(19)
(11) EP 0 356 417 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
28.02.1990  Patentblatt  1990/09

(21) Anmeldenummer: 89890199.6

(22) Anmeldetag:  27.07.1989
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5C21D 9/14, C21D 6/00
// E21B17/16
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT DE FR GB IT NL SE

(30) Priorität: 04.08.1988 AT 1965/88

(71) Anmelder: SCHOELLER-BLECKMANN Gesellschaft m.b.H.
A-2630 Ternitz (AT)

(72) Erfinder:
  • Pohl, Helmut, Dr.mont.Dipl.-Ing.
    A-2620 Neunkirchen (AT)

(74) Vertreter: Haffner, Thomas M., Dr. et al
Patentanwalt Schottengasse 3a
1014 Wien
1014 Wien (AT)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung von spannungsrisskorrosionsbeständigen rohrförmigen Körpern, insbesondere nichtmagnetisierbaren Schwerstangen aus austenitischen Stählen und nach dem Verfahren hergestellte Teile


    (57) Bei einem Verfahren zur Herstellung von spannungsriß­korrosionsbeständigen rohrförmigen Körpern, insbesondere von nichtmagnetisierbaren Schwerstangen und Gestängeteilen aus austenitischen Stählen wird der Körper nach einem Lösungs­glühen, Ablöschen und nach einer Verformung bei einer Tempe­ratur von unter 500°C zur Erhöhung der Materialfestigkeit sowie nach einer Bearbeitung bzw. Einbringung einer Bohrung auf eine Temperatur von 220 bis 600°C, mindestens bis zu einem Temperaturausgleich mit einem Temperaturunterschied von höchstens 10°C in der Körperwand erwärmt, wobei er höchstens eine Zeit t in Minuten bei einer Temperatur T in °C gemäß dem Zusammenhang

    gehalten wird und von dieser Temperatur bzw. dieser Ausgangs­temperatur durch gesteigerten Entzug von Wärmeenergie minde­stens von der Innenoberfläche des Rohrkörpers gekühlt wird und die gekühlte Oberfläche von der Ausgangstemperatur bis zum halben Wert zwischen Ausgangstemperatur und Raumtempe­ratur einen Temperaturabfall von mindetens 100°C/min auf­weist.


    Beschreibung


    [0001] Beim Abteufen eines Bohrloches werden zur Gewichtsbelastung und zur Stabilisierung des Bohrkopfes Schwerstangen und Gestängeteile mit hoher Materialfestigkeit benötigt. Um den Verlauf des Bohrloches während des Abteufens kontrollieren und gerichtete Bohrungen niederbringen zu können, müssen oftmals und in periodischen Abständen die Neigung und die Richtung des Bohrloches, vorzugsweise an Hand des Erdmagnet­feldes, gemessen werden. Damit derartige Messungen des Erdmagnetfeldes entsprechend genau durchführbar sind bzw. nicht beeinflußt werden, sind für diese Bohrstrangteile vollkommen nichtmagnetisierbaren Werkstoffe einzusetzen. Zur Prüfung der nichtmagnetisierbaren Schwerstangen ist es vorteilhaft, ein Verfahren gemäß EU-PS 14 195 anzuwenden.

    [0002] Für nichtmagnetisierbare Schwerstangen wurden zunächst ausschließlich Cu-Ni-Al-Legierungen, sog. Monel-K-Legierungen verwendet, weil diese vollkommen unmagnetisch sind, die erforderlichen Festigkeitseigenschaften besitzen und als verhältnismäßig leicht zu bearbeiten gelten.

    [0003] Monel-K-Legierungen sind jedoch relativ kostspielig, so daß zur Erzielung wirtschaftlicherer Produkte für die Herstellung von nichtmagnetisierbaren Schwerstangen und Bohrstrangteilen austenitische Stähle vorgeschlagen wurden.

    [0004] Übliche 18/8 CrNi-Stähle weisen jedoch ein magnetisch un­günstiges Verhalten auf und besitzen niedrigere Festigkeits­eigenschaften bzw. niedrige Streckgrenzen sowie schlechte Zerspanbarkeit, so daß diese Werkstoffe wenig geeignet sind.

