[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Hörgerät für Hörgeschädigte gemäß Oberbegriff
des Patentanspruchs 1.
[0002] Hörgeräte dieser Art sind z.B. durch die DE-OS 30 27 953, EP-OS 00 76 687 und WO
83/02212 vorbekannt. Bei der DE-OS 30 27 953 wird in einer Art Testphase ein Frequenzgang
eingestellt, auf den sich bei nachfolgendem Gebrauch das Hörgerät bevorzugt einstellt.
Der Frequenzgang ist z.B. der eines Gesprächspartners. Die EP-OS 00 76 687 beschreibt
ein ähnliches Hörgerät, das jedoch mit zwei Sätzen von Bandpaßfiltern ausgerüstet
ist. In der Testphase wird der erwünschte Frequenzgang mit Hilfe des ersten der beiden
Bandpaßfiltersätzen herausgefiltert. Dann wird in Abhängigkeit davon der zweite Bandpaßfiltersatz
so eingestellt, daß das (Sprach) Signal bevorzugt entsprechend dem selektierten Frequenzgang
beeinflußt wird. Auch in diesem Fall stellt sich also das Hörgerät automatisch auf
das zuvor selektierte Frequenzspektrum ein. Der Träger des Hörgerätes kann sich dann
also z.B. ganz auf den Gesprächspartner konzentrieren, dessen Frequenzspektrum bevorzugt
aus Umgebungsgeräuschen (insbesondere z.B. bei sehr lauter Umgebung) über das Hörgerät
herausgefiltert wird. Beim Hörgerät der WO 83/02212 wird jedem Frequenzkanal eine
eigene gespeicherte Dynamik-Kennlinie unterlegt. Hier handelt es sich also um eine
Beeinflussung durch Dynamikkompression.
[0003] Das im nachfolgenden angesprochene Hörproblem ist demgegenüber jedoch ein ganz anderes.
[0004] Hörgeschädigte haben bekanntlich ein vermindertes Zeitauflösungsvermögen. Die Erregung
des Gehörs klingt beim Hörgeschädigten langsamer ab, so daß eine genügende Sprachauflösung
ohne besondere Hilfsmittel nicht möglich ist.
[0005] Aufgabe vorliegender Erfindung ist es, ein Hörgerät für Hörgeschädigte zu schaffen,
das derartige Hilfsmittel bereitstellt.
[0006] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß mit den kennzeichnenden Merkmalen des Patentanspruchs
1 gelöst.
[0007] Durch Einsatz von Schaltungen, die es ermöglichen, daß in einem Mehrkanalsystem durch
gegenseitige Kanalbeeinflussung (bei den Mehrkanal-Hörgeräten der zuvor abgehandelten
Art beeinflussen die einzelnen Kanäle sich nicht gegenseitig) nur die stärksten Kanäle
zum Tragen kommen, während die schwächeren vollständig unterdrückt werden, wird gewährleistet,
daß die einzelnen Kanäle nur in einem bestimmten Bruchteil (z.B. 30 %) der normalerweise
nötigen Zeit mit Informationen belegt sind. Die zwischen den Informationen liegenden
Pausen in den einzelnen Kanälen sind also größer als normal. Dadurch wird der Informationsfluß
dem schlechten Zeitauflösungsvermögen des Hörgeschädigten besser angepaßt. Das Sprachverständnis
ist erheblich verbessert.
[0008] Schaltungen, bei denen nur die stärksten Kanäle zum Tragen kommen, während die schwächeren
Kanäle vollständig unterdrückt werden, sind als sogenannte Inhibitionsschaltungen
in Verbindung mit Funktionsmodellen des Gehörs an sich bekannt. Es wird dazu beispielsweise
auf den Aufsatz "Über ein einfaches Funktionsschema des Gehörs" von E. Zwicker aus
der Zeitschrift "Acustica" Vol. 12 (1962), Seiten 22 bis 28 oder auf den Aufsatz "Beitrag
zur automatischen Erkennung gesprochener Ziffern" von E. Terhardt aus der Zeitschrift
"Kybernetik" 3. Band, 3. Heft, September 1966, Seiten 136 bis 143 verwiesen. Sie können
in abgewandelter Form gemäß vorliegender Erfindung nun auch zum Vorteil von Hörgeschädigten
in Hörgeräten eingesetzt werden.
[0009] Weitere Vorteile und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden
Beschreibung eines Ausführungsbeispiels anhand der Zeichnung und in Verbindung mit
den Unteransprüchen.
[0010] Es zeigen:
Figur 1 die Erfindung im Prinzipschaltbild,
Figur 2 Aufbau und Wirkungsweise einer Inhibitionsschaltung gemäß vorliegender Erfindung.
