[0001] Die Erfindung betrifft eine Anode für wässerige Elektrolysen, bestehend aus einem
gegen den Elektrolyten und die Elektrolyseprodukte beständigen Gerüst, einem mit
dem Gerüst fest verbundenen, Titan enthaltenden porösen Substrat und elektrochemisch
aktiven Substanzen, die in den Poren des Substrates verteilt sind.
[0002] Bei der Chloralkali-Elektrolyse und anderen Elektrolysen mit wässerigen Elektrolyten
werden seit geraumer Zeit Metallanoden eingesetzt, die im wesentlichen ein Gerüst
oder eine Basis aus einem passivierbaren Metall enthalten, auf dem eine oder mehrere
elektrochemisch aktive Substanzen fest verankert sind. Ueblicherweise verwendet man
wegen seiner Verfügbarkeit und des vergleichsweise niedrigen Preises Gerüste aus Titan,
die gegen den Elektrolyten und die Elektrolyseprodukte beständig sind. Bevorzugte
elektrochemisch aktive Substanzen sind Oxide von Metallen der Platingruppe, allein
oder in Gemischen mit anderen Metalloxiden, Spinellen, Perowskiten und anderen Mischoxiden.
Für spezielle Elektrolysen sind auch Beschichtungen bekanntgeworden, die keine Platinmetalloxide
enthalten. Die Lebensdauer der beschichteten Anoden wird im wesentlichen durch die
Beständigkeit der elektrochemisch aktiven Beschichtung bestimmt, die von der Art
der Substanz und den Elektrolysebedingungen, der Haftung auf dem Metallgerüst und
bei der Chloralkali-Elektrolyse in Quecksilberzellen auch von der Beständigkeit im
Kontakt mit Quecksilber abhängt. Zur Verlängerung der Anoden-Lebensdauer sind zahlreiche
Vorschläge bekanntgeworden, die die aktive Substanz gegen Schädigungen durch Kurzschluss
sichern, ihre Verankerung auf dem Titangerüst verbessern und schliesslich eine möglichst
grosse Menge der elektrochemisch aktiven Substanz bereitstellen sollen. Diesen Vorschlägen
gemeinsam sind poröse Trägerschichten oder Substrate, die fest mit dem Gerüst verbunden
sind und die elektrochemisch aktive Substanz aufnehmen. Das poröse Substrat ist ein
besserer Haftgrund als die mehr oder weniger glatte Oberfläche des Gerüsts, sie schützt
die aktive Substanz bei Kurzschlüssen und ihr Aufnahmevermögen kann über Porosität
und Dicke des Substrats in weiten Bereichen den Bedürfnissen der Elektrolyse angepasst
werden.
[0003] Das Substrat besteht nach der DE-PS 2 300 422 aus verschiedenen Titanoxiden, die
durch Flamm- oder Plasmaspritzen in einer Menge von 100 bis 6000 g/m² auf das Anodengestell
aufgetragen werden. Besonders vorteilhaft sollen sich Oxide der Zusammensetzung TiO
2-x verhalten, mit 0,1 > x > 0. Das poröse Substrat wird mit einer Salze der Platinmetalle
enthaltenden Lösung imprägniert, die nach Verdampfen des Lösemittels thermisch zersetzt
werden. Es ist auch bekannt, die elektrochemisch aktive Substanz gemeinsam mit Oxiden,
Nitriden, Phosphiden, Boriden oder Carbiden eines Metalls aus der Gruppe der passivierbaren
Metalle, bevorzugt mit Titanoxid, in einem einzigen Arbeitsgang auf die Oberfläche
des Anodengerüsts aufzutragen (EP-OS 0 058 832). Eine andere Anode hat ein Substrat,
das ausser Titanoxiden Oxide anderer Nichtedelmetalle, wie Nioboxid oder Nickeloxid,
enthält (DE-OS 32 08 835). Dem durch Flammspritzen aufgebrachten Substrat sind Verbindungen
wenigstens eines Elements der Platingruppe zugesetzt. Schliesslich ist ein Substrat
bekannt, das aus einer gesinterten Schicht aus Titanoxiden der Zusammensetzung TiO
x besteht, mit 0,25 < x < 1,50 (DE-OS 24 12 828). Das durch die DE-OS 20 35 212 bekanntgewordene,
auf das Trägergerüst aufgesinterte poröse Substrat besteht aus metallischem Titan.
