(19)
(11) EP 0 145 917 B1

(12) EUROPÄISCHE PATENTSCHRIFT

(45) Hinweis auf die Patenterteilung:
20.04.1988  Patentblatt  1988/16

(21) Anmeldenummer: 84113236.8

(22) Anmeldetag:  03.11.1984
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4D01F 6/18

(54)

Verfahren zur Herstellung von Polyacrylnitrilfasern erhöhter Dichte

Process for the preparation of high-density polyacrylonitrile fibres

Procédé de fabrication de fibres en polyacrylonitrile à haute densité


(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FR GB IT

(30) Priorität: 15.11.1983 DE 3341277

(43) Veröffentlichungstag der Anmeldung:
26.06.1985  Patentblatt  1985/26

(73) Patentinhaber: BAYER AG
51368 Leverkusen (DE)

(72) Erfinder:
  • Neukam, Theo, Dr.
    D-4047 Dormagen (DE)
  • Türck, Günter, Dr.
    D-4047 Dormagen (DE)
  • Reinehr, Ulrich, Dr.
    D-4047 Dormagen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
DE-A- 2 158 798
FR-A- 2 069 071
   
  • CHEMICAL ABSTRACTS, Band 69, Nr. 19, 4. November 1968, Seite 7348, Nr. 78386z, Columbus, Ohio, US; & JP - A - 68 00 552 (RAYON CO., LTD.) 10.01.1968
   
Anmerkung: Innerhalb von neun Monaten nach der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents kann jedermann beim Europäischen Patentamt gegen das erteilte europäischen Patent Einspruch einlegen. Der Einspruch ist schriftlich einzureichen und zu begründen. Er gilt erst als eingelegt, wenn die Einspruchsgebühr entrichtet worden ist. (Art. 99(1) Europäisches Patentübereinkommen).


Beschreibung


[0001] Acrylfasern, d.h. Fasern aus Acrylnitril-Homopolymerisaten oder Acrylnitril-Copolymerisaten mit mindestens 85 Gew.-% Acrylnitrileinheiten, haben üblicherweise eine Dichte von 1,17 bis 1,19g/cm3.

[0002] Es ist bekannt, die Dichte von Acrylfasern zu erhöhen («Stabilisierung»), um die Acrylfasern mit erhöhter Dichte in Kohlenstoff-Fasern überführen zu können. So wurde z.B. vorgeschlagen, (Indian Journal of Technology, Vol. 13, Juni 1975, Seiten 277-280), Polyacrylnitrilfilamente einige Minuten in verdünnter KMn04-Lösung zu kochen und anschliessend 2 bis 8 Stunden bei 150 bis 220°C zu oxidieren.

[0003] In der US-A-4 364 916 wird beschrieben, Polyacrylnitrilfasern dadurch zu stabiliseren, dass man die Fasern einer Hydroxylamin-Behandlung unterwirft, sie wäscht, um sie anschliessend durch ein heisses Bad einer Ammonium-, Calcium pder Magnesiumpermanganat-Lösung zu führen. Es folgt ein weiterer Waschschritt und danach die eigentliche Stabilisierung durch Erhitzen in sauerstoff haltiger Atmosphäre auf etwa 240 bis 310 °C. Diese Stabilisierung nimmt etwa 35 Minuten in Anspruch.

[0004] Nachteilig bei diesem Verfahren ist neben der langen Stabilisierungszeit die mehrstufige Prozessführung. Dazu kommt, dass Ammonium-Calcium- und Magnesiumpermanganat-Lösungen schwer zugänglich sind. Bei Verwendung von Kaliumpermanganat wird eine teilweise Zersetzung der Fasern beobachtet.

[0005] In der DE-A-2 158 798 werden Kohlenstoff-Fasern aus Polyacrylnitril-Fasern, deren Nitrilgruppen teilweise durch Zugabe von Hydroxylaminhydrochlorid und wasserfreiem Natriumcarbonat zu Amidoximgruppen modifiziert sind (Polyacrylamidoxime), nach einer Verstreckung von 1:12 bis 1:15 einer Thermobehandlung in Heisslufttrocknern in oxydierender Atmosphäre bei 200 bis 300 °C unterworfen und anschliessend bei 800 bis 3000 °C in einer nicht-oxydierenden Atmosphäre carbonisiert.

