[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung einer Schraubenfeder
aus einem Stab bzw. Draht aus Federstahl mit konstantem Kreisquerschnitt durch Erwärmen
des Stabes auf Austenitisierungstemperatur, Wickeln des Stabes in der stabilen Austenitphase
(bei Austenitisierungstemperatur), Härten der so geformten Feder durch Abschrecken
in einem geeigneten Medium, wie Öl oder Wasser, und Anlassen (Tempern) der gehärteten
Feder.
[0002] Bei der Herstellung von Schraubendruck-und Schraubenzugfedern unterscheidet man zwei
verschiedene, hinsichtlich ihrer technischen Bedeutung etwa gleichrangige Formgebungsverfahren,
die Warm-und Kaltformgebung. Das beim Kaltformen zum Einsatz kommende Vor-material
hat häufig bereits vor der Verarbeitung, also im Anlieferungszustand, die Festigkeitseigenschaften,
die von der fertigen Feder verlangt werden, das heißt, es hat vorab bereits eine geeignete
Vergütebehandlung, z.B. eine Ölschlußvergütung erfahren. Federn aus derartigem Vormaterial
werden vorwiegend auf Windeautomaten geformt, wobei Drähte mit Durchmessern von weniger
als 1 mm bis max. etwa 15 mm verarbeitbar sind. Kaltgeformt werden jedoch Schraubenfedern
nicht selten auch aus "weichen" bzw. unvergüteten Drähten mit Durchmessern von etwa
8 bis 20 mm. Die Vergütung erfolgt in solchen Fällen nach der Formgebung, also an
der Feder selbst.
[0003] Die hier in Rede stehende Erfindung betrifft den Bereich der warmgeformten Schraubenfedern,
die hauptsächlich aus Stählen nach DIN 17 221 hergestellt werden. Das verwendete Vormaterial
ist in diesem Fall unvergüteter, gewalzter, gezogener, geschliffener oder gedrehter
Rundstahl in Stabform mit Durchmessern von ca. 8 - 60 mm. Üblicherweise werden die
Stäbe in erdgasbeheizten, temperaturgeregelten Hubbalkenöfen austenitisiert, das heißt
je nach Stahlzusammensetzung auf Temperaturen zwischen 820 und 860° C erwärmt. Dieser
Temperaturbereich ist gleichzeitig jener, in dem die Federn zunächst geformt und aus
dem heraus sie unmittelbar im Anschluß an die Formgebung in Öl abgeschreckt bzw. gehärtet
werden. Die Formgebung selbst geschieht auf Wickelmaschinen, bei denen das Stabmaterial
um eine Welle, den sogenannten Wickeldorn, gewickelt wird. Zur Steuerung der Steigung
der Windungen dient dabei häufig eine parallel zum Wickeldorn angeordnete Leitrolle,
die in ihrer Mantelfläche eine schraubenförmige Nut zur Führung des Federstabes aufweist.
[0004] Ein besonderes Vergüteverfahren, mit dem wesentliche Verbesserungen der mechanischen
Werkstoffeigenschaften erzielt werden können, ist weltweit unter der Abkürzung HTMB
bekannt geworden, was Hochtemperaturthermomechanische-Behandlung heißt. Es geht hierbei
um die -sinnvolle Kombination einer Wärmebehandlung mit einer Verformung des Werkstoffs,
wie sie z.B. Anwendung findet beim sogenannten kontrollierten Walzen von hochfesten,
schweißbaren Blechen.
[0005] Unter kontrolliertem Walzen wird eine Behandlung des Stahles verstanden, bei der
die Endwalztemperatur und der Endverformungsgrad so eingestellt werden, daß sie zu
einer Rekristallisation mit einem möglichst feinen Austenitkorn führen. An die Verformung
des stabilen Austenits schließt sich eine gezielte Abkühlung des Walzgutes mit Umwandlung
in der Perlit-,Zwischen-oder Martensitstufe an.
[0006] Die günstigen mechanischen Eigenschaften eines Stahles nach HTM - Behandlung resultieren
hauptsächlich aus der damit erzielten Kornverfeinerung, die ihren Ausdruck insbesondere
in deutlich verbessertem Zähigkeitsverhalten und gleichzeitig erhöhter Streckgrenze
des Werkstoffs findet. Im Vergleich zu einem in herkömmlicher Weise in der Martensitstufe
gehärteten und dann angelassenen Stahl lassen sich demnach bei einem HTM -behandelten,
ebenfalls in der Martensitstufe umgewandelten Stahl bei gleicher Zähigkeit deutlich
höhere Festigkeiten realisieren. HTM-behandelter Stahl weist außerdem extrem feine
und gleichmäßig verteilte Karbidausscheidungen auf. Er ist in hohem Maße Sprödbruchsicher
und besitzt eine oft vorteilhaft nutzbare Textur. Der erwähnte Zusammenhang zwischen
der Streckgrenze 6, eines Stahles und seiner Korngröße wird durch die bekannte und
experimentell oft bestätigte Hall-Petch-Gleichung

beschrieben. Darin bezeichnet 5, eine Reibungsspannung, die der Bewegung von Versetzugnen
in sehr großen Körnern entgegenwirkt, ky einen Korngrenzenwiderstand und d
kden mittleren Korndurchmesser. 6, ist also gemäß der Hall-Petch-Gleichung linear abhängig
von der reziproken Wurzel aus d
k.