[0004] Alle Substratschichten bilden bei der Elektrolyse elektrisch nichtleitende Oxide
an der Grenzfläche zwischen dem im allgemeinen aus metallischem Titan bestehenden
Gerüst und der Basis des Substrats, die eine mit der Betriebszeit zunehmende Passivierung
der Anode und gegebenenfalls sogar das Ablösen der Substratschichten bewirken. Die
Passivierungsschicht ist schliesslich auch Ursache dafür, dass vor einer Reaktivierung
der passivierten Anode, das gesamte Substrat entfernt werden muss, wobei Edelmetalle
verloren gehen. Zur Verhinderung der Passivierung ist vorgeschlagen worden, zwischen
dem metallischen Gerüst und dem die elektrochemisch aktiven Substanzen enthaltenden
Substrat eine besondere Zwischenschicht anzuordnen, die aus Mischoxiden mit den Valenzzahlen
4 und 3 und in den Oxiden dispergiertem Platin besteht (DE-OS 29 36 033). Diese Anoden
haben eine vergleichsweise lange Lebensdauer, nachteilig ist aber ihre technisch aufwendige
Herstellung.
[0005] Es besteht ein Bedürfnis, ein einfach herstellbares Substrat zur Aufnahme elektrochemisch
aktiver Substanzen zu schaffen, das ein guter Haftgrund für die Substanzen ist, sie
gegen Kurzschlüsse sichert, bei Verwendung als sauerstoffbildender Anode die Ausbildung
einer Passivierungsschicht wesentlich verzögert und mit geringem Aufwand reaktiviert
werden kann.
[0006] Gegenstand der Erfindung ist eine Anode für wässerige Elektrolysen, bestehend aus
einem gegen den Elektrolyten und die Elektrolyseprodukte beständigen Gerüst, einem
mit dem Gerüst verbundenen Titan enthaltenden porösen Substrat und elektrochemisch
aktiven Substanzen, die in den Poren des Substrats verteilt sind, dadurch gekennzeichnet,
dass das poröse titanhaltige Substrat mit einem Metall aus der Gruppe Chrom, Nickel
dotiert ist.
[0007] Die Erfindung geht auf die überraschende Erkenntnis zurück, das mit Chrom und/oder
Nickel dotiertes Titan unter den Bedingungen wässeriger Elektrolysen den Strom auch
in anodischer Richtung transportiert, selbst wenn es keine elektrochemisch aktiven
Substanzen enthält. Die Passivierung ist gegenüber Substraten aus Titan oder anderen
passivierbaren Metallen oder Ventilmetallen stark vermindert. Anodische Metallauflösungen
werden praktisch nicht beobachtet. Der Charakter der erfindungsgemässen Schicht ist
mit dem eines Edelmetalls vergleichbar.
[0008] Der Anteil der dem Titan zugesetzten Dotierungselemente kann z.B. 0,5 bis 40 Gew.%
sein und beträgt vorzugsweise 2 bis 20 Gew.%, besonders 2 bis 10 Gew.%. Unterhalb
etwa 2 % ist die Wirkung der Dotierung klein, oberhalb 20 % kann es unter den Bedingungen
Sauerstoff-entwickelnder Anoden zur partiellen Lösung der Dotierungsmetalle kommen.
Zur Herstellung des dotierten Substrats können zum Beispiel Chrom und/oder Nickel
in Form feiner Pulver mit pulverförmigem Titan gemischt und das Gemisch beispielsweise
durch Flammspritzen auf das Gerüst aufgetragen werden. Unter diesen Bedingungen bilden
sich nur begrenzt Mischkristalle aus Titan und dem Dotierungsmetall. Bei einem anderen
Verfahren wird das mit einem temporären Binder versetzte Pulvergemisch auf das Gerüst
gespritzt oder aufgepinselt und durch Erhitzen in inerter Atmosphäre eine poröse,
mit dem Gerüst fest verbundene Sinterschicht gebildet. Beim Sintern können sich in
grösserem Umfang Mischkristalle bilden, die aber bei Raumtemperatur thermodynamisch
instabil sind und beim Abkühlen daher zerfallen. Die Funktionalität der dotierten
Substrate ist von den verschiedenen Herstellungsverfahren praktisch unabhängig.
[0009] Die Dicke des Substrats beträgt vorzugsweise 0,2 bis 1 mm. Die Porosität kann z.B.
20 bis 60 Vol.-%, besonders 30 bis 50 Vol.-% betragen. Bei einer durchschnittlichen
Porosität von ca. 40 Vol.-% hat das Substrat eine Aufnahmekapazität für die elektrochemisch
aktiven substanzen, die den bekannten wässerigen Elektrolysen angemessen ist. Zum
Einbringen der aktiven Substanzen kann das Substrat mit Lösungen oder Suspensionen
imprägniert werden, die diese Substanzen enthalten. Die Art der verwendeten elektrochemisch
aktiven Substanzen wird in bekannter Weise durch die Elektrolysebedingungen bestimmt.
Geeignet sind u.a. Platinmetalle, Oxide von Platinmetallen, Spinelle, Perowskite,
β-Mangandioxid allein oder in Gemischen.
[0010] Erfindungsgemässe Anoden eignen sich besonders für die Chloralkali-Elektrolyse und
für Elektrolysen, bei denen anodisch Sauerstoff erzeugt wird. Die Anoden haben eine
lange Lebensdauer und ihre Reaktivierung ist besonders einfach, da bei der Elektrolyse
offensichtlich keine, den elektrischen Strom nicht leitende Oxide gebildet werden.
