(19)
(11) EP 0 264 357 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
20.04.1988  Patentblatt  1988/16

(21) Anmeldenummer: 87890201.4

(22) Anmeldetag:  02.09.1987
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C22C 38/50, C22C 19/05, C21D 8/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE FR GB IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 08.09.1986 AT 2399/86

(71) Anmelder: BÖHLER Gesellschaft m.b.H.
A-1010 Wien (AT)

(72) Erfinder:
  • Aigner, Herbert, Dipl.-Ing.
    A-2630 Buchbach (AT)
  • Degischer, Hans-Peter, Dr.
    A-2454 Trautmannsdorf/L (AT)
  • Danzer, Robert, Dr.
    A-8010 Graz (AT)
  • Mitter, Werner, Dr.
    A-8793 Trofaiach (AT)

(74) Vertreter: Wildhack, Helmut, Dipl.-Ing. Dr. et al
Patentanwälte Dipl.-Ing. Leo Brauneiss Dipl.-Ing. Dr. Helmut Wildhack Dipl.-Ing. Dr.Gerhard Jellinek Landstrasser Hauptstrasse 50 Postfach 281
1031 Wien
1031 Wien (AT)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Hochwarmfeste, austenitische Legierung und Verfahren zu ihrer Herstellung


    (57) Hochwarmfeste auf schmelzmetallurgischem Wege erhaltene, im wesentlichen austenitische Legierungen bzw. Vormate­rial, Halbzeug, Werkstücke, Bauteile oder dgl. aus diesen Legierungen, die für den Einsatz bei erhöhten Tempera­turen, insbesondere im Bereich von über 550°C vorgesehen sind, mit mindestens 15 Gew.% Chrom, mindestens 25 Gew.% Nickel und/oder Kobalt, bis zu 18 Gew.% Molybdän, bis zu 0,15 Gew.% Kohlenstoff und/oder Stickstoff, sowie karbid- und nitridbildende Elemente und höchstens 60 Gew.% Eisen, wobei in der austenitischen Matrix der Legierung zumin­dest in den beim Einsatz für erhöhte mechanische Bean­spruchung vorgesehenen Volumsbereichen der Werkstücke bzw. Bauteile intrakristallin sekundär ausgeschiedene Partikel von Karbiden und/oder Nitriden und/oder Karbo­nitriden mit einem Einzelteilchenvolumen von 10³ bis 10⁶ nm³ in homogener Verteilung in einer Dichte von höher als 10¹¹ Teilchen/mm³ und gegenüber den Werten nach einer Lösungsglühbehandlung bei oberhalb der homo­logen Temperatur von 0,5 der Legierung liegender Tempera­tur, insbesondere bei 800°C, zumindest 2-fache, insbe­sondere zumindest 4-fache Werte der Standzeit bis zum Bruch bei Spannungen bis 150 N/mm², sowie zumindest 3-fache, insbesondere 5-fache Werte der Standzeit bis zum Erreichen der 1 %-Kriechdehnung bei Spannungen bis 150 N/mm² jeweils bei Prüfung nach DIN 50118 sowie erhöhte Werte der Zugfestigkeit, insbesondere zumindest 20 % er­höhte Werte der 0,2 %-Dehngrenze, bei zumindest gleich­bleibender Duktilität der Legierung.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft hochwarmfeste auf schmelzmetallur­gischem Wege erhaltene, im wesentlichen austenitische Le­gierungen bzw. Vormaterial, Halbzeug, Werkstücke oder Bauteile aus diesen Legierungen, die für den Einsatz bei erhöhten Temperaturen, insbesondere im Bereich von über 550°C vorgesehen sind, mit mindestens 15 Gew.% Chrom, mindestens 25 Gew.% Nickel und/oder Kobalt, bis zu 18 Gew.% Molybdän, bis zu 0,15 Gew.% Kohlenstoff und/oder Stickstoff sowie karbid- und nitridbildenden Elementen und höchstens 60 Gew.% Eisen, sowie Verfahren zu deren Herstellung.

