(19)
(11) EP 0 355 628 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
28.02.1990  Patentblatt  1990/09

(21) Anmeldenummer: 89114917.1

(22) Anmeldetag:  11.08.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5G21F 9/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE ES FR LI NL SE

(30) Priorität: 24.08.1988 DE 3828727

(71) Anmelder: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Gassen, Rainer, Dr.
    D-8510 Fürth (DE)
  • Zeuch, Klaus, Dipl.-Ing. (FH)
    D-8501 Eckental (DE)
  • Bertholdt, Horst-Otto
    D-8551 Heroldsbach (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur chemischen Dekontamination der Oberfläche eines metallischen Bauteils einer Kernreaktoranlage


    (57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur chemischen Dekontami­nation der Oberfläche eines metallischen Bauteiles einer Kern­reaktoranlage. Es ist vorgesehen, daß die Oberfläche in einem Einstufenverfahren mit einer wäßrigen Lösung behandelt wird, die frei von der Carbonsäure Oxalsäure ist und eine andere Carbonsäure (3,6,8,11,12) enthält. Geeignete Carbonsäuren sind Dihydroxyweinsäure (6), Tartronsäure (8) oder Mesoxalsäure (3).




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur chemischen Dekontami­nation der Oberfläche eines metallischen Bauteils einer Kern­reaktoranlage.

    [0002] Zur Reduzierung der Strahlenbelastung des Personals bei Kon­troll-, Wartungs- und Reparaturmaßnahmen an Komponenten und Kreislaufsystemen in Druckwasser-Reaktoranlagen oder in Siede­wasser-Reaktoranlagen ist eine Entfernung radioaktiver Oxid­schichten von den Oberflächen der zu behandelnden oder zu prü­fenden Bauteile erforderlich. Ein dafür geeignetes Verfahren mit chemischer Dekontamination ist beispielsweise aus der deut­schen Patentschrift 26 13 351 bekannt. Bei dem bekannten Ver­fahren erfolgt die Dekontamination in zwei Schritten oder Stufen. Zunächst wird als erster Schritt eine oxidative Behandlung mit alkalischer Permanganatlösung durchgeführt. Der zweite Schritt sieht eine Kontaktierung der Bauteile mit einer Citrat-Oxalat-­Lösung vor, bei der ein wesentlicher Bestandteil Oxalsäure ist.

    [0003] Auch alle anderen bekannten Dekontaminationsverfahren laufen in zwei Stufen ab, wobei zur Ablösung von Belägen, insbesondere zur Ablösung von Oxidbelägen, stets Oxalsäure eingesetzt wird. Bekannte Dekontaminationsverfahren sehen z. B. als erste Stufe eine Oxidation mit Mangansäure (HMnO₄), mit Salpetersäure (HNO₃) in Verbindung mit Kaliumpermanganat (KMnO₄) oder mit Natrium­hydroxid (NaOH) in Verbindung mit Kaliumpermanganat (KMnO₄) vor. In der zweiten Stufe erfolgt dann die Ablösung der Oxide von der zu dekontaminierenden Oberfläche; dabei werden als Reduktions­mittel komplexbildende organische Säuren eingesetzt, und häufig wird dabei ausschließlich Oxalsäure verwendet. In allen übrigen bekannten Fällen wird dabei eine Mischung verschiedener Säuren eingesetzt, bei der Oxalsäure immer einen wesentlichen Bestand­teil bildet.

    [0004] Es sind bisher Verfahren zur chemischen Dekontamination von Oberflächen metallischer Bauteile von Kernreaktoranlagen, die ohne Oxalsäure auskommen, nicht bekannt.

    [0005] Die Verwendung von Oxalsäure bei einem Dekontaminationsprozeß ist aber nachteilig für den Erfolg des Verfahrens. So kommt es durch Oxalsäure zu einem interkristallinen Angriff auf sensibi­lisierte Werkstoffe, die beispielsweise im Bereich einer Schweiß­naht vorliegen. Darüber hinaus führt der Einsatz von Oxalsäure bei Gegenwart von Schwermetallen zur Ausfällung von Schwermetall­oxalaten. So können bei einer Dekontamination von Bauteilen einer Kernreaktoranlage Oxalate des Mangans, des Kobalts, des Nickels und des Eisens ausfallen. Da die genannten Metalle radioaktive Isotope enthalten, führt die Ausfällung der Oxalate zu einer neuen Kontamination der Oberflächen der Bauteile während des Dekontaminationsverfahrens. Es kommt also zu einer sogenannten Rekontamination. Die Wahrscheinlichkeit einer Rekontamination ist besonders groß, falls die zu dekontaminierenden Bauteile aus Legierungen auf Nickelbasis, wie Inconel 600 bestehen.

