[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ziehen von beseiftem Walzdraht aus Eisen
oder Stahl nach einer chemischen Vorbehandlung.
[0002] Die üblichen Vorbehandlungsverfahren für Walzdraht aus Eisen oder Stahl vor dem Drahtzug
erfolgen durch Entrosten, wie Strahlen, Polieren, Beizen etc., gegebenenfalls auch
anschließendes Phosphatieren, Neutralisieren, temporäre Korrosionsschutzbehandlung,
Trocknen und Schmiermittelaufbringung. Dabei findet häufig die Verfahrensfolge Entfetten,
Wasserspülen, Beizen in verdünnter Salz- oder Schwefelsäure, Wasserspülen, Neutralisieren,
Korrosionsschutzbehandlung, z.B. mit Korrosionsschutzöl, und Trocknen Anwendung. Anschließend
wird der Walzdraht beseift und gezogen. Der gezogene und mit dem temporären Korrosionsschutzmittel
überzogene Draht gelangt an die Verbraucher, die daraus beispielsweise Nähnadeln,
Federn, Fahrradspeichen etc. herstellen. Sofern nötig, werden die Artikel gereinigt,
wassergespült, gebeizt und plattiert. Zur oben genannten Neutralisations/Korrosionsschutzbehandlung
werden häufig Dispersionen verwendet, die durch Einrühren von gebranntem Kalk und
nadelförmiger Seife in Wasser erhalten werden, und bei 50 bis 80°C Anwendung finden.
[0003] Eine andere Form der Schmierbehandlung bedient sich flüssiger Schmiermittel. Hierbei
handelt es sich um Metallseifenlösungen und wäßrige Lösungen von Natriumphosphat,
Borax und Titandioxid. Derartige Metallseifenlösungen neigen zu einer Erhöhung der
Viskosität während des Gebrauches, so daß es häufig zu mangelnder Ausbildung des Schmierfilmes,
unvollständiger Auftrocknung des Filmes und damit zu einer ungenügenden Schmierwirkung
kommt.
[0004] Nicht zuletzt aus den vorgenannten Gründen haben sich pulverförmige Schmiermittel
durchgesetzt. Sie werden üblicherweise aus Metallseifen der unterschiedlichsten Art
als Basis und anorganischen Substanzen, wie Kalk, Talk etc., unter eventuellem Zusatz
von Schwefel, Molybdändisulfid etc. formuliert. Diese pulverförmigen Schmiermittel
werden gewöhnlich in einen vor dem Ziehwerkzeug befindlichen Kasten gefüllt und vom
hindurchgeführten Walzdraht aus Eisen oder Stahl unter Ausbildung eines Schmiermittelfilmes
aufgenommen.
[0005] Jedoch ist auch diese Art der Erzeugung eines Schmiermittelfilmes mit Nachteilen
behaftet. Selbst bei Verwendung hochwertiger Metallseifen sind im gezogenen Draht
mitunter haarlinienartige Markierungen feststellbar. Derartige Markierungen oder auch
andere Unregelmäßigkeiten führen zu einer rauhen Oberfläche und sind auch im Endprodukt,
z.B. einem plattierten Artikel, noch feststellbar. Insbesondere Artikel, an die hohe
optische Ansprüche gestellt werden, erfüllen die gestellten Anforderungen oft nicht.
[0006] Auch Drahtcoils, die gebeizt, neutralisiert und mit einer Behandlung zum temporären
Korrosionsschutz unterworfen worden sind, neigen bei längerer Lagerung vor dem Ziehen
infolge Wasseraufnahme zur oberflächigen Rostbildung. Die vorgenannte Behandlung muß
dann erneut vorgenommen werden. Auch ergeben sich Probleme aus der Tatsache, daß aus
Kalkseife und Korrosionsschutzmittel während des Ziehens entstandene Überzüge häufig
schwer von der Metalloberfläche zu entfernen sind.
[0007] Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zum Ziehen von Walzdraht aus Eisen oder
Stahl bereitzustellen, das die bekannten, insbesondere vorgenannten Nachteile nicht
aufweist und zu Produkten mit gänzlich glatter Oberfläche führt, ohne daß die Wirkung
des Schmiermittels bzw. die Ziehleistung als solche beeinträchtigt wird.
[0008] Die Aufgabe wird gelöst, indem das Verfahren der eingangs genannten Art entsprechend
der Erfindung derart ausgestaltet wird, daß man auf den Walzdraht vor dem Beseifen
einen Film einer kolloidale Titanverbindung enthaltenden Dispersion aufbringt und
auftrocknet.
