[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum kontinuierlichen Verkoken von Pechen, insbesondere
von Steinkohlenteerhartpechen, und die Verwendung des nach diesem Verfahren erhaltenen
Kokses.
[0002] Für die Verkokung hochsiedender steinkohlenteerstämmiger oder mineralölstämmiger
Rückstände werden heute drei unterschiedliche Verkokungsverfahren angewandt:
a) das Horizontalkammer-Verkokungsverfahren,
b) das Delayed-Coking-Verfahren und
c) das Fluid-Coking-Verfahren.
[0003] Das Verfahren nach a) ist eine Hochtemperaturverkokung und entspricht, von einigen
Besonderheiten abgesehen, dem bekannten Kohleverkokungsverfahren. Als Einsatzprodukt
wird ein Steinkohlenteerhartpech mit einem Verkokungsrückstand nach Brockmann-Muck
von mehr als 50 % verwendet. Der erhaltene Koks ist sehr hart und braucht im allgemeinen
wegen der hohen Verkokungstemperatur von mindestens 1000 °C nicht kalziniert zu werden.
Das Verfahren ist sehr lohnintensiv.
Die Anlagen, insbesondere die Ofenausmauerung, sind wegen der anderen physikalischen
und chemischen Eigenschaften des Hartpechs gegenüber denen der Kohle wesentlich reparaturanfälliger
als die der Kohleverkokung. Das Verfahren selbst ist diskontinuierlich, so daß eine
Vielzahl von Kammern notwendig ist, um insgesamt einen quasi-kontinuierlichen Betrieb
zu ermöglichen.
[0004] Das Verfahren nach b) ist ein Schwelverfahren bei etwa 500 °C. Als Einsatzprodukte
kommen neben Rückständen der Mineralölindustrie auch Steinkohlenteerweichpeche zum
Einsatz. Ursprünglich wurde der Delayed-Coker als thermischer Cracker betrieben. Es
wurde jedoch bald erkannt, daß er eine ausgezeichnete Vorrichtung zur Herstellung
hochanisotroper Spezialkokse ist. Der erhaltene Schwelkoks muß für die Weiterverwendung
getrocknet und kalziniert werden. Die Anlagenkosten sind hoch, so daß eine Rentabilität
nur bei der Erzeugung besonders hochwertiger Kokse oder wertvoller Öle gegeben ist.
Dies ist bei unbehandelten Steinkohlenteerpechen normalerweise nicht der Fall. Das
Verfahren selbst ist mit mindestens zwei Kokertrommeln quasi-kontinuierlich durchführbar.
[0005] Das Verfahren nach c) ist ebenfalls ein Schwelverfahren, das jedoch kontinuierlich
ausgeführt wird. Der Fluid-Coker ist ein thermischer Cracker für Mineralölrückstände.
Der als Abfallprodukt entstehende Koks wird als Brennstoff verwendet. Für Steinkohlenteerpeche
ist dieses Verfahren wegen der zu geringen Öl- und Gasausbeute weniger geeignet.
[0006] Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein einfaches preiswertes Verfahren für die Verkokung
von Steinkohlenteerhartpechen und vergleichbaren Produkten zu entwickeln und für den
so erzeugten Koks geeignete Anwendungsgebiete zu finden.
Die Aufgabe wird dadurch gelöst, daß das Hartpech in einem mit einem Räumwerkzeug
versehenen, von außen beheizten Drehrohrofen bei Temperaturen der Innenwand zwischen
500 und 800 °C und einer Verweilzeit von 0,5 bis 1,5 h verkokt wird, wobei die entstehenden
Gase und Dämpfe im Gegenstrom zum verkokenden Pech geführt werden, und der erhaltene
Schwelkoks anschließend, vorzugsweise ohne vorherige Kühlung, in üblicher Weise kalziniert
wird.
Als Hartpech werden aromatische Rückstände mit einem Erweichungspunkt (EP) nach Kraemer-Sarnow
(K.-S.) von mindestens 130 °C und einem Verkokungsrückstand nach Brockmann-Muck (B.-M.)
von mindestens 45 Gew.-% bezeichnet. Sie können steinkohlenstämmig, wie z. B. Steinkohlenteerhartpech,
oder auch mineralölstämmig sein, wie beispielsweise Petrohartpech aus der Benzinpyrolyse
zur Herstellung von Olefinen. Der Drehrohrofen sollte zweckmäßigerweise in mehrere,
unterschiedlich beheizbare Sektionen unterteilt sein. Durch eine äußere Beheizung
werden die der Aufgabeseite zugewandten Segmente bis auf eine Außentemperatur von
etwa 850 °C erhitzt. Die Außentemperatur der nachfolgenden Sektionen kann dann bis
etwa 600 °C abfallen.
