[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von N,N-Diethyl-N'-aryl-N'-(dichlorfluormethylthio)-sulfamiden
als Mikrobizide zum Schutz technischer Materialien.
[0002] Aus der DE-AS 1 193 498 sind Dichlorfluormethylthio-Verbindungen und ihre Verwendung
im Pflanzenschutz bekannt. N,N-Dimethyl-N'-phenyl-N'-(dichlorfluormethylthio)-sulfamid
wird als Fungizid in Pflanzenschutzmitteln beschrieben.
[0003] Die Verwendung von N-(Trihalogenmethyl- thio)-Verbindungen zum Schutz technischer
Materialien gegen mikrobiellen Abbau ist bekannt [US 2 553 770; Journ. Agr. Food Chem.
14, 365 (1966); Fette, Seifen, Anstrichmittel 68, 272 (1966)]. Durch ihre geringe
Löslichkeit bedingt, ist ihre technische Anwendung jedoch unbefriedigend.
[0004] Die Wirkung von N,N-Dimethyl-N'-phenyl-N'-(dichlorfluormethylthio)-sulfamid als mikrobizider
Wirkstoff in Anstrichen und Kunststoffüberzügen wird in der DE-AS 1 238 139 beschrieben.
Ebenso ist die Wirkung dieses Stoffes gegen holzschädigende Pilze aus «Holz als Roh-
und Werkstoff 35, (1977) 233-237» bekannt. Insbesondere zum Schutz technischer Materialien
ist dieser Wirkstoff jedoch unzureichend. Er löst sich beispielsweise in den für Holzschutzmittel
üblichen Formulierungsmitteln sehr schlecht, so dass grosse Formulierungsmittelmengen
erforderlich sind, um die erforderliche Menge an Wirkstoff auf und/oder in das Holz
zu bringen.
[0005] Es wurde nun gefunden, dass N,N-Diethyl-N'- aryl-N'-(dichlorfluormethylthio)-sulfamide
der Formel
[0006]
in der
Rl und R2 gleich oder verschieden sind und Wasserstoff, Niederalkyl oder Halogen bedeuten,
eine gegenüber den bekannten Mikrobiziden, z.B. dem N,N-Dimethyl-N'-phenyl-N'-(dichlorfluorme-
thylthio)-sulfamid, wesentlich verbesserte mikrobizide Wirksamkeit und eine gute Löslichkeit
in Anstrich- und Imprägnierungsmitteln aufweisen.
In Formel 1 bedeutet Niederalkyl im allgemeinen einen geradkettigen oder verzweigten
Kohlenwasserstoffrest mit 1 bis etwa 6 Kohlenstoffatomen. Im einzelnen seien genannt:
Methyl, Ethyl, Propyl, Isopropyl, Butyl, Isobutyl, Pentyl, Isopentyl, Hexyl und Isohexyl.
Bevorzugte Niederalkylreste sind der Methyl- und der Ethylrest.
[0007] Halogen bedeutet erfindungsgemäss Fluor, Chlor, Brom und Jod, bevorzugt Chlor.
[0008] Bevorzugt werden N,N-Diethyl-N'-aryl-N'-(di- chlorfluormethylthio)-sulfamide der
Formel
verwendet, in der
R3 Wasserstoff, Methyl oder Ethyl bedeutet.
[0009] Als Beispiele für die erfindungsgemäss zu verwendenden N,N-Diethyl-N'-aryl-N'-(dichlorfluormethyl-
thio)-sulfamide seien genannt: N,N-Diethyl-N'-phenyl-N' -(dichlorfluormethylthio)-sulfamid,
N,N-Diethyl-N' -(p-tolyl)-N' -(dichlorfluormethylthio)-sulf- amid, N,N-Diethyl-N'-(p-chlor-phenyl)-N'-(dichlor-
fluormethylthio)-sulfamid.
[0010] Die erfindungsgemäss zu verwendenden N,N-Diethyl-N' -aryl-N' -(dichlorfluormethylthio)-sulfamide
sind nach bekannten Verfahren, z.B. durch Umsetzung von N,N-Diethyl-N' -arylsulfamiden
mit Dichlorfluormethansulfenylchlorid in Gegenwart eines säurebindenden Mittels erhältlich.