    [0006] Die zu dekontaminierenden Bauteile und Systeme einer Kernreak­toranlage bestehen in der Regel aus unterschiedlichen Materialien. Folglich sind mit dem Dekontaminationsverfahren auch unterschied­liche Oxide zu entfernen. Gegenüber einem bestimmten Dekontami­nationsverfahren zeigt jeder Oxidtyp ein spezifisches Auflöse­verhalten. Ein Bauteil, beispielsweise ein Pumpengehäuse, das aus zwei unterschiedlichen Materialien, wie einem Nickelbasis­werkstoff und einem Eisenbasiswerkstoff, besteht, ist mit jedem der bekannten Dekontaminationsverfahren, die stets Oxalsäure verwenden, bei einer einmaligen Abfolge der beiden Reinigungs­schritte nicht optimal zu dekontaminieren. Vielmehr ist üblicher­weise ein eigenes, spezifisches Dekontaminationsverfahren für jedes am Bauteil vorhandene Material notwendig.

    [0007] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein kostengünstiges Verfahren zur chemischen Dekontamination der Oberfläche eines metallischen Bauteils einer Kernreaktoranlage anzugeben, das eine Rekontamination durch Ausfällungen ausschließt, das sen­sibilisierte Werkstoffe, beispielsweise im Bereich von Schweiß­nähten, nicht angreift, und das an allen Materialien, die für das zu dekontaminierende metallische Bauteil üblich sind, einen gleichwertigen guten Dekontaminationserfolg erzielt. Mit nur einem Durchlauf des Verfahrens sollen auch Bauteile vollständig zu dekontaminieren sein, die aus mehreren Materialien aufgebaut sind.

    [0008] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die Ober­flächen in einem Einstufenverfahren mit einer wäßrigen Lösung behandelt wird, die frei von der Carbonsäure Oxalsäure ist und eine andere Carbonsäure enthält.

    [0009] Damit wird der Vorteil erzielt, daß eine Rekontamination ver­mieden wird. Schwermetallsalze anderer Carbonsäuren als der Oxalsäure sind sehr viel leichter löslich als Oxalate. Dadurch, daß beim erfindungsgemäßen Verfahren an die Stelle von Oxal­säure ausschließlich andere Carbonsäuren treten, unterbleibt eine Rekontamination der Oberflächen. Wesentlich ist dabei nicht nur die Verwendung von anderen Carbonsäuren als Oxalsäure, son­dern der vollständige Verzicht auf einen noch so kleinen Anteil der Carbonsäure Oxalsäure in der wäßrigen Lösung. Andere Carbon­säuren als Oxalsäure sind in der Lage, Eisenoxide und auch Nickel­oxide aufzulösen und, was wesentlich ist, in Lösung zu halten. Diese können dann leicht entfernt werden. Außerdem wird mit dem erfindungsgemäßen Verfahren, wie Versuche bestätigten, der Vor­teil erzielt, daß sensibilisierte Werkstoffe nicht interkristal­lin angegriffen werden.

    [0010] Ein wesentlicher Vorteil ist darüber hinaus darin zu sehen, daß der sogenannte "Dekontfaktor" beim Einsatz des erfindungsgemäßen Verfahrens wesentlich höher ist als bei einer chemischen Dekon­ tamination mit Oxalsäure. Der "Dekontfaktor" ist der Quotient aus der Dosisleistung eines zu dekontaminierenden Bauteiles vor der Behandlung und der Dosisleistung desselben Bauteiles nach der Behandlung. Bei gleicher Säurekonzentration wird mit dem er­findungsgemäßen Verfahren der Vorteil erzielt, daß weit höhere Dekontfaktoren erreicht werden, als es bei Verwendung von Oxal­säure möglich wäre, ohne daß die Gefahr einer Rekontamination durch Ausfällung zuvor abgelöster radioaktiver Nuklide auf die gereinigte Metalloberfläche besteht. Da das erfindungsgemäße Verfahren bei allen in Nuklearbereich verwendeten Materialien mit gleichem Erfolg einsetzbar ist, können vorteilhafterweise auch aus mehreren Werkstoffen bestehende Bauteile und Systeme dekontaminiert werden, wie beispielsweise ein Pumpengehäuse, das teilweise aus einem Eisenbasiswerkstoff und teilweise aus einem Nickelbasiswerkstoff besteht. Aber auch an aus nur einem Material bestehenden Bauteilen werden mit dem erfindungsgemäßen Verfahren große Dekontfaktoren erzielt. Während in einer Ver­suchsreihe bei gleichen Bedingungen mit der Carbonsäure Oxal­säure nur ein Dekontfaktor 140 zu erreichen war, führten andere Carbonsäuren, nämlich Dihydroxyweinsäure in Verbindung mit Pyri­din-2,6-Dicarbonsäure, zu einem Dekontfaktor 650.