Nach einer Reinigung, z.B. durch Dampfstrahlen, wird die Anode durch das Einbringen
elektrochemisch aktiver Substanzen in das poröse Substrat reaktiviert.
[0011] Die Erfindung wird nachfolgend beispielhaft erläutert:
[0012] Beispiel 1: Titanbleche werden entfettet, sandgestrahlt und mit einem feinkörnigen Gemisch aus
Titan- und Chrompulver beschichtet. Das Gemisch enthält 9 Gew.% Chrom und 91 Gew.%
Titan (maximale Korngrösse 0,1 mm) und ist mit einer wässerigen Tyloselösung zu einer
spritzfähigen Paste angeteigt. Mit einer Fliessbecherpistole wird eine 0,5 mm dicke
Schicht auf die Bleche aufgetragen; die Bleche werden bei Raumtemperatur getrocknet
und durch Erhitzen auf 1200°C in Argon eine fest auf den Blechen haftende poröse Substratschicht
erzeugt, deren Porosität etwa 25 Vol.-% beträgt.
[0013] Die Bleche werden in 50 x 100 mm grosse Abschnitte zerlegt und die Substratschichten
wie folgt mit elektrochemisch aktiven Substanzen imprägniert:
a) Eine 40%ige wässerige Lösung von Mangan (II)-Nitrat wird auf das poröse Substrat
aufgetragen und die Anode nach Trocknung zur Zersetzung des Salzes auf 300°C erhitzt
(Verweilzeit 10 min.). Nach fünfmaliger Wiederholung enthält die Anode etwa 300 g/m²
β-MnO₂.
b) Das Substrat wird mit einer Lösung enthaltend 48,17 mg H₂IrCl₆, 37,27 mg TaCl₅,
und 278,2 mg Ethanol imprägniert und zur Zersetzung der Salze auf 550°C erhitzt (Verweilzeit
10 min.). Nach viermaliger Wiederholung der Verfahrensschritte enthält das Substrat
23 g/m² IrO₂ und 2 g/m² TaO₂.
c) Das Substrat wird mit einer Lösung imprägniert, die 1,93 g RuCl₃, 7,23 g Butyltitanat,
1,43 g HCl und 7,31 g Butanol enthält. Die Anoden werden getrocknet, auf 520°C erhitzt
und die Verfahrensschritte dreimal wiederholt. Die Anode enthält dann verteilt in
dem Substrat 11,8 g/m² RuO₂ und 21,3 g/m² TiO₂,
[0014] Zum Vergleich wurden Titanbleche ohne Substrate und Titanbleche mit nichtdotierten
Substratschichten aus porösem Sintertitan mit den gleichen Mengen der elektrochemisch
aktiven Substanzen beschichtet und unter den gleichen Bedingungen die Lebensdauer
der Anoden in 20%iger Schwefelsäure bei Raumtemperatur gemessen.
[0015] Beispiel 2: auf Titanbleche wird durch Flammspritzen eines 9 Gew.% Nickel- und 91 Gew.% Titanpulver
enthaltenden Gemischs eine etwa 0,4 mm dicke Substratschicht aus dotiertem Titan aufgetragen.
Die Korngrösse der Pulver ist kleiner als 0,05 mm. Wie in Beispiel 1 beschrieben werden
die Substratschichten mit den Lösungen a, b und c imprägniert und vergleichend mit
Anoden getestet, die die gleiche Menge elektrochemisch aktiver Substanzen aber kein
Substrat bzw. kein dotiertes Substrat enthalten.
[0016] Beispiel 3: Die Passivierungsgeschwindigkeit verschiedener Anoden, die keine Beschichtungen mit
elektrochemisch aktiven Substanzen aufweisen, wird in 20%iger Schwefelsäure bei Raumtemperatur
und einer Stromdichte von 0,2 kA/m² gemessen. Indikator der Passivierung ist ein Anstieg
der Zellenspannung auf 10 V.
1. Anode für wässerige Elektrolysen, bestehend aus einem gegen den Elektrolyten und
die Elektrolyseprodukte beständigen Gerüst, einem mit dem Gerüst verbundenen Titan
enthaltenden porösen Substrat und elektrochemisch aktiven Substanzen, die in den Poren
des Substrats verteilt sind, dadurch gekennzeichnet, dass das poröse titanhaltige
Substrat mit einem Metall aus der Gruppe Chrom, Nickel dotiert ist.
2. Anode nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Anteil der Dotierungselemente
2 bis 20 Gew.% beträgt.
3. Anode nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Dicke des porösen
Substrats 0,2 bis 1,0 mm beträgt.
4. Anode nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Porosität des Substrats
20 bis 60 % beträgt.