    [0005] Zur Beseitigung dieses nicht befriedigenden Zustandes wurde gemäß AT-PS 214 460 vorgeschlagen, für nichtmagnetisierbare Schwerstangen stabil-austenitische Stähle, insbesondere Mangan-Austenite, zu verwenden, wobei die daraus gefertigten Rohteile durch eine Kaltverformung zu verfestigen sind, um hohe Streckgrenzenwerte des Materials zu erreichen. Solche Schwerstangen entsprechen in ihren Eigenschaften den üblichen Anforderungen. Sie haben aber den Nachteil, daß sie gegen Korrosionsangriffe, beispielsweise von aggressiven Chlorid­lösungen, die in Bohrlöchern öfter auftreten, nicht immer genügend beständig sind und gegebenenfalls zu Erscheinungen von Spannungsrißkorrosion neigen. Es können dadurch Brüche eintreten, die den ausfall solcher Schwerstangen verursachen.

    [0006] Um bei guten magnetischen Materialeigenschaften das Korro­sionsverhalten zu verbessern und insbesondere Spannungsriß­korrosion zu vermeiden, wurden auch gemäß AT-PS 308 793 zur Fertigung von Schwerstangen und Gestängeteilen Legierungen mit Chromgehalten von 20 - 25 %, Nickelgehalten von 10 - 15 % und Stickstoffgehalten von 0,05 - 0,5 % vorgeschlagen, die zur Erhöhung der Festigkeitseigenschaften einer Kalt­verformung unterworfen werden.

    [0007] Auch die Verwendung ausscheidungsgehärteter Legierungen mit Gehalten von ca. 33 % Ni, 18 % Cr, 2 % Ti, 0,5 % Al und 0,004 % N sollten wesentliche Verbesserungen der Gebrauchs­eigenschaften von Schwerstangen bzw. Bohrstrangteilen bringen.

    [0008] Der hohe Gehalt an teuren Legierungselementen dieser Werk­stoffe kann jedoch zu wirtschaftlichen Nachteilen führen.

    [0009] Um die wirtschaftlichen Vorteile der Herstellung von Schwer­stangen aus nichtmagnetisierbaren und gut verfestigbaren Cr-Mn-Stählen zu nutzen und deren Korrosionsverhalten, insbesondere den Widerstand gegen Spannungsrißkorrosion, zu verbessern, wurde auch vorgeschlagen (AT-PS 364 592), im Oberflächenbereich, insbesondere des Hohles, der Schwer­stangen Druckeigenspannungen durch Einwirkung mechanisch ausgelöster Stoß- bzw. Druckenergie hervorzurufen. Dabei werden vorzugsweise preßgasbetriebene Schlaghammer verwendet, deren Kopfteil zur Übertragung der axialen Schlagbewegung einen Schlagbolzen trägt. Derartig hergestellte Schwerstangen erfüllen betreffend ihrer Eigenschaften weitgehend die an sie gestellten Anforderungen im Ölfeld. Sie haben jedoch den Nachteil, daß Druckeigenspannungen, welche die spannungsriß­korrosion verhindern, nur bis zu einer geringen Tiefe unter der Oberfläche erzeugbar sind. Dies ist vor allem dadurch begründet, daß die Werkzeuge bei der Oberflächenverformung nur ein begrenzte Schlagenergie aufweisen dürfen und Mehr­fachschlag weitgehend vermieden werden soll, weil sonst im Einwirkungsbereich des Schlagbolzens das Verformungsvermögen des Stahles erschöpft wird und es zu Rißbildungen kommt. Weil die Verformung der oberflächennahen Zone einerseits flächen­deckend sein muß, andererseits aus obigen Gründen ein oft­maliges Verformen Nachteile mit sich bringt, ist die Wirkung des Verfahrens unsicher und schlecht kontrollierbar. Unter einer dünnen Oberflächenschicht, in welcher Druckspannungen herrschen, sind jedoch insbesondere im Hohl des rohrförmigen Teiles Zonen mit hohen Zugspannungen gegeben. Verletzungen der Oberfläche oder geringe Materialabtragungen können Bereiche mit Zugspannungen freilegen, wodurch verstärkt Spannungsrißkorrosion eintreten kann. Weiters ist nachteilig, daß hohe örtliche Kaltverfestigungen des Materials, die beim mechanischen Aufbringen von Druckeigenschaften in der ober­flächennahen Zone gebildet werden, die Lochfraßneigung des Werkstoffes erhöhen. Bei Lochfraß erfolgt sodann ein Unter­laufen der Druckspannungsschicht und eine verstärkte Span­nungsrißkorrosion des Teiles. Das mechanische Aufbringen von Druckeigenspannungen in der Oberflächenschicht von Teilen hat auch den Nachteil, daß nur einfache Formen bzw. Konturen entsprechend behandelbar sind, wobei dieses Verfahren als letzter Arbeitsgang ohne nachherigem Kalibrieren erfolgen muß. Es ist also praktisch nicht möglich, an Kanten, Gewinde­teilen, in Ecken, Löchern und Hinterdrehungen sowie an Abfasungen und unstetigen Oberflächenteilen Druckeigen­spannungen in der oberflächennahen Zone zu erzeugen, um Spannungsrißkorrosion zu verhindern.