[0009] Besonders vorteilhaft ist es, einen Film einer Dispersion, die kolloidale Titanverbindung
und Alkaliphosphat enthält, aufzubringen. Hierbei handelt es sich um eine Dispersion,
die bei der Aktivierung von Metalloberflächen vor der Erzeugung von Phosphatüberzügen
gebräuchlich und beispielsweise in den US-Patentschriften 2 310 239 und 2 874 081
näher beschrieben ist. Im Zusammenhang mit der Phosphatierung ist das Aktivierungsmittel
im wesentlichen für die Ausbildung von gleichmäßigen, feinkörnigen und dichten Phosphatüberzügen
verantwortlich.
[0010] Die Wirkungsweise des "Aktivierungsmittels" innerhalb des erfindungsgemäßen Verfahrens
ist nicht bekannt. Es hat jedoch als sicher zu gelten, daß der aus der Dispersion
von kolloidaler Titanverbindung gebildete Film die nachfolgend aufgebrachte Seife
besonders fest bindet. Dies folgt aus der erforderlichen vergleichsweise geringen
Ziehkraft und der erzielbaren Oberflächenqualität des gezogenen Drahts.
[0011] Zur Herstellung der Dispersion kann die Titankomponente beispielsweise als Titanhydroxid,
Titandioxid, Titanylsulfat, Kaliumoxalatotitanat oder Kaliumfluorotitanat eingebracht
werden. Außerdem kann die Dispersion neben der kolloidalen Titanverbindung noch Perborat,
Carbonat und wasserlösliche anionische organische Verbindungen enthalten.
[0012] In der bevorzugten Ausführungsform der Erfindung mit Verwendung einer zusätzlich
Alkaliphosphat enthaltenden Dispersion bringt man das Phosphat vorzugsweise als Polyphosphat
ein, da es die Titankomponente besonders stabil dispergiert. Ähnlich gut geeignet
sind Metaphosphate und Pyrophosphate. Die Phosphate werden zweckmäßigerweise als Natrium-,
Kalium- oder Ammoniumsalz eingebracht. Auch in diesem Falle sind die oben genannten
weiteren Zusätze vorteilhaft.
[0013] Die Herstellung der vor der Beseifung aufzutrocknenden Dispersion geschieht im Prinzip
wie die Herstellung der Aktivierungsmittel bei der Phosphatierung. Jedoch ist die
Abstimmung der einzelnen Komponenten aufeinander nicht so kritisch und mit Folgen
behaftet, wie in der Phosphatierungstechnik.
[0014] Sofern die Konzentration der wirksamen Komponenten in der Dispersion zu hoch oder
zu niedrig sind, wird der mögliche erzielbare Effekt hinsichtlich Schmiereigenschaften
nicht erreicht. Eine weitere vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung sieht daher
vor, eine Dispersion aufzubringen, die 0,001 bis 0,5 g/l kolloidale Titanverbindung
(ber. als Ti) und 0,1 bis 50 g/l, vorzugsweise 2 bis 30 g/l Alkaliphosphat enthält.
[0015] Ähnlich wie bei der Konzentration der wirksamen Bestandteile sind auch dem zulässigen
pH-Wert der Dispersion nicht so enge Grenzen gesetzt wie im Falle der Aktivierung
vor der Phosphatierung. Ein pH-Bereich von 5,7 bis 9,5 ist generell zulässig. Im Hinblick
auf einen eventuellen Eintrag von Säure aus vorgelagerten Behandlungsstufen und auf
die Vermeidung von Rostbildung setzt man gemäß einer vorteilhaften Ausführungsform
der Erfindung eine Dispersion ein, deren pH-Wert im Bereich von 8 bis 9,5 liegt.
[0016] Die Temperatur der Dispersion sollte 50 bis 80°C betragen, damit der Walzdraht die
für die Auftrocknung erforderliche Wärme aufnimmt. Als Behandlungsdauer ist eine Zeit
von 2 bis 3 min. ausreichend.
[0017] Die Erfindung erfährt eine weitere vorteilhafte Ausgestaltung, wenn man den Walzdraht
vor dem Aufbringen der Dispersion phosphatiert. Die Erzeugung eines im wesentlichen
aus Zinkphosphat bestehenden Phosphatüberzuges ist besonders zweckmäßig. Auf diese
Weise läßt sich eine zusätzliche Verbesserung der Haftung der anschließend aufgebrachten
Seife erzielen.
[0018] Nach dem Auftrocknen der Dispersion auf dem Walzdraht erfolgt dessen Beseifung. Es
ist jede zu Ziehzwecken übliche Metallseife und jede Applikationsweise anwendbar.
