(19)
(11) EP 0 245 201 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
11.11.1987  Patentblatt  1987/46

(21) Anmeldenummer: 87810254.0

(22) Anmeldetag:  22.04.1987
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C25B 11/03, C25B 11/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE ES FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 25.04.1986 DE 3613997

(71) Anmelder: CIBA-GEIGY AG
4002 Basel (CH)

(72) Erfinder:
  • Debrodt, Heiner, Dr.
    D-5309 Meckenheim (DE)
  • Kluger, Petra
    D-8902 Neusäss (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Anode für Elektrolysen


    (57) Anode für wässerige Elektrolysen, bestehend aus einem Gerüst oder Träger und einem mit dem Gerüst verbundenem porösen Substrat, in dem elektrochemisch aktive Substanzen dispergiert sind. Das Substrat besteht aus Titan, das mit Chrom oder Nickel dotiert ist.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft eine Anode für wässerige Elektrolysen, bestehend aus einem gegen den Elektrolyten und die Elektrolyse­produkte beständigen Gerüst, einem mit dem Gerüst fest verbundenen, Titan enthaltenden porösen Substrat und elektrochemisch aktiven Substanzen, die in den Poren des Substrates verteilt sind.

    [0002] Bei der Chloralkali-Elektrolyse und anderen Elektrolysen mit wässerigen Elektrolyten werden seit geraumer Zeit Metallanoden eingesetzt, die im wesentlichen ein Gerüst oder eine Basis aus einem passivierbaren Metall enthalten, auf dem eine oder mehrere elektro­chemisch aktive Substanzen fest verankert sind. Ueblicherweise verwendet man wegen seiner Verfügbarkeit und des vergleichsweise niedrigen Preises Gerüste aus Titan, die gegen den Elektrolyten und die Elektrolyseprodukte beständig sind. Bevorzugte elektrochemisch aktive Substanzen sind Oxide von Metallen der Platingruppe, allein oder in Gemischen mit anderen Metalloxiden, Spinellen, Perowskiten und anderen Mischoxiden. Für spezielle Elektrolysen sind auch Beschichtungen bekanntgeworden, die keine Platinmetalloxide ent­halten. Die Lebensdauer der beschichteten Anoden wird im wesent­lichen durch die Beständigkeit der elektrochemisch aktiven Be­schichtung bestimmt, die von der Art der Substanz und den Elektro­lysebedingungen, der Haftung auf dem Metallgerüst und bei der Chloralkali-Elektrolyse in Quecksilberzellen auch von der Beständig­keit im Kontakt mit Quecksilber abhängt. Zur Verlängerung der Anoden-Lebensdauer sind zahlreiche Vorschläge bekanntgeworden, die die aktive Substanz gegen Schädigungen durch Kurzschluss sichern, ihre Verankerung auf dem Titangerüst verbessern und schliesslich eine möglichst grosse Menge der elektrochemisch aktiven Substanz bereitstellen sollen. Diesen Vorschlägen gemeinsam sind poröse Trägerschichten oder Substrate, die fest mit dem Gerüst verbunden sind und die elektrochemisch aktive Substanz aufnehmen. Das poröse Substrat ist ein besserer Haftgrund als die mehr oder weniger glatte Oberfläche des Gerüsts, sie schützt die aktive Substanz bei Kurz­schlüssen und ihr Aufnahmevermögen kann über Porosität und Dicke des Substrats in weiten Bereichen den Bedürfnissen der Elektrolyse angepasst werden.

    [0003] Das Substrat besteht nach der DE-PS 2 300 422 aus verschiedenen Titanoxiden, die durch Flamm- oder Plasmaspritzen in einer Menge von 100 bis 6000 g/m² auf das Anodengestell aufgetragen werden. Be­sonders vorteilhaft sollen sich Oxide der Zusammensetzung TiO2-x verhalten, mit 0,1 > x > 0. Das poröse Substrat wird mit einer Salze der Platinmetalle enthaltenden Lösung imprägniert, die nach Ver­dampfen des Lösemittels thermisch zersetzt werden. Es ist auch bekannt, die elektrochemisch aktive Substanz gemeinsam mit Oxiden, Nitriden, Phosphiden, Boriden oder Carbiden eines Metalls aus der Gruppe der passivierbaren Metalle, bevorzugt mit Titanoxid, in einem einzigen Arbeitsgang auf die Oberfläche des Anodengerüsts aufzutragen (EP-OS 0 058 832). Eine andere Anode hat ein Substrat, das ausser Titanoxiden Oxide anderer Nichtedelmetalle, wie Nioboxid oder Nickeloxid, enthält (DE-OS 32 08 835). Dem durch Flammspritzen aufgebrachten Substrat sind Verbindungen wenigstens eines Elements der Platingruppe zugesetzt. Schliesslich ist ein Substrat bekannt, das aus einer gesinterten Schicht aus Titanoxiden der Zusammen­setzung TiOx besteht, mit 0,25 < x < 1,50 (DE-OS 24 12 828). Das durch die DE-OS 20 35 212 bekanntgewordene, auf das Trägergerüst aufgesinterte poröse Substrat besteht aus metallischem Titan.