    [0002] Legierungen dieser Art sind insbesondere für Bauteile in Anlagen mit hohen Dauerbetriebstemperaturen geeignet. Sie sollen bei diesen, gegebenenfalls auch wechselnden, hohen Temperaturen ihre Festigkeit und Maßhaltigkeit sowie wei­ters Korrosionsbeständigkeit über möglichst lange Ein­satz-Zeiträume beibehalten und finden insbesondere für Rohrleitungen, Druckbehälter, Reaktoren, Wärmetauscher, Motoren, Turbinen, Armaturen und dgl. Einsatz, vor allem in der Chemie- und Erdölindustrie, sowie bei der Energie­erzeugung und bei Fahr- und Flugzeugantrieben. Es bestand seit jeher das Bestreben, die Fortschritte bei den Er­kenntnissen über das Langzeitkriechverhalten metallischer Werkstoffe bei erhöhten Temperaturen für den praktischen Einsatz zu nutzen und bekannte, Warmfestigkeit aufweisen­de Werkstoffe in Richtung auf erhöhte Standzeit, Festig­keit und Kriechresistenz weiter zu verbessern bzw. sie für den Einsatz bei noch höheren Temperaturen geeignet zu machen. Derartige Eigenschaftsverbesserungen können z.B. mit einer gezielten Modifizierung der Legierungsbestand­teile und deren Mengenverhältnisse oder durch gezielte Änderungen der Struktur oder Substruktur von Korn und Matrix erhalten werden. Werkstücke und Bauteile, welche die eingangs global mit ihrem Basiskomponenten angegebe­nen Legierungen aufweisen, zu denen eine Anzahl von be­kannten und handelsüblichen hochwarmfesten Legierungen zu rechenen ist, können im für den Einsatz vorgesehenen Er­zeugungszustand, üblicherweise nach einem jeweils auf ihren Grundcharakter abgestellten Lösungsglühen und ge­steuerter Abkühlung, oft durchaus wirtschaftlich vertret­bare Standzeiten bei den entsprechenden Temperaturen auf­weisen. Die Betriebsdauer der Anlagen und/oder die Höhe der Betriebstemperatur werden jedoch durch das Zeit-Dehn-­Verhalten der Legierungen begrenzt.

    [0003] Durch eine Erhöhung der Werkstoffestigkeit bei hohen Tem­peraturen könnten Werkstücke und Anlagenteile mit gerin­geren Materialstärken, z.B. Wandstärken ausgeführt wer­den, womit Kosten eingespart werden können. Bei Gleich­halten der Materialstärken kann durch die Erhöhung der Standzeiten oder durch die Erhöhung der Betriebstempera­tur ebenfalls ein wirtschaftlicher Vorteil erzielt wer­den, und schließlich ist auch die Erhöhung der Sicherheit der Anlagen ein wesentlicher Faktor.

    [0004] Es ist an sich bekannt, daß bei unter mechanischer Bela­stung erfolgenden Kriechvorgängen im metallischen Werk­stoff im Korn und an den Korngrenzen Gleitvorgänge auf­treten und daß solche Gleitvorgänge durch eingelagerte Partikel behindert werden. Z.B. können durch gezieltes Zulegieren von Stickstoff feine Teilchen im warmfesten Werkstoff ausgeschieden werden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Werkstoff über längere Zeit höherer Temperatur auszusetzen, ihn rasch abzukühlen bzw. abzu­schrecken und danach bei erhöhter Temperatur auszulagern. Nachteile beim Zulegieren des Stickstoffes sind die hie­bei auftretenden schmelzmetallurgischen Probleme und Pro­bleme bei der Verformung, während beim Abschrecken und Auslagern nachteilige Grobkornbildungen und damit Ver­schlechterung der Eigenschaften des Werkstoffes auftre­ten.

    [0005] Die Erfindung hat sich die Aufgabe gestellt, für das be­schriebene breite Einsatzgebiet hochwarmfeste Legierungen im Rahmen der eingangs genannten Kriterien, der Zusammen­setzung, der hohe Warmfestigkeit aufweisende Werkstoffe mit im Vergleich mit bisher wesentlich verbesserten Lang­zeiteigenschaften, wie Standzeit und insbesondere wesent­lich geringere Kriechrate bzw. erniedrigter Langzeit-­Dehnung bei den höheren Standzeiten ohne eine nachteili­ge Beeinflussung deren Herstellbarkeit und/oder der übri­gen Eigenschaften zu schaffen.

