(19)
(11) EP 0 249 050 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
16.12.1987  Patentblatt  1987/51

(21) Anmeldenummer: 87107038.9

(22) Anmeldetag:  15.05.1987
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C22B 9/18
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT DE FR GB

(30) Priorität: 07.06.1986 DE 3619293

(71) Anmelder: LEYBOLD AKTIENGESELLSCHAFT
D-63450 Hanau (DE)

(72) Erfinder:
  • Choudhury, Alok, Dr.
    D-6625 Püttlingen (DE)
  • Müller, Felix, Dipl.-Ing.
    D-6460 Gelnhausen (DE)
  • Brückmann, Gerhard, Dr.Ing.
    D-6334 Asslar (DE)

(74) Vertreter: Zapfe, Hans, Dipl.-Ing. 
Am Eichwald 7
63150 Heusenstamm
63150 Heusenstamm (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Elektroschlackeumschmelzen von Metallen, insbesondere von solchen mit sauerstoffaffinen Legierungsbestandteilen


    (57) Verfahren zum Elektroschlackeumschmelzen von Metallen, die zu mindestens 50 Gewichtsprozent in Form mindestens einer stromführenden Abschmelzelektrode, insbesondere einer solchen mit sauerstoffaffinen Legierungsbestand­teilen, durch ein geschmolzenes Schlackenbad hindurch zu einem Block umgeschmolzen werden.
    Zur Lösung der Aufgabe, eine Oxidation, "Freckles", Ringmuster und "White Spots" zu verhindern und dennoch eine Entgasung durchzuführen, werden folgende Maßnahmen durchgeführt:

    a) der Umschmelzprozeß wird unter unteratmosphärischem Druck durchgeführt,

    b) als Schlacke wird eine zu mindestens 80 Gewichtsprozent oxidische Schlacke aus solchen Oxiden verwendet, deren Siedepunkte über 2000 °C liegen, und

    c) die Schlacke wird mittels Wechselstrom beheizt.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Elektroschlackeum­schmelzen von Metallen, die zu mindestens 50 Gewichtsprozent in Form mindestens einer stromführenden Abschmelzelektrode, insbesondere einer solchen mit sauerstoffaffinen Legierungs­bestandteilen, durch ein geschmolzenes Schlackenbad hin­durch zu einem Block ungeschmolzen werden.

    [0002] Beim Elektroschlackeumschmelzen wird das metallische Ausgangsmaterial durch eine flüssige bzw. geschmolzene Schlackeschicht hindurch zu einem Ingot oder Block umgeschmolzen, an dessen Oberseite eine flüssige Zone, der sogenannte Schmelzsee, aufrechterhalten wird. Der Block kann dabei stationär (in einer sogenannten Stand­kokille) festgehalten werden oder kontinuierlich (aus einer sogenannten Strangkokille) abgezogen werden. Das Ausgangsmaterial kann sowohl in Form einer Abschmelz­elektrode zugesetzt werden, als auch in Form von Stück­gut oder Partikeln. Die Schmelz- und Prozeßwärme wird durch den elektrischen Widerstand der flüssigen Schlacke erzeugt, wobei die Stromzufuhr sowohl durch die Abschmelzelektrode als auch (im Falle von partikel­förmigem Ausgangsmaterial) durch eine besondere Permanentelektrode erfolgen kann. In der Regel ist der Block und/oder die Kokille der elektrische Gegen­pol. Es ist bekannt, das Elektroschlackeumschmelzver­fahren wahlweise mittels Gleichspannung oder Wechsel­spannung durchzuführen.

    [0003] Durch die DE-OS 14 83 646 ist es bekannt, ds Elektro­schlackeumschmelzverfahren auch unter unteratmosphärischem Druck, d.h. unter einem Druck unterhalb 1 bar durch­zuführen. Für die Stromzuführung sind hierbei allerdings stets Permanentelektroden vorgesehen.