[0011] In der Figur 1 umfaßt das Hörgerät 1 eine Mikrofonanordnung 2 für die Schallaufnahme
(vorzugsweise Richtmikrofonanordnung). Die elektrischen Ausgangssignale der Mikrofonanordnung
2 werden über einen Vorverstärker 3, der auch eine automatische Verstärkungsgradregelung
enthalten kann, einer Anordnung aus z.B. sechs Sprachfrequenzselektierkanälen 4
bis 9 zugeleitet. Jeder Sprachfrequenzselektierkanal 4 bis 9 umfaßt eingangsseitig
einen Bandpaßfilter 10 bis 15. Die einzelnen Bandpaßfiler 10 bis 15 sind in der Sechskanalanordnung
frequenzmäßig wie folgt gestuft:
Bandpaßfilter 10 f = 175-350 Hz
Bandpaßfilter 11 f = 350-700 Hz
Bandpaßfilter 12 f = 700-1050 Hz
Bandpaßfilter 13 f = 1050-1600 Hz
Bandpaßfilter 14 f = 1600-3200 Hz
Bandpaßfilter 15 f = 3200-6400 Hz
[0012] Die Flankensteilheit der Bandpaßfilter kann bis herab zu 12 dB pro Oktave gewählt
werden.
[0013] Der Block 16 beinhaltet eine Inhibitionsschaltung, die es ermöglicht, unter Berücksichtigung
der Signalstärken in den Nachbarkanälen starke Kanäle hervorzuheben und schwächere
zu unterdrücken. Die nach dieser Maßgabe behandelten Signale werden über Ausgangsverstärker
17 bis 22 und einen Endverstärker 23 dem Hörer 24 des Hörgerätes 1 zugeführt. Der
Hörer 24 wird dann in üblicher Weise mittels Hörolive od. dgl. am Ohrkanal des einen
Ohres angeschlossen. Der Hörer kann auch direkt im Gehör sitzen. Für Binaural-Versorgung
wird für den Ohrkanal des zweiten Ohres ein dem Hörgerät 1 entsprechendes weiteres
Hörgerät zur Verfügung gestellt.
[0014] Zweck der Inhibition ist es, schwache Kanäle durch starke Nachbarkanäle so zu beeinflussen,
daß schwache Kanäle bis zu vollständiger Signalunterdrückung weiter gedämpft werden,
so daß nur starke Kanalsignale zum Tragen kommen.
[0015] Die Figur 2 zeigt die Wirkungsweise des Inhibitionsblockes 16. Dargestellt ist beispielsweise
der Kanal 4. Alle anderen Kanäle 5 bis 9 sind in entsprechender Weise geschaltet.
Gemäß der Figur 2 umfaßt der Kanal 4 einen spannungsgesteuerten Verstärker 25. Mittels
einer Diodenschaltung 26 sowie eines Tiefpasses 27 (Zeit konstante <20 ms) wird die
Hüllkurve eines am Eingang des Kanals 4 eingehenden Signales gebildet. Das Signal
der Hüllkurve wird mittels Gewichtungsglied 28 (z.B. Potentiometer oder Festwiderstand)
mit einem Faktor K1 gewichtet und dem positiven Eingang eines Summierers 29 zugeleitet.
Den negativen Eingängen des Summierers 29 werden die Signale der Hüllkurven der restlichen
fünf Kanäle 5 bis 9 nach entsprechender Gewichtung mit Gewichtungsfaktoren K2, K3,
K4, K5 und K6 in Gewichtungsgliedern 30, 31, 32, 33 und 34 (z.B. Potentiometer oder
Festwiderstände) zugeführt. Das Signal der Hüllkurve aus dem Kanal 4 wird außerdem
noch über die Signalleitungen 35 den restlichen Kanälen 5, 6, 7, 8 und 9 zugeleitet.
Dort wird es in gleicher Weise gewichtet und mit gewichteten Signalen der benachbarten
Kanäle in Summierern verknüpft.
[0016] Beim Ohrmodell sind die Gewichtungsfaktoren so gewählt, daß sie das gesunde Ohr nachbilden.
Im Gegensatz dazu sind die Faktoren bei vorliegender Erfindung an den Hörschaden des
Hörgeschädigten individuell anzupassen. Dies geschieht für verschiedene Hörgeschädigte
entsprechend individuell unterschiedlich aufgrund audiometrischer Messungen.
[0017] Es ist auch möglich, für bestimmte Klassen von Hörschädigungen eine einheitliche
Voreinstellung dieser Parameter zu wählen.
[0018] Die Inhibitionsschaltung kann stufenweise zwischen nicht wirksam und voll wirksam
im Laufe des Anpaßvorganges während einer längeren Trainingsphase verändert werden.
