(19)
(11) EP 0 226 912 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
01.07.1987  Patentblatt  1987/27

(21) Anmeldenummer: 86116948.0

(22) Anmeldetag:  05.12.1986
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C21C 5/32, C21C 7/00, C21C 7/06
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE DE ES FR GB IT NL SE

(30) Priorität: 23.12.1985 LU 86225

(71) Anmelder: ARBED S.A.
L-2930 Luxembourg (LU)

(72) Erfinder:
  • Schleimer, François
    L-3899 Foetz (LU)

(74) Vertreter: Freylinger, Ernest T. et al
Office de Brevets Ernest T. Freylinger 321, route d'Arlon Boîte Postale 48
8001 Strassen
8001 Strassen (LU)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Herstellen von hochwertigem Stahl


    (57) Das Verfahren zum Herstellen von hochwertigem Stahl, im Rabmen eines Sauerstoff-Aufblasprozesses, ist gekennzeichnet durch die folgenden Schritte:
    (1) eine Entkohlung durch Aufblasen von Sauerstoff bis unterhalb 0,1 % C;
    (2) eine Behandlung der Schmelze mit Kohlenstoff, wobei man zerkleinerte Kohle mit möglichst grosser Geschwindigkeit in das Bad einführt, so dass Schmelze und Schlacke in Wallung geraten, bis der Sauerstoffgehalt der Schmelze etwa 250-400 ppm O oder weniger und der Kohlenstoffgehalt etwa 0.04-0.07 % C oder mehr beträgt;
    (3) eine auf die Lage der Temperatur des Produktes % C % O und des angestrebten C-Gehaltes ausgerichtete gezielte Aufkohlung der Schmelze, so dass eine möglichst sauerstoffreie und dem anvisierten Kohlenstoffgehalt angenäherte Schmelze für die Fertigbehandlung in der Pfanne anfällt.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen von hochwertigem Stahl, im Rahmen eines Sauerstoff-Aufblasverfahrens.

    [0002] Als hochwertig wird in der vorliegenden Optik ein Stahl bezeichnet, der möglichst geringe Gehalte an Phosphor, an Schwefel und an nichtmetallischen Einschlüssen aufweist.

    [0003] Eine Methode, um den gewünschten Kohlenstoffgehalt einer Schmelze zu erreichen, besteht darin, dass man die Entkohlung rechtzeitig abbricht. Diese Methode hat den Nachteil, dass sie nicht gestattet, Stähle mit hohem Kohlenstoffgehalt und gleichzeitig niedrigem Phosphorgehalt zu gewinnen.

    [0004] Strebt man trotzdem niedrige Phosphorgehalte an, so ist eine Vorbehandlung des Roheisens (Entphosphorung, Entschwefelung, Entsilizierung) unumgänglich. Solche Vorbehandlungen, die vornehmlich von japanischen Stahlherstellern in zahlreichen Druckschriften erläutert werden, spielen sich ausserhalb des Konverters, in stationären oder in fahrbaren Pfannen ab und erfordern einen hohen apparativen Aufwand. Zudem müssen die notgedrungen auftretenden Temperaturverluste hingenommen bzw. durch Heizaggregate kompensiert werden.

    [0005] Es ist zu bemerken, dass man allein in Stählen, bei denen der gewünschte Kohlenstoffgehalt durch Abbrechen der Entkohlung erzielt wurde, auch niedrige Gehalte an Einschüssen erhält.

    [0006] Eine andere, Methode, die zum Erzielen niedriger Phosphorgehalte im Stahl billiger ist, besteht darin, den Stahl bis auf niedrige Kohlenstoffgehalte z.B. 0.05 % C zu verblasen. Bei dieser Methode enthält der Stahl jedoch nach dem Entkohlen verhältnismässig viel Sauerstoff, je nach den Bedingungen etwa 500 bis über 1000 ppm, dessen Entfernung mit Hilfe der herkömmlichen Mittel nicht nur grosse Mengen an teuren Substanzen erfordert, sondern auch zur Bildung von Einschlüssen führt.

