[0001] Die Erfindung betrifft die Verwendung einer mit einer Abkühlgeschwindigkeit von etwa
10³ bis 10⁶ K/s abgeschreckten Legierung des Eisen-Chrom-Kobalt-Typs aus 10 bis 45
% Chrom, 3 bis 35 % Kobalt, Rest Eisen einschließlich unvermeidbarer Verunreinigungen,
die ein von γ- und/oder σ-Phasenausscheidungen praktisch freies mikrokristallines
Gefüge aufweist, als magnetisch harten bzw. halbharten Werkstoff in Band-, Draht-
oder Filamentform.
[0002] Wie beispielsweise aus IEEE Transactions on Magnetics Mag-16, Nr. 1 (1980) Seiten
139 bis 146 bekannt ist, haben Legierungen auf der Basis Eisen-Chrom-Kobalt in den
letzten Jahren als Dauermagnetwerkstoffe bzw. als magnetisch halbharte Werkstoffe
eine zunehmende technische Bedeutung erlangt. Im optimal wärmebehandelten Zustand
lassen sich für diese neue Werkstoffgruppe vergleichbare Dauermagneteigenschaften
erreichen wie für die bekannten AlNiCo-Dauermagnete. Ursache für die magnetische Härtung
der Legierungen ist eine spinodale Entmischung des ferritischen Ausgangsgefüges in
eine stark ferromagnetische Fe-Co-reiche α₁-Phase und eine unmagnetische oder nur
schwach magnetische Cr-reiche α₂-Phase, die durch eine Aushärtungsbehandlung bei
Temperaturen unterhalb 650°C eingestellt wird. Von großer technologischer Bedeutung
ist insbesondere die gute Duktilität der Eisen-Chrom-Kobalt-Legierungen vor der Aushärtungsbehandlung,
die eine Warm- und Kaltverarbeitung des Materials im großtechnischen Maßstab in Form
von Band- und Drahtmaterial ermöglicht. Die Warm- und Kaltduktilität der Legierungen
wird jedoch durch die Neigung der Legierung zur Bildung von σ-Phase eingeschränkt,
die eine Versprödung des Materials verursacht. Zur Kaltverarbeitung des Materials
muß außerdem die bei langsamer Abkühlung von der Warmwalztemperatur einsetzende spinodale
Entmischung vermieden werden, die neben der magnetischen Härtung auch eine mechanische
Härtung bewirkt. Nach der Warmverarbeitung müssen die Legierungen deshalb abgekühlt
werden, was insbesondere bei größeren Verarbeitungseinheiten einen erheblichen fertigungstechnischen
Aufwand verursacht.
[0003] Bei der bisher in der Regel üblichen Herstellung von Eisen-Chrom-Kobalt-Legierungen
wird das Material nach dem Schmelzen im Blockguß abgegossen. Die anschließende Warmverformung
durch Warmwalzen oder Schmieden muß bei ausreichend hoher Temperatur oberhalb des
Existenzgebiets der σ-Phase durchgeführt werden, wodurch der Temperaturbereich für
die Warmumformung eingeschränkt wird. Die Temperatur der σ-Phasenbildung hängt im
wesentlichen von der Legierungszusammensetzung ab, wobei sich die σ-Phasenbildung
mit ansteigendem Chromgehalt zu höheren Temperaturen verschiebt. Zur Einstellung einer
ausreichenden Kaltduktilität ist eine Abkühlung des warmbearbeiteten Materials unmittelbar
aus dem Warmverarbeitungsvorgang oder aus einer nachfolgenden Lösungsglühbehandlung
erforderlich. Dies wird zum Beispiel durch Abschrecken des Materials in Wasser von
Temperaturen oberhalb von 1000°C erreicht. Danach kann das Material durch Kaltverarbeitungsprozesse
wie Walzen zu Band oder Ziehen zu Draht auf die gewünschte Endabmessung verabeitet
werden.
[0004] Zur Einstellung optimaler Dauermagneteigenschaften durch eine Wärmebehandlung im
Temperaturbereich unterhalb der spinodalen Entmischungstemperatur der Legierungen
muß von einem rein ferritischen Ausgangsgefüge (α-Phase) ausgegangen werden.