    [0011] Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren sind also Oberflächen von Bauteilen, die aus einem einzigen Material oder sogar aus mehreren Materialien bestehen, besser zu dekontaminieren, als es bisher möglich war. Darüber hinaus kommt es nicht zu einer Rekontamination duch Ausfällung. Außerdem wird die Beständigkeit sensibilisierter Werkstoffe, die beispielsweise im Bereich einer Schweißnaht vorliegen, nicht beeinträchtigt. Ein interkristal­liner Angriff unterbleibt.

    [0012] Schließlich wird dadurch, daß das Verfahren nach der Erfindung ein Einstufenverfahren ist, der Vorteil erzielt, daß Zwischen­schritte, wie Spülschritte, die bei einem Mehrstufenverfahren notwendig wären, entfallen können. Man kommt daher mit einer kurzen Dekontaminationszeit aus.

    [0013] Beispielsweise wird eine Carbonsäure, die nicht Oxalsäure ist, durch einen chemischen oder thermischen Prozeß in eine weitere Carbonsäure umgewandelt. Diese Umwandlung kann direkt in der wäßrigen Lösung erfolgen, die für die Behandlung der Oberfläche vorgesehen ist. Die Umwandlung kann aber auch in einem der eigent­lichen Dekontamination vorangestellten Verfahrensschritt erfolgen. Mit einer Umwandlung einer Carbonsäure in eine weitere Carbon­säure wird der Vorteil erzielt, daß man ausgehend von einer kostengünstigen Carbonsäure eine Carbonsäure erhalten kann, die einen sehr guten Dekontaminationserfolg gewährleistet, aber käuflich nur schlecht zu erhalten wäre, da sie entweder nicht angeboten wird oder sehr teuer ist.

    [0014] Die Oberfläche des zu dekontaminierenden Bauteils wird bei­spielsweise mit einer wäßrigen Lösung behandelt, die mindestens eine Ketocarbonsäure enthält. Nach anderen Beispielen kann die Lösung mindestens eine Hydroxycarbonsäure oder aber eine Mischung aus mindestens einer Ketocarbonsäure und mindestens einer Hydroxy­carbonsäure enthalten. Eine besonders geeignete Ketocarbonsäure ist Mesoxalsäure. Besonders geeignete Hydroxycarbonsäuren sind Tartronsäure und Dihydroxyweinsäure.

    [0015] Mit all diesen Carbonsäuren werden die genannten Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens besonders deutlich erzielt. Geeig­net für das erfindungsgemäße Verfahren sind auch Glyoxylsäure und Hydroxyessigsäure.

    [0016] Auch nach einer sauren Voroxidation werden bessere Dekontamina­tionsergebnisse als mit Oxalsäure erzielt, beispielsweise mit Tartronsäure, Mesoxalsäure und Dihydroxyweinsäure.

    [0017] Der wäßrigen Lösung kann mit Vorteil mindestens ein Komplex­bildner beigefügt werden. Damit wird die Dekontaminationswirkung von Ketocarbonsäuren und Hydroxycarbonsäuren deutlich verbessert.

    [0018] Ein geeigneter Komplexbildner ist ein Chelatbildner, wie bei­spielsweise Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA), Diethylen­triaminpentaessigsäure (DTPA) und Nitrilotriessigsäure (NTA), oder auch eine Pyridincarbonsäure, wie beispielsweise 2-Picolin­säure oder Dipicolinsäure.

    [0019] Ein besonders gutes Dekontaminationsergebnis wird beispielsweise nach alkalischer Voroxidation mit einer Ketocarbonsäure oder einer Hydroxycarbonsäure erzielt, wenn diese mit einer Pyridin­carbonsäure als Komplexbildner kombiniert wird. Die dann er­zielten Dekontfaktoren sind größer als 100. Es werden Dekont­faktoren bis zu 650 erreicht.