    [0007] Der Anmelder hat sich die Aufgabe gestellt, ein Verfahren zu entwickeln, das die Herstellung von hochwertigem Stahl erlaubt, dessen Gehalt an nichtmetallischen Einschlüssen auf ein Mindestmass reduziert ist.

    [0008] Diese Aufgabe wird erfüllt durch das Verfahren nach der Erfindung, das durch die Kombination mehrerer Schritte gekennzeichnet ist, die wie folgt beschrieben werden.

    [0009] Der erste Schritt ist eine Entkohlung im Konverter, durch Aufblasen von Sauerstoff, unter Zugabe der benötigten Zusätze zum Verschlacken von Silizium und Phosphor. Bei der Entkohlung entsteht Wärme und die Schlacke wird infolge Sauerstoffaufnahme reaktiv, wobei ein gewisser Anteil des Phosphors in die Schlacke aufgenommen wird. Die Entkohlung wird bis zu einem Kohlenstoffgehalt unterhalb 0,10 % C, vorzugsweise unterhalb 0,05 % C geführt, und zwar unabhängig davon, welcher Kohlenstoffgehalt im Fertigstahl anvisiert wird.

    [0010] Es folgt, als zweiter Schritt, eine Behandlung des im wesentlichen entkohlten und sauerstoffreichen Bades, im Konverter, mit Kohlenstoff.

    [0011] Dieser Schritt wird durchgeführt, indem man zerkleinerte Kohle, vorzugsweise Anthracit, mit möglichst grosser Geschwindigkeit in die Schmelze einführt. Hierbei kommt es zu einer ausserordentlich heftigen Reaktion, bei der das Metallbad gleichzeitig desoxydiert und aufgekohlt wird. Hervorzuheben ist, dass im Gegensatz zu der konventionnellen Desoxydation in der Pfanne mittels einer Kombination von Kohle, Ferromangan, Ferrosilizium, Aluminium, u.dgl. das Desoxydationsprodukt hier ausschliesslich gasförmig ist und somit zu keinen Einschlüssen führen kann. Die hierbei gebildeten grossen Mengen Kohlenmonoxyd bewirken eine kräftige Durchwirbelung der Metallphase mit der Schlackenphase.

    [0012] Erfindungsgemäss wird hierbei alles unternommen, um die Reaktivität der Schlacke auszunutzen. Aus diesem Grund wird die Reaktion wie beschrieben so durchgeführt, das die Badbewegung und die Durchmischung von Bad und Schlacke möglichst intensiv sind. Eine vorteilhafte Verfahrensweise sieht ein Aufblasen des Kohlenstoffs durch eine spezielle Lanze vor, wobei die Kohlenstoffpartikel, die in einem inerten Trägergas suspendiert sind, auf hohe Geschwindigkeiten beschleunigt werden. Es hat sich auch als vorteilhaft erwiesen, während des Kohlenstoffeinblasens das Bad und die Schlacken durch ein zusätzliches Spülen mit Inertgas durch den Boden noch stärker zu durchmischen.

    [0013] Bei einem Sauerstoffgehalt von etwa 250-400 ppm 0 wird der zweite Verfahrensschritt abgebrochen. Zu diesem Zeitpunkt ist der Kohlenstoffgehalt der Schmelze noch sehr niedrig, etwa 0.04-0.07 % C. Der Anmelder hat festgestellt, dass im Verlauf des zweiten Schrittes der hinzugefügte Kohlenstoff die Schmelze zuerst hauptsächlich desoxydiert, ehe es zu einer Aufkohlung kommt. In der Tat wird durch das Kohlenstoffeinblasen einerseits und das Bodenspülen andererseits das Produkt Cx0 auf den thermodynamischen Gleichgewichtswert gesenkt, der den jeweiligen Temperatur- und Gasdruckverhältnissen im Metallbad entspricht. Z.B.: Vor dem Einblasen: %C= 0.032, ppm 0= 900 ; Nach dem Einblasen: ZC=0.057, ppm 0=350.