[0011] Die N,N-Diethyl-N'-arylsulfamide können ihrerseits in an sich bekannter Weise aus
N,N-Diethyl- sulfamidsäurechlorid und dem entsprechenden Anilin in Gegenwart eines
säurebindenden Mittels hergestellt werden.
[0012] Technische Materialien sind erfindungsgemäss nicht lebende Materialien, die für die
Verwendung in der Technik zubereitet worden sind. Beispielsweise können technische
Materialien, die durch erfindungsgemässe Wirkstoffe vor mikrobieller Veränderung oder
Zerstörung geschützt werden sollen, Klebstoffe, Leime, Papier und Karton, Textilien,
Leder, Holz, Anstrichmittel und Kunststoffartikel, Kühlschmierstoffe und andere Materialien
sein, die von Mikroorganismen befallen oder zersetzt werden können. Im Rahmen der
zu schützenden Materialien seien auch Teile von Produktionsanlagen, beispielsweise
Kühlwasserkreisläufe, genannt, die durch Vermehrung von Mikroorganismen beeinträchtigt
werden können. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung seien als technische Materialien
vorzugsweise Klebstoffe, Leime, Papiere und Kartone, Leder, Holz, Anstrichmittel,
Kühlschmiermittel und Kühlkreisläufe genannt. Im besonderen sei der Schutz von Vorrichtungen
und/oder Gerätschaften aus Holz genannt.
[0013] Als Mikroorganismen, die einen Abbau oder eine Veränderung der technischen Materialien
bewirken können, seien beispielsweise Bakterien, Pilze, Hefen, Algen und Schleimorganismen
genannt. Vorzugsweise wirken die erfindungsgemässen Wirkstoffe gegen Pilze, insbesondere
Schimmelpilze, holzverfärbende und holzzerstörende Pilze (Basidiomyceten), sowie gegen
Schleimorganismen und Algen.
[0014] Es seien beispielsweise Mikroorganismen der folgenden Gattungen genannt:
Alternaria, wie Alternaria tenuis,
Aspergillus, wie Aspergillus niger,
Chaetomium, wie Chaetomium globosum,
Coniophora, wie Coniophora puteana,
Lentinus, wie Lentinus tigrinus,
Penicillium, wie Penicillium glaucum,
Coriolus, wie Coriolus versicolor,
Aureobasidium, wie Aureobasidium pullulans,
Scierophoma, wie Sclerophoma pityophila,
Trichoderma, wie Trichoderma viride,
Escherichia, wie Escherichia coli,
Pseudomonas, wie Pseudomonas aeruginosa,
Staphylococcus, wie Staphylococcus aureus.
[0015] Je nach Anwendungsgebiet kann ein erfindungsgemässer Wirkstoff in die üblichen Formulierungen
überführt werden, wie Lösungen, Emulsionen, Suspensionen, Pulver, Pasten und Granulate.
[0016] Diese können in an sich bekannter Weise hergestellt werden, z.B. durch Vermischen
der Wirkstoffe mit einem Streckmittel, das aus flüssigem Lösungsmittel und/oder festen
Trägerstoffen besteht, gegebenenfalls unter Verwendung von oberflächenaktiven Mitteln,
wie Emulgatoren und/oder Dispergiermitteln, wobei gegebenenfalls im Falle der Benutzung
von Wasser als Streckmittel organische Lösungsmittel wie Alkohole als Hilfsmittel
verwendet werden können.
[0017] Flüssige Lösungsmittel für die Wirkstoffe können beispielsweise Wasser, Alkohole,
wie niedere aliphatische Alkohole, vorzugsweise Ethanol oder Isopropanol, oder Benzylalkohol,
Ketone, wie Aceton oder Methylethylketon, flüssige Kohlenwasserstoffe, wie Benzinfraktionen,
halogenierte Kohlenwasserstoffe, wie 1,2-Dichlorethan, sein.
[0018] Mikrobizide Mittel enthalten die Wirkstoffe im allgemeinen in einer Menge von 1 bis
95%, bevorzugt von 10 bis 75%.