    [0006] Gegenstand der Erfindung sind somit hochwarmfeste auf schmelzmetallurgischem Wege erhaltene, im wesentlichen austenitische Legierungen bzw. Vormaterial, Halbzeug, Werkstücke oder Bauteile aus diesen Legierungen, die für den Einsatz bei höheren Temperaturen, insbesondere im Be­reich von über 550°C vorgesehen sind, mit mindestens 15 Gew.% Chrom, mindestens 25 Gew.% Nickel und/oder Kobalt, bis zu 18 Gew.% Molybdän und/oder bis zu 10 Gew.% Wolf­ram, bis zu 0,15 Gew.% Kohlenstoff und/oder Stickstoff, sowie karbid- und nitridbildenden Elementen und höchstens 60 Gew.% Eisen, die dadurch gekennzeichnet sind, daß in der austenitischen Matrix der Legierung zumindest in den beim Einsatz für erhöhte mechanische Beanspruchung vorge­sehenen Volumsbereichen der Werkstücke bzw. Bauteile intrakristallin sekundär ausgeschiedene Partikel von Kar­biden und/oder Nitriden und/oder Karbonitriden mit einem Einzelteilchenvolumen von 10³ bis 10⁶ nm³ in homo­gener Verteilung in einer Dichte von höher als 10¹¹ Teilchen/mm³ vorliegen und daß gegenüber den entspre­chenden Werten im Zustand nach einer Lösungsglühbehand­lung die Legierungen bei oberhalb der homologen Tempera­tur von 0,5 der Legierung liegender Temperatur, insbe­sondere bei 800°C, zumindest zweifache, insbesondere zu­mindest vierfache Werte der Standzeit bis zum Bruch bei Prüfspannungen bis 150 N/mm² sowie zumindest dreifache, insbesondere zumindest fünffache Werte der Standzeit bis zum Erreichen der 1 %-Kriechdehnung bei Prüfspannungen bis 150 N/mm², jeweils bei Prüfung nach DIN 50118, so­wie erhöhte Werte der Zugfestigkeit, insbesondere um zu­mindest 20 % erhöhte Werte der 0,2 %-Dehngrenze, bei zu­mindest gleichbleibender Duktilität aufweisen.

    [0007] Die erfindungsgemäßen Werkstoffe bzw. aus diesen gefer­tigte Bauteile weisen, wie sich überraschend zeigte, eine weit über die bei üblicher Fertigung und Ausscheidung von Teilchen in der Matrix zu erwartende Zunahme der Zeit­standfestigkeit hinausgehende erhöhte Standzeit und ins­besondere ganz wesentlich verbesserte Kriechfestigkeit auf. Es konnten teilweise sogar über dem Zehnfachen der bisher im Lösungsglüh-Zustand erreichten Standzeiten der Legierungen beobachtet werden. Durch das Einstellen der feindispersen Partikel-Ausscheidungen mit Dichten von 10¹¹ - 10¹²/mm³ tritt - wie sich unerwartet zeigte - ein überproportionaler Effekt der Kombination Teil­chen-Größe und - Verteilung auf die intrakristallinen Kriechvorgänge bei den hohen Temperaturen ein, wobei sich überraschend bei der Erhöhung der Zugfestigkeit die Duk­tilität der Legierung nicht verschlechtert. Besonders überraschend war weiters, daß Werkstücke aus den neuen Legierungen bzw. Werkstoffe auch gegen lokale Erhitzung praktisch unempfindlich sind und auch für Bauteile und Werkstücke, welche beim Zusammenbau bzw. Einbau, einem Schweißvorgang, der an sich zwingend eine wesentliche Änderung der Gefügestruktur erwarten läßt, unterworfen werden müssen. Einsatz finden können. In der Nähe der Schweißnähte im die erfindungsgemäße Legierung aufwei­senden Werkstück tritt praktisch keine Verminderung der Festigkeit und keine Verringerung der Zeit-Dehn-Grenze auf, lediglich die Duktilität der Legierung wird gering­fügig vermindert.

    [0008] Bevorzugt ist es, wenn die mit der erfindungsgemäßen Le­gierung gebildeten Werkstücke oder Bauteile über ihr ge­samtes Volumen die oben genannte Struktur und Langzeit­eigenschaften aufweisen, wie das z.B. bei Rohren, Reak­toren und Behältern, die bei hohen Temperaturen im Ein­satz sind, von Vorteil ist.

