(19)
(11) EP 0 355 265 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
28.02.1990  Patentblatt  1990/09

(21) Anmeldenummer: 89107600.2

(22) Anmeldetag:  27.04.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5F42B 14/06
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE FR GB LI NL SE

(30) Priorität: 16.08.1988 DE 3827739

(71) Anmelder: Rheinmetall GmbH
40880 Ratingen (DE)

(72) Erfinder:
  • Bisping, Bernhard
    D-4030 Ratingen (DE)
  • Vagedes, Michael
    D-4000 Düsseldorf (DE)
  • Kessler, Sigfried
    D-4000 Düsseldorf (DE)
  • Theis, Ulrich, Dr.
    D-4330 Mülheim (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Treibkäfig für ein drallstabilisiertes Geschoss


    (57) Die Erfindung bezieht sich auf einen Treibkäfig für drall­stabilisierte unterkalibrige Mehrzweck-Geschosse, die unter hoher Kadenz aus automatischen Maschinenwaffen verschossen und gegen z. B. Luftziele wie Kampfflug­zeuge oder -hubschrauber und schnellbewegliche Land­ziele, wie leichte gepanzerte Fahrzeuge, eingesetzt werden.
    Herkömmliche Treibkäfige aus polyamidhaltigem Kunststoff-­Werkstoff haben den Nachteil, daß sie bei Wasseraufnahme aufquellen und dadurch ihre Maßgenauigkeit verlieren, was zu Waffenstörungen und Treffleistungseinbußen führt.
    Der erfindungsgemäße Treibkäfig zeichnet sich dadurch aus, daß sein Kunststoff-Werkstoff durch ein niedrigeres spe­zifisches Gewicht eine bemerkenswerte Totlastverringerung zuläßt und insbesondere durch sein geringes Wasserauf­nahmevermögen von kleiner oder gleich 0,8% eine hohe Maßhaltigkeit auch bei stark unterschiedlichen klima­tischen Bedingungen aufweist.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft einen Treibkäfig für ein drallsta­bilisiertes unterkalibriges Geschoß, der wenigstens teil­weise aus geformtem polyamidhaltigem Kunststoffmaterial besteht.

    [0002] Ein derartiger Treibkäfig ist zum Beispiel aus der EP-A 00 51 375 Figur 1 oder der EP-A 01 46 745 Figur 1 für drallstabilisierte unterkalibrige Mehrzweck-Geschosse bekannt. Derartige FAPDS-Geschosse (Frangible Armour Pier­cing Discarding Sabot) bestehen zumeist aus Wolframschwer­metall und sind für den Einsatz gegen z. B. Kampfflugzeuge, gepanzerte Kampfhubschrauber sowie schnellbewegliche leicht­gepanzerte Landziele vorgesehen. Dazu werden diese Geschos­se aus automatischen Maschinenwaffen zum Beispiel im Kaliber 20 bis 35 mm mit hoher Kadenz (ca. 400 bis 800 Schuß pro Minute) verschossen.
    Derartige Treibkäfiggeschosse sollen ein möglichst gerin­ges Treibkäfiggewicht (Totlastanteil) aufweisen; die Muni­tion soll preisgünstig sein und eine hohe Treffleistung gewährleisten. De Munition für Automatenwaffen unterliegt bekanntlich einer hohen Zuführbelastung, da sie mit hoher Geschwindigkeit in die Waffe eingeführt und im Patronen­lager ruckartig abgebremst wird. Bei bekannter Munition ergeben sich Probleme mit den üblichen polyamidhaltigen Kunststoffwerkstoffen des Treibkäfigs dahingehend, daß diese eine hohe Wasseraufnahme aufweisen und dadurch auf­quellen und eine schlechte Maßhaltigkeit aufweisen. Eine der­artige Munition erleidet eine Durchmesservergrößerung im Kaliber, so daß sie nur noch mit sehr hohem Kraftaufwand ladbar, gegebenenfalls gar nicht mehr in die Waffe lad­bar sowie schwer entladbar bzw. gar nicht mehr entladbar ist. Waffenstörungen sind die unmittelbare Folge der Kaliberaufweitung der Treibspiegelhaube.

    [0003] Die Kalibervergrößerung (ungleiche Kalibermaße) führt dazu, daß eine konstante Innenballistik nicht erreicht werden kann; große Vo-Streuungen durch z. B. unterschied­liche Reibung im Rohr führen ebenfalls zu schlechten Treffergebnissen im Dauerfeuerbeschuß.

    [0004] Durch ein Aufquellen des Kunststofftreibkäfiges kann es zu einer starken Vergrößerung der Innenbohrung (Geschoß­aufnahme) in axialer und radialer Richtung kommen, so daß das Geschoß einen losen Sitz innerhalb des Treibkäfiges erfährt. Hierdurch erhält das Fluggeschoß unzulässige Störungen beim Rohrdurchgang, was zu starken Pendlern und schlechtem Treffen führt.

    [0005] Ungleichmäßiges Ablöseverhalten der Treibkäfig-Segmente tritt dann vermehrt auf, wenn sich die mechanischen Ei­genschaften (z. B. die Elastizität) mit der Wasserauf­nahme verändern. Durch die Wasseraufnahme werden die bisher üblichen Kunststoffmaterialien zäher und ungleich­mäßig elastischer; der Zerreißvorgang der Haubensegmente nach Verlassen der Rohrmündung dauert dann länger und wird ungleichmäßiger; Störungen auf dem Geschoßkörper sind dabei größer und häufiger.