    [0010] Ausgehend von diesem Stand der Technik lag der Erfindung die Aufgaben zugrunde, obige Nachteile zu vermeiden und ein Verfahren zur Herstellung von spannungsrißkorrosions­beständigen rohrförmigen Körpern, insbesondere nichtmagneti­sierbare Schwerstangen und Gestängeteilen aus austenitischen Stählen, zu schaffen. Eine weitere Aufgabe der Erfindung bezieht sich auf nach diesem Verfahren hergestellte span­nungsrißkorrosionsbeständige rohrförmige Körper, insbesondere nichtmagnetisierbare Schwerstangen und Gestängeteile aus austenitischem Stahl. Diese Aufgabe wird bei dem erfindungs­gemäßen Verfahren dadurch gelöst, daß der Körper nach einem Lösungsglühen, Ablöschen und nach einer Verformung bei einer Temperatur von unter 500°C zur Erhöhung der Material­festigkeit sowie nach einer Bearbeitung bzw. Einbringung einer Bohrung auf eine Temperatur von 220 bis 600°C, minde­stens bis zu einem Temperaturausgleich mit einem Temperatur­unterschied von höchstens 10°C in der Körperwand erwärmt, höchstens eine Zeit t in Minuten bei einer Temperatur T in °C gemäß dem Zusammenhang

    gehalten wird, von dieser Temperatur bzw. dieser Ausgangs­temperatur durch gesteigerten Entzug von Wärmeenergie minde­stens von der Innenoberfläche des Rohrkörpers gekühlt wird und die gekühlte Oberfläche von der Ausgangstemperatur bis zum halben Wert zwischen Ausgangstemperatur und Raum­temperatur einen Temperaturabfall von mindestens 100°C/min aufweist. Vorteilhaft ist es, wenn der Körper von einer Ausgangstemperatur von 280 bis 500°C, insbesondere von 300 bis 400°C, mit einem Temperaturunterschied in der Körper­wand von höchstens 6°C, vorzugsweise höchstens 3°C, abgekühlt wird. Besonders vorteilhaft ist, wenn die Innenoberfläche und die Außenoberfläche des rohrförmigen Körpers gekühlt werden, wobei die Innenkühlung zeitlich mindestens 5 s, vorzugsweise mindestens 20 s, früher und/oder mit höherer Intensität als jene der Außenoberflächenkühlung durchgeführt wird.

    [0011] Nach diesem Verfahren hergestellte rohrförmige Körper, insbesondere nichtmagnetisierbare Schwerstangen und Gestänge­teile aus austenitischem Stahl, weisen erfindungsgemäß in den oberflächennahen Zonen bis zu einer Tiefe von mindestens 8 mm örtliche Zugeigenspannungen von kleiner 100 N/mm² auf. Besonders bevorzugt ist, wenn die oberflächennahen Zonen bis zu einer Tiefe von mindestens 4 mm, vorzugsweise von minde­stens 8 mm, Druckeigenspannungen aufweisen und daß im ge­samten Querschnitt der Wand die gegebenenfalls auftretenden Zugeigenspannungen geringer als 150 N/mm² sind, also unter­halb der Auslösespannung für Spannungsrißkorrosion, vorzugs­weise geringer als 120 N/mm² liegen.