    [0004] Für die Herstellung von Werkstücken mit hohen Anforderungen, insbesondere aus Superlegierungen für rotierende scheiben­förmige Teile in Luftfahrttriebwerken, wird von den Ab­ nehmern verlangt, daß die Ingots durch das bekannte Vakuum-Umschmelzverfahren (VAR) hergestellt werden, da das Umschmelzen unter Vakuum zu relativ reinen Blöcken führt, die einen sehr geringen Gasgehalt aufweisen. Trotz der Tatsache, daß beim VAR-Verfahren aufgrund einer gerichteten Erstarrung die Blöcke normalerweise frei von Makroseigerungen sind, können einige typische Segregationserscheinungen, wie bei­spielsweise "Freckles", Ringmuster und "White Spots" in den Blöcken auftreten. Während Segregationser­scheinungen wie die "Freckles" und Ringmuster mehr oder weniger durch sorgfältige Einstellung der Schmelz­parameter beherrscht werden können, erscheint die Aus­bildung der "White Spots" unabhängig von den Schmelz­bedingungen zu sein. Kürzlich durchgeführte Unter­suchungen haben gezeigt, daß die Ausbildung von "White Spots" nicht die Folge unregelmäßiger Erstarrungsbe­dingungen an der Erstarrungsfront sind. Es kann ange­nommen werden, daß die Bestandteile der "White Spots" folgende sind:
    - Skelette aus Denidriten, die während des Abschmelzens von der gegossenen Abschmelzelektrode herabfallen,
    - Teilchen, die von der sogenannten "Krone" am oberen Blockrand herunterfallen (die "Krone" ist ein dünner, scharfer Rand oberhalb des Schmelzsees durch Konden­sation bzw. Erstarrung von Dämpfen und Spritzern),
    - Ablösung von Teilchen von der Erstarrungskante des Schmelzsees.

    [0005] Eine weitere Quelle der "White Spots", die nach eigenen Erfahrungen des Erfinders aus Teilchen bestehen kann, die aus der gegossenen Elektrode Stammen können, wenn diese aus einer Superlegierung besteht, die sehr häufig entlang der Stengelkristalle aufreißt. Es ist daher sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich, diese Fehler bei einem VAR-Block auszuschliessen.

    [0006] Bei dem eingangs beschriebenen ESU-Verfahren wird das Umschmelzen unter einem überhitzten Schlackebad durch­geführt, dessen Temperatur üblicherweise mehr als 300 °C über der Liquidus-Temperatur der Superlegierung liegt. DieDenidriten-Skelette oder die aus der Elektrode herausgebrochenen Teilchen fallen notwendigerweise durch die überhitzte Schlacke und haben infolgedessen ausreichend Zeit zum Aufschmelzen, bevor sie den Schmelz­see erreichen. Auch gibt es beim ESU-Verfahren keine Ausbildung einer Krone am oberen Blockrand. Infolgedessen führt das ESU-Verfahren auch nicht zur Ausbildung von "White Spots".

    [0007] Obwohl die aus dem ESU-Verfahren hervorgegangenen Blöcke mindestens ebenso gut sind wie die aus dem VAR-Ver­fahren hervorgegangenen Blöcke, fordern die Abnehmer bei Superlegierungen regelmäßig die Anwendung des VAR-­Verfahrens für die Herstellung rotierender Scheiben von Luftfahrtriebwerken. Der Grund hierfür ist darin zu sehen, daß bei den üblichen ESU-Verfahren nicht nur keine Ent­gasung des Materials stattfindet, sondern sogar in ge­wissen Fällen eine zusätzliche Gasaufnahme zu befürchten ist. Hierbei spielen Wasserstoff und Stickstoff die gefährlichste Rolle.

    [0008] Eine weitere, sehr wesentliche, Gefahr besteht in der Bildung von Oxiden und oxidischen Einschlüssen durch Oxidation des Metalls, insbesondere der sauerstoff­affinen Legierungsbestandteile, durch den umgebenden Luftsauerstoff. Bei diesen sauerstoffaffinen Legierungs­bestandteilen handelt es sich um die Elemente Aluminium, Bor, Titan, Zirkonium u.a. Durch die Oxidation der­artiger Legierungsbestandteile entsteht dann ein ent­sprechender Mangel.

    [0009] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs beschriebenen Gattung anzugeben, bei dem eine Oxidation verhindert wird, eine Entgasung stattfindet und weder "Freckles", noch Ringmuster, noch "White Spots" auftreten. Es ist dabei ganz entscheidend, daß die betreffende Aufgabe im Hinblick auf alle Teil­aufgaben gleichzeitig gelöst wird.

    [0010] Die Lösung der gestellten Aufgabe erfolgt bei dem ein­gangs beschriebenen Verfahren erfindungsgemäß durch die Kombination der Merkmale, daß man

    a) den Umschmelzprozeß unter unteratmosphärischem Druck durchführt,

    b) als Schlacke eine zu mindestens 80 Gewichtsprozent oxidische Schlacke aus solchen Oxiden verwendet, deren Siedepunkte über 2000 °C liegen, und

    c) die Schlacke mittels Wechselstrom beheizt.



    [0011] Sofern eine Schutzgasatmosphäre aus Inert- oder Edelgas verwendet wird, kann mit einem Druck von höchstens 900 mbar gearbeitet werden. Bei Verwendung von Vakuum ist es besonders zweckmäßig, in einem Druckbereich zwischen 200 und 10⁻² mbar zu arbeiten. In sämtlichen Fällen findet eine ausreichende Entgasung der Schmelze statt, und jegliche Oxidation des Elektrodenmetalls und der Legierungsbestandteile wird wirksam ausge­schaltet, ohne daß dabei auf die Vorteile des ESU-Ver­fahrens hinsichtlich einer guten Blockoberfläche, einer metallurgischen Arbeit und die Vermeidung der "White Spots" verzichtet werden muß.