    [0009] Bei z.B. rotierenden und/oder unterschiedliche Quer­schnitte aufweisenden Bauteilen können im Betrieb bei hohen Temperaturen unterschiedliche Materialspannungen auftreten. Bei solchen Teilen ist es wirtschaftlich, die oben beschriebenen Gefüge- und Zeitstandsparameter im we­sentlichen jedenfalls in den mechanisch hochbeanspruchten Bereichen einzuhalten.

    [0010] Die homologe Temperatur ist der Wert aus dem Verhältnis aus einer Temperatur zur Schmelztemperatur der Legierung jeweils in Grad Kelvin.

    [0011] Die Untergrenze der Prüfspannungen bei den Untersuchungen betrug 10 - 25 N/mm².

    [0012] Homogene Verteilung der Partikel bedeutet, daß in jedem Volumselement zumindest in den beim Einsatz höheren me­chanischen Beanspruchungen unterliegenden Bereichen der Werkstücke im wesentlichen die gleiche Anzahl von Teil­chen vorhanden ist. Sie können jedoch räumlich isotrop oder anisotrop verteilt sein.

    [0013] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist vorgesehen, daß die Legierung bei einer Zusammensetzung von in Gew.% 0,04 - 0,18 C, bis 1 Si, bis 1,5 Mn, 19 - 23 Cr, 30 - 34 Ni, 0,1 - 0,6 Ti, bis 0,6 Al, Rest Fe und erschmelzungs­bedingte Verunreinigungen bei den Temperaturen ihres späteren Einsatzes, insbesondere bei 750 - 850°C bei Prüfspannungen von bis zu 150 N/mm² gegenüber den ent­sprechenden Werten im lösungsgeglühten Zustand zumindest 3-fache Werte der Standzeit bis zum Bruch und zumindest 5-fache, insbesondere zumindest 10-fache Werte der Stand­zeit bis zum Erreichen der 1 %-Kriechdehnung aufweist. Diese sehr breit einsetzbare Legierung erbringt hin­sichtlich der Warmfestigkeitseigenschaften einen Syner­gismus auf Basis von Zusammensetzung, Partikelgröße und -dichte.

    [0014] Weiters hat sich eine Legierung mit erhöhter Warmfestig­keit als vorteilhaft erwiesen, die dadurch gekennzeichnet ist, daß sie bei einer Zusammensetzung von in Gew.% 0,05 - 0,1 C, 0,5 - 1 Si, 0,5 - 1 Mn, 19 - 23 Cr, 15 - 19 Fe, 1 - 2 Co, 0,5 - 1,5 W, 8 - 10 Mo, Rest Ni und erschmel­zungsbedingte Verunreinigungen bei den Temperaturen ihres späteren Einsatzes, insbesondere bei 750 - 850°C bei Prüfspannungen von bis zu 150 N/mm² gegenüber den ent­sprechenden Werten im lösungsgeglühten Zustand zumindest 3-fache Werte der Standzeit und zumindest 5-fache, insbe­sondere zumindest 8-fache Werte der Standzeit bis zur Er­reichung der 1 %-Kriechdehnung aufweist. Dieser Werkstoff ist besonders für Turbinenschaufeln geeignet.

    [0015] Es hat sich zu einer hochreproduktiven Erreichung der er­findungsgemäßen vorgesehenen Struktur als besonders vor­teilhaft erwiesen, wenn nach Erschmelzung in der jeweils gewünschten Zusammensetzung und Erstarren eine Formegebung zu einer gewünschten Werkstück-Zwischenform und zumindest ein Lösungsglühvorgang mit nachfolgendem Abkühlen er­folgt, wobei das Werkstück der Lösungsglühbehandlung, vorzugsweise bei Temperaturen über 900°C, insbesondere über 1100°C nachfolgend, zumindest einer gegebenenfalls im wesentlichen dessen endgültige Gestalt und Dimension herbeiführenden, zumindest alle beim späteren Einsatz er­höhter mechanischer Beanspruchung unterliegender Volums­bereiche, gegebenenfalls im wesentlichen alle Volumsbe­reiche des Werkstückes erfassenden Kaltverformung mit ei­nem Gesamtverformungsgrad im Bereich von mindestens 1 %, insbesondere von 3 bis 10 %, unterworfen wird, wonach ein Warmauslagern des Werkstückes bei Temperaturen von zu­mindest 550°C, vorzugsweise im Bereich zwischen 700 und 950°C, gegebenenfalls bei der für das Werkstück vorge­sehenen Einsatztemperatur, vorzugsweise über einen Zeit­raum von mindestens 1 h, erfolgt.

