[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Messung und Überwachung
der partiellen Dichte von Metall und Säure in Beizbädern.
[0002] Beim Beizen von Metalloberflächen zur Entfernung von meist oxidischen Belägen wie
Walzhaut, Glühhaut, Korro s ionsschichten und dergleichen, zur Aufrauhung für spezielle
Zwecke der Weiterverarbeitung oder zur Reinigung der Metalloberflächen werden anorganische
und organische Säuren eingesetzt.
[0003] Die chemische Entzunderung nach der Warmumformung erfolgt z.B. bei Halbzeug aus Eisen
und Eisenlegierungen in Mineralsäuren wie Schwefelsäure, Salzsäure, Salpetersäure,
Salpetersäure/Flußsäure-Mischungen oder Phosphorsäure.
[0004] Reaktionsprodukte des Beizprozesses sind vorwiegend Eisen-(II)-Ionen als Kation des
in Lösung befindlichen Eisen-(II)-Salzes der betreffenden Beizsäure, und Wasser bis
zum Erreichen der kritischen freien Eisenoberfläche; bei weiterer Potentialsbsenkung
des Metall/Metalloxid-Mischpotentials kommt atomarer Wasserstoff hinzu, der an Gitterfehlstellen
zu molekularem Wasserstoff rekombiniert und Gasblasen bildet.
[0005] Bei Überschreitung des Lösungsgleichgewichts kristallisieren Einsensalze aus, in
verschiedenen, von Temperatur und Konzentration abhängigen Hydratationsformen.
[0006] Für die Auslegung und den Betrieb einer Beizlinie ist die Beizgeschwindigkeit die
wesentliche Größe; diese wird nicht nur durch die Zunderbeschaffenheit beeinflußt,
sondern ist vor allem eine Funktion der Säurekonzentration und des sich mit der Zunderauflösung
anreichernden Eisengehaltes. Weitere wichtige Faktoren sind die Temperatur der Beizlösung
und die Bewegung des Beizgutes; daneben beeinflussen auch der Inhibitorzusatz, metallische
und nichtmetallische Verunreinigungen sowie Trübstoffe in der Beizlösung die Beizzeit.
[0007] Der Salzgehalt wirkt sich bei den verschiedenen Beizsäuren unterschiedlich auf die
Beizgeschwindigkeit aus. Während z.B. bei Schwefelsäure steigende Gehalte an Eisen(II)-Sulfat
die Beizgeschwindigkeit vermindern und die Eisen(II)-Ionen auf den Eisenangriff inhibierend
wirken, nimmt die Beizzeit bei Salzsäure mit steigendem Gehalt an Eisen(II)-Chlorid
bis dicht unter die Sättigungsgrenze ab; der Eisenangriff bleibt ungebremst.
[0008] Moderne Beizverfahren sind mit Regenerieranlagen zur Aufarbeitung der Abbeize gekoppelt.
Während z.B. beim Beizen mit Schwefelsäure das sich bildende Eisen(II)-Sulfat ständig
aus dem Beizprozess entfernt werden muß und der Verbrauch durch frische Schwefelsäure
aufgefüllt wird, ist bei Salzsäure die Abbeize nahezu vollständig regenerierbar, d.h.
ein Frischsäurenachsatz ist nicht notwendig.
[0009] Wird das Absinken des Säuregehaltes rechtzeitig signalisiert, kann durch Steigerung
der Frischsäurezufuhr eine Verlängerung der Beizzeit vermieden werden. Umgekehrt kann
der Säureverbrauch durch Vermeidung eines zu hohen Säuregehaltes in der Beizlösung
verringert werden. Überwachung und genaue Einstellung des Säure- und Eisengehaltes
haben zur Folge, däß bei gleichem Beizgut das Beizergebnis gleichmäßiger wird, und
auch die Auslastung der Regenerieranlage ist gleichmäßiger.
[0010] Die Überwachung betrieblicher Beizbäder erfolgt überwiegend durch manuelle Titration,
z.B. durch die Titration der freien Säure mit Natronlauge NaOH und die Titration des
Eisen(II)-Gehaltes mit Kaliumpermanganat KMnO₄ oder Kaliumdichromat K₂Cr₂O₇. Hierbei
wird Fe²⁺ zu Fe³⁺ aufoxidiert; das bedeutet, daß in betrieblicher Beizsäure vorhandenes
Fe³⁺ auf diesem Wege nicht erfaßt wird.
[0011] Das Festhalten an diesem einfachen, manuellen Verfahren erklärt sich daraus, daß
in Beizlinien mit festem, überschaubarem Beizprogramm periodische Kontrollen im Abstand
von 2 oder 4 Standen im Normalfall ausreichen und man deshalb den Einsatz von automatischen
Meßverfahren noch nicht als zwingend notwendig ansieht.