[0019] Die Anwendungskonzentrationen der erfindungsgemäss zu verwendenden Sulfamide richtet
sich nach der Art und dem Vorkommen der zu bekämpfenden Mikroorganismen, sowie nach
der Zusammensetzung des zu schützenden Materials. Die optimale Einsatzmenge kann durch
Testreihen ermittelt werden. Im allgemeinen liegen die Anwendungskonzentrationen im
Bereich von 0,001 bis 5 Gew.-%, vorzugsweise von 0,05 bis 1,0 Gew.-%, bezogen auf
das zu schützende Material.
[0020] Die erfindungsgemäss zu verwendenden Sulfamide können auch in Mischung mit anderen
bekannten Wirkstoffen vorliegen. Beispielsweise seien die folgenden Wirkstoffe genannt:
Benzylalkoholmono-(poly)hemiformal und andere Formaldehyd abspaltende Verbindungen,
Benzimidazolyl-methylcarbamate, Tetramethylthiuramdisulfid, Zinksalze von Dialkyldithiocarbamaten,
2,4,5,6-Tetrachlorisophthalonitril, Thiazolylbenzimidazol, Mercaptobenzthiazol, Organo-Zinnverbindungen,
Methylenbisthiocyanat, Phenolderivate, wie 2-Phenylphenol, (2,2'-Dihydroxy-5,5'-dichlor)diphenylmethan
und 3-methyl-4-chlor-phenol.
Herstellungsbeispiele
Beispiel 1
[0021]
45,6 g (0,2 Mol) N,N-Diethyl-N'-phenyl-sulfamid und 33,8 g (0,2 Mol) Dichlorfluormethansulfenylchlorid
werden in 200 ml Toluol gelöst und unter Wasserkühlung bei Raumtemperatur mit 22 g
(0,22 Mol) Triethylamin versetzt. Hierbei steigt die Temperatur bis ca. 35°C an. Man
schüttelt die Toluollösung mit Wasser aus, trocknet und verdampft das Lösungsmittel
im Vakuum. Das zurückbleibende Öl (63 g) wird in Methanol gelöst. Auf Zusatz von wenig
Wasser tritt Kristallisation ein. Schmp.: 60 bis 61 °C, Ausbeute 37 g = 51 % der Theorie.
Herstellung des Vorproduktes
[0022]
55,7 g (0,6 Mol) Anilin werden in 200 ml Wasser suspendiert. Unter Rühren tropft man
bei 40 bis 50°C 51,2 g (0,3 Mol) N,N-Diethyl-sulfamidsäu- rechlorid zu, rührt etwa
1/2 Stunde lang bei dieser Temperatur, nimmt das ölige Reaktionsprodukt in Diethylether
auf und wäscht mit wässriger Salzsäure. Nach dem Trocknen und Verdampfen des Lösungsmittels
bleiben 40 g eines Öls zurück. Destillation Sdp.
10: 200 bis 205°C, Ausbeute 33 g = 48% der Theorie.
Beispiel 2
[0023] In analoger Weise wie in Beispiel 1 erhält man die Verbindung
Schmp.: 59 bis 60°C.
Anwendungsbeispiele
Beispiel 3
[0024] Zum Nachweis der Wirksamkeit gegen Pilze werden die Minimalen Hemm-Konzentrationen
(MHK) von erfindungsgemässen Wirkstoffen bestimmt:
[0025] Ein Agar, der aus Bierwürze und Pepton hergestellt wird, wird mit erfindungsgemässen
Wirkstoffen in Konzentrationen von 0,1 mg/1 bis 5000 mg/I versetzt. Nach Erstarren
des Agars erfolgt Kontamination mit Reinkulturen der in der Tabelle aufgeführten Testorganismen.
Nach 2wöchiger Lagerung bei 28°C und 60 bis 70% relativer Luftfeuchtigkeit wird die
MHK bestimmt. MHK ist die niedrigste Konzentration an Wirkstoff, bei der keinerlei
Bewuchs durch die verwendete Mikrobenart erfolgt; sie ist in der nachstehenden Tabelle
angegeben.