[0006] Aufgabe der im Anspruch 1 angegebenen Erfindung ist es daher, ein einfaches Verfahren zur Verfügung zu stellen, durch das eine Polyacrylnitrilfaser mit einer Dichte > 1,220 g/cm3 erzeugt werden kann.

[0007] Gegenstand der Erfindung ist daher ein Verfahren zur Herstellung von Polyacrylnitrilfäden mit einer Dichte >1,220 g/cm3 aus Polymeren mit mindestens 85 Gew.-% Acrylnitrileinheiten durch Trockenspinnen einer Spinnlösung, gegebenenfalls Waschen der ersponnenen Fäden und anschliessend Verstrecken und Erhitzen der Fäden, wobei man

a) der Spinnlösung Hydroxylamin oder ein Hydroxylaminsalz und ein Amin zusetzt,

b) die Verstreckung im Verhältnis 1:4 bis 1:12 durchführt und

c) das verstreckte Material mindestens 100 Sekunden auf heissen Kontaktflächen einer Kontakthitze von 150 bis 300 °C, vorzugsweise 160 bis 220 °C, aussetzt.



[0008] Eine Behandlung mit Oxidationsmitteln, wie Permanganat, ist nicht erforderlich.

[0009] Der Zusatz von Hydroxylamin zu Polyacrylnitril-Spinnlösungen ist aus DE-A-2 724 952 bekannt.-Die daraus ersponnenen Fäden werden nicht der erfindungsgemässen Hitzebehandlung unterworfen, ihre Dichte erreicht nicht den geforderten Mindestwert von 1,220 g/cm3, und der Hydroxylaminzusatz erfolgt nicht, um die Dichte zu erhöhen, sondern um die Fäden schwerer entflammbar zu machen.

[0010] Die Menge des erfindungsgemäss zuzusetzenden Hydroxylamins richtet sich nach dem Gehalt an Nitrilgruppen. Vorzugsweise wird Hydroxylamin in einer Menge von 0,1 bis 3 Mol-%, bezogen auf Nitrilgruppen, zugesetzt. Hydroxylamin kann entweder direkt oder in Form eines Hydroxylaminsalzes zugesetzt werden, wobei es im zweiten Fall erforderlich ist, das Hydroxylamin in der Spinnlösung durch den Zusatz eines Amins, beispielsweise durch Zusatz von Ethylendiamin, Triethylamin, Anilin, Morpholin, Pyridin, Piperidin, Dimethylapiperazin, Diethylentriamin oder Triethylentetramin freizusetzen. Nach dem Zusatz des Hydroxylamins soll die Spinnlösung vor dem Verspinnen wenigstens 10 Minuten auf einer Temperatur zwischen 50 und 150 °C gehalten werden. Geeignete Hydroxylaminsalze sind Hydroxylaminhydrochlorid und Hydroxylaminsulfat.

[0011] Die den Acrylfasern zugrunde liegenden Acrylnitril-Polymere mit mindestens 85 Gew.-% an Acrylnitrileinheiten sind dem Fachmann bekannt. Vorzugsweise werden Acrylnitril-Polymerisate mit mindestens 98 Gew.-% Acrylnitrileinheiten, insbesondere Acrylnitril-Homopolymerisate, verwendet, deren K-Werte (Cellulosechemie 13 (1932) 58) zwischen 60 und 120, vorzugsweise 80 und 110 , liegen. Die Polymerisate werden in üblicher Weise, d.h. aus etwa 25 bis 35 gew.- %igen Spinnlösungen in Dimethylformamid, Dimethylacetamid oder N-Methylpyrrolidon versponnen, verstreckt, gewaschen und präpariert.

[0012] Die Festigkeiten der erhaltenen Filamente liegen zwischen 4 und 8 cN/dtex, der Einzelfilamenttiter beträgt 0,5 bis 20 dtex. Die thermische Behandlung der Filamente erfolgt auf heissen Kontaktflächen, vorzugsweise auf Galetten, Kalandern oder Heizschienen, unter Spannungen von 0,1 bis 0,2 cN/dtex und ist nach spätestens 20 Minuten abgeschlossen. Vorzugsweise dauert die Kontakthitzebehandlung 2 bis 10 Minuten.

