[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Nachäschern von Blößen oder Spalten durch
Anwendung einer wäßrigen alkalischen Flotte, in der Formamidinsulfinsäure in Kombination
mit Calciumhydroxid und/oder Alkalien sowie gegebenenfalls mit quellungschemmenden
Mitteln eingesetzt wird.
[0002] Häute und Felle werden fallweise sofort nach dem Schlachten als sogenannte "grüne"
Häute in den Gerbereien verarbeitet. In allgemeinen werden sie aber zunächst durch
Zugabe von Salz oder Desinfektionsmitteln konserviert, um eine Fäulnis zu verhindern.
Die gesalzenen und getrockneten Rohhäute werden bei den Gerbereien durch Weichen von
Schmutz, Dung, Salz und Konservierungsmitteln befreit und in den ursprünglichen Zustand
zurückversetzt.
[0003] Im anschließenden Enthaarungsprozeß wird dann ein Verfahren gewählt, das sich nach
der gewünschten Lederqualität und nach der Frage der Haarerhaltung bzw. Haarzerstörung
richtet.
[0004] Bei Häuten mit wertvollen Haaren oder Wolle wird eine Schwöde von der Fleischseite
durchgeführt, indem ein Kalk-Natriumsulfidbrei auf die Fleischseite aufgestrichen
wird. Zur Erzielung eines besonders glatten Narbens (Oberfläche) und bei sehr empfindlichen
Häuten, z.B. Kälber, wird der Schwödebrei auf die Haarseite aufgestrichen. Zur Erzielung
eines Hautaufschlusses ist bei diesen Schwödeverfahren im allgemeinen die Durchführung
eines Nachäschers erforderlich.
[0005] Die gebräuchlichsten Verfahren aber sind die Äscher, in denen die Haare vollständig
zerstört oder auch nur soweit gelockert werden, daß sie mechanisch durch maschinelles
Abstreifen sehr leicht entfernt werden können. Im Äscher werden Kombinationen von
Natriumsulfid/Natriumhydrogensulfid und Kalk in wäßriger Lösung eingesetzt. Weitere
Äscherverfahren verwenden Natriumchlorit (DE-AS 1 276 286) oder Mischungen organischer
Stickstoff- und Schwefelverbindungen, wie Dimethylamin, Dimethylaminsulfat, 1,3-Diaminopropan,
2-Amino-2-methylpropanol oder/und N-Methylaminoäthanol, Äthanolamine, Diäthanolamin,
N-Butylamin, Triäthylamin, Dibutylamin, Harnstoff, Formamid, Dimethylformamid, Acryl-
und Methacrylamid, Isothiuronium-verbindungen, Hydrazin, Äthanthiol, Propanthiol,
Thioglykolsäure und deren Salze, Thioharnstoffdioxid und Cystinhydrochlorid (DE-PS
23 01 591, DE-OS 20 53 016, DE-OS 33 32 748, AT-PS 381 952).
[0006] Enzymatische Haarlockerungs- und Enthaarungsverfahren werden mit Pilz- oder Bakterienproteinasen
alleine oder in Kombination mit Aminen oder aminabspaltenden Verbindungen und gegebenenfalls
mit reduzierend wirkenden organischen Schwefelverbindungen durchgeführt (DE-OS 34
29 047).
[0007] Zur Senkung der Abwasserbelastung sind moderne Verfahren bekannt, die haarerhaltend
und sulfidfrei bzw. sulfidarm arbeiten.
[0008] Beim klassischen haarerhaltenden Äscher mit 0,5% Natriumsulfid und Kalk über Nacht
im Faß oder Mischer können die Haare als leicht filtrierbare Masse abgetrennt werden.
Beim Sirolime-Verfahren sollen die Haare zumindest zum größten Teil ausfallen und
könen durch geeignete Spülvorrichtungen ausgetragen und abfiltriert werden. Beim Darmstädter
Durchlaufverfahren, dem Reutlinger Impfverfahren und beim Milchsäure-Verfahren müssen
die Haare nach der Einwirkung der Chemikalien maschinell entfernt werden.