    [0012] Rohrförmige Körper, insbesondere Schwerstangen, weisen auf Grund einer Verformung des Rohlings bei Temperaturen unter­halb 500°C, welche der Kaltverfestigung bzw. einer Streck­grenzenerhöhung des Materials dient, erhebliche Unterschiede der örtlichen Eigenspannungen in der Wand auf, u.zw. an der Außenoberfläche Druckspannungen und an der Oberfläche des Hohls, also der Bohrung, hohe Zugspannungen, die wesentlich über der Grenze für die Auslösung der Spannungsrißkorrosion liegen. Es wurde überraschend gefunden, daß in einem aus lösungsgeglühtem, abgelöschtem und kaltverformten austeniti­schem Material bestehenden, rohrförmigen Körper durch eine Erwärmung auf entsprechende Temperaturen bei Einhaltung bestimmter Bedingungen mit einer nachfolgenden intensivierten Abkühlung Spannungszustände hervorgerufen werden können, welche auf Grund von plastischen Verformungen in der Rohrwand einen Eigenspannungszustand einstellen, der weitgehend keine örtlichen Zugspannungen über der Grenze, bei welcher Span­nungsrißkorrosion ausgelöst wird, aufweist. Weiters ist durch eine entsprechende Wahl der Ausgangstemperatur und eine zeitlich gestaffelte und/oder hinsichtlich der Intensität unterschiedliche Innen- bzw. Außenkühlung in der Wand des rohrförmigen Körpers ein derartiger Eigenspannungszustand erzeilbar, bei welchem in den oberflächennahen Bereichen bis zu einer Tiefe von mindestens 4 mm Druckspannungen herrschen. Bei Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens erfolgt somit überraschenderweise eine Eigenspannungsumlagerung in der Wand, ohne daß die durch Kaltverformung bewirkte hohe Festig­keit bzw. hohe Streckgrenze des Werkstoffes nachteilig beeinflußt werden. Es ist wichtig, daß die Temperatur­unterschiede in der Rohrwand nach der Erwärmung auf die Ausgangstemperatur gering sind, weil sonst die Spannungs­umlagerung bei der intensivierten Abkühlung nachteilig beeinflußt wird bzw. nur in geringem Maße erfolgen kann und ein gewünschter Eigenspannungszustand nicht entsprechend erreichbar ist. Daher soll der Temperaturunterschied in der Wand kleiner als 10°C gehalten werden. Längere Haltezeiten auf der Ausgangstemperatur wirken sich ungünstig aus, weil dadurch die lösungsgeglühten, abgelöschten und kaltverfestig­ten Stähle, beispielsweise austenitischer Mn-Cr-Stahl, in einen sensibilisierten Zustand für eine interkristallin verlaufende Rißkorrosion gebracht werden. Es wurde gefunden, daß die Sensibilisierung von Diffusions- und Karbidbildungs- sowie gegebenenfalls Nitridbildungsvorgängen abhängt, wobei die Temperatur (T) die Haltezeit (t) bis zur Sensibilisierung des Materials logarithmisch mit dem Zusammenhang
    T = -50 log t + 638
    beeinflußt. Aus diesem Grund ist die Haltezeit auf Ausgangstemperatur kleiner zu wählen als der Wert, der sich aus folgendem Zusammenhang ergibt:



    [0013] Weiters ist es wichtig, daß der rohrfömige Körper von der Ausgangstemperatur durch gesteigerten Wärmeentzug mindestens von der Innenwand gekühlt wird, weil im Bereich der Innen­oberfläche der Wand die höchsten, von der Kaltverformung bzw. Kaltverfestigung stammenden Zugspannungen umzulagern sind. Durch geringe Kühlintensitäten wird keine ausreichende Eigenspannungsumlagerung bewirkt, so daß die gekühlte Ober­fläche der Rohrwand einen Temperaturabfall von der Ausgangs­temperatur bis zum halben Wert zwischen Ausgangstemperatur und Raumtemperatur von mindestens 100°C/min erfahren muß.