Um eine Adsorption der Kondensate am Schwelkoks zu vermeiden, werden die Gase und
Dämpfe im Gegenstrom zum verkokenden Pech geführt. Die Dämpfe werden nach dem Verlassen
des Drehrohrofens kondensiert und können als Rußölkomponente verwendet oder der Hartpechherstellung
zugeführt werden. Dabei hat sich die Einspeisung eines Inertgases an der Austragsseite
des Drehrohrofens als hilfreich erwiesen. Die Verweilzeit der Dämpfe in der Verkokungszone
wird dadurch verkürzt und die Rußbildung und Ablagerungen in den anschließenden Brüdenleitungen
vermieden. Als Räumwerkzeug hat sich vor allem im vorderen Teil eine zur Aufgabeseite
hin konische, mit körnigem Material beschwerte Schnecke bewährt, die mindestens etwa
1/3, vorzugsweise 1/2 mal so lang ist wie das Drehrohr und deren Neigung größer als
die des Drehrohres ist. Daran kann sich eine Glattwalze anschließen. Das Räumwerkzeug
ist vorzugsweise selbstzentrierend und wird kraftschlüssig von der Trommel bewegt.
Das Pech kann stückig beispielsweise über eine Zellradschleuse oder flüssig in den
Drehrohrofen eingebracht werden. Am Ende wird der Schwelkoks in stückiger Form über
eine weitere Zellradschleuse ausgetragen und kann direkt der Kalziniereinrichtung
zugeführt werden. Da das bei den Verkokungsverfahren a) und b) übliche Abkühlen des
Kokses mit Wasser entfällt, ist wesentlich weniger Zeit und Energie für die Kalzinierung
erforderlich.
[0007] Drehrohröfen werden zwar bekannterweise für die Verkokung bzw. Kalzinierung fester
Brennstoffe wie Schwelkoks und Braunkohle oder zur Pyrolyse von überwiegend festen
Abfällen verwendet, aber bei diesen bekannten Verfahren ist eine Verkokung der Einsatzprodukte
an der heißen Wandung des Ofens nicht zu befürchten, oder sie tritt nur in vermindertem
Umfang auf.
Die Erfindung wird anhand der nachfolgenden Beispiele näher erläutert.
Beispiel 1
[0008] In einem Drehrohrofen mit einem inneren Durchmesser von 0,8 m und einer beheizten
Länge von 7,2 m mit einer 4 m langen konischen Schnecke im vorderen Teil werden 75
kg/h eines Steinkohlenteerhartpechs mit einem EP (K.-S.) von 150 °C und einem Verkokungsrückstand
(B.-M.) von 50 % eingespeist. Der Ofen ist in 6 Sektionen unterteilt, die indirekt
mit Gas beheizt werden. Die Temperatur der Außenwand im Bereich des Eintrags beträgt
850 °C und fällt zum Austrag hin auf 700 °C. Im Mittel über die einzelnen Heizzonen
liegt die Rohrwand-Außentemperatur etwa bei 800 °C. Das Drehrohr wird mit 2 Upm angetrieben.
Die mittlere Verweilzeit des verkokenden Pechs im Drehrohrofen beträgt etwa 1,5 h.
Der Ofen zeigt keinerlei Anbackungen, und der Grünkoks fällt in stückiger Form (74
Gew.-% größer 5 mm, 99 Gew.-% größer 1 mm) an. Der Koks hat eine hohe Dichte und Festigkeit.
Er wird ohne Abkühlung oder Zwischenlagerung in eine Kalziniertrommel eingespeist
und dort bei 1300 °C in üblicher Weise kalziniert.
Beispiel 2
[0009] Das Beispiel 1 wird mit einem Durchsatz von 300 kg/h Pech bei einer Drehzahl von
6 Upm wiederholt. Die Verweilzeit des verkokenden Pechs im Drehrohrofen vermindert
sich dabei auf etwa 0,5 h. Es entstehen 71 Gew.-% Grünkoks mit 3,5 Gew.-% Flüchtigem
und einer Schüttdichte von 0,5 g/cm³, 11 Gew.-% Schweröl, 14 Gew.-% Leichtöl und 4
Gew.-% Gas und Verluste. Während der Verkokung wird der Drehrohrofen im Gegenstrom
zum Pech mit 30 m³/h Stickstoff gespült. Gase und Dämpfe verlassen den Ofen an der
Pechaufgabeseite und werden in zwei Stufen kondensiert. Der Grünkoks wird sofort in
eine übliche Kalziniertrommel überführt und dort bei 1300 °C kalziniert. Es werden
89 Gew.-% kalzinierter Koks mit einem Restwasserstoffgehalt von 0,1 Gew.-% und einer
wahren Dichte von 2,028 g/cm³ erhalten. Die Analysen der Öle und des Gases sind in
den Tabellen I und II enthalten.
