(19)
(11) EP 0 279 334 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
24.08.1988  Patentblatt  1988/34

(21) Anmeldenummer: 88101908.7

(22) Anmeldetag:  10.02.1988
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4B22D 11/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE ES FR GB GR IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 16.02.1987 DE 3704793

(71) Anmelder: Thyssen Edelstahlwerke AG
D-40211 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Schümers, Werner, Dipl.-Ing.
    D-4005 Meerbusch 3 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Hubvorrichtung an einer Stranggusskokille


    (57) Die Erfindung betrifft eine Hubvorrichtung mit zwei an einem Hubtisch für die Stanggußkokille oder direkt an dieser angelenkten, drehbar ange­triebenen Exzenterwellen. Kennzeichen der Erfindung ist, daß in die Ver­bindung zwischen dem Drehantrieb (B) und den Exzenterwellen (A) mindestens eine Gelenkwelle (D) eingesetzt ist, die mindestens eine der beiden folgen­den Bedingungen erfüllt:

    a) die Lage des von der Exzenterwelle (A) abgewandten Gelenkkopfes (H) ist veränderbar (Änderung des Lagewinkels β),

    b) die Gelenkköpfe (G,H) sind gegeneinander verdrehbar (Kardanfehler).






    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft eine Huborrichtung, mittels der eine Kokille an Stranggießanlagen in sinusförmige Schwingungen versetzt wird.

    [0002] Hubvorrichtungen werden in bekannter Weise mit einem Exzenterantrieb für den die Kokille tragenden Hubtisch ausgerüstet, der entlang von ortsfesten Führungen periodisch auf- und abbewegt wird. Bei einer solchen bekannten Hubvorrichtung sind im Bereich der Ecken des Hubtisches synchron angetriebene Exzenter angeordnet, an denen Blattfedern einerseits und andererseits am Hubtisch zur Übertragung der Exzenterhübe befestigt sind.

    [0003] Eine Auf- und Abbewegung der Stranggußkokille ist notwendig, um ein Gleiten zwischen Strangschale und Kokillenwand zu bewirken und damit ein Ankleben der Strangschale zu verhindern. Die Kokille muß bei der Abwärtsbewegung den nach unten bewegten Strang kurzzeitig überholen, sogenannter negativer Strip NS (Fig. 1). Der negative Strip ist notwendig, um geschmolzenes Gießpulver als Schmiermittel zwischen Kokillenwand und Strangschale zu bringen, damit sich die Strangschale leichter von der Kokillenwand löst, an der sie bei der Erstarrung kurzzeitig haftet. Hubhöhe, Frequenz, negativer Strip NS und positiver Strip PS (gegenläufige Bewegung von Strang und Kokille) und Strangabzugs- geschwindigkeit beeinflussen die Größe von Reibungskräften und den Schmiermittelverbrauch.

    [0004] Es besteht die Forderung, den negativen Strip NS so klein wie möglich zu halten (aber nicht Null werden zu lassen), um eine von Rattermarken freie Oberfläche am Strang zu erhalten. Andererseits ist es günstig, wenn die Strangabzugskurve C die Geschwindigkeitskurve E der Kokille (Fig. 1) im Bereich von deren Steilabfall schneidet. Das bedeutet, daß die Zeit tN, während der die Bewegungsrichtungen der Stranggußkokille und des Strangs gleich sind, kurz ist. Hierdurch entsteht jedoch ein langer negativer Strip NS, der wiederum wegen der Bildung von Rattermarken ungünstig ist.