    [0014] Es war durchaus überraschend, daß das erfindungsgemäße Verfahren eine Eigenspanungsumlagerung bewirkt und zur Herstellung von spannungsrißkorrosionsbeständigen rohr­förmigen Körpern, insbesondere nichtmagnetisierbaren Schwer­stangen und Gestängeteilen aus austenistischen Stählen, anwendbar ist. Dabei waren die Vorurteile der Fachwelt zu überwinden, u.zw., daß durch ein Erwärmen auf höhere Ausgangstemperaturen eine nicht vertretbare Entfestigung bzw. ein Absenken der Streckgrenze des kaltverformten Materials erfolgt und niedrige Ausgangstemperaturen keine Wirkung haben können, weil beim anschließenden abkühlen nur elastische Materialverformungen entstehen. Weiters wurde vom Fachmann angenommen, daß die erhöhte Festigkeit und die hohen Zug­spannungen an der Innenoberfläche des Rohres bereits bei der Erwärmung auf Ausgangstemperatur Rißbildungen, insbesondere Längsrisse, verursachen. Insbesondere der Korrosionsfachmann mußte befürchten, daß eine nochmalige Erwärmung eines von Lösungstemperatur abgeschreckten und kaltverfestigten Materials eine Sensibilisierung bewirkt, die den Werkstoff in chloridhaltigen Medien anfällig bezüglich des Kornzerfalls bzw. des interkristallinen Rißfortschrittes macht.

    [0015] Im folgenden wird die Erfindung an Hand einer Zeichnung und eines Beispiels näher erläutert:
    Fig. 1 zeigt schematisch Spannungszustände in der Wand eines rohrförmigen Körpers.

    [0016] Nach einer Kaltverfestigung durch Verformung des Rohkörpers bei einer Temperatur von unterhalb 500°C herrschen im rohr­förmigen Körper Eigenspannungen, u.zw. an der Rohraußenwand A Druckspannungen, die zur Rohrinnenwand B entsprechend der Kurve ① in hohe Zugspannungen übergehen. Bei einer Erwär­mung auf eine Ausgangstemperatur von 200°C mit einer nach­folgenden, intensivierten Abkühlung der Rohrinnenwand werden die dort herrschenden Zugspannungen, wie Kurve ③ veran­schaulicht, nur geringfügig abgebaut. Die Kurven ④ und ⑤ zeigen die Eigenspannungsverteilungen in der Rohrwand bei einer Abkühlung von einer Ausgangstemperatur von 300°C (4) und 400°C (5). Im Bereich der Außenwand A ist die Spannungs­kurve ⑤ geteilt dargestellt, u.zw. in einen Teil

    bei Luftbeaufschlagung und einen Teil

    für Wasser­beaufschlagung der Außenoberfläche. Die Spannungsumlagerung durch ein intensiviertes Abkühlen der Rohrwand aus Tempe­raturen von beispielsweise 300°C und 400°C bewirkt, daß in der gesamten Rohrwand die Eigenspannungen unter 150 N/mm², nämlich der Auslösespannung der Spannungsrißkorrosion, liegen und somit der Körper vollkommen spannungsrißkorrosions­beständig ist. Dabei werden an der Innenoberfläche Druck­spannungen bis zu einer Tiefe von größer als 4 mm erreicht.