In Tabelle III wird der erfindungsgemäß gewonnene kalzinierte Koks (1) in seinen Eigenschaften
mit normalem Petrokoks (2) und mit Pechkoks aus dem Horizontalkammerofen (3) verglichen.
Die Untersuchungen sind wie üblich an Formkörpern durchgeführt.

[0010] Der erfindungsgemäße Koks zeichnet sich durch geringen CO₂-Abbrand und hohe elektrische
Leitfähigkeit aus. Seine Struktur ist trotz der höheren Leitfähigkeit gegenüber der
des üblichen Pechkokses feiner und gleichmäßig mosaikartig, wie die Schliffbilder
im Vergleich zeigen.
Die Vorteile des erfindungsgemäßen Verkokungsverfahrens liegen in der kurzen Verkokungszeit
von 1,5 bis 0,5 h, dem geringen Kapitalaufwand und der leichten Bedienung. Außerdem
ist es möglich, den Feinanteil des Kokses zurückzuführen und mit dem Pech gemeinsam
zu verkoken.


[0011] Wegen der gleichmäßig mosaikartigen Struktur scheint der erfindungsgemäß hergestellte
Koks für die Herstellung von Reaktorgraphit geeignet zu sein. Es ist bekannt, daß
sich hierfür insbesondere Kokse mit niedrigem Anisotropiekoeffizient eignen. 100 Gew.-Teile
des erfindungsgemäß hergestellten Kokses werden daher bis auf eine Korngröße von maximal
0,5 mm gemahlen und mit 27,5 Gew.-Teilen eines Standard-Elektrodenpechs gemischt.
Diese Masse wird zu Testelektroden verpreßt und bei 900 °C gebrannt. Aus den Testelektroden
werden Stäbchen geschnitten, die bei 1300 °C kalziniert werden. Sie haben eine wahre
Dichte von 2,12 g/cm³ und einen thermischen Ausdehnungskoeffizienten (α) in Längs-
und Querrichtung im Bereich von 20 bis 200 °C von
α ∥ = 4,6 × 10⁻⁶/K
α ;O8 = 5,1 × 10⁻⁶/K.
Daraus errechnet sich ein Anisotropiekoeffizient α;O8/α∥ von 1,11.
[0012] Die Stäbchen werden bei 2700 °C graphitiert und ihre physikalischen Eigenschaften
mit denen eines Reaktorgraphits aus Gilsonite-Koks verglichen:

[0013] Wie die Analysendaten zeigen ist der erfindungsgemäße Koks hervorragend für die Herstellung
von Reaktorgraphit geeignet. Er hat einen für Pechkoks aus normalem, nicht gereinigtem
Hartpech außergewöhnlich niedrigen Ausdehnungskoeffizienten und einen geringen Anisotropiekoeffizienten.
Ein weiterer Vorteil ist sein geringes Porenvolumen.
1. Verfahren zur kontinuierlichen Verkokung von Pechen, dadurch gekennzeichnet, daß Hartpech in einem mit einem Räumwerkzeug versehenen von außen beheizbaren Drehrohrofen
bei Temperaturen der Innenwandung zwischen 500 und 800 °C und einer Verweilzeit von
0,5 bis 1,5 h verkokt wird, wobei die entstehenden Gase und Dämpfe im Gegenstrom zum
verkokenden Pech geführt werden und der erhaltene Schwelkoks anschließend, vorzugsweise
ohne vorherige Kühlung, in üblicher Weise kalziniert wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Hartpech einen Erweichungspunkt (Kraemer-Sarnow) von mindestens 130 °C und
einen Verkokungsrückstand (Brockmann-Muck) von mindestens 45 Gew.-% hat.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß ein Inertgas an der Austragsseite des Drehrohrofens eingespeist wird.
4. Verwendung des nach Anspruch 1 hergestellten Kokses zur Erzeugung von Reaktorgraphit.