    [0005] Es ist nun nicht für alle Verhältnisse vorhersehbar, wie die Bewegungsverläufe der Kokille und des Strangs am günstigsten liegen. Es besteht daher die Forderung, noch nach dem einbau der Hubvorrichtung die Hubbewegung der Kokille variieren und damit optimale Verhältnisse einstellen zu können. Hierzu liegen bereits Überlegungen vor. Fig. 2 (Technical Research Center Nippon Kokan K.K., Japan) zeigt im Bildteil a) die Möglichkeit einer Veränderung des sinusförmigen Verlaufs der Kokillen-Hubbewegung in eine nicht-sinusförmige mit erhöhtem Steilabfall bei der Bewegungsumkehr. Im Bildteil b) der Fig. 2 ist die Auswirkung einer Veränderung des Geschwindigkeitsverlaufs der Kokille auf den negativen Strip NS erkennbar, der schmal (=kurze Zeit) und mit größerer Amplitude (=höhere Maximalgeschwindigkeit) ausfällt.

    [0006] Neben der schon erwähnten Lösung mit Exzenterantrieb sind auch hydraulische Antriebe bekannt. Beide Lösungen haben jedoch folgende Nachteile:
    - aufwendige Konstruktion,
    - aufwendige Sicherung der Gleichmäßigkeit der Hubkurve,
    - Kurve ändert sich ungewollt bei Verschließ von Anlagenteilen,
    - hoher Instandsetzungsaufwand.

    [0007] Der Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, eine Veränderung des Schwingungsverlaufs bei der Auf- und Abbewegung der Kokille in konstruktiv und bedienungstechnisch einfacher Weise ohne die erwähnten Nachteile der bisherigen Lösungen zu ermöglichen. Zur Lösung dieser Aufgabe wird erfindungsgemäß eine Hubvorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 vorgeschlagen.

    [0008] Die erfindungsgemäß vorgesehenen Gelenkwellen gestatten durch ihre Langeänderung gegenüber den Exzenterwellen eine feinfühlige Einflußnhame auf die Sinuskurve der Hubbewegung der Stranggußkokille, die auch noch nach dem Einbau und während des laufenden Betriebs vorgenommen werden kann. Die erfindungsgemäße Lösung ist konstruktiv wenig aufwendig, sie ist robust und verursacht keinen hohen Instandsetzungsaufwand. Sie ermöglicht außerdem eine Reihe unterschiedlicher Konstruktionsvarianten mit Ein- und Mehrfachantrieben, Einschaltung von Getrieben, Verstellbarkeit in horizontaler und/oder vertikaler Richtung.

    [0009] Die Erfindung macht Gebrauch von dem sogenannten Kardanfehler. Dieser tritt in der Regel ungewollt auf, wenn eine Gelenkwelle nicht fluchtend zwischen zwei Wellen eingesetzt wird. Dieser Kardanfehler wird im Falle der erfindungsgemäßen Hubvorrichtung positiv ausgenutzt, um den Bewegungsablauf der Kokille bei ihrer Hubbewegung einzustellen.

    [0010] Im einzelnen ergeben sich bei Einsatz der erfindungsgemäßen Hubvorrichtung folgende Vorteile:
    - Einbau von Gelenkwellen als wartungsarme Bauteile,
    - die Hubkurve kann auch während des Gießens in Abhängigkeit anderer Parameter verändert werden,
    - die Gelenkwellen sind in vorhandene Anlagen einbaubar,
    - der bewährte 4-Exzenterantrieb kann beibehalten werden,
    - die Kosten für Investition und Wartung sind gering.

    [0011] In der Zeichnung sind Ausführungsbeispiele der erfindungsgemäßen Hubvorrichtung schematisch dargestellt.

    Fig. 3 zeigt ein Ausführungsbeispiel des Antriebs der Kokillenhubvorrichtung,

    Fig. 4 zeigt ein abgewandeltes Ausführungsbeispiel und

    Fig. 5 die zugehörigen Geschwindigkeitskurven

    Fig. 6 eine dritte Variante,

    Fig. 7 zeigt ein Planetengetriebe,

    Fig. 8 zeigt eine kardanische Gelenkverbindung und

    Fig. 9 zugehörige Geschwindigkeitsverläufe,

    Fig. 10 zeigt alternative Kurvenverläufe zu der Sinusform mit dem Lagewinkel β als Parameter und

    Fig. 11 weitere Kurventypen.