    [0016] Es wurde gefunden, daß durch die Kaltverformung nach dem Lösungsglühen innerhalb des angegebenen Bereiches, wobei im bevorzugten Bereich besonders hohe Sicherheit bei der Erreichung der für das hohe Eigenschaftsniveau wesent­ lichen Struktur und Dichte der Ausscheidungen gewährlei­stet ist, eine besonders hohe Anzahl bzw. Dichte von intrakristallinen, Ausscheidungs-Latenz aufweisenden Keimzentren geschaffen und mit der Warmauslagerbehandlung an praktisch allen diesen Zentren die manifeste Ausbil­dung der feindispersen Sekundärausscheidungen veranlaßt wird. Die Kaltverformung kann auf übliche Weise durch Walzen, Ziehen, Pressen, Pilgern oder dgl. erfolgen. Ganz wesentlich ist dabei, daß jeweils das Werkstück an den beim Einsatz hoher mechanischer Beanspruchung ausgesetz­ten Stellen bzw. insgesamt in allen Volums-Bereichen er­faßt wird, wodurch sichergestellt ist, daß jedenfalls diese Bereiche oder das Werkstück insgesamt die wesent­lich erhöhte Standzeit aufweist. Es muß also die Gefüge­einstellung durch ganz gezielt reproduzierbare Verformung erhalten werden. Übliche Richtvorgänge können gegebenen­falls in verschiedenen Bereichen des einzelnen Werk­stückes unterschiedliche Verformungen bewirken, wobei z.B. nicht von einer Verformung erfaßte Bereiche nur die nach dem Lösungsglühen vorliegenden Zeitstandseigenschaf­ten aufweisen. Solche Unterschiede können auch innerhalb der verschiedenen Lose der Werkstücke, z.B. Rohre auftre­ten. Somit können also Richtvorgänge zu einer gezielt re­produzierbaren Erhöhung der Warmfestigkeit, wie sie mit den erfindungegemäßen Legierungen gefertigte Bauteile aufweisen, nichts beitragen.

    [0017] Der Schritt des Warmauslagerns nach dem Einbringen einer hohen Zahl von Versetzungen in die Kristalle des Werk­stoffes mittels der dem Lösungsglühen nachgeschalteten Kaltverformung ist wesentlich, da durch Wachsen der Teil­chen an den Versetzungen eine Sekundär-Ausscheidung unter definierten Bedingungen gewährleistet ist. Es wird damit in über alle für höhere Beanspruchung vorgesehene Volums­einheiten des Werkstückes gleichmäßigerweise eine Fixie­rung der durch das Kaltverformen eingebrachten Versetzun­gen in den Körnern der austenitischen Matrix erreicht, wobei durch diesen im wesentlichen homogenen, fixierten inneren Spannungszustand an sich eine erhöhte Festigkeit bei Beibehaltung der Duktilität erreicht wird.

    [0018] Wird dieser Schritt des Warmauslagerns weggelassen und der Werkstoff im nach dem Lösungsglühen kaltverformten Zustand gleich unter Betriebsbedingungen eingesetzt, be­steht infolge der von vornherein einwirkenden, gleich­zeitigen mechanischen Belastung und der Beweglichkeit der nicht durch die erfindungsgemäßen Ausscheidungen blockier­ten Versetzungen die Gefahr einer Erholung der Legierung und damit eine wesentliche Verringerung der Zahl der Keimzentren und der Partikeldichte und damit der Warm­festigkeit.

    [0019] Bei z.B. rotierenden und/oder unterschiedliche Quer­schnitte aufweisenden Bauteilen können im Betrieb bei hohen Temperaturen unterschiedliche Materialspannungen aufteten. Bei diesen Bauteilen ist die Variante gün­stig, die Kaltverformung insbesondere in die beim späte­ren Einsatz mechanisch hoch beanspruchten Bereiche ein­zubringen.