    [0020] Die Tabellen 1 und 2 nennen anhand von Beispielen bei der De­kontamination von austenitischem CrNi-Stahl und bei der Dekon­tamination einer Nickel-Legierung erzielbare Dekontfaktoren bei Verwendung der erfindungsgemäßen Dekontaminationslösungen und zum Vergleich bei Verwendung von Oxalsäure.



    [0021] Zur Einstellung eines bestimmten Redoxpotentials kann die wäßrige Lösung beispielsweise Wasserstoffperoxid oder Hypophos­phit enthalten. Dadurch wird vorteilhafterweise die Auflösege­schwindigkeit unterschiedlicher Oxidformen in der Dekontamina­tionslösung vergrößert.

    [0022] Tartronsäure ist nur gekühlt bei Temperaturen zwischen 0°C und 4°C lagerbar. Außerdem ist Tartronsäure sehr teuer. Es ist da­her beispielsweise vorgesehen, daß mit der zu dekontamierenden Oberfläche eine Lösung in Kontakt gebracht wird, die leicht lagerbare Dihydroxyweinsäure enthält, und daß diese Lösung dann zur Bildung von Tartronsäure erhitzt wird. Mit Tartronsäure wird bei bestimmten Materialien eine bessere Dekontamination als mit Dihydroxyweinsäure erzielt. Es wird der Vorteil erzielt, daß Tartronsäure direkt in der Dekontaminationslösung aus leicht lager­barer Dihydroxyweinsäure hergestellt wird.

    [0023] Natürlich kann die Tartronsäure auch in einem der Dekontami­nation vorangestellten Verfahrensschritt durch Erhitzen aus Dihydroxyweinsäure gebildet werden. Die so gebildete Tartronsäure wird sodann zur Dekontamination eingesetzt.

    [0024] Die Dihydroxyweinsäure ist zwar im Gegensatz zur Tartronsäure leicht lagerbar, sie ist aber im Handel kaum erhältlich. Bevor­zugt wird daher die Dihydroxyweinsäure aus ihren Salzen, insbe­sondere aus ihrem Natriumsalz, das leicht und kostengünstig er­hältlich ist, hergestellt.

    [0025] Ebenso kann auch die Mesoxalsäure aus ihren Salzen, insbesondere aus ihrem Natriumsalz, hergestellt werden.

    [0026] Beispielsweise werden die genannten Säuren aus ihren Salzen durch Ionenaustausch hergestellt.

    [0027] Mesoxalsäure kann statt aus ihren Salzen auch aus Tartronsäure gewonnen werden. Dazu wird der wäßrigen Dekontaminationslösung, die Tartronsäure enthält, welche bereits aus Dihydroxyweinsäure hergestellt sein kann, Wasserstoffperoxid zugegeben, was zur Bildung von Mesoxalsäure aus der Tartronsäure führt. Damit wird der Vorteil erzielt, daß die Mesoxalsäure auch aus einem Salz der Dihydroxyweinsäure gewonnen wird. Die aus ihrem Salz her­gestellte Dihydroxyweinsäure wird dazu erwärmt, was zu Tartron­säure führt. Dieser wird dann Wasserstoffperoxid beigegeben, was zur Bildung von Mesoxalsäure führt.

    [0028] Die Bildung von Mesoxalsäure aus Tartronsäure und Wasserstoff­peroxid kann beispielsweise auch in einem getrennten Behälter erfolgen, wonach die gebildete Mesoxalsäure in die Dekontamina­tionslösung eingebracht wird.

    [0029] Zur Dekontamination mit Mesoxalsäure wird mit den zu dekontami­nierenden Oberflächen eine Lösung in Kontakt gebracht, die Dihy­droxyweinsäure enthält, die aus einem kostengünstigen Salz dieser Säure hergestellt ist. Zur Bildung von Tartronsäure wird die Lö­sung dann erhitzt. Anschließend wird der Lösung zur Bildung von Mesoxalsäure aus der Tartronsäure Wasserstoffperoxid zugegeben.

    [0030] Auf diese Weise wird vorteilhaft Mesoxalsäure aus einem kosten­günstigen Stoff, wie dem Natriumsalz der Dihydroxyweinsäure, in der Dekontaminationslösung gebildet.