Dadurch kann sich der Hörgeschädigte allmählich an das durch die Inhibition geänderte
Sprachmuster gewöhnen. Zur stufenweisen Änderung können z.B. Potentiometer 36 eingesetzt
werden, die in der in Figur 2 angedeuteten Weise mit dem spannungsgesteuerten Verstärker
25 verschaltet sind. Bei Bedarf kann der Hörgeschädigte auch die Wirkung der Inhibition
ganz ausschalten.
1. Hörgerät für Hörgeschädigte mit Schallaufnahmemikrofonanordnung und Hörer zwischen
denen eine Anordnung aus mehreren Frequenzselektierkanälen eingeschaltet ist,
dadurch gekennzeichnet, daß den Frequenzselektierkanälen (4 bis 9) eine Einrichtung (16) zum Messen der
Stärke eines Signals in jedem einzelnen Sprachfrequenzselektierkanal und zur Beeinflussung
der Kanäle untereinander im Sinne der Unterdrückung von schwachen Signalkanälen zum
Vorteil von starken Signalkanälen zugeordnet ist.
2. Hörgerät nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Zahl der Frequenzselektierkanäle (4 bis 9) im Bereich drei bis zwölf, z.B.
bei sechs, liegt.
3. Hörgerät nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß jeder Sprachfrequenzselektierkanal (4 bis 9) eingangsseitig ein Bandpaßfilter
(10 bis 15) zur Frequenzselektion umfaßt, wobei das Bandpaßfilter (10) des ersten
Sprachfrequenzselektierkanals (4) auch durch einen Tiefpaß und das Bandpaßfilter
(15) des letzten Sprachfrequenzselektierkanals (19) auch durch einen Hochpaß ersetzt
werden kann.
4. Hörgerät nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Einrichtung (16) zum Messen der Stärke eines Signals eine Schaltungsanordnung
(26, 27) zur Bildung der Signalhüllkurve im jeweiligen Kanal umfaßt.
5. Hörgerät nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Einrichtung (16) zum Beeinflussen der Kanäle für jeden Kanal ein Signalstärkesteuerglied
(25), insbesondere spannungsgesteuerter Verstärker, sowie ein Glied (29) zum Beeinflussen
des Signalstärkesteuergliedes in Abhängigkeit von der Hüllkurve des Kanals und den
Hüllkurven aller weiteren Kanäle im Sinne der Unterdrückung von schwachen Signalkanälen
zum Vorteil von starken Signalkanälen umfaßt.
6. Hörgerät nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß das Glied (29) einen Summierer mit positiven und negativen Eingängen umfaßt,
dessen positivem Eingang das mit einem Gewichtungsfaktor (K1) gewichtete Signal der
Hüllkurve und dessen negativen Eingängen unterschiedlich gewichtete (K2, K3, K4, K5,
K6) Signale der Hüllkurven der restlichen Frequenzselektierkanäle zugeleitet werden,
und daß der Summierer das Signalstärkesteuerglied (25) mit dem Differenziersignal
beeinflußt.
7. Hörgerät nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Signal einer Hüllkurve aus einem Frequenzselektierkanal auch noch den restlichen
Frequenzselektierkanälen zugeleitet und dort gewichtet und mit den gewichteten Signalen
der benachbarten Kanäle in Summierern verknüpft wird.
8. Hörgerät nach Anspruch 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Gewichtungsfaktoren (K1 bis K6) an den Hörschaden eines Hörgeschädigten
individuell angepaßt sind und individuell unterschiedlich aufgrund audiometrischer
Messungen gewonnen werden.
9. Hörgerät nach Anspruch 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, daß für bestimmte Klassen von Hörschädigungen die Gewichtungsfaktoren (K1 bis K6)
einheitlich voreinstellbar sind.
10. Hörgerät nach einem der Ansprüche 3 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß die relativen Bandbreiten der Bandpaßfilter in der Mitte des Übertragungsbereiches
kleiner sind als an den Rändern.
11. Hörgerät nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, daß die einzelnen Bandpaßfilter (10 bis 15) frequenzmäßig wie folgt gestuft sind:
Bandpaßfilter 10 f = 175-350 Hz
Bandpaßfilter 11 f = 350-700 Hz
Bandpaßfilter 12 f = 700-1050 Hz
Bandpaßfilter 13 f = 1050-1600 Hz
Bandpaßfilter 14 f = 1600-3200 Hz
Bandpaßfilter 15 f = 3200-6400 Hz.
12. Hörgerät nach Anspruch 10 oder 11, dadurch gekennzeichnet, daß die Flankensteilheit der Bandpaßfilter bis herab zu 12 dB pro Oktave gewählt
werden kann.
13. Hörgerät nach einem der Ansprüche 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, daß die Einrichtung (16) zur Beeinflussung der Kanäle untereinander mittels Potentiometer
(36) od. dgl. zwischen nicht wirksam und voll wirksam veränderbar ist.