[0009] Diese können als kostbarer Langzeitdünger verkauft werden und belasten nicht in gelöster
Form die Kläranlagen.
[0010] Bei allen Äscherverfahren wird eine übermäßige Quellung der Haut gefürchtet, weil
das Ergebnis der Enthaarung verschlechtert wird. Durch die Quellung werden die Haarwurzeln
eingeschlossen und einem Angriff der Äscherchemikaliegen entzogen. Neben den Haaren
bzw. der Wolle muß beim Äschern auch die Epidermis (Oberhaut), bestehend aus Hornschicht,
Körnerschicht und Schleimschicht, entfernt werden. Neuere Beschreibungen unterteilen
daher in eine Haarablösung (Äscher) und in einen Hautaufschluß (Nachäscher), siehe
LEDER- UND HÄUTEMARKT, Nr.30, 38.Jg., 24. Oktober 1986, Seite 14, zwischen denen meist
noch die Verfahrensschritte des Entfleischens und Spaltens liegen.
[0011] Haarerhaltende Äschermethoden, der Oxidationsäscher aber auch enzymatische Verfahren
und die Schwöden erfordern einen sogenannten Nachäscher. Im Nachäscher soll das Fasergefüge
der Lederhaut (Kollagen) aufquellen und für die Aufnahme der Gerbstoffe vorbereitet
werden. Die Aufgabenstellung im Nachäscher ist daher völlig konträr zu der des Äschers.
Während in den Schwöden und Äscherverfahren die Chemikalien nur an der Oberfläche
wirken sollen, müssen diese im Nachäscher in das Innere der Rohhaut eindringen. Dieser
besondere Verarbeitungsschritt des Nachäschers (Hautaufschluß) muß zwingend durchgeführt
werden, wenn man z.B. Schweins-oder Wildhäute verarbeitet und Sämisch-, Bekleidungs-,
Handschuh- oder Futterleder herstellen will. Der Nachäscher wird meist als reiner
Kalkäscher mit Calciumhydroxid (Kalkhydrat) oder mit gelöschtem Kalk (Kalkbrei) durchgeführt.
Durch Zugabe von reduzierend wirkenden Substanzen, wie z.B. Natriumsulfid oder Natriumsulfhydrat,
sollen Haarwurzelreste und Grundhaare versulzt werden. Eine Entfernung unerwünschter
Eiweißstoffe, die die Lederqualität ungünstig beeinflussen, wird angestrebt. Unerwünschte
Eiweißstoffe sind Albumine, Globuline, Melanine, Keratine, Prokollagen, Tropokollagen
und Mucopolysaccharide, und werden in der Fachsprache als Grund oder Gneist bezeichnet.
[0012] Eines der hauptsächlichen Probleme im Zusammenhang mit der Enthaarung beruht auf
einer ungenügenden Haarlockerung mit der Folge, daß nach dem Äscher oder der Schwöde
stellenweise Haarwurzeln und Grundhaare in der Blöße stehen bleiben. Diese führen
am Oberleder zu gravierenden Defekten, wie einer rauhen Oberfläche, unegalen Färbungen
und Unebenheiten bei aufgetragenen Deckschichten. Unvollständig entfernter Gneist
und Grund bewirken eine ungleichmäßige Aufnahme der Gerbstoffe und unregelmäßige Färbungen.
Der Zusatz von Sulfiden im Nachäscher ruft "Schwarzfleckigkeit" hervor, weil im Kontakt
mit Eisen bzw. Kupfer schwarze Sulfidniederschläge gebildet werden. Diese können nur
mühsam und mit erheblichem Aufwand aus dem Leder wieder entfernt werden.
