(19)
(11) EP 0 347 653 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
27.12.1989  Patentblatt  1989/52

(21) Anmeldenummer: 89110337.6

(22) Anmeldetag:  08.06.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4B01F 7/16, B01F 15/00, B01F 3/08
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE DE FR GB IT NL SE

(30) Priorität: 22.06.1988 DE 3821033

(71) Anmelder: HÜLS AKTIENGESELLSCHAFT
D-45764 Marl (DE)

(72) Erfinder:
  • Bollenrath, Franz-Michael, Dr.
    D-4370 Marl (DE)
  • Rigler, Josef Karl, Dr.
    D-4408 Dülmen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Rührkessel mit radial förderndem Rührer und mindestens einem Stromstörer sowie Verfahren zum Durchmischen von Flüssigkeiten mit Hilfe dieses Rührkessels


    (57) Ziel der Erfindung war es, Rührsysteme zu entwickeln, die eine schnelle axiale Durchmischung von Flüssigkeiten unterschiedlicher Dichten ohne Bildung von Schaum ermöglichen.
    Der aufgefundene Rührkessel 1 zeichnet sich dadurch aus, daß er mit einem radial fördernden Rührer 3 und mindestens einem Strom­störer 2 ausgestattet ist, wobei letzterer die Form eines Tragflä­chenprofils aufweist.
    Der Rührkessel eignet sich insbesondere zur homogenen Durchmi­schung von Flüssigkeiten in Großreaktoren.


    Beschreibung


    [0001] Die homogene Durchmischung von Flüssigkeiten in Reaktoren, insbeson­dere in Großreaktoren, ist keineswegs unproblematisch. Es soll nicht nur ein guter Durchmischungseffekt erzielt werden, es soll auch zu keiner Schaumentwicklung kommen. Die Flüssigkeit, beispielsweise ein Polymerisationsansatz, soll keine Trombe bilden und insbesondere kein Gas einziehen. Anbackungen sollen vermieden werden, da sie vielfach zu Produktschädigungen und Inhomogenitäten führen. Bekanntlich ist es be­sonders schwierig, eine homogene Durchmischung bei Flüssigkeiten zu erzielen, die aus zwei oder mehr flüssigen Komponenten unterschied­licher Dichte bestehen.

    [0002] In all diesen Fällen führen konventionelle Rührkessel zu unbefriedi­genden Ergebnissen.

    [0003] Setzt man nämlich einen üblichen Rührertyp, z. B. einen Scheibenrüh­rer (Rushton-Turbine), ein, erzielt man zwar eine gute horizontale, aber eine außerordentlich schlechte axiale Durchmischung. Die Trom­benbildung läßt sich am einfachsten dadurch vermeiden, daß man zusätz­lich Stromstörer einbaut. Bei einer üblichen Ausführungsform verwendet man einen Rührkessel (Durchmesser D) und eine Rushton-Turbine und bringt vier Leitbleche einer Breite von etwa D/10 längs der Rührkes­selwand an. Nachteilig ist, daß diese Stromstörer nicht verstellbar sind und daher nicht den jeweiligen Rührproblemen angepaßt werden kön­nen. An den Stromstörern, die einen erheblich erhöhten Leistungsein­trag erfordern läßt sich die Ausbildung von Anbackungen meist nicht vermeiden.

    [0004] Sehr gute Mischergebnisse werden nach dem Stand der Technik mit dem Pfaudler-System erzielt (vgl. Prospekt der Pfaudler-Werke, D-6830 Schwetzingen, 1978). Als Rührer wird üblicherweise ein Impeller-Rührer nach Pfaudler verwendet. Zwischen dem Rührerdurchmesser d und der Höhe des Rührblattes b besteht der Zusammenhang d/10 = b. Die drehbar ge­lagerten Stromstörer, mit üblicherweise drei Fingern (Mixing in the Chemical Industry, Pergamon Press, I. Sterbacek, Tausk, 1965, S. 281), deren Enden verbunden sein können, sitzen meistens unmittelbar über dem Rührer. Während die Durchmischung im unteren Bereich des Rühr­kessels zufriedenstellend ist, gibt es inbesondere bei großen und schlanken Rührkesseln Probleme mit der axialen Durchmischung, es sei denn, die Rührleistung wird erheblich gesteigert, was wiederum zur unerwünschten Trombenbildung führt.

