[0001] Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Elektrolyse von wäßrigen Alkalichlorid-Lösungen
nach dem MembranVerfahren in einer Elektrolysezelle, die mit einer porösen Kathode
ausgerüstet ist und in der die Zellwand zusammen mit dem der dem Kathodenraum abgewandten
Seite der Kathode einen abgeschlossenen Raum ("Gasraum") bildet.
[0002] Etwa 50 % der Weltkapazität zur Erzeugung von elementarem Chlor werden in Elektrolysezellen
produziert, die nach dem Amalgamverfahren arbeiten. Die theoretische Zersetzungsspannung
von Alkalichlorid in der Quecksilberzelle beträgt etwa 3,15 bis 3,20 Volt. Demgegenüber
ergibt sich eine theoretische Zersetzungsspannung von etwa 2,20 Volt, wenn man die
Alkalichloridelektrolyse in einer Membranzelle mit wasserstofferzeugender Kathode
durchführt. Durch die Einführung des Membranverfahrens läßt sich folglich theoretisch
die Zellspannung um etwa 1 Volt senken, was in Zeiten steigender Energiekosten von
erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung ist.
[0003] Die Membranzelle für die Alkalichlorid-Elektrolyse besteht üblicherweise aus zwei
Elektrolysekammern mit jeweils einer gasentwickelnden Elektrode, die durch eine Kationenaustauschermembran
voneinander getrennt sind.
[0004] Als Elektrodensubstrate werden in der Praxis durchbrochene Materialien wie Lochbleche,
Streckgitter, Netze etc. verwendet. Die durchbrochene Elektrodenstruktur ist erforderlich,
damit entstehendes Gas möglichst rasch zur Elektrodenrückseite abgeführt werden kann,
und somit der Elektrolytwiderstand durch Bildung eines Gaspolsters zwischen Anode
und Kathode nicht unnötig erhöht wird.
[0005] Wegen der Überspannungen für die Chlor- und Wasserstoffentwicklung verwendet man
katalysierte Elektroden. Anodenseitig hat sich Titan als Elektrodensubstrat, welches
mit Edelmetalloxiden aktiviert ist, bewährt. Für die kathodische Wasserstoffentwicklung
setzt man Normalstahl-, Edelstahl- oder Nickelelektroden ein, die mit Edelmetallen
oder Raney-Nickel aktiviert sein können. Insbesondere Raney-Nickel ist, nicht zuletzt
aufgrund seiner extrem großen inneren Oberfläche, besonders geeignet, die Wasserstoffabscheidung
zu katalysieren. Andererseits ist es jedoch schwierig, Raney-Nickel auf durchbrochene
Elektrodenstrukturen wie Lochbleche oder Streckgitter aufzubringen. Raney-Nickelelektroden
stehen deshalb bisher nur in Form von beschichteten Platten oder beschichteten Blechen
zur Verfügung. Beim Einbau solcher flächigen Elektroden in eine Elektrolysezelle besteht
dann aber die Gefahr des "Gasblaseneffektes", d.h. es bildet sich ein Gaspolster zwischen
Kathode und Kationenaustauschermembran aus, da der Wasserstoff bevorzugt auf der Elektrodenvorderseite
abgeschieden wird. Der Elektrolytwiderstand steigt an, und Zellspannung und Energieaufwand
werden unwirtschaftlich hoch.
[0006] Ein einfaches Verfahren zur Herstellung einer porösen folienartigen Gaselektrode
auf Basis von Raney-Nickel wird in der DE-OS 3 342 969 beschrieben. Jedoch tritt auch
mit einer solchen Elektrode bei der Alkalichlorid- Elektrolyse der "Gasblaseneffekt,
d.h. die Ausbildung eines Gaspolsters zwischen Elektrode und Membran auf.
[0007] Es bestand daher die Aufgabe, ein Verfahren zur Elektrolyse von Alkalichloridlösungen
zu entwickeln, bei dem die Ausbildung des Gaspolsters zwischen Kathode und Membran
möglichst ausgeschaltet wird. Inbesondere sollte dieses Verfahren geeignet sein bei
Einsatz von porösen folienartigen Raney-Nickel-Kathoden.
