[0001] Die Erfindung betrifft eine Rohrwaffe mit chemisch-elektrischem Hybridantrieb mittels
regenerativer Einspritzung von flüssigen Treibmitteln durch zumindest einen axial
bewegbaren Kolben.
[0002] Es sind bereits Rohrwaffen mit regenerativer Einspritzung von flüssigen Treibstoffen
bekannt, die entweder mit monergolen oder mit diergolen Flüssigkeiten arbeiten.
Bei der Anwendung von monergolen Treibmitteln wird beispielsweise der Treibstoff von
einem Differentialkolben während des Verbrennungsvorganges eingespritzt, wodurch ein
insgesamt geregelter Verbrennungsablauf gegeben ist. Allerdings ist der Energieverbrauch
für den Antrieb des Kolbens relativ hoch.
[0003] Bei einem anderen System wird der monergole Treibstoff in einen Raum hinter das Geschoß
gepumpt und dort gezündet, wobei das Geschoß gegenüber dem Rohr die Abdichtung übernimmt.
Dieses System ist im Aufbau einfach, jedoch bestehen erhebliche Schwierigkeiten,
eine exakte Zündung und einen reproduzierbaren Abbrand zu erreichen.
[0004] Aus der DE 31 53 053 C2 ist eine Flüssigtreibstoff-Geschützvorrichtung mit einer
Direkteinspritzung bekannt, bei welcher ein T-förmiger Differentialdruckkolben in
einem Verschlußgehäuse hinter dem Geschützrohr axial beweglich angeordnet ist. Der
Differentialdruckkolben besitzt eine axiale und durch seinen Kopf und Schaft hindurchgehende
Bohrung zum Nachladen von Geschossen.
[0005] Diese bekannte Vorrichtung stellt ein äußerst komplexes Gerät dar, bei dem das Bauvolumen
groß ist und die Zuführung und Entladung einer Patrone technisch aufwendig gelöst
sind.
[0006] Hinzu kommt bei den Rohrwaffen mit regenerativer Einspritzung chemischer Treibmittel
der generelle Mangel, daß mit der bisher bekannten Technologie keine Mündungsgeschwindigkeiten
der Geschosse deutlich über 2200 m/s erreicht werden können, um den zukünftigen Forderungen
an eine moderne Hochleistungs-Rohrwaffe zu genügen.
[0007] Bekannterweise werden sehr hohe Mündungsgeschwindigkeiten der Geschosse in sogenannten
elektro-thermischen Kanonen erzielt. Dies geschieht durch die Ausnutzung von elektrischer
Energie, die einem Arbeitsmedium durch die Bogenentladung in einem Plasmabrenner zugeführt
wird. Bei dem derzeitigen technologischen Stand sind der Platzbedarf und die Masse
der erforderlichen elektrischen Speicher jedoch zu groß, um in ein truppentaugliches
Kampffahrzeug eingebaut werden zu können.
[0008] Es ist deshalb Aufgabe der Erfindung, eine Rohrwaffe der eingangs genannten Art zu
schaffen, die es bei einfacher Bauart, geringem Platzbedarf und ohne übermäßig erhöhten
technischen Aufwand ermöglicht, sehr hohe Mündungsgeschwindigkeiten der Geschosse
zu erzielen.
[0009] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die Treibmittelkomponenten
und/oder die durch Reaktion der Treibmittelkomponenten entstehenden Gase an einer
Elektrodenanordnung eines Plasmabrenners zwangsweise derart vorbeigelenkt werden,
daß die elektrische Energie einer Lichtbogenentladung in die vorbeiströmende Materie
eingekoppelt wird.
[0010] Der entscheidende Vorteil dieser Rohrwaffe ist, daß eine Mündungsgeschwindigkeit
erreicht wird, die deutlich über den Werten liegt, die heute mit einem Flüssigantrieb
oder Pulverantrieb durch Rohrwaffen erzielbar sind. Gleichzeitig wird mit dieser erfindungsgemäßen
Kombination eine Reduzierung der Anforderungen an die Speicherkapazität und auch an
die Energieversorgung gegenüber rein elektrisch betriebenen Beschleunigern erzielt.
Weitere Vorteile bieten sich dadurch an, daß der Einsatz von unterschiedlichen flüssigen
Treibstoffkombinationen, so beispielsweise Monergole, die nicht mehr die speziellen
Sicherheitsprobleme hochenergetischer Monergole aufweisen, möglich ist. Bei einer
geeigneten Treibmittelauswahl kann das flüssige Treibmittel der Rohrwaffe außerdem
auch für den Betrieb des Primärenergieerzeugers der elektrischen Antriebskomponente
verwendet werden.