[0013] Es bestand daher die Aufgabe, ein System für den Nachäscher zur Verfügung zu stellen,
das zu einer vollständigen Entfernung von Grundhaaren, Grund und Gneist führt und
anderseits die Nachteile der obligatorischen Verwendung von Sulfiden und einen Hautsubstanzabbau
vermeidet.
[0014] Es wurde gefunden, daß im Nachäscher überraschende und nicht vorhersehbare Effekte
erzielt werden, wenn in wäßriger alkalischer Flotte erfindungsgemäß Formamidinsulfinsäure
eingesetzt wird, wobei vorteilhaft Formamidinsulfinsäure in einer Menge von 0,1 bis
1,0% bevorzugt 0,2-0,5%, bezogen auf das Gewicht der Blößen, in Kombination mit Calciumhydroxid
und/oder Alkalien sowie gegebenenfalls in Gegenwart von quellungshemmenden Substanzen
eingesetzt wird.
[0015] Die erhaltenen Blößen sind völlig frei von Grund und Gneist, haben einen außerordentlich
feinen und festen Narben und zeichnen sich durch außergewöhnliche Helligkeit aus.
Es konnte nicht vorhergesehen werden, daß neben dem erfindungsgemäß zumindest teilweise
möglichen Verzicht auf Sulfide im Nachäscher und der damit einhergehenden Reduktion
der Umweltbelastung vor allem die Helligkeit der Blößen derart gesteigert werden kann.
[0016] Helle Blößen sind sehr begehrt, weil die Farbtöne bei schwach deckenden Farben bzw.
ungefärbten Ledern in besserer Egalität und Brillanz hervortreten. Deshalb werden
fallweise die Leder nach der Gerbung einer Oxidationsbleiche mit Kaliumpermanganat/Natriumhydrogensulfit
oder mit Wasserstoffperoxid oder mit Natriumchlorit unterzogen. Üblich ist auch eine
Reduktionsbleiche mit Hydrosulfit, Natriumdithionit, Hydroxymethansulfinsäure, eventuell
in Kombination mit optischen Aufhellern. Bei Verwendung der erfindungsgemäßen Kombination
kann in jedem Falle auf die Durchführung einer Bleiche verzichtet werden und dadurch
ein zusätzlicher Verarbeitungsschritt eingespart werden. Es war nicht vorherzusehen,
daß durch den Zusatz von Formamidinsulfinsäure zum Nachäscher ein sonst erforderlicher
nachfolgender Verarbeitungsschritt eingespart werden kann und eine ähnliche Helligkeitssteigerung
erreicht wird, wie sie in der DE-OS 36 15 816 beschrieben wird.
[0017] Die Häute und Felle werden nach einer üblichen Weiche, Schwöde bzw. Äscher dem erfindungsgemäßen
Verfahren unterworfen. Auch die betriebsüblichen Verfahrensschritte, wie Entfleischen,
Spalten und Beschneiden, können unverändert durchgeführt werden.
[0018] Das Wirkungsoptimum zur Behandlung der Blößen oder Spalte im Nachäscher liegt im
pH-Bereich der Flotte von 8,0-13,0, vorzugsweise 9,5-12,0. Der pH-Wert stellt sich
im allgemeinen von selbst ein, wenn die Blößen oder Spalte nach dem Entfleischen und
Spalten wieder in das Wasser gebracht werden, weil in der Haut verbleibende Chemikalienreste
in das Wasser diffundieren, oder wenn Calciumhydroxid zugesetzt wird. Der pH-Wert
kann aber auch in an sich bekannter Weise durch Zugabe von z.B. Ätznatron, Natronlauge,
Magnesiumhydroxid, Natriumcarbonat (Soda) oder auch von Aminen oder aminabspaltenden
Verbindungen, wie Dimethylamin, Dimethylaminsulfat, 1,3-Diaminopropan, 2-Amino-2-methylpropanol,
N-Methylaminoäthanol, Äthanolamin, Diäthanolamin, N-Butylamin, Triäthylamin, Dibutylamin
oder Hydrazin, eingestellt werden.