    [0031] Geeignete Säuren zum Ersetzen der Oxalsäure sind außerdem auch Hydroxyessigsäure und Ketoessigsäure. Hydroxyessigsäure kann durch Erwärmen aus Tartronsäure gebildet werden. Ketoessig­säure kann entweder aus Mesoxalsäure durch Erwärmen oder durch Zugabe von Wasserstoffperoxid aus Hydroxyessigsäure gebildet werden.

    [0032] Der Behandlung der Oberfläche mit der wäßrigen Dekontamina­tionslösung kann ein Oxidationsschritt vorangestellt werden, der in einem sauren oder alkalischen Medium durchgeführt wird. Dieser Oxidationsschritt erfolgt beispielsweise in Gegenwart von Perman­ganat. Mit dieser Vorstufe wird der Dekontaminationserfolg ver­größert. Von Fall zu Fall können der Behandlung der Oberfläche mit der wäßrigen Dekontaminationslösung auch mehrere Oxidations­schritte, und zwar abwechselnd im sauren und im alkalischen Me­dium, vorangestellt werden.

    [0033] Die nach dem Oxidationsschritt vorhandenen Oxidationslösungen, die beispielsweise Permanganat enthalten, können mit einer zu­geführten Carbonsäure, die Bestandteil der wäßrigen Dekonta­minationslösung sein kann, zerstört und neutralisiert werden. Beispielsweise können die erwähnten sauren oder alkalischen Oxidationslösungen durch Mesoxalsäure oder durch Tartronsäure zerstört werden. Für die Reduktion des Permanganats ist Oxal­säure nicht erforderlich.

    [0034] Nach der Behandlung der Oberfläche des metallischen Bauteils wird die Dekontaminationslösung, die radioaktive Stoffe enthal­ten kann, bevorzugt einem Verdampfer zugeführt. Dort wird das Volumen der zu entsorgenden Lösung verkleinert.

    [0035] Beispielsweise kann die zu entsorgende Lösung auch einem Ionenaustauscher zugeführt werden, in dem radioaktive Ionen zurückgehalten werden.

    [0036] In der zu entsorgenden Lösung noch enthaltene Dicarbonsäuren werden beispielsweise thermisch zu Monocarbonsäuren abgebaut. Dazu dient meistens ein Verdampfer.

    [0037] Falls das zu dekontaminierende System einen geschlossenen Kreis­lauf aufweist, kann beispielsweise die Dekontaminationslösung zur Vergrößerung der Dekontaminationswirkung während der Behand­lung der Oberfläche des metallischen Bauteils, das Bestandteil des Systems ist, in dem System über eine Reinigungsvorrichtung umgepumpt werden. Ein derartiges System kann der Primärkreislauf, aber auch das Hilfssystem einer Kernreaktoranlage sein.

    [0038] Soll ein einzelnes Bauteil, wie beispielsweise ein Pumpengehäuse dekontaminiert werden, dann wird dieses in einen Behälter eines Dekontaninationssystems eingesetzt. Das Dekontanimationssystem weist neben dem Behälter eine Pumpe, und eine Reinigungsvor­richtung auf, die durch Leitungen verbunden sind und einen Kreis­lauf bilden. In diesem System wird die Dekontaminationslösung umgepumpt.

    [0039] Die Reinigungsvorrichtung ist beispielsweise ein Ionenaus­tauscher oder ein Filter. Beispielsweise ist die Reinigungsvor­richtung in einer Bypaßleitung angeordnet, die nur während des Dekontaminationsverfahrens geöffnet wird.

    [0040] Geeignete Vorrichtungen zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens, wie das genannte Dekontanimationssystem, sind an sich bekannt.

    [0041] Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren zur chemischen Dekontamina­tion von Oberflächen wird insbesondere der Vorteil erzielt, daß ohne Verwendung von Oxalsäure ein hoher Dekontfaktor erzielt werden kann. Darüber hinaus werden selbst Schwermetallsalze in Lösung gehalten, was eine Rekontamination der Oberflächen durch ausgefällte Salze, die radioaktive Isotope enthalten können, ausschließt. Außerdem unterbleibt mit den erfindungsgemäß ein­gesetzten Säuren eine interkristalline Veränderung sensibilisier­ter Werkstoffe, die beispielsweise im Schweißbereich vorliegen. Schließlich zeichnet sich das erfindungsgemäße Verfahren dadurch aus, daß selbst Bauteile, die aus mehreren verschiedenen Metallen bestehen, mit gutem Erfolg zu dekontaminieren sind. Das erfin­dungsgemäße Verfahren erzielt gleich gute Ergebnisse für alle in Kernreaktoranlagen eingesetzten Werkstoffe, beispielsweise für Chromnickelstahl, Chromstähle und Nickel-Legierungen.