[0012] Anders liegt das Problem bei Beizlinien, in denen die Programme in kurzer zeitlicher
Abfolge von leicht beizbarem zu schwerer beizbarem Beizgut wechseln. Beiztemperatur,
Säurekonzentration und Beizdauer müssen der unterschiedlichen Beizbarkeit des Beizgutes
ständig angepaßt werden, die Eisengehalte ändern sich entsprechend. Die laufenden
Veränderungen erfordern eine Überwachung des Beizprozesses in sehr viel kürzeren Zeitabständen;
im Nachhinein können Analysen zwar bestimmte Zusammenhänge aufzeigen, für ein Eingreifen
in den Beizprozeß im Sinne einer Anpassung an das Beizprogramm ist es in der Regel
zu spät.
[0013] Man hat verschiedentlich versucht, die manuelle Titration durch moderne Prozeßtitration
abzulösen und damit den Überwachungsrhythmus drastisch zu verkürzen. Es hat sich aber
gezeigt, daß diese Geräte, die z.B. für die Wasserüberwachung oder in der Lebensmittelindustrie
mit Erfolg eingesetzt werden, beim Einsatz im rauhen Hüttenbetrieb nicht mit der gebotenen
Zuverlässigkeit arbeiten. Die Büretten verschmutzen sehr schnell, so daß die geforderte
Genauigkeit des Meßergebnisses in Frage gestellt ist. Häufige und zeitaufwendige Reinigungen
sind die Folge.
[0014] Prozeßtitratoren werden mitunter auch in Kombination mit fotometrischen Meßmethoden
eingesetzt, letztere für die Bestimmung des Eisengehaltes. Bei fotometrischer Messung
ist die indirekte Ermittlung des Fe(III)-Anteils als Differenz aus dem z.B. mit Thioglykolsäure
bestimmten Gesamteisen (gelöst) und dem z.B. mit Ortho-Phenantrolin bestimmten Fe(II)-Anteil
möglich.
[0015] Fotometrische Meßmethoden sind wegen ihrer Empfindlichkeit gegen Verunreinigungen
in der Beizlösung nur bedingt einsetzbar. Betriebliche Beizsäure mit schwankendem
Gehalt an hydratisierten Salzen, kolloidal ausgefallenen Silikaten (SiO₂ . aq), etc.,
verschmutzt die Meßzellen. Störend wirken auch die sich bei der Zunderauflösung bildenden
Gase und Trübstoffe. In diesem Zustand handelt es sich bei der Beizsäure nicht um
eine reine Lösung, sondern um eine Suspension. Um die Schwebeteilchen zurückzuhalten,
werden Filter vorgeschaltet. Diese müssen häufig gewechselt werden. Ständig machen
sich Überprüfungen, Reinigungen und Nacheichungen erforderlich - eine für den Betreiber
sehr aufwendige und dem Sicherheitsgebot bei der Führung von Beizbädern nicht angemessene
Arbeitsweise.
[0016] Dichte und Stoffanteile in sauren, wässrigen Fe(II)-Salzlösungen lassen sich für
praktische Zwecke hinreichend genau in einen mathematischen Zusammenhang bringen,
vergl. J. Pearson und W. Bullough: J. Iron Steel Inst. 167 (1951), S.439/445, und
W. Fackert: Z. Stahl & Eisen 72 (1952), S.1196/1207 sowie G. Dunk und B. Meuthen:
Z. Stahl & Eisen 82 (1962) S. 1790/1796. Die Dichte der Lösung errechnet sich aus
den Konzentrationen an Säure und Eisen. Zur Berechnung einer Größe müssen die beiden
anderen bekannt sein. Die Beziehungen gelten nur für eine bestimmte Temperatur, der
Temperatureinfluß auf die Dichte ist nicht berücksichtigt.
[0017] Es hat folglich Versuche gegeben, den Säure- und Eisengehalt durch Einbeziehung von
Dichtemessungen zu ermitteln:
Aus der US-PS 2 927 871 ist bekannt, wie man einen solchen mathematischen Zuzammenhang
zwischen der Dichte, der spezifischen Leitfähigkeit und den Gehalten an Säure und
Eisen in schwefelsauren Beizbädern zum Aufbau einer kontinuierlich arbeitenden Überwachungseinrichtung
verwenden kann.
[0018] Die Einrichtung besteht aus einem in die Beizlösung tauchenden Dichte-Meßfühler
(Luftblasenverfahren) und einer in die Beizlösung tauchenden Leitfähigkeitsmeßzelle.