[0019] Als weitere mögliche Zusätze, die eine Verminderung der Prallheit bewirken, seien
Salze, wie Natriumchlorid oder Calciumchlorid, Kaliumrhodanid, Kaliumoxalat, Kaliumhydrogentartrat,
aber auch Harnstoff, Formamid, Dimethylformamid, Acryl- und Methacrylamid, Glykole
und Dioxan erwähnt.
[0020] Die Wassermenge für die Durchführung des erfindungsgemäßen Nachäscherns beträgt im
allgemeinen etwa 100 bis 500%, bezogen auf das Gewicht der eingesetzten Blößen bzw.
Spalte, und kann in weiten Grenzen ohne Einschränkung der erfindungsgemäßen Vorteile
variiert werden.
[0021] Die Zeiten betragen beim Verfahren der Erfindung 2 bis 24 Stunden, in Sonderfällen
bei der Herstellung von Schweins- oder Sämischledern mehrere Tage.
[0022] Calciumhydroxid wird in Mengen von 0,1 bis 5,0%, vorzugsweise 0,5 bis 2,5%, eingesetzt.
Calciumhydroxid lockert durch alkalische Quellung die Struktur des Kollagengefüges
und löst nichtkollagene Proteine. Dadurch wird ein Hautaufschluß erreicht. Die Menge
an Calciumhydroxid wird in erster Linie bestimmt vom vorangegangenen Äscher und dem
erreichten Hautaufschluß sowie in zweiter Linie von der gewünschten Lederart (Ober-,
Futter-, Unter-, Sattler-, Polster-, Täschner-, Bekleidungs-, Gürtel-oder Handschuhleder).
[0023] Die Einwirkzeit für den erfindungsgemäßen Nachäscher richtet sich wie die Calciumhydroxidmenge
nach der Art des gewünschten Leders. Die Entfernung von Grund und Gneist sowie die
Helligkeit wird nach mindestens zweistündiger Einwirkungszeit erreicht und ist nach
dieser Zeit abgeschlossen. Längere Einwirkungszeiten und höher Calciumhydroxidmengen
bewirken lediglich einen besseren Hautaufschluß und führen zu weicheren Ledern.
[0024] Die nachstehenden Beispiele erläutern das erfindungsgemäße Verfahren, ohne den nachgesuchten
Schutz auf diese Ausführungsbeispiele zu beschränken.
Beispiel 1: Herstellung von Boxkalb-Anilinleder
[0025] Rohware: Kalbfelle, schwarzbunt, Gewichtsklasse 8-12 kg
Weichgewicht: 600 kg
[0026] Die Felle werden betriebsüblich einer Schmutzt- und Hauptweiche unterworfen. Dann
wird entfleischt und gestreckt. Für die Schwöde Natriumsulfid in warmem Wasser vorgelöst
und durch Zugabe von Kalkhydrat und Kaolin auf eine Dichte von 1,08 g/cm³ eingestellt.
Dieser Schwödebrei wird auf die Fleischseite der Kalbfelle aufgetragen. Nach 5 Stunden
sind die Haare so gelockert, daß sie leicht abgeschabt werden können.
[0027] Anschließend wird ein Hauptäscher mit 1,3% Natriumhydrogensulfid im Faß durchgeführt.
[0028] Die Blößen sind sehr flach und haben auf der Oberfläche noch Reste von Haarwurzeln.
Die Pigmentierung ist noch sichtbar. Der Nachäscher wurde in folgender Weise durchgeführt:
30 min zur Durchmischung mit 2 Umdrehungen pro Minute bewegen. Behandlungsdauer 10
Stunden. Während dieser Zeit jede Stunde 5 min bewegen. Der pH-Wert der Flotte beträgt
12,0. Die Prozentangeben beziehen sich auf das Weichgewicht.