[0005] Der Existenzbereich der homogenen α-Phase wird bei ternären Legierungen mit Kobaltgehalten
größer als 10 % nur bei hohen Temperaturen erreicht. Bei niedrigeren Temperaturen
bzw. bei langsamer Abkühlung der Legierungen aus dem α-Phasenbereich wird unmagnetische
γ-Phase ausgeschieden, die die magnetischen Eigenschaften des Materials erheblich
verschlechtert. Die Bildung von γ-Phase läßt sich daher bei der Verarbeitung von größeren
Fertigungseinheiten nicht vollständig unterdrücken.
[0006] Vor der Schlußwärmebehandlung des Materials zur Einstellung der magnetischen Eigenschaften
ist deshalb eine zusätzliche Homogenisierungsglühung im α-Phasengebiet mit nachfolgender
Abschreckung unerläßlich. Die Anforderungen bezüglich der Homogenisierungstemperatur
und an die Abschreckgeschwindigkeit werden mit steigendem Kobaltgehalt strenger. Bei
ternären Legierungen mit Kobaltgehalten größer als 20 % sind Homogenisierungstemperaturen
von etwa 1300°C und Abschreckgeschwindigkeiten von 200°C/s erforderlich, was erhebliche
fertigungstechnische Probleme verursacht und die wirtschaftliche Fertigung dieser
Werkstoffe stark beeinträchtigt.
[0007] Bei den notwendigen hohen Homogenisierungstemperaturen setzt außerdem ein starkes
Kornwachstum ein. Das hierdurch erhaltene sehr grobkörnige Rekristallisationsgefüge
führt zu zusätzlichen Verarbeitungsproblemen. Diese Probleme können zwar durch die
Zulegierung von ferritbildenden Elementen, wie zum Beispiel Zirkon, Molybdän, Vanadium,
Niob, Tantal, Titan, Aluminium, Silizium und Wolfram deutlich reduziert, jedoch nicht
vollkommen behoben werden.
[0008] Auch die Verwendung von Saug- oder Stranggießverfahren zur Herstellung von Eisen-Chrom-Kobalt-Legierungen
macht eine Lösungsglühung nicht überflüssig (vgl. DE-PS 33 34 369).
[0009] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, dünne Bänder, Drähte oder Filamente aus
Magnetlegierungen des Eisen-Chrom-Kobalt-Typs zur Verfügung zu stellen, die nach einer
geeigneten Wärmebehandlung verbesserte mechanische und günstige magnetische Eigenschaften
aufweisen.
[0010] Die erfindungsgemäße Lösung dieser Aufgabe besteht in der Verwendung einer mit einer
Abkühlgeschwindigkeit von etwa 10³ bis 10⁶ K/s abgeschreckten Legierung des Eisen-Chrom-Kobalt-Typs
aus 10 bis 45 % Chrom, 3 bis 35 % Kobalt, Rest Eisen einschließlich unvermeidbarer
Verunreinigungen, die ein von γ- und/oder σ-Phasenausscheidungen praktisch freies
mikrokristallines Gefüge aufweist, als magnetisch harten bzw. halbharten Werkstoff
in Band-, Draht- oder Filamentform.
[0011] Die Abkühlungsgeschwindigkeit von etwa 10³ bis 10⁶ K/s wird erreicht, indem Legierungen
im flüssigen Zustand mit den bekannten Methoden der Rascherstarrungstechnologie (z.
B. Journal of Metals (1984) 20) mit einer oder mehreren effektiven Wärmesenken in
Kontakt gebracht werden. Das rasch erstarrte Produkt hat je nach verwendetem Prozeß
die Form von Bändern (Ein- oder Zweiwalzengießverfahren) oder Drähten (Taylor-Prozeß
) oder Filamenten (Schmelzausziehverfahren). Allen diesen rasch erstarrten Produkten
ist gemeinsam, daß sie mindestens in einer Dimension extrem dünn sind und ein mikrokristallines
Gefüge aufweisen, das im wesentlichen nur α-Phase enthält. Aufgrund der raschen Erstarrung
kann der Anteil von Ausscheidungen der γ- und σ-Phase im Vergleich zu konventionell
hergestellten und lösungsgeglühten Materialien gleicher Zusammensetzung praktisch
nahezu vermieden werden.