    [0012] Fig.3 zeigt die Exzenterwellen A mit je zwei Exzentern in der Kokillenhubvorrichtung, an denen Pleuelstangen C oder Blattfedern angesetzt sind, die den Kokillenhubtisch mit der Kokille K ragen und bei Drehung deren Exzenterwellen A in Pfeilrichtung auf- und abbewegen.

    [0013] Die beiden Exzenterwellen A sind jeweils über einen Gelenkkopf G und eine Flanschverbindung L mit einer Gelenkwelle D verbunden, wobei die Gelenkwellen D an ihrem den Gelenkkopf G abgewandten Ende ebenfalls über einen Gelenkkopf H mit dem Getriebe P und über dieses mit dem Drehantrieb B verbunden sind. Durch Verdrehen der Gelenkköpfe G, H gegeneinander kann man bewußt einen Kardanfehler erzeugen. Ferner kann die Lage des von der Exzenterwelle A abgewandten Gelenkkopfes H verändert werden, wodurch sich der Lagewinkel β verändert. Beide Verdrehmöglichkeiten können additiv oder alternativ angewandt werden. Zur Einstellung des Verdrehwinkels der Gelenkwellenköpfe G, H müssen die Flanschverbindungen L, N gelöst und nach dem Einstellen wieder geschlossen werden.

    [0014] Fig.4 zeigt eine abgewandelte Ausführung, bei der die Gelenkwelle D zwischen dem Getriebe P des Motors B und dem Getriebe P₁ eingeschaltet ist, das mit dem Exzenterwellen A verbunden ist. Gleiche Teile sind im übrigen mit den selben Bezugszeichen versehen. Hier sind Motor B und Getriebe P sur Einstellung des Lagewinkels β in Pfeilrichtung verschiebbar gelagert.

    [0015] Die Geschwindigkeitsverläufe zu der in Fig.4 dargestellten Ausführung enthält die Fig.5. Neben den Sinuskurven E (durchgezogene Linie) für die Kokillengeschwindigkeiten ohNE Kardanfehler bei einer Hubzahl von 1000 min⁻¹ und E₃ (punktiert) für eine Hubzahl von 40 min⁻¹, dem nichtsinusförmigen Verlauf E₄ (gestrichelt) der Kokillengeschwindigkeit mit Kardanfehler 50 ° bei einer Hubzahl von 40 min⁻¹ sowie der geraden Strangauszugskurve C sind die Verläufe der Winkelgeschwindigkeiten W₁ vor dem ersten Gelenk H, W₂ mit Kardanfehler hinter dem ersten Gelenk H und W₃ hinter dem zweiten Gelenk G dargestellt.

    [0016] Bei der Ausführung gemäß Fig.6 sind zwei Gelenkwellen D₁ und D₂ angeordnet, zwischen denen ein höhenverstellbares Getriebe P₂ zur Bildung und gegebenenfalls Änderung des Lagewinkels β zwecks Änderung der Größe des Kardanfehlers eingeschaltet ist. Durch die Getriebeübersetzung überlagern sich die beiden Kardanfehler, und es entsteht ein Auf- und Abschwellen der Winkelgeschwindigkeit W der Exzenterwellen A.

    [0017] Das Getriebe P₂ kann als doppeltes Planetengetriebe gemäß Fig.7 ausgebildet sein. Mit S sind mit den Gelenkwellen D gekuppelten Sonnenräder bezeichnet, mit T die mit ihnen kämmenden Planetenräder, die von je einem Hohlrad R umgeben sind, mit dem sie ebenfalls in Zahneingriff sind. Durch Verdrehen eines der Hohlräder R, z.B. mittels Handhebels U, werden die Gelenkwellen D gegeneinander verdreht und damit kann der Gesamtkardanfehler auch während des laufenden Antriebes der Hubvorrichtung während des Gießens Verändert werden.

