(19)
(11) EP 0 332 888 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
20.09.1989  Patentblatt  1989/38

(21) Anmeldenummer: 89103021.5

(22) Anmeldetag:  21.02.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4F04D 27/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE GB IT LI NL

(30) Priorität: 18.03.1988 DE 3809070

(71) Anmelder: MAN Gutehoffnungshütte Aktiengesellschaft
46122 Oberhausen (DE)

(72) Erfinder:
  • Blotenberg, Wilfried, Dr.-Ing.
    D-4220 Dinslaken (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum sicheren Betreiben von Turbo-Kompressoren


    (57) Bei bekannten Regelverfahren für Turbo-Kompressoren wird zur Verhinderung des Pumpens vor Erreichen der Pumpgrenze durch den Arbeitspunkt des Kompressors (1) bei Erreichen einer zur Pumpgrenze parallelen Abblaselinie durch gesteuertes Öffnen wenigstens eines Ab- oder Um­blaseventils (2) sichergestellt, daß der Durchfluß durch den Kompressor (1) einen vom Förderdruck abhängigen Mini­maldurchfluß nicht unterschreitet. Nachteilig ist bei diesen bekannten Verfahren, daß ein Pumpen nicht immer, insbesondere bei schnellen Arbeitspunktverschiebungen in Richtung zur Pumpgrenze, sicher vermieden werden kann. Das neue Verfahren soll diesen Nachteil vermeiden.
    Das neue Verfahren sieht vor, daß zusätzlich die Ge­schwindigkeit einer Arbeitspunktverschiebung in Richtung zur Pumpgrenze im Kennfeld ermittelt wird und daß bei Überschreiten einer geschwindigkeitsabhängig unterschiedlich weit vor der Pumpgrenze verlaufenden Schnellöffnungslinie eine der normalen Abblaseregelung überlagerte Schnellöffnung des Ab- oder Umblaseventils erfolgt. Hierdurch wird erreicht, daß ein Öffnen des Abblaseventils zum spätestmöglichen Zeitpunkt, jedoch immer noch rechtzeitig, erfolgt. Der Kompressor (1) kann damit in kleinerem Abstand von seiner Grenze noch sicher betrieben werden, was einen wirtschaftlicheren Teil­lastbetrieb und eine höhere Pumpsicherheit ergibt.
    Das neue Verfahren eignet sich zur Regelung von Turbo­kompressoren für die unterschiedlichsten Anwendungen, z. B. in Hochofen-Winderzeugern, bei petrochemischen Prozessen oder bei der Düngemittelherstellung.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum sicheren Betrei­ben von Turbo-Kompressoren, in welchem der den Arbeits­punkt des Kompressors definierende Durchfluß und Förder­druck kontinuierlich gemessen werden, wobei zur Verhin­derung des Pumpens vor Erreichen der Pumpgrenze durch den Arbeitspunkt des Kompressors bei Erreichen einer zur Pumpgrenze parallelen Abblaselinie durch mittels einer Abblaseregelung gesteuertes Öffnen wenigstens eines Ab- oder Umblaseventils sichergestellt wird, daß der Durch­fluß einen vom Förderdruck abhängigen Minimaldurchfluß nicht unterschreitet.

    [0002] Ein Verfahren der genannten Art ist aus der DE-PS 26 23 899 bekannt. Bei diesem Verfahren ist einer kontinuierlichen Abblaseregelung eine Sicherheitsteuerung überlagert. Obwohl sich dieses Verfahren in der Praxis insbesondere hinsichtlich eines Schutzes des Kompressors vor Pumpen bewährt hat, besitzt es noch Nachteile. Im Ansprechfall der Sicherheitssteuerung, d. h. bei Überschreiten einer statischen, zwischen Abblaselinie und Pumpgrenze verlau­fenden Sicherheitslinie durch den Arbeitspunkt, wird das Ab- oder Umblaseventil stets vollständig geöffnet, da in dem bekannten Verfahren die zugehörige Stellgröße für die Bewegungssteuerung des Ventils sprungartig auf den Wert "Null" gesetzt wird. Auch wenn der Arbeitspunkt vor Er­reichen der Öffnungsendstellung des Ventils die Abblase­ linie wieder zum sicheren Kenfeldbereich hin überschrit­ten hat, öffnet das Ventil weiter, da sich seine Stell­größe auf dem Wert "Null" befindet und von dort unter dem Einfluß der normalen Abblaseregelung nur langsam wieder ansteigen kann. Dies hat einen häufig sehr nachteiligen Druckeinbruch in dem vom Kompressor beschickten Verbrau­chernetz zur Folge. Der zweite Nachteil besteht darin, daß die Sicherheitslinie in einem festen Abstand parallel zur Abblaselinie bzw. Pumpgrenze verläuft und damit nur statisch wirkt. Um ein Überschreiten der Pumpgrenze durch den Arbeitspunkt für jeden denkbaren Betriebsfall sicher auszuschließen, muß der Abstand der Sicherheitslinie von der Pumpgrenze relativ groß sein. Dies führt in den mei­sten Ansprechfällen der Sicherheitssteuerung zu einem früheren Auslösen der Abblaseventilöffnung als eigentlich nötig, was wiederum zu Energieverlusten und damit höheren Betriebskosten des Kompressors im Teillastbetrieb führt.

