(57) Ein Verfahren zur Herstellung eines gehärteten, aus einem austenitischen Werkstoff
bestehenden unmagnetisierbaren Wälzlagerbauteils erlaubt es, Wälzlagerbauteile aus
austenitischem Werkstoff herzustellen, die unter Beibehaltung ihrer Unmagnetisierbarkeit
eine mit aus Wälzlagerstahl bestehenden Wälzlagerbauteilen vergleichbare Belastbarkeit
aufweisen, indem die oberflächennahe Werkstoffschicht des Wälzlagerbauteils bei hoher
Temperatur in einer sauerstofffreien Atmosphäre aufgekohlt und des Wälzlagerbauteil
anschließend abgekühlt wird.
[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines gehärteten, aus einem
austenitischen Werkstoff bestehenden unmagnetisierbaren Wälzlagerbauteils.
[0002] Derartige Wälzlagerbauteile werden z.B. in elektromechanischen Geräten an Stellen
verwendet, wo der magnetische Fluß unterbrochen sein soll. Sie werden außerdem wegen
ihrer hohen Korrisionsbeständigkeit benötigt.
[0003] Es ist bereits ein Verfahren zur Herstellung derartiger Wälzlagerbauteile bekannt,
das vorsieht, das Wälzlagerbauteil durch Kaltverfestigung in seiner Härte zu steigern.
Das bekannte Verfahren ist jedoch nur bedingt brauchbar, da Kaltverfestigungen, die
zu Härten von mehr als 450 HV führen, die Bildung von Umformmartensit im Gefüge des
Wälzlagerbauteils nach sich ziehen, wodurch dieses magnetisierbar wird, für Anwendungen,
in denen unmagnetisierbare Wälzlagerbauteile höherer Belastbarkeit benötigt werden,
also nicht mehr brauchbar ist. Infolge der nur geringen erzielbaren Härte weisen nach
dem bekannten Verfahren hergestellte unmagnetisierbare Wälzlagerbauteile nur ca.
25 % der Belastbarkeit vergleichbarer herkömmlicher Wälzlagerbauteile auf.
[0004] Man hat zwar schon versucht, durch Wärmebehandlungsverfahren unmagnetisierbare Wälzlagerbauteile
höherer Belastbarkeit herzustellen, jedoch waren die erhaltenen Wälzlagerbauteile
stets magnetisierbar und/oder wiesen nicht die erforderliche Härte auf.
[0005] Dies hat dazu geführt, daß man in der Praxis quasi unmagnetisierbare Wälzlagerbauteile
ausreichender Belastbarkeit dadurch zu realisieren versucht, daß man z. B. vergleichsweise
dünnwandige Laufbahnen aus gehärteten ferromagnetischen Werkstoffen auf massive Bauteile
aus austenitischen Werkstoffen aufsetzt. Diese Lösungen sind aber in der Regel nur
ein Notbehelf und vermögen in technischer Hinsicht nicht zu befriedigen. Sie sind
außerdem mit erheblichen Kosten verbunden.
[0006] Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs
genannten Art zu schaffen, das es erlaubt, Wälzlagerbauteile aus austenitischem Werkstoff
herzustellen, die unter Beibehaltung ihrer Unmagnetisierbarkeit eine mit aus Wälzlagerstahl
bestehenden Wälzlagerbauteilen vergleichbare Belastbarkeit aufweisen.
[0007] Nach der Erfindung wird diese Aufgabe dadurch gelöst, daß die oberflächennahe Werkstoffschicht
des Wälzlagerbauteils bei hoher Temperatur in einer sauerstofffreien Atmosphäre aufgekohlt
und das Wälzlagerbauteil anschließend abgekühlt wird. Dabei kann die sauerstofffreie
Atmosphäre beliebige aufkohlende gasförmige Stoffe enthalten.
[0008] Durch die erfindungsgemäßen Verfahrensschritte entsteht im Oberflächenbereich des
Wälzlagerbauteils ein Gefüge, das aus einer zementitreichen Phase besteht, die metallkundlich
und kristallographisch mit Ledeburit vergleichbar und weitgehend unmagnetisierbar
ist und eine Härte von bis zu 700 HV aufweisen kann. Der Kernbereich des Bauteils
besteht aus dem austenitischen Ausgangswerkstoff. Vorausgesetzt, das Wälzlagerbauteil
wird über eine ausreichend lange, vom jeweiligen Bauteil und Anwendungsfall abhängige
Zeitdauer erfindungsgemäß behandelt, weist der gehärtete Oberflächenbereich des Wälzlagerbauteils
eine Dicke auf, die trotz des relativ weichen austenitischen Kernbereichs des Wälzlagerbauteils
sicherstellt, daß dieses den an Wälzlagerbauteile überlicherweise gestellten Belastungsanforderungen
standhält.