    [0014] Gleichzeitig stellt man fest, dass die Reaktion zu einer überraschend weitgehenden Entphosphorung des Bades geführt hat.

    [0015] Falls besonders niedrige Phosphor-Endwerte angestrebt werden, z.B. 0,008 % P oder weniger, wird man erfindungsgemäss einen "Na20-Träger d.h. geeignete Verbindungen die beim thermischen Zersetzen Na20 abgeben zugeben, z.B. indem man ihn zusammen mit dem Kohlenstoff einbläst.

    [0016] Der dritte Verfahrensschritt besteht in einer Behandlung des weitgehend desoxydierten und teilweise aufgekohlten Bades, unter Berücksichtigung der nun herrschenden Verhältnisse bezüglich Badtemperatur, Sauerstoffgehalt, Kohlenstoffgehalt, d.h. dass das Produkt C x 0 bei der jeweils herrschenden Temperatur für die nachfolgende Verfahrensweise mitbestimmend ist.

    [0017] Im Hinblick auf eines der wesentlichen Ziele der Erfindung, nämlich die Unterdrückung der Tendenz zur Ausbildung von Einschlüssen, wird die Verfahrensweise darauf ausgerichtet, dass man in die Pfanne, die nicht mit Heizaggregaten versehen sein muss, eine möglichst sauerstoffarme Schmelze einträgt, deren Kohlenstoffgehalt möglichst nahe unterhalb der anvisierten Endkonzentration liegen soll. Die Desoxydation soll im Hinblick auf die Vermeidung fester Desoxydationsprodukte, möglichst weitgehend mittels Kohlenstoff durchgeführt werden, wobei lediglich Kohlenmonoxyd und Kohlendioxyd entstehen.

    [0018] Dementsprechend kann gemäss einer Ausführungsform die Schmelze im Konverter mit Kohlenstoff weiterbehandelt werden und zwar bis zum Erreichen der angestrebten Endkonzentration. Liegt letztere bspw. bei etwa 0.10 % C, so liegt der entsprechende Sauerstoffgehalt bei etwa 200 ppm 0. Anschliessend erfolgt der Abstich in die Pfanne.

    [0019] Es wird aber nicht ausgeschlossen, die Weiterbehandlung des Bades mit Kohlenstoff in der Pfanne durchzuführen, u.a. um die in den Konverter einzublasenden Mengen an Kohlenstoff in Grenzen zu halten. Hierbei wird die gesamte Kohlenstoffmenge in der Form eines handelsüblichen Aufkohlungsmittels während dem Abstechen in die Pfanne und vor der Zufuhr von Legierungselementen hinzugegeben.

    [0020] Sei es, dass man den dritten Schritt im Konverter oder in der Pfanne durchführt, so stellt man fest, dass die normalerweise zu erwartende Rückphosphorung überraschenderweise unterbleibt. Dies ist nach der Auffassung des Anmelders darauf zurückzuführen, dass während dem zweiten Schritt nicht bloss eine Umsetzung des Kohlenstoffs mit Sauerstoff zu Kohlenmonoxyd oder auch Kohlendioxyd sowie eine Aufnahme von Kohlenstoff im Eisen ablaufen, sondern dass die Schlacke mit dem Kohlenstoff in eine Art Wechselwirkung tritt, die zu Beginn der Behandlung die Ausnutzung der starken Reaktivität gegenüber Phosphor und zum Teil auch Schwefel ermöglicht, welche ein Maximum durchläuft und am Ende der Behandlung in eine weitgehende Passivität Ubergeht. Jedenfalls verhält sich die Schlacke nachher passiv und gibt trotz Behandlung des Stahls mit reduzierenden Mitteln keinen Phosphor an das Bad ab.

