein um etwa 200 mV niedrigeres
Abscheidepotential aufweisen.
Beispiel 2
Einfluß des Molverhältnisses Ammoniak zu Nickelsalz und des Hydroxid- Gehaltes
[0048] Je ein Eisengitter (ST 12/03) mit den Abmessungen 1 × 12 cm (Oberfläche 48,6 cm²)
wird wie in Beispiel 1a) beschrieben vorbehandelt, gewogen, und 20 Stunden lang in
0,064 l eines ruhenden Bades bei einer Temperatur von 20°C getaucht, das jeweils 2
g NaBH₄/l enthält. Der Ammoniak- und Nickelsalzgehalt wird entsprechend den in der
Tabelle angegebenen Werten variiert.
[0049] Nach der Beschichtung werden die Kathoden mit Wasser gespült, mit Stickstoff trockengeblasen
und zur Bestimmung der abgeschiedenen Nickelmenge erneut gewogen.
[0050] Aus der Tabelle ist zu ersehen, daß bei geringen Molverhältnissen von Ammoniak zu
Nickelsalz in dem Bad spontan Nickel abgeschieden wird. Die im Bad abgeschiedenen
Nickelkeime bilden eine Konkurrenz zu dem zu beschichtenden Eisengitter, d.h. in
anderen Worten, daß auf dem Eisengitter praktisch kein Nickel abgeschieden wird. Erst
bei Versuch d), d.h. bei einem Molverhältnis von NH₃ : Nickelsalz von 88 wird die
Abscheidung des Nickels im Bad selbst stark zurückgedrängt, es wird allerdings mit
1,6 mg Ni/g Gitter noch sehr wenig Nickel auf dem Gitter abgeschieden. Die auf dem
Gitter abgeschiedene Nickel-Menge kann jedoch durch Zugabe von NaOH stark gesteigert
werden.
Beispiel 3
Einfluß des Molverhältnisses Boranat zu Nickelsalz auf das Abscheidepotential
[0051] Je ein Eisengitter (ST 12/03) mit den Abmessungen 1 × 12 cm (Oberfläche 48.6 cm²)
wird 20 Stunden lang in 0,064 l eines ruhenden Beschichtungsbades (Temperatur 23°C)
getaucht, das folgende Zusammensetzung aufweist:
10 g NaOH/l (250 mMol/l)
2,3 g NaBH₄/l ( 0,06 Mol/l)
[0052] Der Gehalt des Bades an Nickelchlorid ist aus der folgenden Tabelle zu ersehen, ebenso
wie das jeweils eingehaltene Molverhältnis NH₃ (Komplexbildner): Ni.
[0053] Nach Beendigung der Beschichtung werden die Elektroden dem Bad entnommen, mit Wasser
gespült, 24 Stunden lang in 10 gew.%iger NaOH aufbewahrt und anschließend 1,5 Stunden
lang bei 360°C wärmebehandelt. Nach 60-minütiger kathodischer Belastung bei 2 kA/m²
werden die folgenden in der Tabelle aufgeführten H₂-Abscheidepotentiale gemessen:
[0054] Aus der Tabelle ist zu ersehen, daß unter den erfindungsgemäßen Molverhältnissen
NaBH₄ : Ni die niedrigsten H₂-Abscheidepotentiale erhalten werden.
Beispiel 4
Einfluß der Badbewegung auf die H₂-Abscheidespannung
[0055] Eisengitter werden entsprechend Beispiel 1a) beschichtet und entsprechend Beispiel
1c) nachbehandelt, wobei während der Beschichtung nicht gerührt bzw. gerührt wird.
[0056] Die Bestimmung des H₂-Abscheidepotentials liefert folgende Werte:
[0057] Aus der Tabelle ist die Bedeutung der Beschichtung in einem nicht bewegten Bad deutlich
zu erkennen.
Beispiel 5
Einfluß der Abscheidetemperatur auf das H₂-Abscheidepotential
[0058] Eisengitter werden entsprechend Beispiel 1a) beschichtet und entsprechend Beispiel
1c) nachbehandelt, wobei während der Beschichtung unterschiedliche Temperaturen,
wie in der Tabelle angegeben, eingehalten werden.
⁺ Die abgeschiedene Nickelschicht zeigte im Gegensatz zu den anderen Schichten kein
mattgraues, sondern ein schwarzes Aussehen mit schwammiger Oberfläche und schlechter
Haftung auf dem Grundkörper.
Beispiel 6
Wirkung von Startern
[0059] Je ein Eisengitter wird wie in Beispiel 1a) beschrieben in ein Bad getaucht, dem
Kupfer in der in der Tabelle angegebenen Menge zugesetzt worden ist. Nach 20 Stunden
Beschichtungszeit werden die Gitter mit Wasser gespült, mit Stickstoff trockengeblasen
und gewogen.