[0029] Nach der Behandlungsdauer wird die Flotte abgelassen und die Blößen werden mit 250%
Wasser, 27°C, gespült.
[0030] Die Blößen sind flach gequollen, völlig frei von Grund und Gneist und sehr sauber.
Es können keine Pigmentierungen und Haarwurzeln festgestellt werden. Besonders auffallend
ist die Helligkeit der Blößen. Der Narben ist dicht und festsitzend.
[0031] Die weiteren Verarbeitungsstufen zu Anilin-Boxkalbleder können ohne Verfahrensänderungen
durchgeführt werden. Die fertigen Leder fallen durch eine völlig gleichmäßige Färbung
und eine höhere Brillanz des Farbtones auf. Nach der Anilin-Zurichtung kann man eine
feine, dicht geschlossene Oberflächenstruktur des Leders (Narbenbild) erkennen.
Beispiel 2: Rotwild
Herstellung von Sämischleder
[0032] Rohware: Hirsche, Neuseeland
Weichgewicht: 440 kg = 55 Stück
[0033] Die Rohware wird betriebsüblich geweicht und einer Faßschwöde unterzogen. Nach der
Schwöde wird entfleischt und der Narben abgestoßen. Zur Erzielung eines vollständigen
Hautaufschlusses wird folgender Nachäscher in der Haspel angesetzt:
[0034] Die übliche Zugabe von 0,5% Natriumsulfid wird nicht durchgeführt. Der pH-Wert der
Flotte beträgt 10,5. Nach einer Behandlungsdauer von 4 Tagen werden die Blößen aus
der Haspel genommen. Die Blößen sind weißgelb und leicht gequollen. Die Endrücke von
den Riffelwalzen nach dem Entfleischen und Narbenabstoß sind nicht mehr sichtbar.
Alle nachfolgenden Verarbeitungsschritte können ohne Veränderung durchgeführt werden.
Die fertigen Sämischleder haben einen weichen, angenehmen Griff und sind deutlich
heller als konventionell nachgeäscherte Leder.
Beispiel 3: Herstellung von Schaf-Nappaleder
[0035] Rohware: Kurzwollige, neuseeländische Schaffelle, gesalzen
Weichgewicht: 240 kg = 80 Stück
[0036] Die Weiche wird betriebsüblich durchgeführt. Anschließend wird entfleischt und in
einer Schwöde mit Schwefelnatrium enthaart. Die entwollten Felle sind sehr flach,
haben fallweise noch anhaftende Haarbüschel und sind von grau-grüner Farbe. Zum Hautaufschluß
werden sie in folgenden Nachäscher gegeben:
[0037] Der pH-Wert der Flotte beträgt 11,5%. Die Behandlungsdauer beträgt 24 Stunden, wobei
das Faß 5 min pro Stunde bewegt wird. Nach dem Nachäscher sind die Blößen schwach
gequollen und nicht verfallen, als Zeichen eines weitgehenden Hautsubstanzabbaues.
Die Blößen sind frei von Haarwurzeln und Grundhaaren. Grund und Gneist sind vollständig
entfernt. Der Narben ist flach, dicht geschlossen und elastisch. Die Weiterverarbeitung
wird betriebsüblich durchgeführt. Durch die Helligkeit der Blöße kann die Oxidationsbleiche
mit Kaliumpermanganat/Natriumbisulfit nach der Gerbung eingespart werden. Die Leder
sind weich, völlig zugfrei und hell. Die Oberfläche fällt auf durch ausgesprochene
Feinporigkeit und Festnarbigkeit.