    [0021] Diese Passivität erlaubt es auch, das CxO-Gleichgewicht im Konverter mittels einer Zugabe von z.B. Ferromangan, durch Einblasen in das Stahlbad zu beeinflussen, d.h. bei gleichbleibendem Kohlenstoffgehalt den Sauerstoffgehalt des Bades noch weiter zu senken und dies ohne Rückphosphorung. Zwar entstehen hierbei feste Desoxydationsprodukte, aber bedingt durch die noch hohe Stahltemperatur und das im Vergleich zu einer Pfanne viel grössere Verhältnis Baddurchmesser : Badhöhe, führen diese Desoxydationsprodukte nicht zu Einschlüssen im fertigen Stahl, sondern werden gänzlich aus der Schmelze ausgeschieden und in die Schlacke aufgenommen.

    [0022] Die so vorbehandelte Schmelze zeigt ein besonders gutes Verhalten, wenn sie in der Pfanne mit einem desoxydierenden und zugleich entschwefelnden Mittel, vorzugsweise metallischem Calcium sowie synthetischen Schlacken behandelt wird. Hierdurch wird das durch den zwangsläufigen Temperaturabfall erhöhte Sauerstoffangebot der Schmelze wieder abgefangen und es entstehen vorwiegend grosse, globulare Reaktionsprodukte bei der Umsetzung des Sauerstoffs. Grosse globulare Körper zeigen eine stärker ausgeprägte Bereitwilligkeit zum Aufsteigen und zur Abscheidung aus der Metallphase, als dies bei kleinen oder nichtglobularen Gebilden der Fall ist.

    [0023] Das Verfahren nach der Erfindung ist auf die Herstellung sowohl von halbberuhigten als auch vollberuhigten Stählen ausgerichtet.

    Duchführungsbeispiel:


    1) Entkohlung (im Konverter)



    [0024] 


    2) Desoxydation/Entphosphorung (im Konverter)



    [0025] 


    3) Aufkohlung



    [0026] 


    4) Fein-Aufkohlung



    [0027] 


    5) Fein-Desoxydation (in der Pfanne)



    [0028] 




    Ansprüche

    1. Verfahren zum Herstellen von hochwertigem Stahl, im Rahmen eines Sauerstoff-Aufblasprozesses, gekennzeichnet durch die folgenden Schritte:

    (1) eine Entkohlung durch Aufblasen von Sauerstoff bis unterhalb 0,1 % C;

    (2) eine Behandlung der Schmelze mit Kohlenstoff, wobei man zerkleinerte Kohle mit möglichst grosser Geschwindigkeit in das Bad einführt, so dass Schmelze und Schlacke in Wallung geraten, bis der Sauerstoffgehalt der Schmelze etwa 250-400 ppm 0 oder weniger und der Kohlenstoffgehalt etwa 0.04-0.07 % C oder mehr beträgt;

    (3) eine auf die Lage der Temperatur, des Produktes % C x % 0 und des angestrebten C-Gehaltes ausgerichtete gezielte Aufkohlung der Schmelze, sodass eine möglichst sauerstoffreie und dem anvisierten Kohlenstoffgehalt angenäherte Schmelze für die Fertigbehandlung in der Pfanne anfällt.


     
    2. Verfahren nach dem Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Feinaufkohlung nach dem Ueberführen der Schmelze in die Pfanne in letzterer vorgenommen wird.
     
    3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, dass man die Kohlenstoffzufuhr dadurch bewerkstelligt, dass man zerkleinerte Kohle, vorzugsweise Anthrazit, in einem Trägergas suspendiert, durch eine Lanze auf die Badoberfläche bläst.
     
    4. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, dass die der Feinaufkohlung unterzogene Schmelze mit einem desoxydierenden und zugleich entschwefelnden Mittel, vorzugsweise mit metallischem Calcium, sowie mit einer synthetischen Schlacke in der Pfanne behandelt wird.
     
    5. Verfahren nach dem Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass man im Verlauf des zweiten Schrittes die Entphoshorung durch Zugabe eines Na20-Trägers unterstützt.
     
    6. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, dass man im Verlauf des dritten Schrittes die Desoxydation durch Zugabe von Ferromangan unterstützt.
     
    7. Verfahren nach den Ansprüchen 1-6, dadurch gekennzeichnet, dass man im Verlauf des zweiten und des dritten Schrittes im Konverter einen Inertgasstrom durch den Boden in das Bad leitet.