[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Außenrundschleifen von Werkstücken mit einem
Werkstück-Durchmesser (d
w), bei dem eine Schleifscheibe mit einer Schleifscheiben-Umfangsgeschwindigkeit (v
s) an dem sich gegenläufig mit einer Werkstück-Umfangsgeschwindigkeit (v
w) drehenden Werkstück anliegt und die Schleifscheibe und das Werkstück mit einer Vorschubge
schwindigkeit (v
f a) parallel zur Achse des Werkstücks relativ zueinander zugestellt werden, wobei die
Schleifscheibe sich um eine Achse dreht, die unter einem Winkel zur Achse des Werkstücks
angestellt ist und die Schleifscheibe einen ersten und einen zweiten konischen Umfangsabschnitt
aufweist, derart, daß der erste Umfangsabschnitt mit einer ersten Oberfläche an einer
helikoidalen Zerspanungsfläche und der zweite Umfangsabschnitt mit einer zweiten
Oberfläche an einer axialen Umfangsfläche des Werkstücks anliegt.
[0002] Verfahren der vorstehend genannten Art sind allgemein bekannt und werden in der Regel
zum sogenannten "Einstechschleifen" eingesetzt. Beim herkömmlichen Einstechschleifen
werden verhältnismäßig geringe Umfangsgeschwindigkeiten von Schleifscheibe und Werkstück
eingestellt, beispielsweise Umfangsgeschwindigkeiten in der Größenordnung von 40
m/s.
[0003] Es ist ferner bekannt, das vorstehend erläuterte Verfahren zum Schälschleifen einzusetzen,
bei dem durch die axiale Vorschubbewegung der Außenumfang des Werkstücks von einem
Rohmaß auf ein Sollmaß bei verhältnismäßig hohen Zerspanungsleistungen abgeschliffen
wird. Die axiale Vorschubgeschwindigkeit ist in diesem Falle außerordentlich gering
und liegt im Bereich von einigen mm/min.
[0004] Andererseits ist ein Hochgeschwindigkeits-Schleifverfahren bekannt, bei dem eine
Schleifscheibe von verhältnismäßig geringer Dicke (beispielsweise 8 mm) verwendet
wird, die derart angestellt ist, daß sie mit einer Stirnfläche an einer radialen Schulterfläche
des Werkstücks zwischen Rohmaß und Endmaß anliegt, während ihre Umfangs-Mantelfläche
gegenüber der fertig bearbeiteten axialen Umfangsfläche des Werkstücks unter einem
Freiwinkel angestellt ist.
[0005] Obwohl auch mit diesen bekannten Hochgeschwindigkeits-Schleifverfahren verhältnismäßig
hohe Zerspanungsleistungen erzielt werden können, hat dieses bekannte Verfahren den
Nachteil, daß aufgrund der praktisch punktförmigen Anlage der Schleifscheibe am Fußpunkt
der radialen Stirnfläche des Werkstücks im Übergang zur bereits fertig bearbeiteten
Umfangsfläche eine spiralförmig gerillte Oberfläche des Werkstücks entsteht, die für
viele Anwendungen nicht akzeptabel ist.
[0006] Der Erfindung liegt demgegenüber die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs
genannten Art dahingehend weiterzubilden, daß bei hohen Zerspanungsleistungen eine
gleichmäßige fein bearbeitete Oberfläche ohne Oberflächenspiralen mit vorgegebener
Oberflächengüte entsteht.
[0007] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß aus einer vorgegebenen Oberflächenrauhigkeit
(R
z) des Werkstücks ein Überdeckungsgrad (u) der Schleifscheibe bestimmt und alsdann
die axiale Länge (l
N) der ersten Oberfläche nach der Beziehung:

eingestellt wird, wobei (q) der Quotient (V
s/v
w) der Umfangsgeschwindigkeiten von Schleifscheibe und Werkstück ist und vorzugsweise
die folgenden Wertebereiche eingestellt sind:
d
w = 5 bis 250 mm
v
s = 100 bis 300 m/s
v
w = 65 bis 200 m/min
v
f a = 150 bis 2000 mm/min.
[0008] Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe wird auf diese Weise vollkommen gelöst.
In dem angestrebten Wertebereich mit den extrem hohen Umfangsgeschwindigkeiten und
Vorschubgeschwindigkeiten können Zerspanungsleistungen erzielt werden, die den Zerspanungsleistungen
klassischer spanabhebender Bearbeitungsverfahren mit definierter Schneidenoberfläche
(Drehen, Fräsen) ebenbürtig sind. Dabei ergeben sich jedoch die Vorteile des Bearbeitungsverfahrens
mit nicht-definierter Schneidenoberfläche (Schleifen), weil nämlich beim Schleifen
lediglich sehr kleine kornartige Schleifspäne anfallen. Bei den anderen spanabhebenden
Bearbeitungsverfahren mit definierter Schneidenoberfläche, insbesondere beim Drehen,
fallen im Gegensatz dazu verhältnismäßig große und lange Späne an, die sich beim Drehen
als sogenannte Wickelspäne bemerkbar machen können und nach dem heutigen Entwicklungsstand
eine automatisierte Fertigung mit Drehbearbeitung verhindern. Selbst bei modernen
Drehmaschinen muß nämlich eine Überwachungsperson bereitstehen, um im Falle des Auftretens
von Wickelspänen mittels eines Hakens das Werkstück von den Wickelspänen zu befreien.
[0009] Das erfindungsgemäße Verfahren ist somit ein Stirnumfangs-Schleifverfahren mit Längsvorschub,
mit Zerspanung durch geometrisch unbestimmte Schneiden. Das Bearbeitungsaufmaß weist
eine große Schnittiefe auf, die etwa 100 bis 1.000 mal größer ist als beim herkömmlichen
Längsschleifen. Eine Hauptschneidenfläche wirkt als Stirnseite des Schleifkörpers,
wobei die axiale Zustellung etwa 10 bis 100 mal größer ist als beim herkömmlichen
Längsschleifen. Beim Umfangsschliff wird durch eine Nebenschneidenfläche eine Glättwirkung
erzielt, wobei die axiale Länge der Nebenschneidenfläche durch Qualifizierung der
technologischen Wirkmechanismen bestimmt wird.
[0010] Da dies beim erfindungsgemäßen Verfahren nicht erforderlich ist, eröffnet das erfindungsgemäße
Verfahren völlig neue Perspektiven für automatisierte Fertigungen in Bereichen, die
bislang eine Domäne der Dreh- und Fräsbearbeitung waren.
[0011] Von besonderem Vorteil ist dabei, daß in dem genannten Wertebereich die gewünschte
Oberflächenrauhigkeit in einem weiten Bereich vorgegeben werden kann. Aus der gewünschten
Oberflächenrauhigkeit wird nämlich mit Hilfe empirisch gewonnener Beziehungen als
Hilfsgröße ein Überdeckungsgrad ermittelt, der seinerseits über die Geometrie und
die Betriebsparameter von Werkstück und Schleifscheibe die axiale Länge der ersten
Oberfläche zu ermitteln gestattet. Diese Länge kann dann durch geeignete Wahl der
Schleifscheibe eingestellt werden, so daß für die jeweils gewünschte Oberflächenrauhigkeit
nur minimale radiale Druckkräfte, die der axialen Länge der ersten Oberfläche entsprechen,
aufgewendet werden müssen.
[0012] Weitere Vorteile ergeben sich aus der Beschreibung und der beigefügten Zeichnung.
[0013] Es versteht sich, daß die vorstehend genannten und die nachstehend noch erläuterten
Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination sondern auch in anderen
Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden
Erfindung zu verlassen.
[0014] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in der Zeichnung dargestellt und wird in
der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 eine Ansicht von oben, stark schematisiert, zur Erläuterung des erfindungsgemäßen
Verfahrens;
Fig. 2 eine Kurvenschar zur Erläuterung der empirischen Abhängigkeit des Überdeckungsgrades
(u) von der Oberflächenrauhigkeit (Rz) und der Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit (Vs).
[0015] In Fig. 1 bezeichnet 10 ein rotationssymmetrisches Werkstück, das eine Längsachse
11 aufweist. Ein erster Abschnitt 12 des Werkstücks 10 weist eine erste Umfangsfläche
13 mit einem Rohmaß auf. Ein zweiter Abschnitt 14 des Werkstücks 10 ist bereits bearbeitet
und seine zweite Umfangsfläche 15 weist das gewünschte Endmaß auf.
[0016] Zwischen den Abschnitten 12 und 13 befindet sich eine helikoidale Zerspanungsfläche
16, wobei das Aufmaß mit a bezeichnet ist.
[0017] Das Werkstück 10, das einen Durchmesser (d
w) aufweist, ist um die Achse 11 in Richtung eines ersten Pfeils 17 (Z-Achse) drehbar,
wobei im Rahmen der vorliegenden Erfindung eine Drehzahl eingestellt wird, die einer
Umfangsgeschwindigkeit von 65 bis 200 m/s bei Werkzeugdurchmessern (d
w) von 5 bis 250 mm entspricht.
[0018] Das Werkstück 10 ist relativ zu einer Schleifscheibe 30 verfahrbar. Vorzugsweise
wird das Werkstück 10 axial in Richtung eines zweiten Pfeils 35 verfahren. Die Vorschubgeschwindigkeit
v
f a des Werkstücks 10 beträgt dabei etwa 150 bis 2.000 mm/min. Das üblicherweise verwendete
Koordinatensystem X-Y-Z ist ebenfalls in Fig. 1 eingetragen.
[0019] Die Schleifscheibe 30 weist eine Achse 31 auf, die unter einem Winkel 32 in der Größenordnung
von 30° (vorzugsweise 26° 34′) zur Achse 11 des Werkstücks 10 angestellt ist. Die
Schleifscheibe 30 sitzt auf einer antreibbaren Welle 33, die sich in Richtung eines
dritten Pfeils 34 um die Achse 31 dreht.
[0020] Bei einem Schleifscheibendurchmesser in der Größenordnung von 600 mm wird die Drehzahl
der Schleifscheibe 30 so eingestellt, daß ihre Umfangsgeschwindigkeit (v
s) im Bereich von 100 bis 300 m/s liegt.
[0021] Die Schleifscheibe 30 weist, von ihren radialen Stirnflächen ausgehend, als Hauptschneidenfläche
einen ersten konischen Abschnitt 40, als Nebenschneidenfläche einen zweiten konischen
Abschnitt 41 und einen dritten konischen Abschnitt 42 auf.
[0022] Der erste und der zweite konische Abschnitt 40, 41 schließen zueinander einen Winkel
von 90° ein, während der dritte konische Abschnitt 42 geringfügig flacher als der
zweite konische Abschnitt 41 verläuft.
[0023] Wie aus Fig. 1 deutlich erkennbar ist, liegt die Schleifscheibe 30 derart am Werkstück
10 an, daß der erste konische Abschnitt 40 (Hauptschneidenfläche) mit einer ersten
Oberfläche 44 an der helikoidalen Zerspanungsfläche 16 und der zweite konische Abschnitt
41 mit einer zweiten Oberfläche 45 an der zweiten, bearbeiteten Umfangsfläche 15 des
Werkstücks 10 anliegt. Infolge des flacheren Verlaufs des dritten konischen Abschnitts
42 weist dessen dritte Oberfläche 46 zur zweiten, bearbeiteten Umfangsfläche 15 einen
Freiwinkel 47 auf.
[0024] Die Anordnung ist so gewählt, daß der zweite konische Abschnitt 41 (Nebenschneidenfläche)
mit seiner zweiten Oberfläche 45 über eine axiale Länge (l
N) an der zweiten, bearbeiteten Umfangsfläche 15 des Werkstücks 10 anliegt.
[0025] Man kann nun einen Überdeckungsgrad (u) definieren, der dem Quotienten der axialen
Länge (l
N) der zweiten Oberfläche 45 zur Zustellung in Richtung des dritten Pfeils 35 entspricht,
wobei diese Zustellung ihrerseits gleich dem Quotienten der Vorschubgeschwindigkeit
(v
f a) und der Drehzahl des Werkstücks ist.
[0026] Dieser Überdeckungsgrad (u) ist ein direktes Maß für die erzielbare Oberflächenrauhigkeit
(R
z), wenn man die Umfangsgeschwindigkeit (v
s) der Schleifscheibe 30 mit in die Überlegung einbezieht. Die Abhängigkeit des Überdeckungsgrades
(u) von der Oberflächenrauhigkeit (R
z) läßt sich, unter Parametrierung nach der Umfangsgeschwindigkeit (v
s) der Schleifscheibe 30 in einer Kurvenschar darstellen, wie sie für einen bestimmten
Werkstoff beispielhaft und äußerst schematisiert in Fig. 2 dargestellt ist. Man erkennt
aus Fig. 2 deutlich, daß die Oberflächenrauhigkeit (R
z) umso besser, d.h. geringer wird, je größer der Überdeckungsgrad (u) je höher die
Umfangsgeschwindigkeit (v
s) der Schleifscheibe 30 ist.
[0027] Wird nun eine bestimmte Oberflächenqualität eines Werkstücks gewünscht, kann nach
dem erfindungsgemäßen Verfahren aus der gewünschten Rauhigkeit (R
z) der zugehörige Überdeckungsgrad (u) unter Berücksichtigung der Umfangsgeschwindigkeit
(v
s) der Schleifscheibe 30 ermittelt werden. Dieser sich ergebende Überdeckungsgrad (u)
wird nun in die folgende Formel:

eingesetzt. Es ergibt sich dann die axiale Länge (l
N), die gerade noch erforderlich ist, um bei den jeweils vorliegenden Betriebsparametern,
nämlich den Umfangsgeschwindigkeiten (v
s , v
w) von Schleifscheibe 30 und Werkstück 10 dem Werkstückdurchmesser (d
w) und der Vorschubgeschwindigkeit (v
f a) die gewünschte Oberflächenrauhigkeit (R
z) zu erzeugen, wobei zu der o.g. Formel zu berücksichtigen ist, daß die dort genannte
Hilfsgröße (q) dem Quotienten (v
s/v
w) der Umfangsgeschwindigkeit von Schleifscheibe 30 und Werkstück 10 entspricht.
[0028] Es versteht sich, daß das vorstehend erläuterte Verfahren nur als Beispiel für den
Fall zu verstehen ist, daß bei vorgegebener Oberflächenrauhigkeit (R
z) die axiale Länge (l
N) der zweiten Oberfläche 45 bestimmt und eingestellt werden kann. Selbstverständlich
kann aber nach dem erfindungsgemäßen Verfahren auch eine andere Kombination von Verfahrensparametern
vorgegeben bzw. eingestellt werden, wobei zur wechselseitigen Bestimmung der Verfahrensparameter
die oben erläuterten empirischen Abhängigkeiten und Gleichungen verwendet werden,
ohen daß dadurch der Rahmen der vorliegenden Erfindung verlassen wird.