[0009] Es wurde festgestellt, daß die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten
Wälzlagerbauteile überraschenderweise ihre Festigkeit und Härte bis Temperaturen von
600°C beibehalten, so daß sie nicht nur für Anwendungsfälle, in denen ein unmagnetisierbares
Wälzlager erforderlich ist, geeignet sind, sondern auch für solche Anwendungsfälle,
die eine hohe Temperaturbeständigkeit des Wälzlagers erfordern. Außerdem sind aus
nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Wälzlagerbauteilen bestehende Wälzlager
für solche Anwendungsfälle geeignet, in denen Wälzlager mit aus Aluminiumlegierungen
bestehenden benachbarten Bauteilen zusammenwirken, da die Wärmedehnungszahl austenitischer
Werkstoffe der von Aluminiumlegierungen entspricht. Die bei herkömmlichen Wälzlagern
aufgrund der unterschiedlichen Wärmeausdehnungszahlen auftretenden Passungsprobleme
können somit durch die Verwendung von nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten
Wälzlagerbauteilen vermieden werden.
[0010] Besonders gute Ergebnisse werden erzielt, wenn nach einer Variante der Erfindung
das Wälzlagerbauteil in einer sauerstofffreien Atmosphäre aufgekohlt wird, die CH₄
oder C₃H₈ oder ein Gemisch aus beiden enthält.
[0011] Wälzlagerbauteile mit einer Härte von mehr als 700 HV können hergestellt werden,
wenn die sauerstofffreie Atmosphäre nach einer Ausführung der Erfindung atomaren Stickstoff
enthält. Es diffundiert dann Stickstoff in die oberflächennahe Werkstoffschicht des
Wälzlagerbauteils, der dort Nitride bildet, die eine weitere Härtesteigerung des oberflächennahen
Gefüges bewirken.
[0012] Ein besonders gleichmäßiges Gefüge der oberflächennahen Werkstoffschicht des Wälzlagerbauteils
wird erzielt, wenn nach einer Ausführungsform der Erfindung das Wälzlagerbauteil bei
Temperaturen zwischen 800 und 1000°C, vorzugsweise jedoch zwischen 880 und 960°C aufgekohlt
wird.
[0013] Das nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Wälzlagerbauteil wird den gestellten
Anforderungen in besonders hohem Maße gerecht, wenn der Kohlenstoffgehalt in der oberflächennahen
Werkstoffschicht nach einer Ausführungsform der Erfindung wenigstens 1,5 % und das
Wälzlagerbauteil nach einer weiteren Ausführungsform der Erfindung eine Oberflächenhärte
von wenigstens 550 HV aufweist.
[0014] Nach einer Variante der Erfindung besteht das nach dem erfindungsgemäßen Verfahren
hergestellte Wälzlagerbauteil aus einem der austenitischen Werkstoffe × 5 CrNi 18
9, × 12 CrNiS 18 8, × 12 CrNi 17 7 oder × 10 CrNiTi 18 9, die, wie sich gezeigt hat,
für das erfindungsgemäße Verfahren besonders geeignet sind.
[0015] Mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens ist es somit möglich, ein aus einem austenitischen
Werkstoff bestehendes Wälzlagerbauteil herzustellen, das in seiner oberflächennahen
Werkstoffschicht eine Härte aufweist, die für die typischen Wälzlagerbeanspruchungen
ausreicht, und das dennoch unmagnetisierbar ist. Es kommt hinzu, daß das nach dem
erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Wälzlagerbauteil eine hohe Warmfestigkeit
besitzt und außerdem eine gegenüber herkömmlichen Wälzlagerbauteilen erhöhte Korrosionsbeständigkeit
aufweist. Schließlich kann das nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestelle Wälzlagerbauteil
ohne Passungsprobleme mit aus Aluminiumlegierungen bestehenden Bauteilen zusammenwirken,
da beide eine in etwa gleiche Wärmeausdehnungszahl besitzen.
1. Verfahren zur Herstellung eines gehärteten, aus einem austenitischen Werkstoff
bestehenden unmagnetisierbaren Wälzlagerbauteils, dadurch gekennzeichnet, daß die oberflächennahe Werkstoffschicht des Wälzlagerbauteils bei hoher Temperatur
in einer sauerstofffreien Atmosphäre aufgekohlt und das Wälzlagerbauteil anschließend
abgekühlt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Wälzlagerbauteil in einer sauerstofffreien Atmosphäre aufgekohlt wird, die
CH₄, oder C₃H₈ oder ein Gemisch aus beiden enthält.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die sauerstofffreie Atmosphäre atomaren Stickstoff enthält.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Wälzlagerbauteil bei Temperaturen zwischen 800 und 1000°C, vorzugsweise
zwischen 880 und 960°C aufgekohlt wird.
5. Wälzlagerbauteil, welches nach einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis
4 hergestellt ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Kohlenstoffgehalt in der oberflächennahen Werkstoffschicht des Wälzlagerbauteils
wenigstens 1,5 % beträgt.
6. Wälzlagerbauteil, welches nach einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis
4 hergestellt ist, dadurch gekennzeichnet, daß es eine Oberflächenhärte von wenigstens 550 HV aufweist.
7. Wälzlagerbauteil, welches nach einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis
4 hergestellt, ist, dadurch gekennzeichnet, daß es aus einem der austenitischen Werkstoffe × 5 CrNi 18 9, × 12 CrNiS 18 8, ×
12 CrNi 17 7 oder × 10 CrNiTi 18 9 besteht.