Beispiel 4 (Wirkung gegen Schleimorganismen)
[0026] Die erfindungsgemässen Wirkstoffe nach den Beispielen 1 und 2 werden in Konzentrationen
von jeweils 0,1 bis 100 mg/I in Alle's Nährlösung ([Arch. Mikrobiol. 17, 34 bis 53
(1952)], die in 4 Liter sterilem Wasser, 0,2 g Ammoniumchlorid, 4,0 g Natriumnitrat,
1,0 g Dikaliumhydrogenphosphat, 0,2 g Calciumchlorid, 2,05 g Magnesiumsulfat, 0,02
g Eisenchlorid und 1 % Caprolactam enthält, in wenig Aceton gelöst, zur Anwendung
gebracht. Kurz vorher wird die Nährlösung mit Schleimorganismen (ca. 10
6 Keime/ml), die aus bei der Polyamid-Herstellung verwendeten Spinnwasser-Kreisläufen
isoliert wurden, infiziert. Nährlösungen, die die minimale Hemmkonzentration (MHK)
oder grössere Wirkstoffkonzentrationen aufweisen, sind nach 3wöchiger Kultur bei Raumtemperatur
noch völlig klar, d.h. die in wirkstofffreien Nährlösungen nach 3 bis 4 Tagen bemerkbare
starke Vermehrung der Mikroben und Schleimbildung unterbleibt.
[0027] Für die Wirkstoffe nach den Beispielen 1 und 2 werden auf diese Weise MHK's von 2
bis 5 mg/I ermittelt.
Beispiel 5
[0028] Bestimmung der toxischen Grenzwerte (kg/m
3 Holz) der Wirkstoffe gemäss Beispiel 1 und 2 für Coniophora puteana bzw. Coriolus
versicolor auf Kiefern- bzw. Buchenholz.
[0029] Die Bestimmung der toxischen Grenzwerte erfolgt in Anlehnung an die von H.P. Sutter,
Int. Biodeterioration Bulletin 14 (3), 1978, Seiten 95 bis 99, beschriebenen Methode.
[0030] Für die Tests werden jeweils frisch geschnittene dünne Stirnholzscheibchen (Grösse
40 x 40 mm, Dicke etwa 2 mm) im Vakuum mit Lösungen unterschiedlich definierter Wirkstoffkonzentration
getränkt. Die Menge des absorbierten Wirkstoffs in kg/m
3 Holz wird aus der Retention der Lösung (durch Einzelwägung der Holzproben vor und
nach der Imprägnierung bestimmt), der Holzdichte und der Konzentration des Wirkstoffs
in der verwendeten Imprägnierlösung errechnet.
[0031] Je 5 der 15 getrockneten Prüflinge einer Wirkstoffkonzentration werden dem Pilzangriff
ohne Belastung ausgesetzt, 5 weitere Proben werden vorher im Windkanal (Windgeschwindigkeit:
1 ± 0,1 m/sec; Temp.: 40 ± 2°C) 4 Wochen lang belastet, 5 andere Prüflinge werden
einer Wässerung in Anlehnung an DIN EN 84 unterzogen (14 Tage Lagerung in dest. Wasser
bei 20°C, 9maliger Wasserwechsel).
[0032] Für den mykologischen Test werden die Prüflinge nach Sterilisieren mit Propylenoxid
einzeln auf das voll entwickelte Pilzmycel des Prüfpilzes auf Malzextraktagarin Petrischalen
aufgelegt, durch Distanzhalter beträgt der Abstand zwischen Agaroberfläche und Probe
ca. 5 mm. Nach 6wöchiger Lagerung bei 21-23°C wird der Zerstörungsgrad der Prüfling
visuell beurteilt.
[0033] Als Grenzwerte der toxischen Wirkung werden die beiden Konzentrationen des Wirkstoffs
in kg/m
3 Holz ermittelt, bei denen das Holz gerade noch und nicht mehr angegriffen wird.
[0034] In der folgenden Tabelle sind die Mittelwerte der Toxizitätsgrenzwerte für die erfindungsgemässen
Substanzen gemäss Beispiel 1 und 2 sowie für den bekannten Wirkstoff Dichlofluanid
für zwei Prüfpilze und zwei verschiedene Holzarten angegeben. Mittlere Toxizitätsgrenzen
(kg/m
3 Holz) von Wirkstoffen gemäss Beispiel 1 und 2 für holzzerstörende Pilze.
Beispiel 6
[0035] Löslichkeiten erfindungsgemässer Wirkstoffe nach Beispiel 1 und 2 im Vergleich zum
handelsüblichen Dichlofluanid in organischen Lösungsmitteln für Holzschutzmittel
(Testbenzin und Shellsol AB sind handelsübliche niedrigsiedende Kohlenwasserstoffe).