    [0042] Die Herstellung einzelner erfindungsgemäß einsetzbarer Säuren, die anstelle von Oxalsäure verwendet werden, wird in einigen Ausführungsbeispielen anhand der Zeichnung näher erläutert:

    [0043] Die Zeichnung zeigt die Umwandlungsmöglichkeiten der Säuren und ihre Herstellung aus Salzen.

    [0044] In der Zeichnung sind Salze als Kreise, Säuren als Rechtecke und Umwandlungsprozesse als Pfeile symbolisiert. Aus dem Natriumsalz 1 der Mesoxalsäure wird durch Ionenaustausch 2 Mesoxalsäure 3 gewonnen. Analog wird aus dem Natriumsalz 4 der Dihydroxywein­säure durch Ionenaustausch 5 Dihydroxyweinsäure 6 gewonnen. Aus der Dihydroxyweinsäure 6 wird durch thermische Umwandlung 7 Tartronsäure 8 gewonnen. Aus der Tartronsäure 8 läßt sich durch Reaktion 9 mit zugegebenem Wasserstoffperoxid Mesoxalsäure 3 her­stellen. Aus der Tartronsäure 8 kann auch durch thermische Um­wandlung 10 Hydroxyessigsäure 11 gewonnen werden. Aus der Mesoxal­säure 3 kann durch thermische Umwandlung 14 Ketoessigsäure 12 ge­wonnen werden. Diese ist auch aus der Hydroxyessigsäure 11 durch Reaktion 13 mit zugegebenem Wasserstoffperoxid herstellbar.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur chemischen Dekontamination der Oberfläche eines metallischen Bauteils einer Kernreaktoranlage, da­durch gekennzeichnet, daß die Oberfläche in einem Einstufenverfahren mit einer wäßrigen Lösung behandelt wird, die frei von der Carbonsäure Oxalsäure ist und eine andere Carbonsäure (3,6,8,11,12) enthält.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekenn­zeichnet, daß die Carbonsäure (3,6,8,11,12), die nicht Oxalsäure ist, durch einen chemischen oder thermischen Prozeß (7,9,10,13,14) in eine weitere Carbonsäure (3,8,11,12) umge­wandelt wird.
     
    3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die wäßrige Lösung eine Keto­carbonsäure (3) enthält.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekenn­zeichnet, daß die wäßrige Lösung Mesoxalsäure (3) ent­hält.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die wäßrige Lösung eine Hydroxycarbonsäure (6,8,11,12) enthält.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekenn­zeichnet, daß die wäßrige Lösung Dihydroxyweinsäure (6) enthält.
     
    7. Verfahren nach einem der Ansprüche 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, daß die wäßrige Lösung Tartronsäure (8) enthält.
     
    8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die wäßrige Lösung einen Komplexbildner enthält.
     
    9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekenn­zeichnet, daß die wäßrige Lösung als Komplexbildner eine Pyridincarbonsäure enthält.
     
    10. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, daß die wäßrige Lösung als Komplex­bildner Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA) enthält.
     
    11. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß die wäßrige Lösung Wasserstoff­peroxid oder Hypophosphit enthält.
     
    12. Verfahren nach einem der Ansprüche 6 bis 11, dadurch gekennzeichnet, daß mit der Oberfläche eine wäßrige Lösung in Kontakt gebracht wird, die Dihydroxyweinsäure (6) ent­hält, und daß die Lösung dann zur Bildung von Tartronsäure (8) erhitzt wird.
     
    13. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis 12, dadurch gekennzeichnet, daß die wäßrige Lösung Tartron­säure (8) enthält, die zuvor durch Erhitzen aus Dihydroxywein­säure (6) gebildet wird.
     
    14. Verfahren nach einem der Ansprüche 6 bis 13, dadurch gekennzeichnet, daß Dihydroxyweinsäure (6) aus einem ihrer Salze, insbesondere aus ihrem Natriumsalz (4), her­gestellt wird.
     