    [0005] Aus der DE-OS 32 02 159 ist ein Verfahren zur Herstellung von Styrol­polymerisaten unter Zusatz von niedrig siedenden Treibmitteln bekannt, bei dem es darauf ankommt, während des Rührens eine möglichst tromben­freie Oberfläche zu erhalten. Es wird unter anderem vorgeschlagen, ein Rührsystem zu verwenden, das aus einem Rührkessel, einem axial ange­ordnetem Rührer, vorzugsweise einem Impellerrührer und einem Finger­stromstörer nach Pfaudler-Bauweise, der in der Nähe des Rührers ange­ordnet ist, besteht. Ein solches Rührsystem ist vor allem dann ein­setzbar, wenn die Füllhöhe nicht größer als der Kesseldurchmesser ist. Bei Rührkesseln, die höher gefüllt sind, treten Probleme auf. Den Bei­spielen ist zu entnehmen, daß die Produktqualität erheblich ver­schlechtert ist, wenn man nicht trombenfrei arbeitet.

    [0006] Ziel der vorliegenden Erfindung war es daher, Rührsysteme zu ent­wickeln, die folgende Eigenschaften aufweisen:

    1. Sie sollten eine schnelle axiale Durchmischung von Flüssigkeiten unterschiedlicher Dichten ermöglichen.

    2. Beim Rühren sollte sich kein Schaum entwickeln.

    3. Beim Rühren sollte sich keine oder nur eine unwesentliche Trombe bilden.

    4. Beim Rühren sollte kein Gas eingezogen werden.

    5. Das Rührsystem sollte auch bei großen Füllhöhen HL zuverlässig arbeiten (HL/D > 1)



    [0007] Es wurde jetzt ein Rührkessel 1 gefunden, der mit einem radial för­dernden Rührer 3 und mindestens einem verstellbaren Stromstörer 2 aus­gestattet ist und durch folgende Merkmale gekennzeichnet ist:
    - Der radial fördernde Rührer 3, vorzugsweise ein Impellerrührer, ist maximal in einem Abstand D/2 vom Rührkesselboden entfernt ange­bracht.
    - Der oder die Stromstörer 2 befinden sich in der oberen Hälfte des Rührkessels.
    - Der bzw. die Stromstörer 2 haben die Form eines Tragflächenprofils, d. h. sie sind in Form einer archimedischen Spirale oder in Form eines Teiles oder Teilen eines Kreisbogens gekrümmt.
    - Der bzw. die Stromstörer 2 sind in einem Abstand R₁ mit D/8 < R1 < D/3 von der Wand entfernt angebracht.
    - Der bzw. die Stromstörer besitzen die Höhe hs, für die vorzugsweise folgende Beziehung gilt:
    0,2 < hs/D < 0,4
    - Der Ausströmquerschnitt des bzw. der Stromstörer ist vorzugsweise rechteckig.

    [0008] Gegenstand der Erfindung ist ferner gemäß Anspruch 6 ein Verfahren zum Durchmischen von Flüssigkeiten mit Hilfe des soeben beschriebenen Rührkessels.

    [0009] Mit der vorliegenden Erfindung werden folgende Vorteile erzielt:

    1. Die gesamte Flüssigkeitsmenge wird homogen durchmischt.

    2. Es wird eine hohe axiale Umwälzung erreicht.

    3. Die Form der Stromstörer 2 garantiert einen erstaunlich geringen Leistungsbedarf.

    4. Die Flüssigkeit wird trombenfrei gerührt.

    5. Die Stromstörer 2 können sowohl in ihrer Höhe als auch in ihrem Winkel gegenüber der zu rührenden Flüssigkeit verstellt werden und damit auch sehr unterschiedlichen Rührproblemen angepaßt werden.

