(19)
(11) EP 0 226 729 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
01.07.1987  Patentblatt  1987/27

(21) Anmeldenummer: 86113601.8

(22) Anmeldetag:  02.10.1986
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C23C 8/22, F16C 33/30
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FR GB IT

(30) Priorität: 23.10.1985 DE 3537658

(71) Anmelder: INA Wälzlager Schaeffler KG
91063 Herzogenaurach (DE)

(72) Erfinder:
  • Grell, Karl-Ludwig, Dipl.-Ing.
    D-8521 Aurachtal (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung eines gehärteten, aus einem austenitischen Werkstoff bestehenden unmagnetisierbaren Wälzlagerbauteils und nach diesem Verfahren hergestelltes Wälzlagerbauteil


    (57) Ein Verfahren zur Herstellung eines gehärteten, aus einem austenitischen Werkstoff bestehenden unmagnetisierbaren Wälzlagerbauteils erlaubt es, Wälzlagerbauteile aus austenitischem Werkstoff herzustellen, die unter Beibehaltung ihrer Unmagnetisierbarkeit eine mit aus Wälzlagerstahl be­stehenden Wälzlagerbauteilen vergleichbare Belastbarkeit aufweisen, in­dem die oberflächennahe Werkstoffschicht des Wälzlagerbauteils bei hoher Temperatur in einer sauerstofffreien Atmosphäre aufgekohlt und des Wälzlagerbauteil anschließend abgekühlt wird.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines gehärteten, aus einem austenitischen Werkstoff bestehenden unmagnetisierbaren Wälzlager­bauteils.

    [0002] Derartige Wälzlagerbauteile werden z.B. in elektromechanischen Geräten an Stellen verwendet, wo der magnetische Fluß unterbrochen sein soll. Sie werden außerdem wegen ihrer hohen Korrisionsbeständigkeit benötigt.

    [0003] Es ist bereits ein Verfahren zur Herstellung derartiger Wälzlagerbauteile bekannt, das vorsieht, das Wälzlagerbauteil durch Kaltverfestigung in seiner Härte zu steigern. Das bekannte Verfahren ist jedoch nur bedingt brauchbar, da Kaltverfestigungen, die zu Härten von mehr als 450 HV führen, die Bildung von Umformmartensit im Gefüge des Wälzlagerbauteils nach sich ziehen, wodurch dieses magnetisierbar wird, für Anwendungen, in denen unmagnetisierbare Wälzlagerbauteile höherer Belastbarkeit benötigt werden, also nicht mehr brauchbar ist. Infolge der nur geringen erzielbaren Härte weisen nach dem bekannten Verfahren hergestellte unmagnetisier­bare Wälzlagerbauteile nur ca. 25 % der Belastbarkeit vergleichbarer her­kömmlicher Wälzlagerbauteile auf.

    [0004] Man hat zwar schon versucht, durch Wärmebehandlungsverfahren unmagne­tisierbare Wälzlagerbauteile höherer Belastbarkeit herzustellen, jedoch waren die erhaltenen Wälzlagerbauteile stets magnetisierbar und/oder wiesen nicht die erforderliche Härte auf.

    [0005] Dies hat dazu geführt, daß man in der Praxis quasi unmagnetisierbare Wälzlagerbauteile ausreichender Belastbarkeit dadurch zu realisieren ver­sucht, daß man z. B. vergleichsweise dünnwandige Laufbahnen aus ge­härteten ferromagnetischen Werkstoffen auf massive Bauteile aus auste­nitischen Werkstoffen aufsetzt. Diese Lösungen sind aber in der Regel nur ein Notbehelf und vermögen in technischer Hinsicht nicht zu befriedigen. Sie sind außerdem mit erheblichen Kosten verbunden.

    [0006] Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Ver­fahren der eingangs genannten Art zu schaffen, das es erlaubt, Wälzlager­bauteile aus austenitischem Werkstoff herzustellen, die unter Beibehaltung ihrer Unmagnetisierbarkeit eine mit aus Wälzlagerstahl bestehenden Wälz­lagerbauteilen vergleichbare Belastbarkeit aufweisen.

    [0007] Nach der Erfindung wird diese Aufgabe dadurch gelöst, daß die ober­flächennahe Werkstoffschicht des Wälzlagerbauteils bei hoher Temperatur in einer sauerstofffreien Atmosphäre aufgekohlt und das Wälzlagerbauteil anschließend abgekühlt wird. Dabei kann die sauerstofffreie Atmosphäre beliebige aufkohlende gasförmige Stoffe enthalten.

    [0008] Durch die erfindungsgemäßen Verfahrensschritte entsteht im Oberflächen­bereich des Wälzlagerbauteils ein Gefüge, das aus einer zementitreichen Phase besteht, die metallkundlich und kristallographisch mit Ledeburit ver­gleichbar und weitgehend unmagnetisierbar ist und eine Härte von bis zu 700 HV aufweisen kann. Der Kernbereich des Bauteils besteht aus dem austenitischen Ausgangswerkstoff. Vorausgesetzt, das Wälzlagerbauteil wird über eine ausreichend lange, vom jeweiligen Bauteil und Anwendungs­fall abhängige Zeitdauer erfindungsgemäß behandelt, weist der gehärtete Oberflächenbereich des Wälzlagerbauteils eine Dicke auf, die trotz des relativ weichen austenitischen Kernbereichs des Wälzlagerbauteils sicher­stellt, daß dieses den an Wälzlagerbauteile überlicherweise gestellten Be­lastungsanforderungen standhält.