[0008] Es wurde nun ein Verfahren zum Elektrolysieren von wäßrigen Alkalichlorid-Lösungen
in einer Membranzelle gefunden, die einen Anodenraum mit Anode und einen Kathodenraum
mit Kathode enthält, beide Räume durch eine Kationenaustauscher- Membran voneinander
getrennt sind, wobei die Kathode porös und folienartig ist, Kathode und Kationenaustauscher-
Membran den eigentlichen mit Katholyt gefüllten Kathodenraum bilden, Kathode und Zellenwand
einen Gasraum bilden, man in den Kathodenraum Wasser einspeist und aus ihm Alkalihydroxyd-Lösung
abzieht, aus Kathodenraum und Gasraum Wasserstoff abzieht, in den Anodenraum wäßrige
Alkalichlorid-Lösung einspeist und aus ihm gasförmiges Chlor zusammen mit verarmter
Alkalichlorid-Lösung abzieht und man an Kathode und Anode eine Gleichspannung anlegt,
die . mindestens gleich der Zersetzungspannung ist. Das Verfahren ist dadurch gekennzeichnet,
daß im Kathodenraum ein höherer Druck eingestellt wird, als im Gasraum.
[0009] Aus der DE-OS 3 332 566 ist bereits ein elektrolytisches Verfahren zur Herstellung
von Natronlauge unter Verwendung einer Kathionenaustauscher-Membran und einer folienförmigen
Kathode bekannt. Dabei wird jedoch die Kathode als Sauerstoffdiffusionskathode betrieben,
so daß kein Wasserstoff gewonnen wird.
[0010] Es ist ein Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens, daß der überwiegende Teil des
bei der Elektrolyse erzeugten Wasserstoffs durch die Kathode zu deren Rückseite transportiert
wird, und dort in einfacher Weise entsorgt werden kann. Daher erfolgt die Trennung
des Wasserstoffs von der produzierten Lauge bereits in der Elektrolysezelle.
[0011] Auf diese Weise wird der "Gasblaseneffekt" erheblich reduziert und die Elektrolyse
kann mit niedriger Zellspannung durchgeführt werden. Der Gasraum weist eine Einrichtung
(in der Praxis meist ein Rohranschluß)zum Abführen von Wasserstoff und eventuell kondensiertem
Wasser auf.
[0012] Je höher die Stromdichte des erfindunggemäßen Verfahrens an der Kathode ist, umso
höher ist die Tendenz zur Entwicklung eines Gaspolsters. Bevorzugt sind Stromdichten
von mindestens 500 A/m
2 insbesondere mindestens 1000 A/m
2. Eine sinnvolle Obergrenze für die verwendete Stromdichte liegt bei maximal 8000
A/m
2, besser maximal 6000 A/m
2 insbesondere maximal 4000 A/m
2. In den Gasraum der Zelle soll nach dem erfindungsgemäßen Verfahren kein Sauerstoff
oder Sauerstoff enthaltendes Gas eingeführt werden.
[0013] Besonders günstig verhalten sich beim erfindungsgemäßen Verfahren als Kathode Raney-Nickel-Elektroden,
insbesondere solche die aus einem Nickelnetz bestehen, das mindestens auf einer Seite
von einem komprimierten Gemisch aus Raney-Nickel und Polytetrafluoräthylen bedeckt
ist. Gasseitig kann diese Raney-Nickel-Elektrode noch mit einer Folie aus Polytetrafluoräthylen
überzogen sein. Solche Elektroden sind beschrieben inder DE-OS 33 42 969 auf die hier
ausdrücklich Bezug genommen wird.
[0014] Der Druckunterschied zwischen Katholytraum und Gasraum beträgt ca. 10 mbar bis 0,5
bar, insbesondere 20 mbar bis 0,2 bar (1 mbar = 1 hPa).
[0015] Da sich in einer vertikalen Zelle ein Laugedruckgradient aufbaut, ist es günstig
das Verfahren in einer Zelle zu betreiben, bei der Kathode, Anode und Membran horizontal
angeordnet sind, so daß die vom Anolyt bedeckte Anode oberhalb der Membran und die
vom Katholyt bedeckte Kathode unterhalb der Kationenaustauschermembran zu liegen kommt
und der Gasraum unterhalb der porösen folienartigen Kathode angeordnet ist. Bei dieser
Ausgestaltung herrscht an jeder Stelle der Kathode der gleiche Druck. Damit wird verhindert,
daß an Stellen mit höheren Laugedrücken Lauge durch die kathode in den "Gasraum" übertritt.