Probleme bereiten die geringe Haltbarkeit der Meßfühler und die Verfälschung der Leitfähigkeitsmeßwerte
durch Ölabscheidung auf den Glaselektroden (beim Nachbeizen geölter Bänder gelangt
Einfettöl in die Beizsäure). Auch hat sich herausgestellt, daß das Meßverfahren auf
die Beizung mit Salzsäure nicht übertragbar ist.
[0019] Die Bemühungen zur Weiterentwicklung und breiten Einführung des Meßverfahrens in
die betriebliche Praxis sind schließlich gescheitert, weil sich die Leitfähigkeitsmessung
als zu störanfällig erwiesen hat. Dafür sind im wesentlichen drei Gründe anzuführen:
Einmal ist die Leitfähigkeit als Meßgröße nur für verdünnte Lösungen brauchbar. Bei
steigendem Gehalt an ionenbildenden Bestandteilen hemmen die Wechselwirkungskräfte
zunehmend die Beweglichkeit der Ionen, und die Leitfähigkeit erreicht keine höheren
Werte. Beizsäuren sind aber bereits dem Bereich starker Elektrolyte zuzuordnen.
[0020] Zum anderen spricht die Leitfähigkeit auf alle ionisierten Ladungsträger an, die
sich in Abhängigkeit vom Beizprogramm in den Beizbädern anreichern können. Dazu gehören
die Kationen Fe²⁺, Fe³⁺, Mn²⁺, Al³⁺, Cr³⁺ und das Hydroniumion H₃O⁺ ebenso wie die
Anionen Cl⁻, SO

, PO

. Die Leitfähigkeit ergibt sich als Produkt aus Elementarladung, Valenz des jeweiligen
Ladungsträgers, der Beweglichkeit und der Anzahl der Teilchen des jeweiligen Ladungsträgers.
Je verschiedener die Art der Ladungsträger und je größer ihre Zahl, desto verwickelter
die elektrochemischen Vorgänge. Zuverlässige Angaben über die Beweglichkeit der Teilchen
in konzentrierten Lösungen sind nicht verfügbar.
[0021] Und letztlich stört die mit der Zunderauflösung einhergehende Wasserstoffentwicklung.
Diese ist nicht nur von der Zusammensetzung, Dicke und Beschaffenheit der Zunderschicht
abhängig, sondern auch vom Inhibitorgehalt; eine Meßgröße wie die Leitfähigkeit,
die von der Kinetik dieses Prozesses stark beeinflußt wird, ist für die Überwachung
der Säure- und Eisengehalte in betrieblichen Beizsäuren denkbar ungeeignet.
[0022] Aus der JP-PS 56 136 982 ist bereits ein Verfahren bekannt, wie man durch dosiertes
Nachfüllen von Frischsäure bzw. Regenerat konstanter Konzentration den Säuregehalt
im Beizbehälter regulieren kann. Hierbei wird die zugeführte Säure im stöchiometrischen
Verhältnis von dem im Beizbad vorhandenen Eisen gebunden. Zwischen dem Gehalt an
Eisenionen und der überschüssigen Säure besteht ein linearer Zusammenhang. Ist der
Säuregehalt der zugeführten Frischsäure bekannt, läßt sich dieser Zusammenhang durch
eine Versuchsreihe mit gestuftem Eisengehalt leicht ermitteln. Die so gewonnene Funktion
kann nun in eine der aus der Fachliteratur bekannten Beziehungen zwischen Dichte,
Säure- und Eisengehalt eingesetzt werden, so daß man eine mathematische Beziehung
zwischen Dichte und Säuregehalt erhält. Diese wird durch eine Temperaturkorrektur
der Dichte ergänzt.
[0023] Mit Hilfe der auf diese Weise gefundenen Beziehung kann man den Gehalt an freier
Säure im Beizbad aus der dort gemessenen Dichte und Temperatur berechnen, wenn der
Säuregehalt der zuströmenden Frischsäure bekannt ist. Das Berechnungsverfahren ist
so angelegt, daß auf die Bestimmung des Eisengehaltes verzichtet werden kann. Das
Resultat wird verwendet, um die Säurezufuhr zu regulieren, mit dem Ziel, den Gehalt
an freier Säure im Beizbehälter möglichst gleich zu halten.