    [0009] Es wurde festgestellt, daß die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren her­gestellten Wälzlagerbauteile überraschenderweise ihre Festigkeit und Härte bis Temperaturen von 600°C beibehalten, so daß sie nicht nur für Anwen­dungsfälle, in denen ein unmagnetisierbares Wälzlager erforderlich ist, ge­eignet sind, sondern auch für solche Anwendungsfälle, die eine hohe Temperaturbeständigkeit des Wälzlagers erfordern. Außerdem sind aus nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Wälzlagerbauteilen bestehende Wälzlager für solche Anwendungsfälle geeignet, in denen Wälz­lager mit aus Aluminiumlegierungen bestehenden benachbarten Bauteilen zusammenwirken, da die Wärmedehnungszahl austenitischer Werkstoffe der von Aluminiumlegierungen entspricht. Die bei herkömmlichen Wälzlagern aufgrund der unterschiedlichen Wärmeausdehnungszahlen auftretenden Passungsprobleme können somit durch die Verwendung von nach dem erfin­dungsgemäßen Verfahren hergestellten Wälzlagerbauteilen vermieden werden.

    [0010] Besonders gute Ergebnisse werden erzielt, wenn nach einer Variante der Erfindung das Wälzlagerbauteil in einer sauerstofffreien Atmosphäre auf­gekohlt wird, die CH₄ oder C₃H₈ oder ein Gemisch aus beiden enthält.

    [0011] Wälzlagerbauteile mit einer Härte von mehr als 700 HV können hergestellt werden, wenn die sauerstofffreie Atmosphäre nach einer Ausführung der Erfindung atomaren Stickstoff enthält. Es diffundiert dann Stickstoff in die oberflächennahe Werkstoffschicht des Wälzlagerbauteils, der dort Nitride bildet, die eine weitere Härtesteigerung des oberflächennahen Gefüges bewirken.

    [0012] Ein besonders gleichmäßiges Gefüge der oberflächennahen Werkstoffschicht des Wälzlagerbauteils wird erzielt, wenn nach einer Ausführungsform der Erfindung das Wälzlagerbauteil bei Temperaturen zwischen 800 und 1000°C, vorzugsweise jedoch zwischen 880 und 960°C aufgekohlt wird.

    [0013] Das nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Wälzlagerbauteil wird den gestellten Anforderungen in besonders hohem Maße gerecht, wenn der Kohlenstoffgehalt in der oberflächennahen Werkstoffschicht nach einer Ausführungsform der Erfindung wenigstens 1,5 % und das Wälzlagerbauteil nach einer weiteren Ausführungsform der Erfindung eine Oberflächenhärte von wenigstens 550 HV aufweist.

    [0014] Nach einer Variante der Erfindung besteht das nach dem erfindungsge­mäßen Verfahren hergestellte Wälzlagerbauteil aus einem der auste­nitischen Werkstoffe × 5 CrNi 18 9, × 12 CrNiS 18 8, × 12 CrNi 17 7 oder × 10 CrNiTi 18 9, die, wie sich gezeigt hat, für das erfindungsge­mäße Verfahren besonders geeignet sind.

    [0015] Mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens ist es somit möglich, ein aus einem austenitischen Werkstoff bestehendes Wälzlagerbauteil herzustellen, das in seiner oberflächennahen Werkstoffschicht eine Härte aufweist, die für die typischen Wälzlagerbeanspruchungen ausreicht, und das dennoch un­magnetisierbar ist. Es kommt hinzu, daß das nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Wälzlagerbauteil eine hohe Warmfestigkeit besitzt und außerdem eine gegenüber herkömmlichen Wälzlagerbauteilen erhöhte Korrosionsbeständigkeit aufweist. Schließlich kann das nach dem erfin­dungsgemäßen Verfahren hergestelle Wälzlagerbauteil ohne Passungs­probleme mit aus Aluminiumlegierungen bestehenden Bauteilen zusammen­wirken, da beide eine in etwa gleiche Wärmeausdehnungszahl besitzen.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung eines gehärteten, aus einem austenitischen Werkstoff bestehenden unmagnetisierbaren Wälzlagerbauteils, dadurch ge­kennzeichnet, daß die oberflächennahe Werkstoffschicht des Wälzlagerbau­teils bei hoher Temperatur in einer sauerstofffreien Atmosphäre aufge­kohlt und das Wälzlagerbauteil anschließend abgekühlt wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Wälzlager­bauteil in einer sauerstofffreien Atmosphäre aufgekohlt wird, die CH₄, oder C₃H₈ oder ein Gemisch aus beiden enthält.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die sauerstofffreie Atmosphäre atomaren Stickstoff enthält.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Wälzlagerbauteil bei Temperaturen zwischen 800 und 1000°C, vor­zugsweise zwischen 880 und 960°C aufgekohlt wird.
     
    5. Wälzlagerbauteil, welches nach einem Verfahren nach einem der An­sprüche 1 bis 4 hergestellt ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Kohlen­stoffgehalt in der oberflächennahen Werkstoffschicht des Wälzlagerbauteils wenigstens 1,5 % beträgt.
     
    6. Wälzlagerbauteil, welches nach einem Verfahren nach einem der An­sprüche 1 bis 4 hergestellt ist, dadurch gekennzeichnet, daß es eine Ober­flächenhärte von wenigstens 550 HV aufweist.
     
    7. Wälzlagerbauteil, welches nach einem Verfahren nach einem der An­sprüche 1 bis 4 hergestellt, ist, dadurch gekennzeichnet, daß es aus einem der austenitischen Werkstoffe × 5 CrNi 18 9, × 12 CrNiS 18 8, × 12 CrNi 17 7 oder × 10 CrNiTi 18 9 besteht.
     





    Recherchenbericht