    [0006] Es ist Aufgabe der Erfindung, für ein gattungsmäßiges Ge­schoß ein polyamidhaltiges Kunststoffmaterial für den Treibkäfig anzugeben, durch den der Totlastanteil weiter gesenkt wird und die zuvor beschriebenen Nachteile, insbe­sondere eine schlechte Maßhaltigkeit der Außenabmessungen durch Wasseraufnahme und Quellverhalten des Kunststoff­ materiales vermieden wird, wodurch eine Verbesserung der Lagerfähigkeit der Munition, des Verhaltens in der Waffe und eine höhere Treffgenauigkeit im Ziel erreicht wird.

    [0007] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch einen Treibkäfig mit den im Kennzeichnungsteil des Anspruches 1 angegebenen Merkmalen gelöst. Mit dem erfindungsgemäßen Kunststoffma­terial des Treibkäfigs wird bei gleichem Haubenvolumen im Vergleich zu einer herkömmlichen Treibkäfighaube eine Tot­lastverringerung bzw. Gewichtseinsparung von etwa 12 bis 14% erreicht. Durch den erfindungsgemäßen Kohlefaseranteil erhöht sich die Reißfestigkeit des Haubenmateriales in vor­teilhafter Weise auf ca. 120 bis 130 N/mm² und die Reiß­dehnung (Elastizität) vermindert sich auf 3 bis 5%, der erfindungsgemäße Treibkäfig zeichnet sich hierdurch mit einer sehr hohen Zuführfestigkeit und nach Abschuß mit einem verbesserten Ablöseverhalten der einzelnen Treib­käfig-Segmente vom Geschoßkörper aus. Die Reißfestigkeit ist nahezu doppelt so hoch wie bei bisher bekannten Kunst­stoffhaubenwerkstoffen. Durch das äußerst geringe Wasser­aufnahmevermögen wird eine sehr hohe Maßhaltigkeit der Treibkäfigabmessungen auch bei verschiedenen Temperaturen und Umgebungsfeuchten, wie z. B. arktischem Klima oder tropischem Klima erreicht. Das Wasseraufnahmevermögen bzw. Schwankungen im Feuchtegehalt des Kunststoffwerk­stoffes sind auch bei z. B. kurzfristiger Lagerung im Wasser sehr gering, da die Bereitschaft zur Aufnahme von Feuchtigkeit von der Sätigungsfeuchte abhängig ist, die für das erfindungsgemäße Kunststoffmaterial mit kleiner als 0,8% sehr gering ist.

    [0008] Die Spannungsrißbeständigkeit des Treibkäfigwerkstoffes ist selbst bei Chemikalieneinwirkung ausgezeichnet. Die gute Beständigkeit gegen Chemikalien und die geringe Feuchteaufnahme sind gute Voraussetzungen für eine ggf. erforderlich werdende Dekontamination dor Munition. Der erfindungsgemäße Treibkäfigwerkstoff zeichnet sich wei­terhin dadurch aus, daß er eine hohe Kerbschlagzähigkeit bzw. Schlagzähigkeit auch bei niedrigen Temperaturen (ca. -40 °C) aufweist. Eine hohe Abriebbeständigkeit und ein niedriger Gleitreibungskoeffizient des Treibkäfig­werkstoffes bei Reibung gegen Stahl sind die Faktoren dafür, daß der Verschleiß und Reibungswiderstand im Waf­fenrohr sehr gering sind, wodurch eine hohe Lebensdauer der Waffe und eine höhere Anfangsgeschwindigkeit der Munition erreicht wird. Durch den erfindungsgemäßen Kohlefaseranteil (Verstärkungselement im Kunststoffwerk­stoff) wird bei Erniedrigung des spezifischen Gewichtes und damit verbundener Gewichtseinsparung eine höhere Steifigkeit des Materiales erreicht.

    [0009] Das geringe Wasseraufnahmevermögen bietet eine hohe Maß­haltigkeit des Treibkäfigs, insbesondere am Außendurch­messer (Kaliber) und in der Dicke der vorgesehenen Soll­bruchstellen. Insgesamt wird bei dem erfindungsgemäßen Treibkäfiggeschoß die koaxiale Zentrierung des Geschoß­körpers im Treibkäfig bzw. die Rundlaufeigenschaft ver­bessert, die Entladbarkeit und das Flugverhalten ebenfalls verbessert und durch eine verminderte Reibung im Rohr eine höhere Anfangsgeschwindigkeit Vo erzielt.


    Ansprüche

    1. Treibkäfig für ein drallstabilisiertes unterkalibriges Geschoß, der wenigstens teilweise aus geformtem poly­amidhaltigem Kunststoffmaterial besteht,
    dadurch gekennzeichnet, daß das Kunststoffmaterial
    - einen Kohlefaseranteil von 5% bis 30%, vorzugsweise von etwa 15%, aufweist,
    - ein spezifisches Gewicht von kleiner oder gleich 1,11 g/cm³ aufweist,
    - die Zugfestigkeit größer als 120 N/mm² ist und
    - das maximale Wasseraufnahmevermögen kleiner oder gleich 0,8% ist, wodurch die mechanischen Eigen­schaften äußerst konstant und die Maßhaltigkeit äußerst hoch sind.
     
    2. Treibkäfig nach Anspruch 1, dadurch ge­kennzeichnet, daß das Kunststoffmaterial zusätzlich einen Glasfaseranteil von 3% bis 10%, vorzugs­weise von etwa 6%, aufweist.
     
    3. Treibkäfig nach Anspruch 1, dadurch ge­kennzeichnet, daß die Kerbschlagzähig­keit bei Raumtemperatur zwischen 10 und 25 kJ/m² und bei -40 °C zwischen 6 bis 10 kJ/m² beträgt.
     
    4. Treibkäfig nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Kunststoffmaterial in einem Arbeitsgang nach der bekannten Spritzgußtechnik in eine entsprechende Spritz­form auf die Endabmessungen des Treibkäfigs geformt ist.
     





    Recherchenbericht