    [0012] Von ganz besonderer Bedeutung ist dabei auch die Schlacke­zusammensetzung. So ist es z.B. aus der Literatur be­kannt, daß aus Schlackenmischungen mit hohen Fluoran­teilen infolge der chemischen Reaktionen der Fluor­verbindung mit oxidischen Schlackenanteilen laufend gasförmige Fluorverbindungen austreten. Würde man eine derartige Schlacke mit hohen Fluoridanteilen unter Vakuum verwenden, so würde aufgrund der Herabsetzung des Partialdrucks die Reaktion in Richtung auf die Bildung weiterer flüchtiger Fluoride verschoben, so daß der Prozeß schwer kontrollierbar würde.

    [0013] Wenn man erfindungsgemäß eine Schlacke verwendet, die zu mindestens 80 Gewichtsprozent aus oxidischen Komponenten besteht, deren Siedepunkte über 2000 °C liegen, so bleibt die Schlackezusammensetzung stabil. In Frage kommen insbe­sondere reine Oxid-Systeme wie beispielsweise solche aus CaO, Al₂O₃ und MgO. Mit besonderem Vorteil können dabei CaO und Al₂O₃ zu je 48 % und MgO zu 4 Gewichtsprozent vorhanden sein.

    [0014] Die Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens lassen sich wie folgt darstellen:

    1. Anwendung von Wechselstrom zur besseren Steuerung der gewünschten metallurgischen Reaktionen und zur Ver­meidung von gleichgerichteten Magnetfeldern, die die Frecklesbildung im Umschmelzblock begünstigen würden,

    2. Anwendung des Vakuums zur Beseitigung der Einflüsse von Wasserstoff und Stickstoff sowie zur Vermeidung der Oxidation von Schlacke und Metall,

    3. Anwendung einer oxidischen, reaktionsfähigen Schlacke zur Erzielung eines besseren Reinheitsgrades als beim VAR-Verfahren und

    4. Vermeidung von "White Spots".


    Beispiel:



    [0015] Eine Abschmelzelektrode aus Inconel 718, eine Nickel-Basis-­Legierung mit hohen Gehalten an Titan und Aluminium, und mit einer Länge von 500 mm und einem Durchmesser von 90 mm wurde in einer wassergekühlten Standkokille mit einem Innendurchmesser von 150 mm zu einem Block umgeschmolzen. Die Höhe des Schlackenbades über dem Block betrug 70 mm. Die Schlacke bestand zu je 48 Gewichtsprozent aus CaO und Al₂O₃ und zu 4 Gewichtsprozent aus MgO. Die Elektrode wurde mit einer Spannung von 35 V und einer Stromstärke von 2300 A betrieben. Nach einer Umschmelzdauer von 15 Minuten unter einem Vakuum von 5 × 10⁻¹ mbar war die Elektrode bis auf einen Rest abgeschmolzen. Der nach Abkühlung aus der Kokille entnommene Block hatte eine saubere glatte Ober­fläche und besaß keinerlei "Krone". Schnittbilder ergaben, daß der Block über seine gesamte Länge und seinen ge­samten Durchmesser frei von Freckles, White Spots und Ringmustern war. Die Legierungszusammensetzung ent­sprach äußerst weitgehend derjenigen der Elektrode, d.h. es wurde keinerlei Abbrand von Aluminium und Titan beobachtet.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Elektroschlackeumschmelzen von Metallen, die zu mindestens 50 Gewichtsprozent im Form mindestens einer stromführenden Abschmelzelektrode, insbesondere einer solchen mit sauerstoff­affinen Legierungsbestandteilen, durch ein geschmolzenes Schlackenbad hindurch zu einem Block umgeschmolzen werden, dadurch gekennzeichnet, daß man

    a) den Umschmelzprozeß unter unteratmosphärischem Druck durchführt,

    b) als Schlacke eine zu mindestens 80 Gewichtsprozent oxidische Schlacke aus solchen Oxiden verwendet, deren Siedepunkte über 2000 °C liegen, und

    c) die Schlacke mittels Wechselstrom beheizt.


     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man das Vakuum zwischen 200 und 10⁻² mbar wählt.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Umschmelzvorgang unter einer Inertgas­atmosphäre mit einem Druck von höchstens 900 mbar durchgeführt wird.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man die Frequenz des Wechselstroms zwischen 1 und 100 Hz wählt.
     





    Recherchenbericht