[0007] Der Erfindung'liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren mit einer Vorrichtung zu
schaffen, mit dem bei warmgeformten Schraubenfedern eine wesentliche Verbesserung
der mechanischen Werkstoffeigenschaften erzielt werden kann.
[0008] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß dem Stab nach dem Erwärmen
und vor dem Wickeln in der stabilen Austenitphase durch Verdrehen um seine Längsachse
eine plastische Verformung bei Einhaltung seiner äußeren Gestalt aufgezwungen wird.
Auf diese Weise sind alle Bedingungen für eine optimale thermomechanische Behandlung
erfüllt, nämlich die Erwärmung des Stabmaterials auf Austenitisierungstemperatur,
die notwendige starke plastische Verformung des austenitisierten Stabes und die -
schnelle Abkühlung der gewickelten Feder im Ölbad zur Umwandlung des Gefüges in der
Martensitstufe.
[0009] Die Erfindung wird anhand der Zeichnung im folgenden näher beschrieben. Es zeigen:
Fig.1 einen geraden Stab während der Verdrehung;
Fig. 2 schematisch einen in einer Verdrehvorrichtung eingespannten Stab.
[0010] Die größte Verformung erfährt ein runder Federstab 12 gemäß Figur 1 während der Verdrehung
( Torsion) an seiner Oberfläche bzw. in seiner Randschicht, d.h. genau in jener Zone,
die einen entscheidenden Einfluß auf wichtige Eigenschaften der fertigen Feder, wie
z. B. die Schwingfestigkeit und den Relaxationswiderstand, hat. Der Grad der Verformung
an der Staboberfläche wird am treffensten durch die dort beim Verdrehen auftretende
Schiebung ( Randschiebung) y
R ausgedrückt. Wird dieses Verformungsmaß als feste Größe vorgegeben, so läßt sich
in Abhängigkeit von der Länge I und dem Durchmesser d eines betrachteten Stabes berechnen,
um wieviele Umdrehungen n ein Stabende relativ zum anderen verdreht werden muß. Figur
1 macht diesen Zusammenhang in Verbindung mit folgenden einfachen Formeln deutlich:

[0011] Versuche haben gezeigt, daß ein Wert von etwa 0,4 - 0,5 für yp. ausreicht, um im
austenitisierten Federstahlstab die gewünschte, möglichst spontane Rekristallisation
einzuleiten.
[0012] Soll z.B. bei einem Stab mit 12,5 mm Durchmesser und 2800 mm Länge, mit Abmessungen
also, wie sie bei gängigen PKW - Fahrgestellschraubenfedern anzutreffen sind, ein
y
R von 0,45 realisiert werden, so läßt sich berechnen, daß seine beiden Enden um 32
Umdrehungen gegeneinander verdreht werden müssen. P ist der Verdrehwinkel und n ist
die die Anzahl der Umdrehungen.
[0013] Die beschriebene Kornverfeinerung ist zwar der wichtigste aber nicht der einzige
Vorteil, den die Verdrehung der austenitisierten Federstäbe mit sich bringt. Sehr
positiv in bezug auf die Haltbarkeit der Federn wirkt sich diese Behandlung auch durch
die in den Stäben entstehende schraubenlinienförmige Ausrichtung der Körner ( Textur)
aus. Man kann hier von einem deutlich ausgesprägten Faserverlauf sprechen, der tendenzmäßig
dieselbe Richtung aufweist wie die Hauptzugspannungen, die im gekrümmten Draht ( Stab)
der fertigen Feder unter einer Betriebsbelastung entstehen.Voraussetzung dafür ist
allerdings, daß die Windungen der Feder unter der Betriebslast nicht andersherum tordiert
werden als der gerade Stab beim Verdrehvorgang. Ebenfalls außerordentlich nützlich
erweist sich die Verdrehbehandlung dahingehend, daß hierbei die auf den Stäben während
der Erwärmung durch Oxydation entstehende Glühhaut vollständig abplatzt. Werden die
Stäbe, wie bisher üblich, am Ende der Austenitisierungsphase nicht verdreht, so löst
sich die Glühhaut erst beim Wickeln, also bei der Formgebung der Federn. Erfahrungsgemäß
wird sie dabei teilweise unter Hinterlassung schädlicher Kerben in die Staboberflächen
eingewalzt.
[0014] Zu erwähnen ist auch noch, daß in den Federstäben durch die Verdrehbehandlung Eigenspannungen
entstehen, die, wie Versuche gezeigt haben, zu Rückfederungs-bzw. Rückdreheffekten
führen. Wird beispielsweise aus einem Federstab, der rechtsherum verdreht wurde, eine
Druckfeder mit Rechtssteigung geformt, dann weist diese als Folge der Rückfederung
im gehärteten Zustand wesentlich größere Windungsabstände auf, als vom Wickelwerkzeug
( der Leitrolle ) vorgegeben. Wird dagegen aus einem " rechtsverdrehten " Stab eine
Druckfeder mit Linkssteigung gewickelt, so ergeben sich Windungsabstände, die kleiner
sind als jene in der Leitrolle. Die Gesamtlänge bzw. Gesamthöhe der Feder fällt also
im ersten Beispielfall größer und im zweiten Fall kleiner als die vorgegebene aus.
Der Rückfederungseffekt der verdrehten Stäbe läßt sich in mancherlei Hinsicht vorteilhaft
ausnutzen. Unter anderem ist es damit erstmals möglich, warmgeformte Schraubendruckfedern
mit einer beträchtlichen inneren Vorspannung herzustellen.
[0015] Die Anwendung der elektrischen Widerstandserwärmung für das Austenitisieren der Federstäbe
warmgeformter Schraubenfedern bietet vor allem im Vergleich zur Ofenerwärmung mit
Erdgas enorme technische Vorteile, wie z.B. hohe Gleichmäßigkeit der Temperatur sowohl
über den Querschnitt als auch die Länge der Stäbe, kurze Aufheizzeiten, einen geringen
Zunderanfall, eine verminderte Gefahr von Entkohlungen und Korngrenzenoxydationen
sowie eine feinfühlige Regelbarkeit der Temperatur.
[0016] In Kombination mit der vorgesehenen Verdrehbehandlung der Federstäbe ist der Einsatz
der elektrischen Widerstandserwärmung völlig neu.
[0017] Die Verdrehvorrichtung gemäß Figur 2 besteht aus zwei Antriebseinheiten 10 mit Spannelementen
11 ( Greifklauen ) und ist gleichzeitig auch eine Erwärmungsvorrichtung. Der elektrische
Strom wird dem darin behandelten Stab 12 über die Spannelemente 11 zugeführt. Die
Antriebseinheiten 10 sind zwecks Anpas-" sung an unterschiedliche Stablängen auf Führungsschienen
13 verschiebbar angeordnet. Besonders vorteilhaft bei dieser Verbindung von Erwärmung
und Verformung ist die Möglichkeit, den Federstab 12 nach dem Verdrehen noch eine
gewisse kleine Zeitspanne bei konstanter Temperatur in der Vorrichtung zu belassen,
mit dem Ziel, bei der dann ablaufenden Rekristallisation des Werkstoffs ein optimal
feinkörniges Gefüge zu erhalten.
1. Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung einer Schraubenfeder aus einem Stab bzw.
Draht aus Federstahl mit konstantem Kreisquerschnitt durch Erwärmen des Stabes auf
Austenitisierungstemperatur, Wickeln des Stabes in der stabilen Austenitphase ( bei
Austenitisierungstemperatur), Härten der so geformten Feder durch Abschrecken in einem
geeigneten Medium, wie Öl oder Wasser, und Anlassen ( Tempern ) der gehärteten Feder,
dadurch gekennzeichnet, daß dem Stab nach dem Erwärmen und vor dem Wickeln in der
stabilen Austenitphase durch Verdrehen um seine Längsachse eine plastische Verformung
bei Einhaltung seiner äußeren Gestalt aufgezwungen wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die bei dem Verdrehen des
Stabes an seiner Mantelfläche ( Randschicht ) auftretende Schiebung yR zwischen 0,4 und 0,5 liegt.
3. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch
zwei den Stab ( 12 ) an seinen Enden erfassende und einspannende Greifvorrichtungen,
von denen mindestens eine Vorrichtung den Stab ( 12) um seine Längsachse verdrehende,
angetriebene Greifklauen ( 11 ) od. dgl. aufweist.
4. Vorrichtung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Greifvorrichtungen
an den Stabenden als einen elektrischen Strom zur Widerstandserwärmung in den Stab
( 12 ) einleitende Elektroden ausgebildet sind.