[0011] Schließlich wird für den Flüssigantrieb keine separate Anzündung benötigt. Der für
die Einspritzung erforderliche Vordruck wird durch die Zündung des Lichtbogens im
Plasmabrenner erzeugt.
[0012] In Ausbildung der Erfindung kann der Plasmabrenner ringförmig gestaltet und im rückwärtigen
Bereich des Geschoßlagers im Waffengehäuse oder im Waffenrohr angeordnet sein, wobei
seine innere Durchströmöffnung mit der Brennkammer und/oder den Kanälen für die Verbrennungsgase
und unverbrannten Anteile der Treibmittelkomponenten in offener Verbindung steht.
Ferner kann der Plasmabrenner ein ringförmiger Körper aus elektrisch isolierendem
Material sein, der in die Zylinderwand des Geschoßlagers axial und radial unverschieblich
eingesetzt ist, wobei in die Innenmantelfläche im vorderen Bereich des Körpers eine
ringförmige Elektrode mit einer aus dem Waffengehäuse bzw. dem Waffenrohr herausgeführten
elektrisch isolierten Zuleitung einer Energiequelle eingesetzt ist, während die zweite
Elektrode elektrisch leitend mit dem Waffengehäuse verbunden ist.
[0013] In besonderer Ausbildung dieses Erfindungsgedankens kann die ringförmige Elektrode
aus Einzelsegmenten gebildet sein, die jeweils mit eigenen elektrisch isolierten Zuleitungen
verbunden sind und in der Anordnung und Menge der Lage und der Menge der Kanäle für
die flüssigen und/oder gasförmigen Treibmittelkomponenten entsprechen. Die Anordnung
mehrerer Einzelsegmente ermöglicht in vorteilhafter Weise eine gesteuerte, zeitversetzte
Einkopplung der Energie.
[0014] Der ringförmige Körper des Plasmabrenners kann eine bestimmte Anzahl von achsparallelen
Bohrungen besitzen, die von den Treibmittelkomponenten durchströmt werden und als
Entladungsstruktur für Lichtbögen dienen, welche zwischen den entsprechenden Elektroden
gezündet werden, wobei die Ausströmung des Treibmittels in der Nähe der ersten Elektrode
durch geeignet gewählte Bohrungen in den Ladungsraum hinter dem Treibspiegel eines
Geschosses erfolgt.
[0015] Zur Zündung des Lichtbogens kann eine elektrisch leitende Schicht auf dem sonst isolierten
hinteren Teil eines Treibspiegels oder Treibkäfigs eines in das Geschoßlager eingeführten
Geschosses verwendet werden, wobei wahlweise die zweite Elektrode in Anordnung und
Menge der ersten ringförmigen oder segmentierten Elektrode entspricht.
[0016] Weitere Merkmale und vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich aus der nachfolgenden
Beschreibung eines Ausführungsbeispieles einer Rohrwaffe mit einer ringförmigen Anordnung
eines einzelnen Einspritzkolbens.
Die einzige Figur zeigt
eine Rohrwaffe mit regenerativer Treibmitteleinspritzung und dem Einbau eines Plasmabrenners,
teilweise im Schnitt.
[0017] Es sei jedoch vermerkt, daß auch andere Einspritzkonzepte gewählt werden können,
denen ein Plasmabrenner zugeordnet wird, ohne daß dadurch der Bereich der Erfindung
verlassen wird. Es können beispielsweise zwei Ringkolben eingesetzt werden, die einander
gegenüberstehen. Es könnte ebenso auch ein einziger Einspritzkolben axial hinter dem
Waffenrohr angeordnet werden. Ferner könnten ein oder mehrere separate Einspritzsysteme
radial oder axial oder in einer Zwischenlage zur Seelenachse des Waffenrohres vorgesehen
sein.
[0018] Die Rohrwaffe 1 besitzt am hinteren Ende des Waffenrohres 2 ein Waffengehäuse 3.
In dem Waffengehäuse 3 befindet sich koaxial zur Seelenachse 4 das Geschoßlager 5,
in welchem ein zum Abschuß bereites Treibspiegelgeschoß 6 eingeführt ist. Das Geschoßlager
5 ist durch ein zylinderförmiges Kaliberteil 7 gebildet, welches mit seinen Stirnseiten
8 unter Zwischenfügung je eines Dichtringes 9 an axial an das Kaliberteil 7 anliegende
Einsatzstücke 10 angrenzt. Die Einsatzstücke 10 sind über eine Schraubverbindung 11
mit dem Waffengehäuse 3 formschlüssig verbunden.