    [0004] Alle Substratschichten bilden bei der Elektrolyse elektrisch nicht­leitende Oxide an der Grenzfläche zwischen dem im allgemeinen aus metallischem Titan bestehenden Gerüst und der Basis des Substrats, die eine mit der Betriebszeit zunehmende Passivierung der Anode und gegebenenfalls sogar das Ablösen der Substratschichten bewirken. Die Passivierungsschicht ist schliesslich auch Ursache dafür, dass vor einer Reaktivierung der passivierten Anode, das gesamte Substrat entfernt werden muss, wobei Edelmetalle verloren gehen. Zur Ver­hinderung der Passivierung ist vorgeschlagen worden, zwischen dem metallischen Gerüst und dem die elektrochemisch aktiven Substanzen enthaltenden Substrat eine besondere Zwischenschicht anzuordnen, die aus Mischoxiden mit den Valenzzahlen 4 und 3 und in den Oxiden dispergiertem Platin besteht (DE-OS 29 36 033). Diese Anoden haben eine vergleichsweise lange Lebensdauer, nachteilig ist aber ihre technisch aufwendige Herstellung.

    [0005] Es besteht ein Bedürfnis, ein einfach herstellbares Substrat zur Aufnahme elektrochemisch aktiver Substanzen zu schaffen, das ein guter Haftgrund für die Substanzen ist, sie gegen Kurzschlüsse sichert, bei Verwendung als sauerstoffbildender Anode die Ausbildung einer Passivierungsschicht wesentlich verzögert und mit geringem Aufwand reaktiviert werden kann.

    [0006] Gegenstand der Erfindung ist eine Anode für wässerige Elektrolysen, bestehend aus einem gegen den Elektrolyten und die Elektrolyse­produkte beständigen Gerüst, einem mit dem Gerüst verbundenen Titan enthaltenden porösen Substrat und elektrochemisch aktiven Sub­stanzen, die in den Poren des Substrats verteilt sind, dadurch gekennzeichnet, dass das poröse titanhaltige Substrat mit einem Metall aus der Gruppe Chrom, Nickel dotiert ist.

    [0007] Die Erfindung geht auf die überraschende Erkenntnis zurück, das mit Chrom und/oder Nickel dotiertes Titan unter den Bedingungen wässe­riger Elektrolysen den Strom auch in anodischer Richtung transpor­tiert, selbst wenn es keine elektrochemisch aktiven Substanzen enthält. Die Passivierung ist gegenüber Substraten aus Titan oder anderen passivierbaren Metallen oder Ventilmetallen stark ver­mindert. Anodische Metallauflösungen werden praktisch nicht beob­achtet. Der Charakter der erfindungsgemässen Schicht ist mit dem eines Edelmetalls vergleichbar.

    [0008] Der Anteil der dem Titan zugesetzten Dotierungselemente kann z.B. 0,5 bis 40 Gew.% sein und beträgt vorzugsweise 2 bis 20 Gew.%, besonders 2 bis 10 Gew.%. Unterhalb etwa 2 % ist die Wirkung der Dotierung klein, oberhalb 20 % kann es unter den Bedingungen Sauerstoff-entwickelnder Anoden zur partiellen Lösung der Dotie­rungsmetalle kommen. Zur Herstellung des dotierten Substrats können zum Beispiel Chrom und/oder Nickel in Form feiner Pulver mit pulverförmigem Titan gemischt und das Gemisch beispielsweise durch Flammspritzen auf das Gerüst aufgetragen werden. Unter diesen Bedingungen bilden sich nur begrenzt Mischkristalle aus Titan und dem Dotierungsmetall. Bei einem anderen Verfahren wird das mit einem temporären Binder versetzte Pulvergemisch auf das Gerüst gespritzt oder aufgepinselt und durch Erhitzen in inerter Atmosphäre eine poröse, mit dem Gerüst fest verbundene Sinterschicht gebildet. Beim Sintern können sich in grösserem Umfang Mischkristalle bilden, die aber bei Raumtemperatur thermodynamisch instabil sind und beim Abkühlen daher zerfallen. Die Funktionalität der dotierten Substrate ist von den verschiedenen Herstellungsverfahren praktisch unab­hängig.

    [0009] Die Dicke des Substrats beträgt vorzugsweise 0,2 bis 1 mm. Die Porosität kann z.B. 20 bis 60 Vol.-%, besonders 30 bis 50 Vol.-% betragen. Bei einer durchschnittlichen Porosität von ca. 40 Vol.-% hat das Substrat eine Aufnahmekapazität für die elektrochemisch aktiven substanzen, die den bekannten wässerigen Elektrolysen angemessen ist. Zum Einbringen der aktiven Substanzen kann das Substrat mit Lösungen oder Suspensionen imprägniert werden, die diese Substanzen enthalten. Die Art der verwendeten elektrochemisch aktiven Substanzen wird in bekannter Weise durch die Elektrolyse­bedingungen bestimmt. Geeignet sind u.a. Platinmetalle, Oxide von Platinmetallen, Spinelle, Perowskite, β-Mangandioxid allein oder in Gemischen.