    [0020] Typische Zeiten für wirtschaftliches Warmauslagern sind etwa 1 - 48 Stunden.

    [0021] Anhand der folgenden Beispiele wird die Erfindung näher erläutert.

    Beispiel 1:



    [0022] 

    [0023] Aus einem im Lichtbogenofen umgeschmolzenen Block einer Legierung 1 (Tabelle 1) mit der Zusammensetzung in Gew.% 0,07 C, 20,3 Cr, 31,1 Ni, 0,31 Ti, 0,34 Al, 0,01 N, Rest Eisen und herstellungsbedingte Verunreinigungen wurde Stabmaterial mit einem Durchmesser von 20 mm gewalzt und dieses bei 1130°C 2 h lang lösungsgeglüht und danach mit 8°C/sec (Wasser) abgekühlt. Das erhaltene Stabmaterial wurde durch Kaltwalzen unter 150°C um 4,2 %, 6,2 % und 10 % querschnittsreduziert. Danach erfolgte innerhalb 2 Stunden Erwärmung auf 800°C, 16-stündiges Halten bei die­ser Temperatur und Luft-Abkühlung. Dem nur lösungsgeglüh­ten und dem unterschiedlich kaltverformten und ausgela­gerten Stabmaterial, dessen austenitische Matrix durch Sekundärausscheidung gebildete Teilchen mit Größen im Bereich von 10³ - 10⁶ nm³ in einer Dichte von (3 ± 1) x 10¹¹ Teilchen/mm³, wie auch aus Fig. 11 (4,2 % verformt) ersichtlich, aufwies, wurde Material entnommen und es wurden Proben mit 5 mm Durchmesser und 50 mm Länge der Prüfung nach DIN 50118 bei verschiedenen Prüfspan­nungen zwischen 25 und 120 N/mm² bei Temperaturen von 750, 800 und 850°C unterworfen. Die Schaubilder der Fi­guren 1 bis 6 zeigen die erhaltenen Ergebnisse der Zeit­standfestigkeit und 1 %-Zeit-Dehngrenze. Anhand des Ver­gleiches der Prüfwerte von Proben des Stabmaterials, das keiner Kaltverformung mit nachfolgender Warmauslagerung (durchgehende Linien) unterworfen wurde, mit solchen (unterbrochene Linien), welche die erfindungsgemäß vor­gesehene Sekundärausscheidungsstruktur aufwiesen, wird der Effekt dargelegt. Die Kurven zeigen die wesentliche Erhöhung der Standzeit bis zum Bruch mit einem Faktor von ca. 10 und der 1 %-Zeit-Dehngrenze mit einem Faktor von ca. 20 der erfindungsgemäß hergestellten Teile gegenüber der Legierung im lösungsgeglühten Zustand bei verschiede­ nen Prüftemperaturen.

    [0024] Die Bruchdehnung bei 800°C betrug bei dem nur lösungsge­glühten Material 45 % bei einer Festigkeit von 250 N/mm², bei dem erfindungsgemäßen 47 % bei 261 N/mm². Die 0,2 %-Dehngrenze erhöhte sich bei der erfindungsge­mäßen Legierung um 22,6 %.

    Beispiel 2:



    [0025] Aus Rohrmaterial aus Legierung 2 mit der Zusammensetzung gemäß Tabelle 1 wurden jeweils nach dem Lösungsglühen bei einer Temperatur von 1150°C und Abkühlen an Luft ohne weitere Behandlung und mit einer nachgeschalteten Kalt­verformung von 5,5 % Materialquerschnittreduktion mit an­schließender Warmauslagerung bei 800°C über 6 h Rohr­streifenproben entnommen und bei einer Prüfspannung von 70 N/mm² bei 800°C der Prüfung nach DIN 50118 unter­worfen.