    [0003] Es stellt sich daher die Aufgabe, ein Verfahren der ein­gangs genannten Art zu schaffen, das unnötige Druck- und Energieverluste durch vorzeitiges oder zu lang andauern­des Abblasen weitestgehend vermeidet.

    [0004] Die Lösung dieser Aufgabe gelingt erfindungsgemäß durch ein Verfahren der eingangs genannten Art, welches dadurch gekennzeichnet ist, daß die Geschwindigkeit der Bewegung des Arbeitspunktes relativ zur Abblaselinie oder Pump­grenze kontinuierlich ermittelt wird, daß bei Erreichen oder Überschreiten einer einen geschwindigkeitsabhängigen Minimalabstand des Arbeitspunktes von der Abblaselinie oder Pumpgrenze darstellenden Schnellöffnungslinie eine der normalen Abblaseregelung überlagerte Öffnung des Ab- oder Umblaseventils mit maximaler Verstellgeschwindigkeit erfolgt und daß bei der Rückkehr des Arbeitspunktes über die Schnellöffnungslinie die Öffnungsbewegung des Ventils beendet und dessen weitere Verstellung, ausgehend von der zuletzt erreichten Stellung, wieder durch die normale Ab­ blaseregelung übernommen wird.

    [0005] Mit den neuen Verfahren wird erreicht, daß beim Auftreten einer Störung, d. h. bei Annäherung des Arbeitspunktes an die Pumpgrenze bzw. Abblaselinie, die Öffnung des Abbla­seventils oder Umblaseventils unter Berücksichtigung der Bewegungsgeschwindigkeit des Arbeitspunktes jeweils zum spätestmöglichen Zeitpunkt ausgelöst wird. Dies bedeutet, daß bei der nach diesem Zeitpunkt noch auftretenden Wei­terbewegung des Arbeitspunktes die Pumpgrenze soeben nicht erreicht und keinesfalls überschritten wird. Dabei ist es selbstverständlich so, daß bei höherer Geschwin­digkeit des Arbeitspunktes in Richtung auf die Pumpgrenze zu die Auslösung der Öffnung des Abblaseventils früher und entsprechend bei niedrigerer Geschwindigkeit des Arbeitspunktes später erfolgt. Bei Betrachtung des Kom­pressor-Kennfeldes verläuft also die Schnellöffungslinie parallel zur Abblaselinie mit einem in Abhängigkeit von der momentanen Arbeitspunktgeschwindigkeit variierenden Ab­stand von der Pumpgrenze. Die unerwünschten Druckeinbrü­che im dem Kompressor nachgeschalteten Verbrauchernetz werden wirksam vermindert, da das Abblaseventil in dem neuen Verfahren nicht mehr stets vollständig sondern nur noch so weit wie eben erforderlich geöffnet wird. Der sichere Arbeitsbereich des Kompressors wird damit näher an die Pumpgrenze geschoben, was einen wirtschaftlicheren Betrieb des Kompressors und damit verminderte Betriebsko­sten ergibt.