    [0010] Erfindungsgemässe Anoden eignen sich besonders für die Chloralkali-­Elektrolyse und für Elektrolysen, bei denen anodisch Sauerstoff erzeugt wird. Die Anoden haben eine lange Lebensdauer und ihre Reaktivierung ist besonders einfach, da bei der Elektrolyse offen­sichtlich keine, den elektrischen Strom nicht leitende Oxide gebildet werden. Nach einer Reinigung, z.B. durch Dampfstrahlen, wird die Anode durch das Einbringen elektrochemisch aktiver Sub­stanzen in das poröse Substrat reaktiviert.

    [0011] Die Erfindung wird nachfolgend beispielhaft erläutert:

    [0012] Beispiel 1: Titanbleche werden entfettet, sandgestrahlt und mit einem feinkörnigen Gemisch aus Titan- und Chrompulver beschichtet. Das Gemisch enthält 9 Gew.% Chrom und 91 Gew.% Titan (maximale Korngrösse 0,1 mm) und ist mit einer wässerigen Tyloselösung zu einer spritzfähigen Paste angeteigt. Mit einer Fliessbecherpistole wird eine 0,5 mm dicke Schicht auf die Bleche aufgetragen; die Bleche werden bei Raumtemperatur getrocknet und durch Erhitzen auf 1200°C in Argon eine fest auf den Blechen haftende poröse Substrat­schicht erzeugt, deren Porosität etwa 25 Vol.-% beträgt.

    [0013] Die Bleche werden in 50 x 100 mm grosse Abschnitte zerlegt und die Substratschichten wie folgt mit elektrochemisch aktiven Substanzen imprägniert:

    a) Eine 40%ige wässerige Lösung von Mangan (II)-Nitrat wird auf das poröse Substrat aufgetragen und die Anode nach Trocknung zur Zersetzung des Salzes auf 300°C erhitzt (Verweilzeit 10 min.). Nach fünfmaliger Wiederholung enthält die Anode etwa 300 g/m² β-MnO₂.

    b) Das Substrat wird mit einer Lösung enthaltend 48,17 mg H₂IrCl₆, 37,27 mg TaCl₅, und 278,2 mg Ethanol imprägniert und zur Zer­setzung der Salze auf 550°C erhitzt (Verweilzeit 10 min.). Nach viermaliger Wiederholung der Verfahrensschritte enthält das Substrat 23 g/m² IrO₂ und 2 g/m² TaO₂.

    c) Das Substrat wird mit einer Lösung imprägniert, die 1,93 g RuCl₃, 7,23 g Butyltitanat, 1,43 g HCl und 7,31 g Butanol enthält. Die Anoden werden getrocknet, auf 520°C erhitzt und die Verfahrens­schritte dreimal wiederholt. Die Anode enthält dann verteilt in dem Substrat 11,8 g/m² RuO₂ und 21,3 g/m² TiO₂,



    [0014] Zum Vergleich wurden Titanbleche ohne Substrate und Titanbleche mit nichtdotierten Substratschichten aus porösem Sintertitan mit den gleichen Mengen der elektrochemisch aktiven Substanzen beschichtet und unter den gleichen Bedingungen die Lebensdauer der Anoden in 20%iger Schwefelsäure bei Raumtemperatur gemessen.



    [0015] Beispiel 2: auf Titanbleche wird durch Flammspritzen eines 9 Gew.% Nickel- und 91 Gew.% Titanpulver enthaltenden Gemischs eine etwa 0,4 mm dicke Substratschicht aus dotiertem Titan aufgetragen. Die Korngrösse der Pulver ist kleiner als 0,05 mm. Wie in Beispiel 1 beschrieben werden die Substratschichten mit den Lösungen a, b und c imprägniert und vergleichend mit Anoden getestet, die die gleiche Menge elektrochemisch aktiver Substanzen aber kein Substrat bzw. kein dotiertes Substrat enthalten.



    [0016] Beispiel 3: Die Passivierungsgeschwindigkeit verschiedener Anoden, die keine Beschichtungen mit elektrochemisch aktiven Substanzen aufweisen, wird in 20%iger Schwefelsäure bei Raumtemperatur und einer Stromdichte von 0,2 kA/m² gemessen. Indikator der Passivierung ist ein Anstieg der Zellenspannung auf 10 V.




    Ansprüche

    1. Anode für wässerige Elektrolysen, bestehend aus einem gegen den Elektrolyten und die Elektrolyseprodukte beständigen Gerüst, einem mit dem Gerüst verbundenen Titan enthaltenden porösen Substrat und elektrochemisch aktiven Substanzen, die in den Poren des Substrats verteilt sind, dadurch gekennzeichnet, dass das poröse titanhaltige Substrat mit einem Metall aus der Gruppe Chrom, Nickel dotiert ist.
     
    2. Anode nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Anteil der Dotierungselemente 2 bis 20 Gew.% beträgt.
     
    3. Anode nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Dicke des porösen Substrats 0,2 bis 1,0 mm beträgt.
     
    4. Anode nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Porosität des Substrats 20 bis 60 % beträgt.
     





    Recherchenbericht