    [0017] Ein intensiviertes Abkühlen von einer Ausgangstemperatur von beispielsweise 550°C vergrößert die Eigendruckspannungen und deren Wirkungsbereich an der Innenoberfläche der Rohrwand (Kurve ⑥ ), was bei einem spanabhebenden Nachkalibrieren genützt werden kann. Die Kurve ② zeigt den Spannungsverlauf in einer Rohrwand, der durch ein Verfahren gemäß der AT-PS 364 592 bzw. gemäß dem Stand der Technik einstellbar ist, wobei an der Innenoberfläche hohe Eigendruckspannungen herrschen, diese Druckspannungen jedoch in einem geringen Abstand von der Oberfläche in hohe Zugspannungen übergehen. Nachfolgend wird die Erfindung durch ein praktisches Beispiel weiter verdeutlicht:
    Ein Block mit einem Gewicht von ca. 3 t aus Mn-Cr-N-Stahl mit einer Zusammensetzung von 0,05 % C, 19,3 % Mn, 13,6 % Cr, 2,1 % Ni, 0,23 % N (Angaben in Gew.-%) Rest insbesondere Eisen, wurde durch Warmschmieden in einer Langschmiedemaschine zu einem Schwerstangenrohling mit einer Abmessung von 0̸ 196 x 8800 mm primärverformt. Ein Ablöschen aus einer Lösungs­glühtemperatur von 1020°C erfolgte im Wasserbecken. Der Rohling wurde adjustiert, kaltgeschmiedet mit einem Verfor­mungsgrad von 15 %, gerichtet, gedreht und gebohrt. Die Abmessungen des Halbfertigproduktes waren:
    AD 0̸ 172,3 x ID 0̸ 70,45 x 9250 mm (AD = Außendurchmesser, ID = Innendurchmesser). Die Eigenspannungen betrugen am AD 0̸ -157 N/mm² (Druckeigenspannung) bzw. am ID +390 N/mm² (Zug­eigenspannung), wobei die Meßwerte den arithmetischen Mittel­wert aus 3 Messungen mit dem Ring-Kern-Verfahren darstellen.

    [0018] Eine Probe vom einen Ende dieses Halbfertigproduktes wurde kochender, wäßriger Lösung von gesättigtem Magnesium­chlorid (42 %, 154°C) einen Tag lang ausgesetzt, wobei sich nach kurzer Zeit Risse vom ID ausgehend bildeten.

    [0019] Das rohrförmige Halbfertigprodukt bzw. die Stange (ca. 700 mm Mindestlänge für die obige Probe) wurde in einem Elektroofen bei 415°C erwärmt, wobei ein Temperaturunterschied in der Rohrwand am Ende der Wärmzeit von 0,8°C vorlag. In einer Sprühanlage erfolgte vorerst an der Innenoberfläche mit einer Menge von 1500 - 2500 l/min und nach 10 bis 30 s, vorzugs­weise 20 s, auch an der Außenoberfläche mit einer Kühlwasser­menge von ca. 100 l/min und Meter Länge eine Jet-Kühlung mit einem Temperaturabfall der Oberfläche von ca. 350°C, jeden­falls auf eine Temperatur unter 100°C.

    [0020] Der Eigenspannungszustand der Stange am ID änderte sich durch diese Behandlung von +390 N/mm² (Zugspannung) auf -410 N/mm² (Druckspannung). Am Außendurchmesser wurden ebenfalls Druck­eigenspannungen von - 120 N/mm² ermittelt. Weiters wurden nach Abdrehungen und Ausbohrungen die Eigenspannungen über die Wandstärke festgestellt, wobei die gemessenen Zug­spannungen kleiner als + 110 N/mm² waren. Eine aus dieser Stange gefertigte Probe, die im vorher beschriebenen SCC-Test mit Magnesiumchlorid geprüft wurde, blieb völlig rißfrei.

    [0021] Aus dem Halbfertigprodukt wurde ein Bohrstrangteil gefertigt und diesem an bearbeiteten Stellen weitere Proben entnommen. Es zeigte sich im SCC-Test, daß spanabhebend in die Rohrwand eingebrachte Ausnehmungen durch Fräsen, Drehen und Hobeln sowie die NC-geschnittenen Gewinde keinerlei Risse verur­sachen, was aus dem nicht kritischen Eigenspannungszustand im gesamten Volumen des Teiles resultiert.