[0013] Die nach dem erfindungsgemässen Verfahren erhaltenen Filamente haben Festigkeiten von 1,5 bis 3,0 cN/dtex und sind dunkelbraun bis schwarz. Sie können zu Filter-, Dichtungs- und Verstärkungsmaterialien verarbeitet oder nach bekannten Methoden in Kohlenstoff-Fasern umgewandelt werden.

[0014] Die Dichtebestimmung erfolgt nach der Methode von H. de Vries, H.G. Weijland, Research Journ. 28, Nr. 2 (1958), Seiten 183-184.

Beispiel 1



[0015] In 37,5 kg Dimethylformamid wurden 12,25 kg eines Acrylnitrilhomopolymerisates vom K-Wert 90, 0,16 kg Hydroxylaminhydrochlorid und 0,13 kg Triethylendiamin (entsprechend 1 Mol-% bezogen auf Nitrilgruppen) bei Raumtemperatur eingetragen und bei 80 °C eine Stunde gerührt. Die so erhaltene Spinnlösung wurde trocken bei einer Schachttemperatur von 160 °C und einer Lufttemperatur von 280 °C versponnen. Bei einer Abzugsgeschwindigkeit von 200 m/min resultierte ein Spinneinzeltiter von 9,1 dtex. Das Spinnband wurde in Wasser bei 98 °C 7fach verstreckt, gewaschen, präpariert, unter Spannung bei 180 °C getrocknet und auf Spulen aufgenommen.

Faserdaten der Filamente:



[0016] 



[0017] Anschliessend wurden die Filamente unter einer Vorspannung von 0,1 cN/dtex über 13 heisse Galetten geleitet. Die Temperatur auf den Galetten 5 bis 8 200 °C und auf den Galetten 9 bis 13 220 °C. Das Ergebnis ist in nachstehender Tabelle aufgeführt.



[0018] Ein Vergleichsversuch, ausgeführt unter obigen analogen Bedingungen mit einer hydroxylaminfreien Polyacrylnitril-Homopolymerisat-Faser, führte in dem untersuchten Zeitraum zu keinem Dichteanstieg.

Beispiel 2



[0019] Analog Beispiel 1 wurde eine Spinnlösung hergestellt, versponnen und nachbehandelt. Der Zusatz an Hydroxylaminhydrochlorid und Triethylendiamin betrug jedoch 0,48 kg bzw. 0,39 kg entsprechend 3 Mol-% bezogen auf Nitrilgruppen.

Faserdaten der Filamente:



[0020] 



[0021] Die Filamente wurden unter einer Vorspannung von 0,2 cN/dtex über 13 heisse Galetten geleitet. Die Temperatur auf den Galetten 1 bis 4 betrug 170 °C, auf den Galetten 5 bis 8 190 °C und auf den Galetten 9 bis 13 210 °C.

[0022] Das Ergebnis zeigt nachstehende Tabelle.



[0023] Die erhöhte Hydroxylaminmenge führte im Vergleich zu Beispiel 1 zu einer weiteren Beschleunigung des Dichteanstiegs.


Ansprüche

1. Verfahren zur Herstellung von Polyacrylnitrilfäden mit einer Dichte > 1,220 g/cm3 aus Polymeren mit mindestens 85 Gew.-% Acrylnitrileinheiten durch Trockenspinnen einer Spinnlösung, gegebenenfalls Waschen der ersponnen Fäden und anschliessend Verstrecken und Erhitzen der Fäden, wobei man

a) der Spinnlösung Hydroxylamin oder ein Hydroxylaminsalz und ein Amin zusetzt

b) die Verstreckung im Verhältnis 1:4 bis 1:12 durchführt und

c) das verstreckte Material mindestens 100 Sekunden auf heissen Kontaktflächen einer Kontakthitze von 150 bis 300 °C, vorzugsweise 160 bis 220 °C aussetzt.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Menge an Hydroxylamin 0,1 bis 3 Mol-%, bezogen auf Nitrilgruppen, beträgt.
 