[0012] Die erfindungsgemäß zu verwendenden rasch erstarrten Legierungen weisen vorzugsweise
folgende Zusammensetzungen auf:
a) ternäre Eisen-Chrom-Kobalt-Legierungen mit 10 bis 45 Gew.% Chrom, 3 bis 35 Gew.%
Kobalt, Rest Eisen einschließlich unvermeidbarer Verunreinigungen;
b) quasi-ternäre Eisen-Chrom-Kobalt-Legierungen mit bis zu 10 Gew.% eines oder mehrerer
ferritbildender Elemente wie beispielsweise Aluminium, Molybdän, Niob, Silizium, Tantal,
Titan, Vanadium, Wolfram und Zirkon;
c) quasi-ternäre Eisen-Chrom-Kobalt-Legierungen mit bis zu 5 Gew.% eines oder mehrerer
der unter b) aufgeführten ferritbildenden Elemente.
[0013] Überraschend ist bei den erfindungsgemäß zu verwendenden Legierungen auf Eisen-Chrom-Kobalt-Basis
insbesondere die weitgehende Vermeidung der für ungünstige magnetische Eigenschaften
bzw. für eine Versprödung verantwortlichen γ- und σ-Phasenausscheidungen. Das rasch
erstarrte Endprodukt Band, Draht oder Filament kann in einem nur einstufigen Prozeß
unter Vermeidung der kostenintensiven Prozeßschritte der Warmumformung und der Lösungsglühung
hergestellt werden. Die zu verwendende Legierung erhält dabei ein mikrokristallines
Gefüge ohne aufwendige Kaltumformungen.
[0014] Die magnetische Optimierung der Legierung erfolgt durch spinodale Entmischung mittels
an sich bekannter Wärmebehandlungsmaßnahmen, die zweckmäßigerweise in einem Magnetfeld
durchgeführt werden.
[0015] Anhand von einigen Ausführungsbeispielen und drei Figuren, die Gefügeaufnahmen zu
verwendender Legierungen zeigen, wird die Erfindung nachstehend noch näher erläutert.
[0016] Figur 1 zeigt einen Längsschliff einer lichtmikroskopischen Aufnahme des Gußgefüges
einer Legierung aus 29,5 % Chrom und 23 % Kobalt, Rest im wesentlichen Eisen.
[0017] Figur 2 zeigt eine transmissionselektronenmikroskopische (TEM) Aufnahme typischer
Korngrenzen des Gußgefüges einer Legierung aus 29,5 % Chrom, 23 % Kobalt, Rest im
wesentlichen Eisen (Vergrößerung 21 000 : 1).
[0018] Figur 3 zeigt eine TEM-Aufnahme des Entmischungsgefüges einer Legierung aus 29,5
% Chrom, 23 % Kobalt, Rest im wesentlichen Eisen, nach einer mehrstündigen stufenweisen
Magnet-Wärmebehandlung im Temperaturbereich von 550 bis 650°C (Vergrößerung 95 000
: 1).
[0019] Es wurde nach dem Einwalzenverfahren eine Reihe von Legierungen auf Eisen-Chrom-Kobalt-Basis
in Bandform mit einer Dicke von 20 bis 300 µm hergestellt, die durch einen Knicktest
auf ihre Duktilität getestet wurden. Bänder wurden als "duktil" bezeichnet, wenn sie
auf einen Radius r = 0 gebogen werden konnten, ohne zu brechen.

[0020] An zwei ausgewählten Proben wurden weitergehende Gefügeuntersuchungen durchgeführt
und zwar sowohl unmittelbar nach der Erstarrung als auch nach einer magnetischen Optimierung
der rasch erstarrten Metallbänder. Zur Herstellung eines dünnen Metallbandes wurde
zunächst eine Legierung der Zusammensetzung 25,5 Gew.% Chrom, 10,5 Gew.% Kobalt, Rest
im wesentlichen Eisen, erschmolzen. Die Schmelze wurde dann durch eine Keramikdüse
gepreßt und erstarrte auf der Oberfläche einer bewegten Kühlwalze.
[0021] Wie lichtmikroskopische Untersuchungen zeigten, weist das Gefüge des rasch erstarrten
Bandes im wesentlichen Stengelkristallisation auf, wobei der mittlere Korndurchmesser
5 µm betrug. Eine Ausscheidung der magnetisch ungünstigen γ-Phase konnte nicht beobachtet
werden. Ein von γ-Ausscheidungen praktisch freies feinkristallines Gefüge wäre auf
dem konventionellen Herstellweg nur durch aufwendige Lösungsglühungen und anschließender
Kaltverformung zu erreichen.