Innerhalb des erfindungsgemäßen Verfahrens ist jedoch die Verwendung von pulverförmiger
Seife bevorzugt. Die Größe der Seifenpartikel ist dabei nicht wesentlich. Im allgemeinen
wird Calciumstearat eingesetzt. Sogenannte Kalkseifen, die durch Vermischen von gebranntem
Kalk und nadelförmiger Seife in wäßrigem Medium erhalten werden, sind weniger zweckmäßig,
da hierdurch der mit dem erfindungsgemäßen Verfahren erzielte Erfolg zumindestens
teilweise verloren gehen kann. Wegen des geringen Preises können Kalkseifen jedoch
in kleinen Mengen unter andere Seifen gemischt werden, um damit die Gesamtkosten zu
reduzieren. Die Zumischung weiterer an sich bekannter und üblicher Zusätze ist zulässig.
[0019] Die im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren erforderlichen Verfahrensschritte,
wie Entfetten, Beizen, Phosphatieren, Beseifen, erfolgen in an sich bekannter Weise.
Gleiches gilt für die Neutralisationsbehandlung oder Wasserspülung, soweit erforderlich.
[0020] Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens sind, daß es in einfacher Weise und mit
hoher Effizienz durchführbar ist und zu gezogenem Draht hoher Oberflächenqualität
(Glätte, Aussehen) führt. Das z.B. durch Plattieren erhaltene Endprodukt, wie Nähnadeln,
Fahrradspeichen etc., erfüllt selbst die strengsten Anforderungen.
[0021] Auch für den Fall, daß infolge übermäßig langer Lagerungsdauer eine Rostbildung erfolgt
ist und eine erneute Behandlung erforderlich wird, wirkt sich das erfindungsgemäße
Verfahren vorteilhaft aus. Gegenüber den mit Kalkseifen arbeitenden konventionellen
Verfahren läßt sich nämlich die vorhandene, im allgemeinen dünne Schicht sehr viel
leichter entfernen.
[0022] Die Erfindung wird anhand der Beispiele beispielsweise und näher erläutert.
BEISPIEL 1
[0023] Es wurde eine zur Behandlung von Walzdraht bestimmte Dispersion hergestellt, indem
zunächst in der Wasser dispergiertes Titanylsulfat auf 20°C abgekühlt und dann mit
Dinatriumphosphat versetzt wurde. Durch Zugabe von Schwefelsäure erfolgte die Einstellung
des pH-Wertes auf 8,5. Die dabei gebildete Aufschlämmung wurde bei einer Temperatur
von 100 bis 120°C getrocknet, bis der Wassergehalt unter 1,5 Gew.% lag. Der Rückstand
wurde aufgemahlen und derart in Wasser gelöst, daß eine Dispersion mit
0,1 g/l Titanverbindung (ber. als Ti)
7 g/l Dinatriumphosphat
pH = 8,5
resultierte.
[0024] In die auf 60 bis 70°C erhitzte Dispersion wurde in 15 %iger Salzsäure gebeizter
und mit Wasser gespülter Walzdraht aus Stahl der Qualität SWRCH 62 A, Durchmesser
4 mm, als Coil für die Dauer von 1 min. eingetaucht. Nach dem Trocknen wurde der Walzdraht
mit Calciumstearat beseift und in sieben Stufen gezogen. Es betrugen die letzte Ziehgeschwindigkeit
300 m/min. und der Enddurchmesser 2 mm. Der Zustand des gezogenen Drahtes wurde unter
einem Mikroskop bei 2000facher Vergrößerung bewertet. Es waren weder Oberflächenfehler
noch Kratzer feststellbar. Auch wies die Oberfläche einen ausgezeichneten Glanz auf.
Das Ergebnis war in jeder Hinsicht dem, das bei Anwendung konventioneller Verfahren
erzielbar ist, überlegen.
[0025] Zum Vergleich wurde der vorgenannte Verfahrensgang wiederholt, jedoch die Auftrocknung
der Titanverbindung enthaltenden Dispersion durch Behandlung mit 10 %iger "Kalkseife"-Dispersion
von 60 bis 70°C ersetzt. Das Ergebnis war hinsichtlich Oberflächenglätte und -glanz
deutlich schlechter als bei Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens.