    [0022] Das erfindungsgemäße Verfahren ist besonders vorteilhaft für austenitische Stähle einer Richtanalyse C: max. 0,2 Gew.-%; Mn: 0 - 25 Gew.-%; Cr: 12 - 30 Gew.-%; Mo: 0 - 5 Gew.-%; Ni: 0 - 75 Gew.-%; N: 0 - 1 Gew.-%; Ti: 0 - 3 Gew.-%; Nb: 0 - 3 Gew.-%; Cu: 0 - 3 Gew.-%, Rest Eisen anwendbar. Beson­ders bevorzugt sind hiebei Mn-Cr-Austenite mit 17 - 20 Gew.-% Mn und 12 - 14 Gew.-% Cr und Cr-Ni-Austenite mit 17 - 24 Gew.-% Cr und 10 - 20 Gew.-% Ni.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung von spannungsrißkorrosions­beständigen rohrförmigen Körpern, insbesondere von nicht­magnetisierbaren Schwerstangen und Gestängeteilen aus auste­nitischen Stählen, dadurch gekennzeichnet, daß der Körper nach einem Lösungsglühen, Ablöschen und nach einer Verformung bei einer Temperatur von unter 500°C zur Erhöhung der Materialfestigkeit sowie nach einer Bearbeitung bzw. Ein­bringung einer Bohrung auf eine Temperatur von 220 bis 600°C, mindestens bis zu einem Temperaturausgleich mit einem Tempe­raturunterschied von höchstens 10°C in der Körperwand er­wärmt, höchstens eine Zeit t in Minuten bei einer Tempe­ratur T in °C gemäß dem Zusammenhang

    gehalten wird und von dieser Temperatur bzw. dieser Ausgangs­temperatur durch gesteigerten Entzug von Wärmeenergie minde­stens von der Innenoberfläche des Rohrkörpers gekühlt wird und die gekühlte Oberfläche von der Ausgangstemperatur bis zum halben Wert zwischen Ausgangstemperatur und Raum­temperatur einen Temperaturabfall von mindestens 100°C/min aufweist.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Körper von einer Ausgangstemperatur von 280 bis 500°C, insbesondere von 300 bis 400°C, mit einem Temperatur­unterschied in der Körperwand von höchtens 6°C, vorzugsweise höchstens 3°C, abgekühlt wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Innenoberfläche und die Außenoberfläche des rohr­förmigen Körpers gekühlt werden.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Kühlung der Innenoberfläche des rohrförmigen Körpers zeitlich früher und/oder mit höherer Intensität als jene der Außenoberfläche durchgeführt wird.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Innenoberfläche des rohrförmigen Körpers zeitlich minde­stens 5 s, vorzugsweise mindestens 20 s, vor der Außen­oberfläche gekühlt wird.
     
    6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß als Kühlmittel Gase und/oder Flüssigkeiten, insbesondere Preßluft und/oder Wasser, verwendet werden.
     
    7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß durch Einwirkung mechanisch ausgelöster Stoß- bzw. Druckenergie im Oberflächenbereich des Körpers zusätzlich Druckspannungen hervorgerufen werden.
     
    8. Spannungsrißkorrosionsbeständiger rohrförmiger Körper, insbesondere nichtmagnetisierbare Schwerstange und Gestänge­teil aus austenitischem Stahl, dadurch gekennzeichnet, daß in den oberflächennahen Zonen bis zu einer Tiefe von minde­stens 8 mm die örtlichen Zugeigenspannungen kleiner als 100 N/mm² sind.
     
    9. Körper nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens an der Innenoberfläche der Wand des rohrförmigen Körpers bis zu einer Tiefe von mindestens 4 mm, vorzugsweise von mindestens 8 mm, Druckeigenspannungen herrschen.
     
    10. Körper nach Anspruch 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, daß die oberflächennahen Zonen bis zu einer Tiefe von minde­stens 4 mm, vorzugsweise 8 mm, Druckeigenspannungen auf­weisen.
     
    11. Körper nach einem der Ansprüch 8 bis 10, dadurch gekenn­zeichnet, daß im gesamten Querschnitt der Wand die gegebenen­falls auftretenden örtlichen Zugeigenspannungen geringer als 150 N/mm², vorzugsweise geringer als 120 N/mm², sind.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht