(19)
(11) EP 0 332 813 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
20.09.1989  Patentblatt  1989/38

(21) Anmeldenummer: 89100935.9

(22) Anmeldetag:  20.01.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4A61G 5/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE FR GB NL SE

(30) Priorität: 18.03.1988 DE 3809044

(71) Anmelder: MEYRA WILHELM MEYER GMBH & CO. KG
D-32689 Kalletal (DE)

(72) Erfinder:
  • Weege, Rolf-Dieter, Dr.
    D-4925 Kalletal (DE)

(74) Vertreter: Leine, Sigurd, Dipl.-Ing. et al
LEINE & KÖNIG Patentanwälte Burckhardtstrasse 1
D-30163 Hannover
D-30163 Hannover (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Rollstuhl mit von den Händen zu betätigenden Antriebshebeln


    (57) Die Erfindung betrifft einen Rollstuhl mit von den Händen zu betätigenden Antriebshebeln (14), die jeweils an ihrem einen Ende einen Handgriff (16) zum Antrieb und entfernt davon zwei vonein­ander entfernte Gelenklager (13, 17) aufweisen, von denen ein erstes mit einem Kurbellager (10) am Ende einer mit dem anzutreibenden Rad verbundenen Kurbel (9) und das zweite mit dem Gestell (1) des Roll­stuhles wirkungsverbunden ist. Das zweite Gelenklager (17) ist über eine Führungseinrichtung beweglich mit dem Gestell des Roll­stuhles verbunden, derart, daß die Handgriffe (16) bei Vor- und Rückbewegung Bahnen verschiedener Höhe durchlaufen. Die Führung läßt sich als mehrgliedriges Koppelgetriebe mit einer höheren Koppelkurve als Antriebsbewegung ausbilden. Die Bewegungsbahnen der Handgriffe (16) bilden eine geschlossene Kurve, die beispiels­weise die Form einer flachen, unsymmetrischen Ellipse hat. In dieser Bahn erfolgt keine Bewegungsumkehr, so daß auch Tot­punkte vermieden sind. Rollstuhlbenutzer können daher in jeder Bewegungslage eine Antriebs- oder Bremswirkung entfalten.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft einen Rollstuhl der im Oberbegriff des Anspruchs 1 genannten Art mit von den Händen zu betätigen­den Antriebshebeln.

    [0002] Durch die Firmendruckschrift "Rollstühle und Rehabili­tationsmittel" der Firma MEYRA Wilhelm Meyer GmbH & Co.KG, Meyra-Ring 2, D-4925 Kalletal-Kalldorf, 8/84,Seiten 70 bis 71,sind Rollstühle der betreffenden Art mit Antriebshebeln zum Antrieb der angetriebenen Räder bekannt, bei dem jeweils die Antriebs­hebel mit dem zweiten Gelenklager unmittelbar am Gestell des Rollstuhles schwenkbar angelenkt sind, während das erste Schwenklager über eine Stange gelenkig mit dem Ende einer an dem anzutreibenden Rad befestigten Kurbel verbunden ist. Im Prinzip handelt es sich um ein viergliedriges Gelenkgetriebe, das jedoch den Nachteil von Totpunkten jedesmal dann hat, wenn die Kurbel in Richtung der Stange zwischen Antriebshebel und Kurbel weist. Es liegt auf der Hand, daß solche Totpunkte bei Rollstühlen nachteilig sind, weil ein Rollstuhl in einer sol­chen Totpunktlage weder antreibbar noch abbremsbar ist. Dieser Nachteil ist von besonderer Bedeutung bei einarmigen Rollstuhl­fahrern. Da die Lenkung derartiger Rollstühle häufig über den unterschiedlichen Antrieb der Antriebshebel erfolgt, leidet durch die Totpunktlagen auch die Steuerbarkeit.

    [0003] Durch den Aufsatz von Weege, R. und Seliger, K. "Weiter­entwicklung und Erprobung eines Handhebelgetriebes für Roll­ stühle mittels richtungsgeschalteter Kupplung sowie zugehöriger Brems- und Lenkeinrichtung", Forschungsbericht des Bundes­ministeriums für Forschung und Technologie vom 30.6.1986, sind Handkurbelantriebe für Rollstühle diskutiert worden, bei denen die Kraftübertragung durch Ketten oder Riemen auf die Antriebs­räder erfolgt. Bei derartigen Kurbelantrieben entstehen zwar keine Totpunkte, da der Benutzer des Rollstuhles in den mög­lichen Totpunktbereichen die Richtung der Krafteinleitung ändern kann. Ein wesentlicher Nachteil solcher Kurbelantriebe besteht jedoch darin, daß die Krafteinleitung in einem ergono­misch sehr ungünstigen Bereich erfolgt und verhältnismäßig komplizierte und im Gebrauch ungünstige Kraftübertragungsmittel erforderlich sind.

    [0004] Es sind zwar bereits Kurbelgetriebe zur Überwindung von Totpunktlagen bekannt, DE-PS 13 561, 93 234, 653 912, 504 702, 649 255, jedoch sind diese so kompliziert, daß sie sich für die Anwendung bei Rollstühlen nicht eignen. Sie gehen alle von einer vorgegebenen, unveränderlichen Richtung der Krafteinleitung aus.

    [0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Rollstuhl mit von den Händen zu betätigenden Antriebshebeln zu schaffen, bei dem von dem Benutzer Totpunktlagen überwunden werden können und der einfach und sicher im Aufbau ist.

    [0006] Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe wird dadurch gelöst, daß das zweite Gelenklager über eine Führungseinrich­tung beweglich mit dem Gestell des Rollstuhles verbunden ist, derart, daß die Handgriffe bei Vor- und Rückbewegung Bahnen unterschiedlicher Höhe durchlaufen. Da die Bahnen sich vorn und hinten schließen, ergeben sich im Prinzip Bahnen ähnlich flacher, insbesondere unsymmetrischer Ellipsen. Bei derartigen Bahnen ist der Benutzer eines Rollstuhles in der Lage, durch Änderung der Richtung seiner Krafteinleitung Totpunkte im vorderen und hinteren Bereich der Bahnen zu überwinden, ähnlich wie das grundsätzlich bei Kurbelantrieben möglich ist. Der Grundgedanke der Erfindung besteht also darin, den an sich be­stehenden Vorteil der Totpunktüberwindung bei Kurbeltrieben mit dem bei Rollstühlen an sich günstigen Hebelantrieb zu ver­einen. Zur Erzeugung der erfindungsgemäßen Bahnkurve dient die Führungseinrichtung für die Antriebshebel, die in unterschied­licher Weise ausgebildet werden kann.

    [0007] Eine Möglichkeit der Ausführung der Führungseinrichtung besteht in der Lehre des Anspruchs 2. Bei dieser Ausführungs­form wird insgesamt ein Gelenkgetriebe mit einer höheren Koppelkurve als Antriebsbewegung gebildet.

    [0008] Diese Ausführungsform kann durch die Lehre des Anspruchs 3 weitergebildet werden, nach der ein sechsgliedriges Koppel­getriebe mit höherer Koppelkurve gebildet ist. Die Koppelkurve des Gelenkvierecks entsteht durch Führung der ein Koppelglied bildenden Kurbel durch Kreisbewegung um die Drehachse der Kurbel und Schwingbewegung des Schwenkarmes mit dem dritten Gelenklager um sein Schwenklager. Zusätzlich erfolgt eine Zweischlagführung durch den Schwenkhebel und die Koppelkurve des Gelenkvierecks. Daraus ergibt sich eine höhere Koppelkurve am Handgriff.

    [0009] Die Führungseinrichtung kann auch eine Gleitführung für das zweite Schwenklager sein, deren verschiebliches Teil über eine dritte Stange gelenkig mit dem Kurbellager verbunden ist.

    [0010] Das Kurbellager an der Kurbel für die zweite Stange kann von dem für die erste Stange verschieden sein, um so unter­schiedliche Koppelkurven am Handgriff zu erzielen. Aus dem gleichen Grunde kann die Länge der Antriebshebel und die Länge wenigstens einer der Stangen verstellbar sein.

    [0011] Anhand der Zeichnung soll die Erfindung näher erläutert werden.

    Fig. 1 zeigt ein Ausführungsbeispiel eines Rollstuhls gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung von der Seite,

    Fig. 2 ist eine Teilansicht der Fig. 1 von der Seite nur des Antriebsmechanismusses für ein angetriebenes Rad,

    Fig. 3 verdeutlicht schematisch die Funktion des Antriebsmechanismusses nach Fig. 1 und 2 Fig. 4 verdeutlicht ebenfalls schematisch ähnlich

    Fig. 3 eine Abwandlung des Antriebsmechanismusses gemäß den Fig. 1 und 2.



    [0012] Fig. 1 zeigt von der Seite einen Rollstuhl mit einem Gestell 1, das einen Sitz 2, Armlehnen 3 und Handgriffe 4 für eine Hilfsperson aufweist. An dem Gestell 1 sind um eine ver­tikale Achse 5 drehbare und durch nicht weiter dargestellte Mittel steuerbare Räder 6 gehalten und außerdem Antriebsräder 7 unmittelbar über Achsen 8 drehbar gelagert.

    [0013] Mit dem in Fig. 1 sichtbaren und in Fig. 2 in Einzeldar­stellung von links gezeigten Antriebsrad 7 ist fest eine Kurbel 9 verbunden, an deren Ende sich ein Kurbellager 10 be­findet, das über eine in ihrer Länge mittels einer Stell­schraube 11 verstellbare Stange 12 mit einem ersten Gelenklager 13 verbunden, das sich an einem Antriebshebel 14 befindet, der in seiner Länge mittels einer Stellschraube 15 verstellbar mit einem Handgriff 16 verbunden ist.

    [0014] Auf der dem Handgriff 16 abgewandten Seite des Gelenk­lagers 13 befindet sich ein zweites Gelenklager 17, mit dem der Antriebshebel 14 an das freie Ende eines Schwenkhebels 18 angelenkt ist, der mittels eines Schwenklagers 19 schwenkbar an dem Gestell 1 gehalten ist.

    [0015] Im Bereich zwischen dem zweiten Gelenklager 17 und dem Schwenklager 19 befindet sich an dem Schwenkhebel 18 ein drittes Gelenklager 20, das über eine in ihrer Länge mittels einer Stellschraube 21 verstellbare zweite Stange 22 mit einem weiteren Kurbellager 23 an der Kurbel 9 gekoppelt ist.

    [0016] Fig. 3 zeigt schematisch die einzelnen Glieder des Gelenk­getriebes bei dem Rollstuhl in Fig. 1, und sich entsprechende Teile sind mit gleichen Bezugsziffern versehen. Es sind drei verschiedene Bewegungslagen dargestellt. Antriebshebel 14 und Schwenkhebel 18 sind jeweils als flache Dreiecke dargestellt, wobei diese Dreiecke in einer mittleren Lage, in der die Be­zugsziffern eingetragen sind, schraffiert verdeutlicht sind. Der Handgriff 16 durchläuft eine Bahn ähnlich einer flachen, unsymmetrischen Ellipse in Richtung von Pfeilen 24 und 25, während sich die Kurbel 9 mit dem Rad 7 und den Kurbellagern 10 und 23 in Richtung eines Pfeiles 25 um die Achse 8 dreht. Der Schwenkhebel 18 schwingt um das Schwenklager 19 zusammen mit dem zweiten Gelenklager 17 in Richtung eines Doppelpfeiles 27.

    [0017] Es ist zu erkennen, daß sich der Handgriff 16 in den Lagen, in denen sich dieser am weitesten vorn (in der Zeichnung links) und am weitesten hinten (in der Zeichnung rechts), in denen bei her­kömmlichen Hebelantrieben Totpunkte auftraten, nach oben bzw. nach unten bewegt, also eine Bewegung ohne Bewegungsumkehr durchläuft, so daß ein Rollstuhlbenutzer in der Lage ist, durch Änderung der Richtung seiner Krafteinleitung eine Antriebs- oder Bremswirkung zu erzielen. Befindet sich z.B. der Handgriff 16 in der Lage am weitesten rechts in der Zeichnung, so kann der Rollstuhlbenutzer den Handgriff 16 nach unten drücken und auf diese Weise einen Antrieb des Antriebsrades 7 bewirken. Entsprechendes gilt für die Lage in der Zeichnung links, wo der Rollstuhlbenutzer den Handgriff 16 nur nach oben zu drücken braucht, um einen Antrieb zu bewirken.

    [0018] Fig. 4 zeigt schematisch in ähnlicher Darstellung wie die Fig. 3 eine Abwandlung der Ausführungsform gemäß Fig. 3. Sich entsprechende Teile sind mit gleichen Bezugsziffern versehen. Der Unterschied besteht darin, daß statt des Schwenkhebels 18 eine Gleitführung 28 zur Führung eines Schiebers 29 in Richtung eines Doppelpfeiles 30 vorgesehen ist. An dem Schieber 29 be­findet sich das zweite Gelenklager 17 des Antriebshebels 14. Der Schieber 29 ist gelenkig über eine Stange 31 mit dem Kur­bellager 23 an der Kurbel 9 gelenkig verbunden, wobei die Stange 31 über das Kurbellager 23 hinaus verlängert ist und an seinem Ende das Kurbellager 10 für die Stange 12 trägt.


    Ansprüche

    1. Rollstuhl mit von den Händen zu betätigenden Antriebs­hebeln, die jeweils an ihrem einen Ende einen Handgriff zum Antrieb und entfernt davon zwei voneinander entfernte Gelenklager aufweisen, von denen ein erstes mit einem Kurbel­lager am Ende einer mit dem anzutreibenden Rad verbundenen Kurbel und das zweite mit dem Gestell des Rollstuhles wir­kungsverbunden ist, dadurch gekennzeich­net, daß das zweite Gelenklager (17) über eine Führungs­einrichtung beweglich mit dem Gestell (1) des Rollstuhles verbunden ist, derart, daß die Handgriffe (16) bei Vor- und Rückwärtsbewegung Bahnen verschiedener Höhe durchlaufen.
     
    2. Rollstuhl nach Anspruch 1, dadurch gekenn­zeichnet, daß die Führungseinrichtung ein Schwenkhe­bel (18) ist, mit dem das zweite Gelenklager (17) verbunden und der am Gestell (1) des Rollstuhles über ein Schwenklager (19) gelenkig gelagert ist, derart, daß ein viergliedriges Koppelgetriebe gebildet ist.
     
    3. Rollstuhl nach Anspruch 2, dadurch gekenn­zeichnet, daß das Kurbellager (23) über eine erste Stange (12) mit dem ersten Gelenklager (13) und über eine zweite Stange (22) mit einem dritten Gelenklager (20) ver­bunden ist, das sich an dem Schwenkhebel (18) zwischen seinem Schwenklager (19) und dem zweiten Gelenklager (17) befindet, derart, daß ein sechsgliedriges Koppelgetriebe gebildet ist.
     
    4. Rollstuhl nach Anspruch 1, dadurch gekenn­zeichnet, daß die Führungseinrichtung eine Gleit­führung (28) für das zweite Gelenklager (17) aufweist, deren Schieber (29) über eine dritte Stange (31) gelenkig mit dem Kurbellager (23) verbunden ist.
     
    5. Rollstuhl nach Anspruch 3 oder 4, dadurch ge­kennzeichnet, daß das Kurbellager (23) an der Kurbel (9) für die zweite Stange (22) von dem (10) für die erste Stange (12) verschieden ist.
     
    6. Rollstuhl nach Anspruch 1, dadurch gekenn­zeichnet, daß die Länge der Antriebshebel (14) ver­stellbar ist.
     
    7. Rollstuhl nach Anspruch 3 oder 4, dadurch ge­kennzeichnet, daß die Länge wenigstens einer der Stangen (12, 22) verstellbar ist.
     




    Zeichnung