BEISPIEL 2
[0026] Ein Coil aus Stahldraht der Qualität SWRS 82 A mit einem Durchmesser von 8 mm wurde
nach dem erfindungsgemäßen Verfahren des Beispiels 1 behandelt, jedoch wurde der Draht
vor dem Auftrocknen der Titanverbindung enthaltenden Dispersion mit einem Zinkphosphatüberzug
durch 10 min. langes Tauchen in eine Phosphatierungslösung versehen. Dann wurde in
sieben Stufen bis auf einen Enddurchmesser von 3,7 mm mit einer Endziehgeschwindigkeit
von 140 m/min. gezogen. Die Beurteilung erfolgte wie in Beispiel 1 angegeben. Oberflächenglätte
und -glanz waren besser als bei Anwendung konventioneller Verfahren.
BEISPIEL 3
[0027] Drahtcoil der Stahlqualität SWRS 82 A mit einem Drahtdurchmesser von 2,6 mm wurde
nach dem erfindungsgemäßen Verfahrensgang des Beispiels 1 behandelt und in neun Stufen
bei einer Endziehgeschwindigkeit von 400 m/min. auf 1 mm Enddurchmesser gezogen. Oberflächenglätte
und -glanz waren besser als bei Anwendung konventioneller Verfahren.
BEISPIEL 4
[0028] Eine Mischung aus
Titanylsulfat (5 Gew.Teile, ber. als Ti)
wasserfreiem Dinatriumphosphat (55 Gew.Teile)
wasserfreiem Natriumpyrophosphat (15 Gew.Teile) und
Wasser (15 Gew.Teile)
wurde auf 100 bis 120°C erwärmt, bis der Wassergehalt unter 1,5 Gew.% lag, wofür etwa
2 h benötigt wurden. Der gemahlene Rückstand wurde entsprechend einer Konzentration
von 20 g/l in Wasser gelöst, anschließend erfolgte mit Natriumcarbonat die pH-Einstellung
auf 9. Die gewonnene Dispersion enthielt
0,02 g/l Titanverbindung (ber. als Ti)
0,83 g/l Phosphat (ber. als PO₄) und
0,22 g/l Pyrophosphat (ber. als P₂O₇).
[0029] Drahtcoils aus Stahl der Qualität SWRS 100 A von 2,4 mm Durchmesser, die zuvor bei
Raumtemperatur in 15 %iger Salzsäure gebeizt und dann in Wasser gespült worden waren,
wurden für die Dauer von 1 min. in die vorgenannte Dispersion bei Raumtemperatur getaucht
und anschließend getrocknet.
[0030] Der Draht wurde durch einen mit pulverförmiger Seife, die überwiegend aus Calciumstearat
bestand, gefüllten Kasten geführt und in sechs Stufen mit einer Endgeschwindigkeit
von 100 m/min. auf 1,64 mm Durchmesser gezogen.
[0031] Die Bewertung erfolgte wie in Beispiel 1 angegeben. Die Drähte waren hinsichtlich
Oberflächenglätte und -glanz den nach herkömmlichen Verfahren gezogenen überlegen.
BEISPIEL 5
[0032] Stahldraht der Qualität SWRS 82 A von 12 mm Durchmesser wurde wie in Beispiel 4 angegeben
gezogen, jedoch erfolgte dessen Querschnittsreduktion in zehn Zügen mit einer Endgeschwindigkeit
von 100 m/min. auf einen Enddurchmesser von 4,5 mm. Oberflächenglätte und -glanz waren
den nach herkömmlichen Verfahren gezogenen Drähten überlegen.
[0033] In den Beispielen 1 (gemäß Erfindung) und 2 bis 5 wurden jeweils 10 t Drahtcoils
verarbeitet. Dabei waren zu jedem Zeitpunkt die erzielten Ergebnisse besser als die,
die bei Einsatz konventioneller Verfahren erreichbar waren.
1. Verfahren zum Ziehen von beseiftem Walzdraht aus Eisen oder Stahl nach einer chemischen
Vorbehandlung, dadurch gekennzeichnet, daß man auf den Walzdraht vor dem Beseifen
einen Film einer kolloidale Titanverbindung enthaltenden Dispersion aufbringt und
auftrocknet.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man einen Film einer Dispersion,
die kolloidale Titanverbindung und Alkaliphosphat enthält, aufbringt.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß man eine Dispersion, die
0,001 bis 0,5 g/l kolloidale Titanverbindung (ber. als Ti) und 0,1 bis 50 g/l, vorzugsweise
2 bis 30 g/l Alkaliphosphat enthält, aufbringt.
4. Verfahren nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß man eine Dispersion
aufbringt, deren pH-Wert im Bereich von 8 bis 9,5 liegt.
5. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet,
daß man den Walzdraht vor dem Aufbringen der Dispersion phosphatiert.