    [0026] Die Schaubilder der Figuren 7 und 8 zeigen die erhaltenen Ergebnisse der Zeitstandfestigkeit und 1 %-Zeit-Dehngren­ze. Anhand des Vergleiches der Prüfwerte von Streifenpro­ben des Rohrmateriales, das keiner Kaltverformung mit nachfolgender Warmauslagerung (durchgehende Linien) un­terworfen wurde, mit solchen (unterbrochene Linien), wel­che die erfindungsgemäß vorgesehene Sekundärausschei­dungsstruktur aufwiesen, wird der vorteilhafte Effekt dargelegt. Die Kurven zeigen die wesentliche Erhöhung der Standzeit bis zum Bruch mit einem Faktor von ca. 5 und der 1 %-Zeit-Dehngrenze mit einem Faktor von ca. 13 der erfindungsgemäß hergestellten Teile gegenüber der Legie­rung im lösungsgeglühten Zustand bei verschiedenen Prüf­ temperaturen.

    [0027] Die Bruchdehnung bei 800°C betrug bei dem nur lösungsge­glühten Material 57 % bei einer Festigkeit bei 800°C von 420 N/mm², bei dem erfindungsgemäßen 59 % bei 433 N/mm². Bei dieser Erprobung wurde eine Erhöhung der 0,2 %-Dehngrenze von 21 % am erfindungsgemäßen Material fest­gestellt.

    Beispiel 3:



    [0028] An geschmiedetem Stabmaterial der Legierung 3 mit der Zu­sammensetzung gemäß Tabelle 1, wurde nach einer Lösungs­glühung bei 1130°C und anschließender Luftabkühlung eine Kaltverformung von 6,7 % aufgebracht und anschließend bei 800°C 10 Stunden ausgelagert. Die Prüfung des Zeitstand­verhaltens erfolgte bei einer Prüfspannung von 70 N/mm² bei 800°C nach DIN 50118.

    [0029] Die Schaubilder der Figuren 9 und 10 zeigen die erhalte­nen Ergebnisse der Zeitstandfestigkeit und 1 %-Zeit-Dehn­grenze. Anhand des Vergleiches der Prüfwerte von Proben des lösungsgeglühten Schmiedematerials, das keiner Kalt­verformung mit nachfolgender Warmauslagerung (durchgehen­de Linien) unterworfen wurde, mit solchen (unterbrochene Linien), welche die erfindungsgemäß vorgesehene Sekundär­ausscheidungsstruktur aufweisen, wird der vorteilhafte Effekt dargelgt. Die Kurven zeigen die wesentliche Er­höhung der Standzeit bis zum Bruch mit einem Faktor von ca. 4 und der 1 %-Zeit-Dehngrenze mit einem Faktor von ca. 10 des erfindungsgemäß hergestellten Materials gegen­über der Legierung im lösungsgeglühten Zustand bei ver­schiedenen Prüftemperaturen.

    [0030] Die Bruchdehnung bei 800°C betrug bei der nur lösungsge­glühten Legierung 53 % bei einer Festigkeit bei 800°C von 410 N/mm², bei dem erfindungsgemäßen 53 % bei 429 N/mm². Bei der erfindungsgemäßen Legierung wurde eine um 21,5 % höhere 0,2 %-Dehngrenze ermittelt.

    [0031] Die Tabelle 2 zeigt den jeweils für die Legierungen ge­fundenen Quotienten von Zeitstandfestigkeit "verformt" zu "unverformt" (Qs) und von der Standzeit bis zum Erreichen der 1 %-Kriechdehnung "verformt" zu "unverformt" (Qz) je­weils bei 800°C.