[0019] Zwischen der äußeren Mantelfläche 12 des Kaliberteiles 7 und der inneren Mantelfläche
13 des Waffengehäuses 3 ist ein ringförmiger Zylinder 14 geschaffen, in welchem ein
Ringkolben 15 axial beweglich eingesetzt ist. Der Ringkolben 15 besitzt einen Kolbenkopf
16 und einen Kolbenschaft 17, wobei die Übergänge vom Kolbenkopf 16 zum Kolbenschaft
17 an der radial innen- und radial außenliegenden Seite Stufen 18 und 19 besitzen,
die in entsprechende Ausnehmungen 20 und 21 von Dichtungsträgern 22 und 23 bei der
rückwärtigen Anlage eintauchen. Die Dichtungsträger 22 und 23 besitzen in Ringnuten
Dichtelemente 24, um auf diese Weise eine radiale Abdichtung der Ladungsräume 25 und
26 hinter dem Kolbenkopf 16 zu erreichen.
[0020] Von der Stirnfläche des Ringkolbenkopfes 16 gehen Zuströmkanäle 28 und 29 aus, die
in die Ladungsräume 25 und 26 einmünden.
[0021] Im Bereich der Berührungsebene 27 der Kolbenkopfstirnfläche mit der gegenüberstehenden
Stirnfläche des Einsatzstückes 10 befinden sich in der Zylinderwand des Kaliberteils
7 radiale Durchbrüche 30, deren Durchgangsfläche mindestens gleich der Querschnittsfläche
des Geschoßlagers 5 ist.
[0022] Die ringförmig umlaufend angeordneten Durchbrüche 30 sind jeweils durch Stege 31
voneinander getrennt.
[0023] Die ringförmig umlaufend angeordneten Durchbrüche 30 sind jeweils durch Stege 31
voneinander getrennt.
[0024] Die Durchbrüche 30 münden als Kanäle von der Brennkammer in der Berührungsebene 27
im Geschoßlager 5 im hinteren Bereich ein. Unmittelbar axial vor den Kanälen 30 ist
in die Zylinderwand 32 des Geschoßlagers 5 ein ringförmiger Körper 33 aus einem elektrisch
isolierendem Material, beispielsweise Keramik, axial und radial in entsprechende Ausnehmungen
unverschieblich eingesetzt. Dieser ringförmige Körper stellt den Plasmabrenner 33
mit der im vorderen Bereich eingesetzten ringförmigen Elektrode 34 dar, die in eine
Ringnut 35 des Plasmabrenners eingesetzt ist. In dem gezeigten Ausführungsbeispiel
ist die Elektrode 34 aus insgesamt drei voneinander getrennten Ringsegmenten gebildet,
die jeweils mit eigenen elektrisch isolierten Zuleitungen 36 einer Energiequelle
37 verbunden sind. Die Menge der Segmente entspricht dabei der Anzahl der Kanäle 30.
Die Lage der einzelnen Segmente der ringförmigen Elektrode 34 befindet sich jeweils
im Bereich der Durchbrüche bzw. der Kanäle 30 im Kaliberteil 7. Die erforderliche
zweite Elektrode 38 ist am rückwärtigen Ende der Entladungsstrecke (33) angebracht
und steht mit dem Waffengehäuse 7 in elektrischem Kontakt. Die Zündung des Lichtbogens
erfolgt durch eine dünne, elektrisch leitfähige Schicht auf der Oberfläche des Treibspiegels
39, der an dieser Stelle aus isolierendem gefertigt oder mit einer isolierenden Schicht
überzogen ist. Die Anordnung und die Menge der elektrisch leitenden Schichten entspricht
wiederum der Lage und der Menge der Einzelsegmente der ersten Elektrode 33.
[0025] Nach entsprechender Zündung des Lichtbogens wird in den Kanälen 30 und dem Verbrennungsraumbereich
vor dem Einspritzkolben 15 ein Gasdruck aufgebaut, der die axiale Einspritzbewegung
des Kolbens 15 bewirkt. Zur Verbesserung des Gasdruckaufbaus können Teile des als
Isolator ausgebildeten Treibspiegels 39 durch den Lichtbogen verdampft werden.