    6. Bei Verwendung eines radial fördernden Rührers mit Untenantrieb kommt man mit einer sehr kurzen Rührerwelle aus.



    [0010] Bei dem Rührkessel, der nach dieser Erfindung eingesetzt wird, handelt es sich um einen stehenden Rührkessel 1 mit üblicherweise vertikaler Achse und zylindrischer Form. Das Verhältnis zwischen seiner Höhe H und seinem Durchmesser D ist meist größer als 1, insbesondere liegt es zwischen 1,5 und 2,5. Der Rührkessel 1 weist üblicherweise einen Korb­bogen-, Kugel- oder Klöpperboden auf. Letzterer ist bevorzugt. Das Gesamtvolumen des Rührkessels ist nicht kritisch.

    [0011] Er ist üblicherweise mit einem einstufigen Rührer 3 in Bodennähe aus­gerüstet. Es ist also nicht erforderlich, wie dies bei anderen Rühr­typen in schwierigen Fällen vielfach geschieht, ihn mit einem mehr­stufigen Rührer oder mit mehreren Rührern auszurüsten. Die Form des Rührers 3 entspricht der eines Impellerrührers. Sein Durchmesser d beträgt 0,5 D bis 0,7 D, die Blatthöhe liegt bei 0,2 d. Der Winkel gegenüber der Horizontalen ist üblicherweise der Bodenform des Rühr­kessels angepaßt.

    [0012] Der Rührkessel 1 enthält mindestens einen drehbar angeordneten Strom­störer 2; vorzugsweise sind es zwei. Diese sind zweckmäßigerweise so angebracht, daß sie in das obere Drittel der im Reaktor stehenden Flüssigkeit eintauchen und der Abstand ihres Drehpunktes von der Kes­selwand zwischen 0,1 D und 0,2 D beträgt. Der Anstellwinkel Alpha liegt vorzugsweise zwischen 0 und 60° (siehe Abb. 1).

    [0013] Die Querschnittsfläche des Stromstörers 2 ähnelt einem Tragflächenpro­fil, dessen Mittenlinie vorzugsweise als Stück einer archimedischen Spirale ausgebildet ist. Aus fertigungstechnischen Gründen wird dieses vielfach durch einen Kreisbogen ersetzt. Der Radius dieses Kreises liegt zwischen etwa 0,15 D und 0,3 D. Im einfachsten Fall kann der Stromstörer 2 die Form eines Bleches haben, dessen Querschnitt der beschriebenen Mittenlinie entspricht. Die Höhe des Stromstörers 2 liegt üblicherweise zwischen 0,2 D und 0,5 D.

    [0014] Der erfindungsgemäße Rührkessel 1 wird besonders vorteilhaft einge­setzt, wenn Dispersionen aus zwei verschiedenen, nicht miteinander mischbaren Flüssigkeiten unterschiedlicher Dichte aufrecht erhalten werden müssen.

    [0015] Ein derartiges Problem tritt beispielsweise bei der Herstellung von Schaumpolystyrol auf. Eine wäßrige Suspension, die Styrolpolymerisate und unumgesetztes monomeres Styrol enthält, wird mit Treibmittel, z. B. Pentan, versetzt. Der DE-OS 32 02 159 ist zu entnehmen, daß die Produkteigenschaften des Schaumpolystyrols wesentlich durch den Rührvorgang beeinflußt werden. Die gute axiale Durchmischung macht sich hier besonderes positiv bemerkbar.

    [0016] Ein anderes Anwendungsgebiet betrifft die Polymerisation von Suspen­sions-PVC. Hier kommt es unter bestimmten Umständen während der Poly­merisation zur Bildung von Schaum auf der Oberfläche des Reaktionsan­satzes. Bei Reaktoren, die mit Rückflußkühlern ausgestattet sind, setzt sich dieser Schaum auch im unteren Teil des Kühlers ab. Es kommt in der Folge zu Verlegungen, Materialschädigungen und zum Ausfall des Kühlers. Setzt man in dieser kritischen Phase der Polymerisation das soeben beschriebene Rührsystem ein, läßt sich die Bildung von Schaum vielfach ganz vermeiden.