[0016] Die Figur zeigt schematisch einen Querschnitt durch eine elektrochemische Zelle zur
Elektrolyse wäßriger Alkalichloridlösungen, die mit einer porösen, folienartigen Kathode
ausgerüstet ist. Die Zelle ist in einen Anodenraum (1), einen Kathodenraum (2) und
einen Gasraum (3) unterteilt. Über eine Zuleitung (4) wird beispielsweise gesättigte
Natriumchlorid-Sole in den Anodenraum (1) gepumpt. An der Anode (5) werden Chloridionen
zu elementarem Chlor entladen. Vorzugsweise werden dimensionsstabile Anoden aus Titan-Streckgittern
oder -Lochblechen eingesetzt, die mit einer Aktivierung ausgestattet sind, um die
Chlorüberspannung gering zu halten. Über Leitung (6) verlassen das gebildete Chlor
und die verarmte Sole den Anodenraum (1). Zwischen Anodenraum (1) und dem Kathodenraum
(2) befindet sich die Kationenaustauscher-Membran (7) durch die Natriumionen in den
Kathodenraum (2) wandern.
[0017] Über die Zuleitung (9) wird Wasser der Zelle in Form von entionisiertem Wasser oder
verdünnter Natronlauge zugeführt. Im Kathodenraum (2) wird Alkalilauge gebildet, die
die Zelle über die Öffnung (10) verläßt. Kathodenraum (2) und Gasraum (3) werden durch
die poröse, folienartige Raney-Nickel-Kathode (8) voneinander getrennt, Der Gasraum
(3) ist mit einer Öffnung (11) versehen, über die der erzeugte Wasserstoff entfernt
wird.
[0018] Wie in der Figur zu erkennen ist, besteht die poröse, folienartige Kathode (8) aus
einem Trägernetz (13), das z.B. aus Nickel gefertigt ist und gleichzeitig für Stromversorgung
und Stromverteilung im Katalysator aus Raney-Nickel (14) dient. Auf der dem Gasraum
zugewandten Seite kann die Kathode mit einer dünnen, porösen Polytetrafluorethylenschicht
(15) versehen sein. Diese PTFE-Folie ist gasdurchlässig, jedoch flüssigkeitsundurchlässig
und dient somit zur Gas-Flüssigkeitstrennung in der Zelle. Sie ist nicht zwingend
erforderlich. Falls die Elektrolyse ohne besagte Folie betrieben wird, ist jedoch
mit einem erhöhten Kondensatanfall im Gasraum (3) zu rechnen.
[0019] Die Druckdifferenz zwischen Kathodenraum (2) und Gasraum beträgt 10 - 5000 cm Wassersäule
(cm WS) insbesondere 20 - 200 cm WS (1 cm WS = 0,98 hPa). In der Praxis erfolgt die
Druckeinstellung in einfacher Weise dadurch, daß man die Leitung (10) mit einem Drosselventil
(12) versieht oder die Leitung (10) nach oben zu einem Überlauf hin verlängert, daß
sich eine definierte Laugesäule ausbildet. Der Gasraum wird üblicherweise mit Atmosphärendruck,
d.h. überdrucklos betrieben.
[0020] Unter den beschriebenen Bedingungen entweichen mehr als 90 % des entstehenden Wasserstoffs
über den Gasraum.
[0021] Die Erfindung wird im folgenden anhand der Figur und der Beispiele näher erläutert.
Beispiel 1
[0022] Eine 40 cm
2-Membranelektrolysezelle, ausgerüstet mit einer aktivierten Titananode und einer Kationenaustauscher-
membran der Firma DU PONT vom Typ Nafion (R )NX 90209, wurde mit einer Raney-Nickel-Elektrode
ohne PTFE-Folie auf der Gasraumseite gemäß DE-OS 3 342 969 (Fläche 40cm
2) so betrieben, daß die Kathode einen 3 mm tiefen Kathodenraum von einem 10 mm tiefen
Gasraum trennte. Die Betriebsbedingungen der Elektrolyse waren 80°C, 3 kA/m
2, Eingangssolekonzentration von 300 g/l, Anolytkonzentration von 200 g/l und Laugekonzentration
von 33 Gew.-%. Der Überdruck des Katholyts betrug 25-30 mbar (= 25-30 hPa), der des
Gasraumes 0 mbar, bezogen auf Atmosphäre. Unter diesen Bedingungen kamen 99 % des
produzierten Wasserstoffs aus dem Gasraum und lediglich 1 % aus dem Kathodenraum.
Die Zellspannung betrug bei den angegebenen Bedingungen 3,12 V.