[0026] Die Treibmittelkomponenten 40 und/oder die bei der Reaktion der Treibmittelkomponenten
40 entstehenden Gase gelangen durch die Kanäle 30 hinter das Geschoß 6 in dem Geschoßlager
5, wodurch das Geschoß beschleunigt wird. Während des Vorbeiströmens der Verbrennungsgase
und der zum Teil nicht umgesetzten Treibmittelkomponenten 40 durch den Plasmabrenner
33 erfolgt weiterhin gleichzeitig die Lichtbogenentladung über die beiden Elektroden
34 und 38, so daß die dadurch erzeugte elektrische Energie in die vorbeiströmende
Materie mit eingekoppelt wird. Dies hat zur Folge, daß die vorbeiströmende Materie
auf eine sehr hohe Geschwindigkeit gebracht wird. Bei geeigneter Wahl der Treibmittelkomponenten
40 entstehen außerdem Verbrennungsprodukte geringen Molekulargewichten. Aufgrund bekannter
innenballistischer Beziehungen ergibt sich daraus, daß das Geschoß das Waffenrohr
2 mit einer gegenüber herkömmlichen Waffen wesentlich erhöhten Mündungsgeschwindigkeit
verläßt.
1. Rohrwaffe mit elektrisch-chemischem Hybridantrieb mittels regenerativer Einspritzung
von flüssigen Treibmitteln durch zumindest einen axial bewegbaren Kolben,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Treibmittelkomponenten (40) und/oder die durch Reaktion der Treibmittelkomponenten
(40) entstehenden Gase an einer Elektrodenanordnung eines Plasmabrenners (33) zwangsweise
derart vorbeigelenkt werden, daß die elektrische Energie einer Lichtbogenentladung
in die vorbeiströmende Materie eingekoppelt wird.
2. Rohrwaffe nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Plasmabrenner (33) ringförmig gestaltet und im rückwärtigen Bereich des Geschoßlagers
(5) im Waffengehäuse (3) oder im Waffenrohr (2) angeordnet ist, wobei seine innere
Durchströmöffnung mit der Brennkammer und/oder den Kanälen (30) für die Verbrennungsgase
und unverbrauchten Anteile der Treibmittelkomponenten (40) in offener Verbindung steht.
3. Rohrwaffe nach den Ansprüchen 1 und 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Plasmabrenner (33) ein ringförmiger Körper aus elektrisch isolierendem Material
ist, der in die Zylinderwand (32) des Geschoßlagers (5) axial und radial unverschieblich
eingesetzt ist, wobei in die Innenmantelfläche im vorderen Bereich des Körpers eine
ringförmige Elektrode (34) mit einer aus dem Waffengehäuse (3) bzw. dem Waffenrohr
(2) herausgeführten, elektrisch isolierenden Zuleitung (36) einer Energiequelle (37)
eingesetzt ist, während die zweite Elektrode (38) elektrisch leitend mit dem Waffengehäuse
verbunden ist.
4. Rohrwaffe nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß die ringförmige Elektrode (34) aus Einzelsegmenten gebildet ist, die jeweils mit
eigenen elektrisch isolierten Zuleitungen (36) verbunden sind und in der Anordnung
und Menge der Lage und der Menge der Kanäle (30) für die flüssigen und/oder gasförmigen
Treibmittelkomponenten (40) entsprechen.
5. Rohrwaffe nach den Ansprüchen 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet,
daß der ringförmige Körper des Plasmabrenners (33) eine bestimmte Anzahl achsparalleler
Bohrungen besitzt, welche von den Treibmittelkomponenten (40) durchströmt werden
und als Entladungsstruktur für Lichtbögen dienen, welche zwischen den entsprechenden
Elektroden (34, 38) gezündet werden, wobei die Ausströmung des Treibmittels in der
Nähe der ersten Elektrode (34) durch geeignet gewählte Bohrungen in den Ladungsraum
hinter dem Treibspiegel (39) eines Geschosses (6) erfolgt.
6. Rohrwaffe nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß zur Zündung des Lichtbogens eine elektrisch leitende Schicht (35) auf dem sonst
isolierten, hinteren Teil eines Treibspiegels oder Treibkäfigs (39) eines in das Geschoßlager
(5) eingeführten Geschosses (6) verwendet wird, wobei wahlweise die zweite Elektrode
(38) in Anordnung und Menge der ersten ringförmigen oder segmentierten Elektrode (34)
entspricht.
7. Rohrwaffe nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß der für die Einspritzung der Treibmittelkomponenten (40) in die Brennkammer bzw.
Kanäle (30) erforderliche Vordruck durch die Zündung des Lichtbogens im Plasmabrenner
(33) erzeugt wird.
8. Rohrwaffe nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Zündung der chemischen Reaktion wahlweise durch eine kleine Pulverladung oder
mittels einer Flüssigkeitsanzündung oder mittels mechanischem Fremdantrieb des Einspritzkolben
(15) für einen bestimmten Anfangshub erfolgt.