[0024] Das Verfahren birgt jedoch den Nachteil, daß nur der letzte, unmittelbar mit Frischsäure
oder Regenerat versorgte Beizbehälter direkt überwacht wird. Bekanntlich ändern sich
die Säure- und Eisengehalte von Behälter zu Behälter in Bandlaufrichtung in deutlicher
Abstufung: Während z.B. bei Schwefelsäurebeizung im ersten Behälter Säuregehalte zwischen
200 und 280 g/l und Eisengehalte zwischen 60 und 100 g/l gefunden werden,bewegt sich
der Säuregehalt im letzten Behälter zwischen 250 und 350 g/l bei Eisengehalten zwischen
20 und 60 g/l. Die Gehalte schwanken in Abhängigkeit vom Beizprogramm und Durchsatz
schon in den ersten Behältern beträchtlich; die durch eine Änderung der Frischsäurezufuhr
im letzten Behälter bewirkte Änderung der Verhältnisse im ersten Behälter ist schwer
kontrollierbar. Die Führung des Beizprozesses wird zusätzlich durch das Temperaturgefälle
vom letzten, überwachten Behälter zum ersten Behälter, in den das Band einläuft, erschwert.
[0025] Bei Schwefelsäurebeizen z.B. die neben Regenerat noch Frischsäure zur Auffüllung
von verbrauchter Säure benötigen, d.h. aus zwei Quellen zugleich versorgt werden,
bereitet die Vorausberechnung der nachzuführenden Säuremenge Schwierigkeiten; u.a.
ist der Einfluß der Reaktionswärme zu berücksichtigen. Die Verhältnisse gestalten
sich noch unübersichtlicher, wenn zusätzlich Wasser aufgefüllt wird.
[0026] Es hat sich herausgestellt, daß ein Meßverfahren, das auf die Kontrolle des Eisengehaltes
verzichtet und überdies nur den mit der Frischsäurezufuhr gekoppelten Behälter überwacht,
für die Führung des Beizprozesses in Beizlinien mit häufig wechselndem Programm nicht
ausreicht.
[0027] Dieser wesentliche Nachteil des vorbekannten Meßverfahrens kann nur dann vermieden
werden, wenn es gelingt, ein Verfahren zu finden, das es erlaubt, neben den Säuregehalten
auch die Eisengehalte zu ermitteln, und zwar möglichst in allen Behältern und unabhängig
vom Säurenachsatz. Die Vorbedingung, daß der Säuregehalt der zugeführten Frischsäure
konstant und bekannt sein muß, entfällt dann.
[0028] Die JP PS 56 136 982 enthält keine Angaben über die Art der Dichtemessung, so daß
auch nicht zu ersehen ist, ob die oben erwähnten Nachteile der Dichtemessung gemäß
US-PS 2 927 871 behoben werden können.
[0029] Von diesem Stand der Technik ausgehend, liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde,
ein Meßverfahren zu schaffen, das es ermöglicht, Säure- und Eisengehalte in mehreren
Behältern einer Beizlinie unabhängig vom Stofffluß, d.h. unabhängig vom Durchsatz
und von der Beschaffenheit des Beizgutes zu bestimmen.
[0030] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe dadurch gelöst, daß die Beizflüssigkeit des Beizbades
vom zwei Gamma-Strahlungen unterschiedlicher Energie durchstrahlt wird und aus den
gemessenen Zählraten und bekannten stoffspezifischen und/oder anlagenspezifischen
Parametern und Kalibrierwerten in einer Steuer- und Auswerteeinheit die partiellen
Dichten gewonnen werden. Es wurde gefunden, daß sich mit einer Kombination aus nur
zwei radiometrischen Meßsonden die Zusammensetzung der im wesentlichen aus den drei
Komponenten Wasser-Säure-Eisensalz bestehenden Beizflüssigkeit mit einer für industrielle
Zwecke hinreichenden Genauigkeit bestimmen läßt.
[0031] Bei Durchstrahlung einer Flüssigkeit in einem Rohrstück mit definierter Meßlänge
ist die Absorption der Gammastrahlung eine Funktion der Dichte. Zu der Dichte der
Beizlösung liefern aber die drei wesentlichen Stoffkomponenten - das Wasser als Lösungsmittel,
die freie Säure und das voll dissoziierte Eisensalz - einen von ihrem Anteil in der
Beizlösung abhängigen Beitrag. Jeder Stoffanteil absorbiert die Gammastrahlung in
einer stofftypischen Weise, gekennzeichnet durch den Massenschwächungskoeffizienten.
Die resultierende Intensitätsschwächung verteilt sich somit auf drei, durch das Produkt
Massenschwächungskoeffizient mal Dichte (Gehalt pro Volumeneinheit Beizlösung) bestimmte
Anteile:

Es bedeuten:
I - am Detektor auftreffende Strahlung
I₀ - ungeschwächte Strahlung
η Massenschwächungskoeffizient der Beizlösung
η
i - Massenschwächungskoeffizient des Stoffes i
r - Dichte der Beizlösung
L - durchstrahlte Meßlänge
r
i - partielle Dichte in der Beizlösung
Indizes i = 1, 2, 3 bedeuten:
1 - Wasser
2 - Säure
3 - Eisensalz
[0032] Bei kombinierter Anwendung der beiden Strahlungsquellen ergibt sich aus (1) somit
das folgende Gleichungssystem:

Indizes:
x - niederenergetische Strahlung, z.B. ²⁴¹ Am, 60 keV
y - höherenergetische Strahlung, z. B. ¹³⁷Cs, 660 keV
[0033] Die linke Seite der Gleichungen (2) enthält das Meßergebnis von der jeweiligen Strahlungsmeßsonde
multipliziert mit dem Reziprokwert der Meßlänge L, die rechte Seite mit den partiellen
Dichten r₁, r₂ und r₃ drei Unbekannte.
[0034] Es stehen somit zwei Gleichungen (2) mit drei Unbekannten zur Verfügung, aus denen
die partielle Dichte r₂ der Säure (der Gehalt an freier Säure) und die partielle Dichte
r₃ des Eisensalzes zu bestimmen sind. Um das Gleichungssystem lösen zu können, muß
eine weitere Bestimmungsgleichung gefunden werden.
[0035] Zwischen Dichte der Lösung r und partieller Dichte r₂ der Säure in dem Zweistoffsystem
Wasser - Säure besteht bei Konzentrationen, wie sie in Beizen auftreten, ein linearer
Zusammenhang:
r (r₂) = r₀ + m . r₂. (3)
[0036] Die größe r₀ entspricht der Dichte der Lösung bei r₂ = 0, d.h. der Dichte des Lösungsmittels
Wasser. Der Anstieg m der Dichte mit dem Säuregehalt r₂ ist jedoch noch eine Funktion
des Eisensalzgehaltes r₃ : Je mehr Eisensalz in der Beizlösung, desto kleiner der
Dichtezuwachs mit steigendem Säuregehalt.
[0037] Dieser Zusammenhang gilt analog für die Dichte einer Eisensalzlösung, die schrittweise
mit Säure versetzt wird. Die Linearität des Zusammenhangs bleibt erhalten, solange
sich in dem Dreistoffsystem Wasser - Säure - Eisensalz lediglich der Gehalt eines
der beiden gelösten Stoffe ändert.
[0038] Die obigen Zusammenhänge führen auf die folgende allgemeine Beziehung zwischen Dichte
der Beizlösung und den Gehalten der beiden in Lösung befindlichen Stoffe:
r (r₂, r₃) = k₀ + k₁r₂ + k₂r₃ + k₃.r₂r₃ (4)
k₀,k₁,k₂,k₃ sind Konstanten, die im Versuch ermittelt werden müssen. Sie lassen sich
aus einem hinreichend großen Werteumfang von Dichtemessungen und zugehörigen Analysenwerten
für Säure und Einsensalz bestimmen.
[0039] Gleichung (4) liefert über die Identität
r = r₁ + r₂ + r₃ (5)
die gesuchte dritte Bestimmungsgleichung für die partielle Dichte des Wassers in der
Beizlösung:
r₁ = k₀ + (k₁ - 1) r₂ + (k₂ - 1) r₃ + k₃.r₂ . r₃ (6)
[0040] Diese,in das Gleichungssystem (2) eingesetzt, führt zu einer quadratischen Gleichung,
aus der explizit der Säure- oder alternativ der Eisensalzgehalt errechnet werden
kann:

[0041] Da die Massenschwächungskoeffizienten η unabhängig von der Temperatur sind, ist lediglich
der Temperatureinfluß auf die Dichte zu berücksichtigen, was über den Term k

in (8) geschieht, unter der Maßgabe, daß die Arbeitstemperatur T
ist der Beizen um eine mittlere Temperatur T
M schwankt.
[0042] Die Temperaturkorrektur der Dichte setzt eine Messung der Temperatur T
ist voraus; diese ist für die Führung des Beizprozesses ohnehin unerläßlich, um bei Schwefelsäurebeizung
z.B. die Abscheidung von Monohydrat FeSo₄· . H₂O zu vermeiden. Man verfügt heute über
genaue Angaben, welche Konzentrationslinien in Abhängigkeit von der Beiztemperatur
nicht uberschritten werden dürfen. Die mit dem Meßverfahren gegebene Möglichkeit,
präzise die momentanen Säure- und Eisengehalte zu bestimmen, erlaubt es, den Beizprozeß
dicht unterhalb der Sättigungsgrenzen zu führen, ohne ein Auskristallisieren von Eisensalzen
befürchten zu müssen.
[0043] Das Produktglied mit dem Koeffizienten k₃ in (6) stellt einen Korrekturfaktor dar;
es verursacht letztlich den quadratischen Charakter von (2) und deren Lösungen (7).
[0044] Bei Messungen an Salzsäurebeizen stellte sich heraus, daß hinreichend genaue Dichtemessungen
durchgeführt werden können, wenn (anstelle von (4)) eine lineare Funktion gewählt
wird:
r (r₂,r₃) = l₀ + l₁r₂ + l₂ r₃ (9)
[0045] Mit diesem linearen Ansatz (9) ergibt sich aus (2) folgende Lösung für die Säure-
und Einsensalzkonzentration:

[0046] Die in den Gleichungen (8) und (11) enthaltenen Parameter L
x, L
y, I
ox und I
oy können durch eine Kalibrierung (Eichung) gewonnen werden, wie dies weiter unten beschrieben
wird.
[0047] Die Massenschwächungskoeffizienten η
xi und η
yi für die Komponenten der Beizflüssigkeit sind grundsätzlich zwar Materialgrößen, jedoch
hängen sie unter Umständen auch wesentlich vom meßtechnischen Umfeld ab.
[0048] Zur Erzielung einer ausreichenden Meßgenauigkeit ist es daher zweckmäßig, diese
Koeffizienten vor Durchführung der Messungen an der Beizflüssigkeit zu bestimmen.
Hierzu können Kalibriermessungen dienen, die im wesentlichen auf der sukzessiven Messung
einzelner Stoffkomponenten und ausgewählter Kombinationen solcher Stoffe beruhen.
[0049] Ähnlich dem weiter unten im enzelnen beschriebenen Kalibrierverfahren zur Gewinnung
der Parameter L
x, L
y, I
ox und I
oy lassen sich auch die Massenschwächungskoeffizienten aus (2) sukzessive bestimmen,
so daß hier eine detaillierte Äußerung entbehrlich ist.
[0050] Ein Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Vorrichtung zur Durchführung des oben
geschilderten Verfahrens wird nun anhand von Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen:
Figur 1 eine Darstellung der radioaktiven Meßstrecken in einer die Beizflüssigkeit
führenden Rohrleitung und
Figur 2 eine schematische Darstellung des Einsatzes von zwei Vorrichtungen gemäß Figur
1 in einer Beizanlage.
[0051] Die Beizflüssigkeit, d.h. also die aus den Stoffkomponenten Wasser-Säure-Eisensalz
bestehende Flüssigkeit, wird durch eine Rohrleitung 10 in Richtung des Pfeiles X in
der Darstellung der Figur 1 von unten nach oben gepumpt. Die Rohrleitung 10 ist dabei
so geführt, daß insbesondere das bei der Zunderauflösung möglicherweise entstehende
Wasser- stoffgas sich nicht stauen und die Messungen verfälschen kann; konstruktiv
bedeutet dies, daß die Rohrleitung 10 zumindest in den Rohrleitungsabschnitten 10B...10E
an jeder Stelle eine vertikal nach oben gerichtete Komponente besitzt, so daß sich
keine Gaspolster im Bereich der radiometrischen Meßstrecken festsetzen können.
[0052] Der Eingangsabschnitt 10A der Rohrleitung 10 weist ein Absperrventil 13 auf sowie
ein Auslaßventil 13A, der daran anschließende Rohrabschnitt 10B beinhaltet ein Widerstandsthermometer
15 zur Temperaturmessung und führt, rechtwinklig nach oben abgebogen, in die erste
radiometrische Meßstrecke 11, die aus einer Strahlungsquelle 11A und einem Szintillationszähler
11B besteht. Die von der Strahlungsquelle 11A, einem ¹³⁷Cs-Strahler, ausgesandte Gammastrahlung
verläuft koaxial zur Längsachse des Rohrabschnittes 10C, der seinerseits um den Winkel
α von etwa 45° gegen die Horizontale geneigt ist.
[0053] Mit einem weiteren Kniestück 10D verläßt die Rohrleitung 10 diese erste radiometrische
Meßstrecke, ein weiteres gerades Rohrstück 10E, das ebenfalls nach oben geneigt ist,
schließt sich an, indem eine zweite radiometrische Meßeinrichtung 12 zugeordnet ist,
die von einem ²⁴¹ Am-Strahler gebildet wird. Nach diesen beiden Meßstrecken wird die
Rohrleitung 10 schließlich mit einem Endabschnitt 10F weitergeführt, dem ein Absperrventil
16 und ein Einfüllstutzen 14 zugeordnet ist.
[0054] Die verwendeten radioaktiven Sonden sich an sich bekannte Meßgeräte, die im einzelnen
nicht erläutert zu werden brauchen. Für die radiometrische Meßsonde 12 kann ein Gerät
verwendet werden, das unter der Bezeichnung "LB 379" der Anmelderin im Handel erhältlich
ist, für die radiometrische Meßeinrichtung 11A/11B kann ein System "LB 386-1C" der
Anmelderin eingesetzt werden.
[0055] Die beiden radiometrischen Meßsonden liefern also an ihren entsprechenden Ausgängen
die Zählraten I
x bzw. I
y, aus denen, wie oben ausführlich erläutert, die partiellen Dichten der durchströmenden
Beizflüssigkeit gewonnen werden.
[0056] Aus den oben angeführten Gleichungssystemen 7 und 8 bzw. 10 und 11 ist entnehmbar,
daß zur Berechnung der partiellen Dichten r₂ und r₃ die Parameter L
x,L
y und I
ox, I
oy bestimmt werden müssen, also Parameter, die spezifisch sind für die jeweilige Intensität
der verwendeten radioaktiven Quellen einerseits als auch für die Geometrie der Meßstrecken
andererseits.
[0057] Hier kommt ein weiterer Vorteil der erfindungsgemäßen Konzeption zum Tragen, nämlich
die Möglichkeit einer äußerst einfachen Eichung bzw. Kalibrierung der Vorrichtung
nach Fig. 1, indem lediglich zwei Messungen der Zählraten I
x und I
y für zwei verschiedene Stoffe in der Rohrleitung 10 durchgeführt werden müssen. Zweckmäßigerweise
können als "Stoffe" hierbei Luft und Wasser als "Kalibriersubstanzen" gewählt werden.
In der Praxis sieht dies so aus, daß eine erste Messung bei leerer (d.h. luftgefüllter)
Rohrleitung 10 durchgeführt wird, woraus die Zählraten I
x (Luft) bzw. I
y (Luft) gewonnen werden. In einer zweiten Eichmessung wird dann die Rohrleitung 10
über den Füllstutzen 14 mit Wasser gefüllt (bei geschlossenem Ventil 13 und 13A) und
eine erneute Messung durchgeführt, woraus sich dann die beiden Zählraten I
x (Wasser) und I
y (Wasser) ergeben.
[0058] Somit stehen also aufgrund der beiden Kalibriermessungen vier Zählraten-Meßwerte
zur Verfügung, aus denen dann gemäß Gleichung (2) die gewünschten Konstanten I
ox, I
oy, L
x und L
y wie folgt auf einfache Weise bestimmt werden können:

[0059] Auf vergleichbare Weise lassen sich, wie oben schon erwähnt, auch die Massenschwächungskoeffizienten
η
xi und η
yi ermitteln.
[0060] Mit den so ermittelten Werten sind sämtliche Konstanten aus (8) bzw. (11) berechenbar
und somit auch die partiellen Dichten r₂ und r₃aus den zugehörigen Gleichungen (7)
bzw. (10).
[0061] Mit dieser Kalibrierung, die die erfindungsgemäße Konzeption ermöglicht, ist eine
einfache und sichere Handhabung der erfindungsgemäßen Vorrichtung gewährleistet.
[0062] In Fig. 2 wird gezeigt, wie die erfindungsgemäße radiometrische Meßeinrichtung zur
Bestimmung der Partialdichten in eine Beizanlage integriert wird. Hierbei sind die
radiometrischen Meßstrecken 11 und 12 und die zugehörigen Ventile 13A und 14 schematisch
innerhalb eines strichpunktierten Feldes F,G dargestellt. Am unteren Ende der Darstellung
der Fig. 2 sind die über Pumpen 26 miteinander verbundenen Vorratsbehälter 20,21,22
der jeweiligen Beizbäder dargestellt, die von einem Aufbereitungsbehälter 24 versorgt
werden. Der Aufbereitungsbehälter 24 erhält (ebenfalls über Pumpen 26 und Durchflußmesser
27) saures Wasser, Frischsäure und aufbereitete Säure, so daß sich im Aufbereitungsbehälter
24 ein erstes Gemisch aus den Stoffen einstellt, deren partielle Dichten bestimmt
werden sollen. Diese Mischung wird über einen Dampf-Wärmetauscher in einer Ringleitung
erhitzt. Die erste radiometrische Dichtemeßvorrichtung F befindet sich zwischen den
beiden Absperrventilen 13,16 im Nebenschluß dieses Heizkreislaufes, wobei uber eine
Drosselklappe 29 das Strömungsverhältnis eingestellt werden kann.
[0063] Eine zweite Dichtemeßvorrichtung G befindet sich in einem separaten Kreislauf (Rohrleitung
10) zum Arbeitsbehälter 20.