Beispiel 2
[0023] Die Elektrolyse wurde unter den gleichen Bedingungen, mit den gleichen Elektroden
und der gleichen Kationenaustauschermembran wie in Beispiel 1 durchgeführt, jedoch
wurde der Gasraum mit Natronlauge geflutet. Lediglich die Druckdifferenz zwischen
Kathodenraum und Gasraum wurde bei 25-30 cm WS (Überdruck im Kathodenraum) belassen.
98 % des Gases kamen aus dem Gasraum und 2 % aus dem Kathodenraum. Bei einer Stromdichte
von 3 kA/m
2 betrug die Zellspannung 3,15 V.
Beispiel 3
[0024] Eine 450 cm
2-Membranelektrolysezelle mit einer aktivierten Titananode und einer Kationenaustauschermembran
vom Typ Nafion (
R)NX 90209 wurde mit einer Raney-Nickel-Kathode mit PTFE-Folie auf der Gasraumseite
gemäß DE-OS 3 342 696 ausgerüstet. Die Kathode hatte eine Breite von 9 cm und eine
Länge von 50 cm. Die Elektrolysezelle wurde horizontal betrieben, so daß die Anode
oberhalb und die Kathode unterhalb der Kationenaustauschermembran zu liegen kam. Der
Abstand der Kathode von der Membran betrug dabei etwa 4mm. Im Kathodenraum befand
sich als Abstandshalter eingrobmaschiges Polypropylennetz. Der Kathodenraum wurde
in Längsrichtung von der Natronlauge durchströmt. Bei einer Betriebstemperatur von
80°C und einer Stromdichte von 3 kA/m
2 wurde die Sole in der Zelle von 300 g/l auf etwa 220 g/l abgereichert und 33 Gew.-%ige
Natronlauge produziert. Bei einem Überdruck im Kathodenraum von 150 cm WS verließen
92 % des gebildeten Wasserstoffs über den Gasraum die Zelle; ein Anfall von Natronlauge
im Gasraum wurde nicht beobachtet. Unter den angegebenen Bedingungen betrug die Zellspannung
3,20 V.
Vergleichsbeispiel
[0025] Die Elektrolyse wurde in einer 40 cm
2-Zelle unter den gleichen Bedingungen wieim Beispiel 1 durchgeführt, jedoch herrschte
Druckausgleich zwischen Kathodenraum und Gasraum. Mehr als 90 % des Wasserstoffs entstanden
im Kathodenraum, und die Zellspannung stieg rasch auf Werte über 3,40 V an.
1. Verfahren zum Elektrolysieren von wäßrigen Alkalichlorid- Lösungen in einer Membranzelle,
die einen Anodenraum mit Anode und einen Kathodenraum mit Kathode enthält, wobei beide
Räume durch eine Kationenaustauscher-Membran voneinander getrennt sind, die Kathode
porös und folienartig ist, Kathode und Kationenaustauschermembran den eigentlichen
mit Katholyt gefüllten Kathodenraum bilden, Kathode und Zellenwand einen Gasraum bilden,
man in den Kathodenraum Wasser einspeist und aus ihm Alkalihydroxyd-Lösung abzieht,
aus Kathodenraum und Gasraum Wasserstoff abzieht, in den Anodenraum wäßrige Alkalichlorid-Lösung
einspeist und aus ihm gasförmiges Chlor zusammen mit verarmter Alkalichlorid-Lösung
abzieht, und man an Kathode und Anode eine Gleichspannung anlegt, die mindestens gleich
der Zersetzungsspannung ist, dadurch gekennzeichnet, daß im Kathodenraum ein höherer
Druck eingestellt wird, als im Gasraum.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Kathode kein Sauerstoff
zugeführt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die poröse, folienartige
Kathode eine Raney-Nickel-Elektrode ist, die besteht aus einem Nickelnetz, das mindestens
auf einer Seite von einem komprimierten Gemisch aus Raney-Nickel und Polytetrafluoräthylen
bedeckt ist.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Raney-Nickel-Elektrode
auf der Seite des Gasraums mit einer Folie aus Polytetrafluoräthylen überzogen ist.
5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Druck im Katholytraum
um 10 mbar bis 0,5 bar, insbesondere um 20 mbar bis 0,2 bar, höher ist als im Gasraum.
6. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Elektrolysezelle horizontal
betrieben wird, so daß die vom Anolyt bedeckte Anode oberhalb der Membran, die vom
Katholyt bedeckte Kathode unterhalb der Kationenaustauschermembran und der Gasraum
unterhalb der porösen, folienartigen Kathode zu liegen kommen.
7. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Zelle mit einer Stromdichte
von mindestens 500 A/m2 (bezogen auf die Kathodenfläche) betrieben wird.