    Ansprüche

    1. Hochwarmfeste auf schmelzmetallurgischem Wege erhal­tene, im wesentlichen austenitische Legierungen bzw. Vor­material, Halbzeug, Werkstücke, Bauteile oder dgl. aus diesen Legierungen, die für den Einsatz bei erhöhten Tem­peraturen, insbesondere im Bereich von über 550°C vorge­sehen sind, mit mindestens 15 Gew.% Chrom, mindestens 25 Gew.% Nickel und/oder Kobalt, bis zu 18 Gew.% Molybdän, bis zu 0,15 Gew.% Kohlenstoff und/oder Stickstoff, sowie karbid- und nitridbildende Elemente und höchstens 60 Gew.% Eisen und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen, gekennzeichnet durch in der austenitischen Matrix der Le­gierung zumindest in den beim Einsatz für erhöhte mecha­nische Beanspruchung vorgesehenen Volumsbereichen der Werkstücke bzw. Bauteile intrakristallin sekundär ausge­schiedene Partikel von Karbiden und/oder Nitriden und/­oder Karbonitriden mit einem Einzelteilchenvolumen von 10³ bis 10⁶ nm³ in homogener Verteilung in einer Dichte von höher als 10¹¹ Teilchen/mm³ und gegenüber den Werten nach einer Lösungsglühbehandlung bei oberhalb der homologen Temperatur von 0,5 der Legierung liegender Temperatur, insbesondere bei 800°C, zumindest 2-fache, insbesondere zumindest 4-fache Werte der Standzeit bis zum Bruch bei Spannungen bis 150 N/mm², sowie zumindest 3-fache, insbesondere 5-fache Werte der Standzeit bis zum Erreichen der 1 %-Kriechdehnung bei Spannungen bis 150 N/mm² jeweils bei Prüfung nach DIN 50118 sowie erhöhte Werte der Zugfestigkeit, insbesondere zumindest 20 % er­höhte Werte der 0,2 %-Dehngrenze, bei zumindest gleich­bleibender Duktilität der Legierung.
     
    2. Legierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie bei einer Zusammensetzung von in Gew.% 0,04 - 0,10 C, bis 1 Si, bis 1,5 Mn, 19 - 23 Cr, 30 - 34 Ni, 0,1 bis 0,6 Ti, bis 0,6 Al, Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Ver­unreinigungen gegenüber den entsprechenden Werten im lö­sungsgeglühten Zustand bei Einsatztemperatur, insbeson­dere bei 750 - 850°C und einer Spannung von bis zu 150 N/mm² mindestens 3-fache Werte der Standzeit bis zum Bruch und zumindest 5-fache, insbesondere zumindest 10-­fache der Werte der Standzeit bis Erreichung der 1 %-­Kriechdehnung aufweist.
     
    3. Legierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie bei einer Zusammensetzung von in Gew.% 0,05 - 0,1 C, 0,5 - 1 Si, 0,5 - 1 Mn, 19 - 23 Cr, 15 - 19 Fe, 1 - 2 Co, 0,5 - 1,5 W, 8 - 10 Mo, Rest Ni und erschmelzungsbedingte Verunreinigungen bei den Einsatztemperaturen, insbesonde­re von 750 - 850°C bei Prüfspannungen von bis zu 150 N/mm² gegenüber den entsprechenden Werten im lösungs­geglühten Zustand zumindest 3-fache Werte der Standzeit bis zum Bruch und zumindest 5-fache, insbesondere zumin­dest 8-fache Werte der Standzeit bis zur Erreichung der 1 %-Kriechdehnung aufweist.
     
    4. Verfahren zur Herstellung der hochwarmfesten Legierun­gen bzw. Werkstücke oder Bauteile aus denselben nach einem der Ansprüche 1 bis 3, wobei nach Erschmelzung in der jeweils gewünschten Zusammensetzung und Erstarrung eine Formgebung zu einer gewünschten Vorform eines Werk­stückes oder Bauteiles und zumindest ein Lösungsglühvor­gang mit nachfolgender Abkühlung erfolgt, dadurch gekenn­zeichnet, daß das Vorwerkstück nach der Lösungsglühbe­handlung, vorzugsweise bei Temperaturen über 900°C, ins­besondere über 1100°C, zumindest einem, gegebenenfalls wesentlichen dessen endgültige Gestalt und Dimension her­beiführenden zumindest die Bereiche des Werkstückes oder Bauteiles, welche beim späteren Einsatz höheren mecha­nischen Beanspruchungen ausgesetzt sind, im wesentlichen alle Volumsbereiche des Werkstückes oder Bauteile er­fassenden Kaltverformung mit einem Gesamtverformungsgrad im Bereich von mindestens 1 %, insbesondere von 3 - 10 %, unterworfen wird, wonach ein Warmauslagern des Werk­stückes bzw. des Bauteiles bei Temperaturen von zumindest 550°C, vorzugsweise im Bereich zwischen 700 und 950°C, gegebenenfalls bei einer beim späteren Einsatz des Werk­stückes bzw. Bauteiles vorgesehenen Temperatur, vorzugs­weise über einen Zeitraum von mindestens 1 Stunde er­folgt.
     




    Zeichnung