Beispiel 4: Vegetabil gegerbte Blankleder
[0038] Rohware: Bullenhäute, schwarzbunt, Irland, Gewichtsklasse 40-49,5 kg
Weichgewicht: 570 kg = 13 Stück
[0039] Die Weiche und der Kalk-/Sulfidäscher werden betriebsüblich durchgeführt. Dann wird
gespült, entfleischt und gespalten. In den Mastfalten sind sehr viele Haarwurzeln
vorhanden. Die Pigmentierung (Grund und Gneist) ist deutlich sichtbar. Nach dem Spalten
werden die Narbenspalten folgendem Nachäscher unterworfen:
[0040] Der pH-Wert der Flotte beträgt 12,5. Die Behandlungsdauer beträgt 3 Stunden, wobei
15 min pro Stunde bei 5 Umdrehungen pro min bewegt wird. Anschließend wird die Flotte
abgelassen und die Spalten werden betriebsüblich weiterverarbeitet.
[0041] Nach der Behandlung im Nachäscher sind die Haarwurzeln vollständig entfernt. Die
Spalten sind prall, aber frei von Narbenzug und sehr hell. Pigmentierte Stellen sind
nicht mehr sichtbar und der Grund ist völlig entfernt. Der Sortimentausfall für die
Herstellung vegetabil gegerbter Blankleder ist größer.
[0042] Die weiteren Verarbeitungsschritte werden betriebsüblich durchgeführt.
[0043] Die Mimosa-gegerbten Leder zeigen eine sehr helle, egale, zartrosa Färbung mit sehr
feinem und dicht geschlossenem Narben. Das Leder ist fest, griffig und die Festigkeiten
sind nicht verändert.
Beispiel 5: Herstellung von Rind-Oberleder
[0044] Rohware: Bullenhäute, schwarzbunt, Gewichtsklasse 40-49,5 kg
Einsatz: 98 kg Weichgewicht = je 2 Stück Fleisch- und Narbenspalte
[0045] Die Rohware wird betriebsüblich geweicht und in einem sulfidarmen Äschersystem, bestehend
aus einer handelsüblichen Mischung organischer, reduzierender Verbindungen (2%) in
Kombination mit Kalkhydrat (5%) und 0,8% Natriumhydrogensulfid, geäschert.
[0046] Nach dem Entfleischen und Spalten wird sowohl der Fleisch- als auch der Narbenspalt
von 2 Blößen aus der Produktionsmenge entnommen und folgendem Nachäscher unterworfen:
[0047] Der pH-Wert der Flotte beträgt 9,5. Die Flotte wird zur Durchmischung der Chemikalien
und der Spalte 15 min bewegt. Dann wird auf Automatik gestellt, indem 5 min pro Stunde
das Faß mit 10 Umdrehungen pro Minute bewegt wird. Die gesamte Behandlungsdauer im
Nachäscher beträgt 10 Stunden.
[0048] Die anderen Narbenspalte der Produktionsmenge werden folgendem betriebsüblichen Nachäscher
unterworfen:
[0049] Der pH-Wert der Flotte beträgt 11,0. Die Dauer dieses Nachäschers beläuft sich auf
10 Stunden. Die Flotte wird 5 min pro Stunde bewegt.
[0050] Ein Vergleich der Spalte ergibt, daß beim erfindungsgemäßen Nachäscher die Spalte
sehr hell, völlig frei von Grund und Gneist und vollständig befreit von Haarwurzeln
und Feinhaaren sind. Die konventionell nachgeäscherten Spalte sind dunkel, haben eine
grau-grünliche Farbe und bekommen beim Kontakt mit Eisen schwarze Flecke. Fallweise
sind immunisierte Feinhaare feststellbar.
[0051] Das Abwasser des erfindungsgemäßen, nach Teil a) dieses Beispieles verwendeten Nachäschers
ist frei von Sulfiden und kann ohne Freisetzen von übelriechendem Schwefelwasserstoff
neutralisiert werden. Die Weiterverarbeitung zeigt, daß die nach a) nachgeäscherten
Spalte sowohl im wet-blue-Zustand als auch als fertige Leder deutlich heller sind.