[0022] Zur magnetischen Aushärtung wurde das rasch erstarrte Band einer üblichen Wärmebehandlung
bei Temperaturen unterhalb 650°C unterzogen. Ergänzende Untersuchungen des Gefüges
der wärmebehandelten Bänder zeigten, daß das Material vollständig spinodal entmischt
ist. Nur sehr vereinzelt konnten auf den Korngrenzen Ausscheidungen von σ-Phase gefunden
werden. Der Volumenanteil der σ-Phasenausscheidungen lag jedoch unterhalb von 1 %.
[0023] Für weitere Untersuchungen wurde eine Legierung der Zusammensetzung 29,5 Gew.% Chrom,
23,0 Gew.% Kobalt und Rest im wesentlichen Eisen erschmolzen und die Schmelze bei
1570°C durch eine schlitzförmige Düse mit einem Auspreßdruck von 200 mbar auf die
Oberfläche einer Kühlwalze gespritzt. Die Kühlwalze hatte einen Durchmesser von 400
mm und die Geschwindigkeit der Oberfläche betrug 15 cm/s. Legierungen mit hohem Kobaltgehalt
neigen erfahrungsgemäß verstärkt zur Bildung von γ- und σ-Phasenausscheidungen und
stellen an die konventionelle Herstellung strengere Randbedingungen. Das Gußgefüge
der rasch erstarrten Bänder wurde auf Ausscheidungen untersucht. In Figur 1 ist das
mikrokristalline Gußgefüge in einer lichtmikroskopischen Aufnahme dargestellt. Daß
die Korngrenzen hierbei praktisch frei von Ausscheidungen sind, konnte durch die in
Figur 2 dargestellte TEM-Aufnahme nachgewiesen werden.
[0024] Der magnetisch ausgehärtete Zustand wurde durch eine mehrstufige Schlußwärmebehandlung
im Temperaturbereich von 550 bis 650°C eingestellt. Die α-Phase ist hierbei spinodal
in eine α₁ und α₂ Phase entmischt. In Figur 3 ist dieses Entmischungsgefüge in einer
TEM-Aufnahme dargestellt. Die mit dem Einwalzenverfahren hergestellten dünnen Magnetwerkstoffbänder
besitzen eine Dicke von 20 bis zu 300 µm und ein mikrokristallines Gefüge mit einem
mittleren Korndurchmesser von 1 bis 50 µm.
[0025] Vorzugsweise kann der erfindungsgemäß zu verwendende Magnetwerkstoff überall dort
eingesetzt werden, wo insbesondere breite Bänder aus Magnetlegierungen des Eisen-Chrom-Kobalt-Typs
benötigt werden, zum Beispiel für die Herstellung von Lochmasken für Bildröhren.
1. Verwendung einer mit einer Abkühlgeschwindigkeit von etwa 10³ bis 10⁶ K/s abgeschreckten
Legierung des Eisen-Chrom-Kobalt-Typs aus 10 bis 45 % Chrom, 3 bis 35 % Kobalt, Rest
Eisen einschließlich unvermeidbarer Verunreinigungen, die ein von γ- und/oder σ-Phasenausscheidungen
praktisch freies mikrokristallines Gefüge aufweist, als magnetisch harten bzw. halbharten
Werkstoff in Band-, Draht- oder Filamentform.
2. Verwendung einer Legierung gemäß Anspruch 1, die insgesamt bis zu 10 % mindestens
ein weiteres Element aus der Gruppe Aluminium, Molybdän, Niob, Silizium, Tantal, Titan,
Vanadium, Wolfram und Zirkon enthält.
3. Verwendung einer Legierung gemäß Anspruch 1, die insgesmmt bis zu 5 % mindestens
ein weiteres Element aus der Gruppe Aluminium, Molybdän, Niob, Silizium, Tantal, Titan,
Vanadium, Wolfram und Zirkon enthält.
4. Verwendung einer Legierung gemäß einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Kristallkorn einen mittleren Korndurchmesser von 1 bis 50 µm aufweist.