    [0006] Weiter ist vorgesehen, daß während der Öffnung des Ab­blaseventils mit maximaler Verstellgechwindigkeit der Regler auf die jeweils aktuelle Stellung des Abblaseven­tils nachgeführt wird und daß die Übernahme der weiteren Verstellung des Abblaseventils durch den Regler im we­sentlichen sprung- und stoßfrei erfolgt. Hierdurch wird erreicht, daß ein längeres Einschwingen der Regelung, wie es bei bekannten Regelverfahren infolge von größeren Dif­ ferenzen zwischen der Stellung des Abblaseventils und der am Reglerausgang anstehenden Stellgröße für das Abblase­ventil auftritt, weitgehend vermieden wird. Der Druckver lauf im Verbrauchernetz wird hierdurch wesentlich gleich­mäßiger, d.h., daß die Auswirkungen von Störungen stark gedämpft werden.

    [0007] In einer weiteren Ausgestaltung des Verfahrens ist vorge­sehen, daß die Ermittlung der Geschwindigkeit des Ar­beitspunktes durch zeitliches Differenzieren der in Ab­hängigkeit von der Zeit variierenden Ortskoordinaten des Arbeitspunktes erfolgt. Dieses Verfahren liefert prak­tisch ohne Verzögerung die aktuelle Geschwindigkeit des Arbeitspunktes im Kennfeld, anhand welcher in Verbindung mit der aktuellen Position des Arbeitspunktes im Kennfeld entschieden wird, ob eine Schnellöffnung des Abblaseven­tils erfolgt oder nicht.

    [0008] Eine zweite Möglichkeit zur Ermittlung der Geschwindig­keit des Arbeitspunktes im Kennfeld besteht in einer Differenzbildung zwischen den aktuellen Ortskoordinaten und um eine vorgebbare Zeitspanne verzögerten Ortskoordi­naten mit folgender Division der Differenz durch die Zeitspanne. Diese Variante benötigt weniger Aufwand bei der Verarbeitung der Daten, hat jedoch eine etwas gerin­gere Reaktionsschnelligkeit als die vorangehend beschrie­bene Variante.

    [0009] Um Fehler bei der Geschwindigkeitsermittlung infolge ei­nes den Durchflußmeßwerten überlagerten Rauschens, z. B. durch Strömungsturbulenzen, zu vermindern, erfolgt zweck­mäßig vor der Geschwindigkeitsermittlung eine Tiefpaß-­Filterung der in Abhängigkeit von der Zeit in ihrer Lage im Kennfeld variierenden Ortskoordinaten des Arbeitspunk­tes, die durch die erwähnten Durchflußmeßwerte sowie Druckmeßwerte definiert sind. Das Rauschen führt zu klei­nen, kurzzeitigen Verschiebungen des Arbeitspunktes im Kennefeld, ohne daß wirkliche Änderungen im Betriebszu­stand des Kompressors vorliegen. Mit der Filterung werden diese kurzzeitigen Schwankungen in dem Geschwindigkeits­wert ausgeschaltet und es wird ein unnötiges Auslösen der Schnellöffnung des Abblaseventils vermieden.

    [0010] Bei der zuvor beschriebenen Filterung muß neben der er­wünschten Unterdrückung der kurzzeitigen Schwankungen der Arbeitspunktgeschwindigkeit in Kauf genommen werden, daß echte Arbeitspunktverschiebungen, z. B. infolge von Be­triebsstörungen im nachgeschalteten Verbrauchernetz, erst verzögert festgestellt werden. Um dem abzuhelfen, ist vorgesehen, daß vor der Geschwindigkeitsermittlung eine richtungsselektive, Variationen in Richtung auf die Pump­grenze oder Abblaselinie zu im wesentlichen unbeeinflußt durchlassende und andere Variationen mit vorgebbaren Fil­terparametern beeinflussende Filterung der zeitabhängig variierenden Ortskoordinaten des Arbeitspunktes im Kenn­feld erfolgt. Mit dieser nichtlinearen Filterung wird erreicht, daß Störungen in Richtung auf die Abblaselinie oder Pumpgrenze hin praktisch unbeeinflußt und damit unverzögert passieren können, Arbeitspunktbewegungen in andere Richtungen jedoch mit vorgebbaren Filterparametern gefiltert werden, bevor die Geschwindigkeitsbestimmung erfolgt. Rauschanteile der Meßwerte gehen damit nur noch wesentlich vermindert in die Geschwindigkeitsbestimmung ein.

    [0011] Eine weitere Alternative zu der zuvor beschriebenen Tiefpaßfilterung besteht darin, daß zusätzlich wenigstens ein weiterer Betriebsparameter des Kompressors, wie Dreh­zahl, Leitschaufelstellung oder Kompressorenddruck, er­faßt wird und daß eine Öffnung des Abblaseventils mit maximaler Verstellgeschwindigkeit nur erfolgt, wenn auch wenigstens einer der zusätzlich erfaßten Parameter eine Annäherung des Arbeitspunktes an die Pumpgrenze anzeigt. In der Regel ist eine Verschiebung des Arbeitspunktes auf die Pumpgrenze bzw. Abblaselinie zu mit einem Sinken der Kompressordrehzahl und/oder bei leitschaufelgeregelten Kompressoren mit einer Schließbewegung der Leitschaufeln sowie mit einem Anstieg des Enddrucks verbunden. Die Er­fassung dieser Parameter kann auf an sich bekannte Art und Weise erfolgen.

    [0012] Als weitere Variante zu den beiden vorher beschriebenen Verfahrensausführungen ist schließlich noch vorgesehen, daß die Öffnung des Abblaseventils mit maximaler Ver­stellgeschwindigkeit erst nach Überschreiten eines vor­gebbaren Geschwindigkeits-Grenzwertes und/oder eines vor­gebbaren Verschiebungsbetrages durch den Arbeitspunkt im Kennfeld erfolgt. Mit der erstgenannten Ausgestaltung des Verfahrens wird erreicht, daß ein Auslösen der Schnell­öffnung des Abblaseventils bei geringfügigen und langsa­men Bewegungen des Arbeitspunktes ausgeschlossen wird, da in diesen Fällen die übliche Regelung völlig ausreichend ist. Das Verfahren erhält hier eine Ansprechschwelle in Form einer Hysterese. Mit der zweitgenannten Ausgestal­tung wird das Verfahren unempfindlicher gegen Rauschen, das in den Durchflußmeßwerten auftritt.

    [0013] Mit dem neuen Verfahren wird also ein sicherer und wirt­schaftlicher Betrieb von Turbo-Kompressoren ermöglicht, wobei Eingriffe durch eine Schnellöffnung des Abblaseven­tils nur und erst dann erfolgen, wenn sie zum Schutz des Kompressors wirklich nötig sind und nur so lange andau­ern, wie sie erforderlich sind.

    [0014] Im folgenden werden bevorzugte Ausgestaltungen des erfin­dungsgemäßen Verfahrens in Beispielen anhand einer Zeichnung erläutert. Die Figuren der Zeichnung zeigen:

    Figur 1 einen Turbokompressor nebst einer schematischen Blockdarstellung eines Verfahrensablaufes,

    Figur 2 ein Blockdiagramm des erfindungswesentlichen Teils des Verfahrensablaufes,

    Figur 3 das Blockdiagramm aus Figur 2 mit einer ersten Ergänzung und

    Figur 4 das Blockdiagramm aus Figur 2 mit einer zweiten Ergänzung.



    [0015] Wie die Figur 1 der Zeichnung zeigt, wird ein zu verdich­tendes gasförmiges Medium durch eine Ansaugleitung 10 einem Turbokompressor 1 zugeführt, der das verdichtete gasförmige Medium in eine Druckleitung 11 fördert. Vor dem Kompressor 1 ist in die Ansaugleitung 10 eine Durch­flußmeßeinrichtung 4 eingebaut. Hinter dem Turbokompres­sor 1 ist in die Druckleitung 11 eine Druckmeßeinrichtung 5 eingeschaltet. Im weiteren Verlauf der Druckleitung 11 zweigt von dieser eine Abblaseleitung 21 mit einem einge­schalteten Abblaseventil 2 ab. Das Abblaseventil 2 ist mittels einer Ventilbetätigungseinrichtung 20 in seiner Position verstellbar. Durch die Abblaseleitung 21 mit dem Ventil 2 kann bei Bedarf ein Teil des vom Turbokompressor 1 verdichteten und in die Druckleitung 11 geförderten Me­diums, z. B. Druckluft, in die Atmosphäre abgeblasen werden. Alternativ kann die Leitung 21 auch zur Ansaug­leitung 10 zurückgeführt sein.

    [0016] Schließlich ist im weiteren Verlauf der Druckleitung 11 in diese, wie üblich, eine Rückschlagklappe 3 eingeschal­tet. Hinter dieser Rückschlagklappe 3 wird das verdich­tete Medium durch die Druckleitung 11 einem nachgeschal­teten Verbrauchernetz zugeführt.

    [0017] Mittels der Durchflußmeßeinrichtung 4 wird der ansaugsei­tig zum Kompressor 1 strömende Durchfluß kontinuierlich gemessen. Druckseitig wird mit der Druckmeßeinrichtung 5 der Druck des vom Kompressor 1 in die Druckleitung 11 geförderten Mediums kontinuierlich gemessen. Aus den Meß­werten der Durchflußmessung und der Druckmessung wird eine Regeldifferenz berechnet, die dazu verwendet wird, eine Ventilstellgröße für das Abblaseventil 2, genauer dessen Betätigungseinrichtung 20, zu berechnen. Die Meß­werte für den Durchfluß und den Druck definieren die Lage des Kompressorarbeitspunktes im Kompressor-Kennfeld. An­hand dieser Meßwerte sorgt das Regelverfahren durch eine bedarfsweise, mehr oder weniger starke Öffnung des Abbla­seventils 2 dafür, daß der Durchfluß durch den Turbokom­pressor 1 einen gerade noch zulässigen Minimaldurchfluß nicht unterschreitet. Soweit wie bisher beschrieben, entspricht das Regelverfahren dem bekannten Stand der Technik.

    [0018] Neu ist bei dem hier beschriebenen Verfahren, daß aus der aus dem Durchfluß und dem Druck berechneten Regeldiffe­renz eine Arbeitspunkt-Geschwindigkeit berechnet wird, d. h. die Geschwindigkeit, mit der sich der Arbeitspunkt des Kompressors 1 im Kennfeld bewegt. Insbesondere wird hier festgestellt, ob und mit welcher Geschwindigkeit sich der Arbeitspunkt der Abblaselinie oder Pumpgrenze nähert. Aus dieser Arbeitspunktgeschwindigkeit und aus der Regeldif­ferenz, die die aktuelle Position des Arbeitspunktes im Kompressorkennfeld darstellt, bildet eine Schnellöff­nungssteuerung Steuerbefehle für die Ventilbetätigungs­einrichtung 20 des Abblaseventils 2, um dieses bei Bedarf mit der größtmöglichen Verstellgeschwindigkeit um das erforderliche Maß zu öffnen. Die Schnellöffnungssteuerung greift immer dan ein, wenn der Arbeitspunkt im Kennfeld eine einen geschwindigkeitsabhängigen Minimalabstand des Arbeitspunktes von der Abblaselinie oder Pumpgrenze dar­stellende Schnellöffnungslinie erreicht oder überschrei­tet. Nach Rückkehr des Arbeitspunktes in den sicheren Kennfeldbereich übernimmt wieder die normale Abblasere­gelung mit der Ventilstellgrößenberechnung allein aus der Regeldifferenz die weitere Regelung des Kompressors 1.

    [0019] Eine erste Ausgestaltungsmöglichkeit des in Figur 1 mit Arbeitspunktgeschwindigkeitberechnung und Schnellöff­nungssteuerung bezeichneten, erfindungswesentlichen Ver­fahrensteils ist in der Figur 2 dargestellt. Die in einem früheren Verfahrensschritt berechnete Regeldifferenz, d. h. das Signal, das dem Abstand des Arbeitspunktes von der Abblaselinie entspricht und damit die Ortskoordinaten des Arbeitspunktes fixiert, wird nach der Zeit differenziert (DIF). Dieses Differential entspricht der Geschwindigkeit des Arbeitspunktes im Kennfeld in Richtung Pumpgrenze oder Abblaselinie. Geschwindigkeiten in andere Richtun­gen, insbesondere parallel zur Pumpgrenze oder Abblase­linie, werden nicht erfaßt. Diese Geschwindigkeit wird anschließend mit einer von der Lage des Arbeitspunktes, d. h. von der Regeldifferenz abhängigen, nicht- linearen Funktion (FNC) multipliziert (MUL). Anschließend wird dieses Produkt, das eine Geschwindigkeitskomponente dar­stellt, mit der Regeldifferenz, die die Ortskoordinate des Arbeitspunktes darstellt, verglichen (SUM1). Über­steigt nun der Zahlenwert der Geschwindigkeitskomponente den Zahlenwert der Ortskoordinate, so wird das Ergebnis des Vergleiches (SUM1) positiv. Die nachfolgende logische UND-Operation (AND1), die hier die Funktion einer Schalt­stufe hat, liefert dann ausgangsseitig ein Signal, das einen Ventilschnellöffnungsbefehl darstellt. Dieser Be­fehl bewirkt, daß das Abblaseventil in Öffnungsrichtung verstellt wird. Sobald der Zahlenwert der Geschwindig­keitskomponente wieder kleiner wird als der Zahlenwert der Ortskoordinate, springt der Ausgang der UND-Operation (AND1) zurück auf den Wert "0" und der Schnellöffnungsbe­fehl ist aufgehoben. Von nun an übernimmt wieder die normale Abblaseregelung die weitere Verstellung des Ab­blaseventils 2.

    [0020] Ergänzend kann hier vorgesehen sein, daß die normale Abblaseregelung, genauer die von dieser erzeugte Ventil­stellgröße, während der von der neu hinzu gekommenen Schnellöffnungssteuerung bewirkten Schnellöffnung des Abblaseventils 2 auf die hierdurch erreichte aktuelle Ventilstellung nachgeführt wird.

    [0021] Das in Figur 3 dargestellte Regelschema zeigt das Block­diagramm aus Figur 2 mit einer Ergänzung, mit welcher bewirkt wird, daß ein Ventilschnellöffnungsbefehl erst ausgegeben wird, wenn der Arbeitspunkt im Kennfeld eine bestimmte Mindestwegstrecke zurückgelegt hat. Hierzu ist eine Integration (NFI) vorgesehen, die so durchgeführt wird, daß das Ergebnis ausgangsseitig stets den Wert der Regeldifferenz annimmt. Vor der Integration erfolgt eine Begrenzung (LIM1), die die Stellgeschwindigkeit des In­tegrierens begrenzt. Je kleiner die Grenzwerte dieser Begrenzung (LIM1) gewählt sind, um so langsamer kann das Integral (NFI) einer Änderung der Regeldifferenz folgen. Nimmt man an, daß die Regeldifferenz sprungförmig einen um 10 % größeren Wert annimmt, so führt dies dazu, daß der Ausgang der auf das Integrieren (NFI) folgenden Summierung (SUM2) positiv wird. Übersteigt dieser posi­tive Wert den als Konstante (CON) vorgegebenen Grenzwert, wird auch das Ergebnis der nachfolgenden Summierung (SUM3) positiv und die Schnellöffnung des Abblaseventils 2 wird über die logische UND-Operation (AND1) freigege­ben. Legt dagegen der Arbeitspunkt nur eine kleine, un­terhalb des vorgegebenen Grenzwertes liegende Wegstrecke im Kennfeld zurück, wird eine Ventilschnellöffnung nicht vorgenommen. Diese Ausführung des Verfahrens hat insbe­sondere den Vorteil, daß sie gegen ein den Meßwerten für den Durchfluß überlagertes Rauschen unempfindlich ist.

    [0022] Figur 4 schließlich zeigt eine Verfahrensvariante, bei welcher das Blockdiagram aus Figur 2 um eine Filterung ergänzt ist. Die einzelnen, hierfür zusätzlich erforder­lichen Verfahrensschritte bestehen in einer Begrenzung (LIM2) der Regeldifferenz, einer nachführenden Integrie­rung (NFI), einer Summierung (SUM4) und einer weiteren logischen UND-Operation (AND2). Dieses nichtlineare Fil­ter arbeitet derart, daß ansteigende Signale der Regel­differenz unverzögert durchgelassen werden und daß fal­lende Signale der Regeldifferenz gefiltert werden, d. h. hier ein Tiefpaßfilter durchlaufen. Hierdurch wird si­chergestellt, daß die Differenzierung (DIF) zur Geschwin­digkeitsermittlung des Arbeitspunktes unverzögert auf Arbeitspunktverschiebungen in Richtung Pumpgrenze bzw. Abblaselinie reagiert und wesentlich unempfindlicher gegen Signalrauschen wird.

    [0023] Außer den vorangehend beschriebenen Ausgestaltungen des Verfahrens sind noch weitere Ergänzungen denkbar, wie z. B. durch eine an sich bekannte Handsteuerung zur manuellen Beeinflussung des Abblaseventils oder eine Sicherheitssteuerung mit einer statischen Sicherheits­linie. Dabei kann auch bei der Handsteuerung eine Nach­führung eines zugehörigen Handsteuerungs-Sollwertes auf die aktuelle Abblaseventilstellung beim Vorliegen von Differenzen zwischen diesen vorgesehen sein.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum sicheren Betreiben von Turbo-Kompresso­ren mittels Abblaseregelung, in welchem der den Ar­beitspunkt des Kompressors im Kompressorkennfeld defi­nierende Durchfluß und Förderdruck kontinuierlich gemessen werden, wobei zur Verhinderung des Pumpens vor Erreichen der Pumpgrenze durch den Arbeitspunkt des Kompressors bei Erreichen einer zur Pumpgrenze parallelen Abblaselinie durch von einem Regler gesteu­ertes Öffnen wenigstens eines Ab- oder Umblaseventils sichergestellt wird, daß der Durchfluß einen vom För­derdruck abhängigen Minimaldurchfluß nicht unter­schreitet,
    dadurch gekennzeichnet, daß die Geschwindigkeit der Bewegung des Arbeitspunktes relativ zur Abblaselinie oder Pumpgrenze kontinuierlich ermittelt wird,
    daß bei Erreichen oder Überschreiten einer einen ge­schwindigkeitsabhängigen Minimalabstand des Arbeits­punktes von der Abblaselinie oder Pumpgrenze darstel­lenden Schnellöffnungslinie eine der normalen Abblase­regelung überlagerte Öffnung des Ab- oder Umblase­ventils mit maximaler Verstellgeschwindigkeit erfolgt und
    daß bei der Rückkehr des Arbeitspunktes über die Schnellöffnungslinie die Öffnungsbewegung des Ventils beendet und dessen weitere Verstellung, ausgehend von der zuletzt erreichten Stellung, wieder durch die normale Abblaseregelung übernommen wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß während der Öffnung des Abblaseventils mit maximaler Verstellgeschwindigkeit der Regler auf die jeweils aktuelle Stellung des Abblaseventils nachgeführt wird und daß die Übernahme der weiteren Verstellung des Abblaseventils durch den Regler im wesentlichen sprung- und stoßfrei erfolgt.
     
    3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekenn­zeichnet, daß die Ermittlung der Geschwindigkeit des Arbeitspunktes durch zeitliches Differenzieren der in Abhängigkeit von der Zeit variierenden Ortskoordinaten des Arbeitspunktes erfolgt.
     
    4. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekenn­zeichnet, daß ie Ermittlung der Geschwindigkeit des Arbeitspunktes durch Differenzbildung zwischen den aktuellen Ortskoordinaten und um eine vorgebbare Zeit­spanne verzögerten Ortskoordinaten mit folgender Divi­sion der Differenz durch die Zeitspanne erfolgt.
     
    5. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekenn­zeichnet, daß vor der Geschwindigkeitsermittlung eine Tiefpaß-Filterung der in Abhängigkeit von der Zeit variierenden Ortskoordinaten erfolgt.
     
    6. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekenn­zeichnet, daß zusätzlich wenigstens ein weiterer Be­triebsparameter des Kompressors, wie Drehzahl, Leit­schaufelstellung oder Kompressorendruck, erfaßt wird und daß eine Öffnung des Abblaseventils mit maximaler Verstellgeschwindigkeit nur erfolgt, wenn auch wenig­stens einer der zusätzlich erfaßten Parameter eine Annäherung des Arbeitspunktes an die Pumpgrenze an­zeigt.
     
    7. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 6, dadurch gekenn­zeichnet, daß vor der Geschwindigkeitsermittlung eine richtungsselektive,Variationen in Richtung auf die Pumpgrenze oder Abblaselinie zu im wesentlichen un­beeinflußt durchlassende und andere Variationen mit vorgebbaren Filterparametern beeinflussende Filterung der zeitabhängig variierenden Ortskoordinaten des Arbeitspunktes im Kennefeld erfolgt.
     
    Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 7, dadurch gekenn­zeichnet, daß die Öffnung des Abblaseventils mit maxi­maler Verstellgeschwindigkeit erst nach Überschreiten eines vorgebbaren Geschwindigkeits-Grenzwertes durch den Arbeitspunkt erfolgt.
     
    9. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 8, dadurch gekenn­zeichnet, daß die Öffnung des Abblaseventils mit maxi­maler Verstellgeschwindigkeit erst nach Überschreiten eines vorgebbaren Verschiebungsbetrages durch den Ar­beitspunkt in dem Kompressorkennfeld erfolgt.
     




    Zeichnung