[0064] Durch gestrichelte Linien in der Fig. 2 sind Signalleitungen angedeutet, die die
gemessenen Zählraten I
x und I
y , die mit Temperaturfühlern 28 jeweils ermittelte Temperatur der Beizflüssigkeit
und die von den Durchflußmessern 27 gemeldete Durchflußmenge an jeweils eine Steuer-
und Auswerteeinheit 25 melden, in der dann die oben beschriebene Berechnung der partiellen
Dichten r₂ und r₃ durchgeführt wird.
[0065] Zweckmäßigerweise können mehrere dieser Steuer- und Auswerteeinheiten 25 zusammengefaßt
werden, wobei dann diese beispielsweise die für die Frischsäurezufuhr bestimmte Pumpe
26 steuern, um die aktuelle, d.h. kontinuierlich gemessene Zusammensetzung der Beizflüssigkeit
den aktuellen Bedürfnissen des jeweils verarbeiteten Produktes anzupassen.
1. Verfahren zu Messung und Überwachung der partiellen Dichte von Metall und Säure
in Beizbädern, dadurch gekennzeichnet, daß die Beizflüssigkeit des Beizbades von zwei
Gamma-Strahlungen (x,y) unterschiedlicher Energie durchstrahlt wird und aus den gemessenen
Zählraten (Ix, Iy) und bekannten stoffspezifischen und/oder anlagenspezifischen Parametern und Kalibrierwerten
in einer Steuer- und Auswerteeinheit (25) die partiellen Dichten (r₂, r₃) gewonnen
werden.
2. Verfahren nach Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Auswertung der
Zählraten (I
x, I
y) nach folgenden Gleichungen durchgeführt wird:
3. Verfahren nach Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Auswertung der
Zählraten (I
x,I
y) nach folg-enden Gleichungen durchgeführt wird:
4. Verfahren nach Patentanspruch 1-3, dadurch gekennzeichnet, daß die anlagenspezifischen
Parameter, nämlich die Zählraten Iox, Ioy der ungeschwächten Gammastrahlungen (x,y) und die zugehörigen durchstrahlten Meßlängen
(Lx, Ly) durch zwei Kalibrierungsmessungen ermittelt werden, bei denen andere Stoffe als
die zu überwachende Beizflüssigkeit durchstrahlt werden.
5. Verfahren nach Patentanspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß einer dieser Stoffe
Luft ist.
6. Verfahren nach Patentanspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß einer dieser Stoffe
Wasser ist.
7. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Patentanspruch 1-6, dadurch gekennzeichnet,
daß eine die Beizflüssigkeit (oder die Kalibrierstoffe) führende Rohrleitung (10)
zwei Meßstellen durchquert, an denen sie im Strahlengang zweier Gammastrahler liegt.
8. Vorrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß ein Rohrabschnitt (10C)
koaxial zur Strahlrichtung eines ¹³⁷Cs-Strahlers liegt.
9. Vorrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß ein Rohrabschnitt (10E)
senkrecht zur Strahlrichtung eines ²⁴¹Am-Strahlers (12) liegt.
10. Vorrichtung nach Anspruch 7-9, dadurch gekennzeichnet, daß die Längsachse (10)
zumindest in ihren durchstrahlten Abschnitten (10B-10E) an jeder Stelle eine vertikale
Richtungskomponente aufweist, und daß die Einspeisung der Beizflüssigkeit am untersten
Abschnitt (10A) der Rohrleitung (10) erfolgt.
11. Vorrichtung nach Anspruch 8 und 10, dadurch gekennzeichnet, daß die Längsachse
des vom ¹³⁷Cs-Strahler (11A) beaufschlagten Rohrabschnittes (10C) um einen Winkel
α von etwa 45° nach oben geneigt ist.
12. Vorrichtung nach Anspruch 7-11, dadurch gekennzeichnet, daß die Rohrleitung (10)
mit einem der Vorratsbehälter (20...22) un dem Aufbereitungsbehälter (24) der Beizflüssigkeit
verbindbar ist.
13. Vorrichtung nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, daß die Rohrleitung (10)
mittels Absperrventilen (13,16) parallel zu einer Ringleitung schaltbar ist, die die
Beizflüssigkeit führt, und daß der Durchfluß durch die Rohrleitung (10) über eine
Drosselklappe (29) in der Ringleitung steuerbar ist.
14. Vorrichtung nach Anspruch 7-9, dadurch gekennzeichnet, daß die Zählraten (Ix,Iy) der beiden Gamma-Strahler (11,12) und der Meßwert eines Temperaturfühlers (15,28)
der Steuer- und Auswerteeinheit (25) zugeführt werden.
15. Vorrichtung nach Anspruch 7-14, dadurch gekennzeichnet, daß jedem der Vorratsbehälter
(20...22) und dem Aufbereitungsbehälter (24) jeweils eine Vorrichtung (F,G) zugeordnet
ist.