3. Verfahren nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Hydroxylamin als Hydroxylaminhydrochlorid oder Hydroxylaminsulfat zugesetzt wird.
 
4. Verfahren nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Amin Ethylendiamin, Triethylamin, Anilin, Morpholin, Pyridin, Piperidin, Dimethylpiperazin, Diethylentriamin oder Triethylentetramin ist.
 
5. Verfahren nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Kontakthitzebehandlung 2 bis 10 Minuten beträgt und die Filamente dabei unter Fadenspannung von 0,1 bis 0,2 cN/dtex gehalten werden.
 
6. Verfahren nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Spinnlösung nach dem Zusatz des Hydroxylamins wenigstens 10 Minuten auf einer Temperatur zwischen 50 und 150 °C gehalten wird.
 


Revendications

1. Procédé de préparation de filaments de poly- acrylonitrile à une densité supérieure ou égale à 1,220 g/CM3 _à partir de polymères contenant au moins 85% en poids de motifs d'acrylonitrile par filage à sec d'une solution de filage, le cas échéant lavage des filaments puis étirage et chauffage des filaments, dans lequel

a) on ajoute de l'hydroxylamine ou un sel d'hydroxylamine et une amine à la solution de filage,

b) on étire dans un rapport de 1:4 à 1:12 et

c) on expose la matière étirée pendant au moins 100 s, sur des surfaces de contact chaudes, à une chaleur de contact de 150 à 300 °C, de préférence de 160 à 220 °C.


 
2. Procédé selon la revendication 1, caractérisé en ce que la quantité d'hydroxylamine est de 0,1 à 3 moles % par rapport aux groupes nitrile.
 
3. Procédé selon au moins une des revendications qui précèdent, caractérisé en ce que l'hydroxylamine est ajoutée à l'état de chlorhydrate d'hydroxylamine ou de sulfate d'hydroxylamine.
 
4. Procédé selon au moins une des revendications qui précèdent, caractérisé en ce que l'amine est l'éthylène-diamine, la triéthylamine, l'aniline, la morpholine, la pyridine, la pipéridine, la di- méthylpipérazine, la diéthylène-triamine ou la tri- éthylène-tétramine.
 
5. Procédé selon au moins une des revendications qui précèdent, caractérisé en ce que la durée du traitement à la chaleur de contact est de 2 à 10 min durant lesquelles les filaments sont maintenus sous une tension de 0,1 à 0,2 cN/dtex.
 
6. Procédé selon au moins une des revendications qui précèdent, caractérisé en ce que, après l'addition de l'hydroxylamine, la solution de filage est maintenue pendant au moins 10 min à une température de 50 à 150 °C.
 


Claims

1. A process for the production of polyacrylonitrile filaments having a density >1.220 g/cm3 from polymers containing at least 85% by weight of acrylonitrile units by dry spinning a spinning solution, optionally washing the spun filaments and subsequently drawing and heating the filaments, wherein
 

a) hydroxylamine or a hydroxylamine salt and an amine are added to the spinning solution

b) drawing is carried out in a ratio of 1:4 to 1:12, and

c) the drawn material is exposed to a contact heat of from 150 to 300 °C, preferably from 160 to 220 °C, for at least 100 seconds on hot contact surfaces.


 
2. A process according to Claim 1, characterised in that the quantity of hydroxylamine is from 0.1 to 3 mol %, based on nitrile groups.
 
3. A process according to at least one of the preceding Claims, characterised in that the hydroxylamine is added as hydroxylamine hydrochloride or hydroxylamine sulphate.
 
4. A process according to at least one of the preceding Claims, characterised in that the amine is ethylene diamine, triethylamine, aniline, morpholine, pyridine, piperidine, dimethylpiperazine, diethylene triamine or triethylene tetramine.
 
5. A process according to at least one of the preceding Claims, characterised in that the contact heat treatment lasts for 2 to 10 minutes and the filaments are maintained at filament tensions of 0.1 to 0.2 cN/dtex.
 
6. A process according to at least one of the preceding Claims, characterised in that the spinning solution is maintained at a temperature of between 50 and 150 °C for at least 10 minutes after addition of the hydroxylamine.