    [0018] Die Gelenkwellen D₁ und D₂ können entweder, über ein verstellbares Hohlrad R oder verstellbare Planetenräder, rechnergesteuert während des Gießens gegeneinander verdreht werden. Hierdurch läßt sich die Kokillenoszillation während des Gießbetriebs verändern.

    [0019] Fig.8 zeigt ein bekanntes Kardangelenk und Fig.9 die zugehörigen Geschwindigkeitsverläufe und der aufgrund des Lagewinkels β auftretende Kardanfehler, der sich äußert in einer Verlagerung des Geschwindigkeitsverlaufs in Abhängigkeit von Winkel β.

    [0020] Fig.10 zeigt die Variation der Sinuskurve bei Verdrehung der Gelenke zur Erzeugung des Kardanfehlers mit dem Lagewinkel β als veränderlichem Parameter. Die Sinuskurve verlagert sich aus der in durchgezogenen Linien gezeigten Stellung in die nicht sinusförmigen Linien v₁ und v₂. Bei konstanter Abweichung der Ebenen der Gelenkgabeln zueinander verlagert sich die ursprüngliche Kurve v₀ bei β₁ zu der strichpunktierten Kurve v₁), während sich bei einem Lagewinkel β₂ die Lage der gestrichelten Kurve v₂ einstellt. Die Maxima der Geschwindigkeiten sind bei allen Kurven gleich.

    [0021] Bei den Kurven in Fig.11 ist ebenfalls der Lagewinkel β als veränderlicher Parameter gewählt.

    [0022] Die Maxima der Geschwindigkeiten verschieben sich seitlich, wenn die Gelenkwellen D zu den Exzenterwellen A an den Verbindungsstellen (Flanschverbindungen L, M, N) verdreht werden.

    Bezugszeichenliste



    [0023] 

    A Exzenterwelle

    B Drehantrieb

    C Strangabzugskurve

    D Gelenkwell

    E Sinuskurve

    E1,2.. nicht sinusförmige Kurven

    G,H Gelenkkopf

    K Kokille

    L,M,N Flanschverbindung

    P Getriebe

    R Hohlrad

    PS Positiver Strip

    NS Negativer Strip

    S Sonnenrad

    T Planetenrad

    U Handhebel




    Ansprüche

    1. Hubvorrichtung mit zwei an einem Hubtisch für die Stranggußkokille oder direkt an dieser angelenkten, drehbar angetriebenen Exzenterwellen,
    dadurch gekennzeichnet, daß in die Verbindung zwischen dem Drehantrieb (B) und den Exzenterwellen (A) mindestens eine Gelenkwelle (D) eingesetzt ist, die mindestens eine der beiden folgenden Bedingungen erfüllt:

    a) die Lage des von der Exzenterwelle (A) abgewandten Gelenkkopfes (H) ist veränderbar (Änderung des Lagewinkels β),

    b) die Gelenkköpfe (G,H) sind gegeneinander verdrehbar (Kardanfehler).


     
    2. Hubvorrichtung nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet, daß zwischen dem Drehantrieb (B) und den Exzenterwellen (A) mindestens ein Getriebe (P) eingeschaltet ist.
     
    3. Hubvorrichtung nach Anspruch 2,
    dadurch gekennzeichnet, daß das Getriebe (P) seitlich verschiebbar und/oder höhenverstellbar gelagert ist.
     
    4. Hubvorrichtung nach einem der Anprüche 1 bis 3,
    dadurch gekennzeichnet, daß ein Drehantrieb (B) mit Getriebe (P) höhenverstellbar und/oder seitlich verschiebbar gelagert ist und daß an das Getriebe (P) eine Gelenkwelle (D) unter einem Winkel β angeschlossen ist, zwischen der und den Exzenterwellen (A) ein Getriebe (P₁) vorgesehen ist.
     
    5. Hubvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
    dadurch gekennzeichnet, daß die Gelenkwelle (D) eine Flanschverbindung (L) zur Verstellung der Lage der Gelenkköpfe (G,H) zueinander aufweist.
     




    Zeichnung