Die Färbung ist gleichmäßiger und brillanter. In den chemischen (Asche, Chromgehalt,
Fett) und physikalischen (Festigkeiten, Wasseraufnahme usw.) Werten sind keine Unterschiede
feststellbar.
1. Verfahren zum Nachäschern enthaarter Blößen oder Spalte, dadurch gekennzeichnet,
daß man auf die Blößen oder Spalte eine wäßrige alkalische Flotte einwirken läßt,
in der Formamidinsulfinsäure (Thioharnstoffdioxid) in Kombination mit Calciumhydroxid
und/oder Alkalien sowie gegebenenfalls mit quellungshemmenden Mitteln vorliegt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man Calciumhydroxid, Natronlauge,
Ätznatron, Kalilauge, Magnesiumhydroxid oder Soda einsetzt.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man als quellungshemmende
Mittel organische Amine einsetzt.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß man als organisches Amin
Dimethylaminsulfat einsetzt.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß man zusätzlich
eine oder mehrere reduzierende Schwefelverbindungen zusetzt.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß man als reduzierende Schwefelverbindung
Natrium-, Ammonium- oder Calciumsulfid einsetzt.
7. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß man als reduzierende Schwefelverbindung
ein Thiol einsetzt.
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß man als Thiol Thiolglykolsäure
bzw. Salze dieser Säure einsetzt.
1. A process for post-liming depilated skins or slit hides, characterised in that
an aqueous alkaline liquor is allowed to act on the skins or slit hides, in which
formamidinesulphinic acid (thiourea dioxide) is present in combination with calcium
hydroxide and/or alkalis as well as, optionally, swelling-inhibiting agents.
2. A process according to claim 1, characterised in that calcium hydroxide, soda lye,
caustic soda, potassium lye, magnesium hydroxide or soda is used.
3. A process according to claim 1, characterised in that organic amines are used as
swelling-inhibiting agents.
4. A process according to claim 3, characterised in that dimethylamine sulphate is
used as organic amine.
5. A process according to one of claims 1 to 4, characterised in that one or more
reducing sulphur compounds are present in addition.
6. A process according to claim 5, characterised in that sodium, ammonium or calcium
sulphide is used as reducing sulphur compound.
7. A process according to claim 5, characterised in that a thiol is used as reducing
sulphur compound.
8. A process according to claim 7, characterised in that thioglycolic acid or salts
of this acid are used as thiol.
1. Procédé de pelanage de parties découvertes ou de crevasses ébourrées, caractérisé
en ce que l'on laisse également agir sur les parties découvertes ou crevasses une
lessive alcaline dans laquelle est présent de l'acide de formamidine-sulfinique (bioxide
de thio-urée) en combinaison avec de l'hydrate de calcium et/ou des alcalis, ainsi
qu'éventuellement des agents inhibiteurs de gonflement.
2. Procédé selon la revendication 1, caractérisé en ce que l'on introduit de l'hydroxyde
de calcium, une lessive de sodium, de la soude caustique, une lessive de potassium,
de l'hydroxyde de magnésium ou des cristaux de soude.
3. Procédé selon la revendication 1, caractérisé en ce que l'on utilise comme agents
inhibiteurs de gonflement des amines organiques.
4. Procédé selon la revendication 3, caractérisé en ce que l'on utilise comme organique
le sulfate de diméthylamine.
5. Procédé selon l'une des revendications 1 à 4, caractérisé en ce que l'on ajoute
en outre une ou plusieurs combinaisons réductrices de souffre.
6. Procédé selon la revendication 5, caractérisé en ce que l'on utilise comme combinaisons
réductrices de souffre un sulfure de sodium, d'ammonium ou de calcium.
7. Procédé selon la revendication 5, caractérisé en ce que l'on utilise comme combinaisons
réductrices de soufre un thiol.
8. Procédé selon la revendication 7, caractérisé en ce que l'on utilise comme thiol
de l'acide thioglycolique ou des sels de ce dernier.