    [0017] Die nachfolgenden Versuche beziehen sich auf das in der DE-OS 32 02 159 beschriebene Verfahren zur Herstellung von feinteiligen, ex­andierbaren Styrolpolymerisaten. Die Abb. 1 zeigt einen erfindungsge­mäßen Rührkessel. Die Drehrichtung des Rührers ist mit 4 bezeichnet.

    Vergleichsbeispiel A



    [0018] Das Beispiel 8 der DE-OS 32 02 159 zeigt, daß man unter Verwendung des in Abb. 1 dieser Schrift abgebildeten Rührkessel mit dem DAT-Rühr­system trombenfrei rühren und gute Produkteigenschaften erhalten kann. Allerdings ist man in diesem Fall auf einen Rührkessel mit zwei von­einander unabhängigen Rührern angewiesen. Dies ist vergleichsweise aufwendig.

    Vergleichsbeispiel B



    [0019] Das Beispiel 11 der DE-OS 32 02 159 zeigt, daß man unter Verwendung des in Abb. 1 dieser Schrift abgebildeten Rührkessels mit einem Pfaud­ler-Rührsystem bei niedrigen Füllhöhen Produkte unbefriedigender Qua­lität erhält.

    Vergleichsbeispiel C



    [0020] Das Beispiel 1 der DE-OS 32 02 159 zeigt, daß man unter Verwendung des in Abb. 2 dieser Schrift abgebildeten Rührkessels mit einem Pfaudler-­Rührsystem bei einer Füllhöhe von 90 % ebenfalls Produkte unbefriedi­gender Qualität erhält.

    Beispiel 1



    [0021] Man setzt anstelle des in Beispiel 1 der DE-OS 32 02 159 beschriebenen Rührkessels mit dem Pfaudler-Rührsystem den erfindungsgemäßen Rührkes­sel ein. Es handelt sich um einen Impellerrührer, der vollständig in die Flüssigkeit eintaucht. Es werden 2 Stromstörer mit einem kreisför­migen Tragflächenprofil eingesetzt. Folgende Abmessungen wurden ermit­telt:
    V = 40 l
    D = 350 mn
    d = 250 mm
    n = 120 Min⁻¹
    R₁ = 50 mm
    Alpha = 20°


    [0022] Selbst bei einer Füllhöhe von 90 % und dementsprechend hohen Rührdreh­zahlen erhält man während des Rührens keine Trombe. Die Produktquali­tät entspricht der von Beispiel 1 (siehe Tabelle 1 auf Seite 14 der DE-OS 32 02 159).


    Ansprüche

    1. Rührkessel 1 mit Durchmesser D, der mit mindestens einem verstell­baren Stromstörer 2 und einem radial fördernden Rührer 3, der in einem Abstand vom maximal D/2 vom Rührkesselboden entfernt ange­bracht ist, ausgestattet ist,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der bzw. die Stromstörer 2

    1. sich in der oberen Hälfte des Rührkessels befinden,

    2. in einem Abstand R₁ von der Rührkesselwand angebracht sind, wobei die Beziehung
    D/8 < R₁ < D/3
    gilt,

    3. eine Höhe hs besitzen und

    4. die Form eines Tragflächenprofils aufweisen, d. h. in Form einer archimedischen Spirale oder in Form eines Teiles eines Kreisbo­gens gekrümmt sind.


     
    2. Rührkessel nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Rührer ein Impellerrührer mit Untenantrieb ist.
     
    3. Rührkessel nach den Ansprüchen 1 und 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Zahl der Stromstörer 2 1 bis 4, vorzugsweise 2, beträgt.
     
    4. Rührkessel nach den Ansprüchen 1 bis 4,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß für die Höhe des Stromstörers 2 hs folgende Beziehung gilt:
    0,2 < hs/D < 0,4
     
    5. Rührkessel nach den Ansprüchen 1 bis 5,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Anströmquerschnitt des bzw. der Stromstörer 2 in Drehrich­tung 4 rechteckig ist.
     
    6. Verfahren zum Durchmischen von Flüssigkeiten unter Verwendung eines Rührkessels gemäß den Ansprüchen 1 bis 5, wobei das Verhältnis zwi­schen Füllhöhe HL und Durchmesser D größer als 1 ist.
     




    Zeichnung