    15. Verfahren nach einem der Ansprüche 4 bis 14, dadurch gekennzeichnet, daß Mesoxalsäure (3) aus einem ihrer Salze, insbesondere aus ihrem Natriumsalz (1), hergestellt wird.
     
    16. Verfahren nach den Ansprüchen 14 oder 15, dadurch gekennzeichnet, daß die Säure (3,6) aus einem ihrer Salze (1,4) durch Ionenaustausch hergestellt wird.
     
    17. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis 16, dadurch gekennzeichnet, daß mit den Oberflächen eine wäßri­ge Lösung in Kontakt gebracht wird, die Tartronsäure (8) enthält, und daß der Lösung Wasserstoffperoxid zugegeben wird (9) zur Bil­dung von Mesoxalsäure (3).
     
    18. Verfahren nach einem der Ansprüche 4 bis 17, dadurch gekennzeichnet, daß die wäßrige Lösung Mesoxal­säure (3) enthält, die zuvor durch eine Reaktion (9) von Tartron­säure (8) und Wasserstoffperoxid gebildet wird.
     
    19. Verfahren nach einem der Ansprüche 6 bis 18, dadurch gekennzeichnet, daß mit den Oberflächen eine wäßri­ge Lösung in Kontakt gebracht wird, die Dihydroxyweinsäure (6) enthält, daß die wäßrige Lösung dann zur Bildung von Tartronsäure (8) erhitzt wird (7), und daß der Lösung danach Wasserstoffper­oxid zugegeben wird (9) zur Bildung von Mesoxalsäure (3).
     
    20. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 19, dadurch gekennzeichnet, daß der Behandlung der Oberfläche mit der wäßrigen Lösung, ein Oxidationsschritt vorangeht, der in einem sauren oder alkalischen Medium durchgeführt wird.
     
    21. Verfahren nach Anspruch 20, dadurch gekenn­zeichnet, daß der Oxidationsschritt in Gegenwart von Permanganat durchgeführt wird.
     
    22. Verfahren nach einem der Ansprüche 20 oder 21, dadurch gekennzeichnet, daß der Behandlung der Oberflächen mit der wäßrigen Lösung mehrere Oxidationsschritte abwechselnd im sauren und im alkalischen Medium vorangestellt sind.
     
    23. Verfahren nach einem der Ansprüche 20 bis 22, dadurch gekennzeichnet, daß nach erfolgtem Oxidationsschritt die Oxidationslösung mit einer Carbonsäure (3,6,8,11,12), die Bestandteil der wäßrigen Dekontaminationslösung ist, zerstört und neutralisiert wird.
     
    24. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 23, dadurch gekennzeichnet, daß nach der Behandlung der Ober­fläche des metallischen Bauteils radioaktive Stoffe enthaltende Lösung einem Verdampfer zugeführt wird.
     
    25. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 23, dadurch gekennzeichnet, daß nach der Behandlung der Ober­fläche des metallischen Bauteils radioaktive Stoffe enthaltende Lösung einem Ionenaustauscher zugeführt wird.
     
    26. Verfahren nach Anspruch 24, dadurch gekenn­zeichnet, daß in der Lösung enthaltene Dicarbonsäure (3,6,8) im Verdampfer thermisch zu Monocarbonsäure (11,12) ab­gebaut wird.
     
    27. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 26, dadurch gekennzeichnet, daß die wäßrige Lösung während der Behandlung der Oberfläche des metallischen Bauteils, das Bestand­teil des zu dekontaminierenden Systems ist, in dem System über eine Reinigungsvorrichtung umgepumpt wird.
     
    28. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 26, dadurch gekennzeichnet, daß die wäßrige Lösung während der Behandlung der Oberfläche des metallischen Bauteils, das in einem Behälter eines Dekontaminationssystems eingesetzt ist, in dem Dekontaminationssystem über eine Reinigungsvorrichtung umgepumpt wird.
     
    29. Verfahren nach einem der Ansprüche 27 oder 28, dadurch gekennzeichnet, daß die Reinigungsvorrichtung ein Ionenaustauscher ist.
     
    30. Verfahren nach einem der Ansprüche 27 bis 29, dadurch gekennzeichnet, daß die Reinigungsvorrichtung ein Filter ist.
     
    31. Verfahren nach einem der Ansprüche 27 bis 30, dadurch gekennzeichnet, daß die Reinigungsvorrichtung in einer Bypaßleitung des Systems oder des Dekontaminationssystems angeordnet ist.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht